L 5 KR 874/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 3 KR 2770/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 874/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 20. Januar 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Im Streit ist die Beendigung der freiwilligen Mitgliedschaft der Klägerin bei der Beklagten infolge Verzugs mit der Zahlung von Beiträgen zum 15.8.2002.

Die 1936 geborene Klägerin war seit 1.11.1998 freiwilliges Mitglied der Beklagten (SG-Akte S. 8). Seit 1.6.2001 bezieht sie Altersrente; Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung der Rentner ist sie nicht (Verwaltungsakte - VA - AOK Tübingen S. 12, 24a). Der Rentenversicherungsträger gewährte der Klägerin bis 15.8.2002 einen Zuschuss zu den von der Klägerin zu zahlenden freiwilligen Beiträgen (VA AOK Tübingen S. 25).

Da sie ihre Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung nicht pünktlich zahlte, wurde sie mit Schreiben der Beklagten vom 28.12.2001 (Monate Oktober, November 2001), vom 26.3.2002 (Monate Januar, Februar 2002), vom 23.4.2002 (Monate Februar, März 2002) und 8.7.2002 (Monate April bis Juni 2002) zur Zahlung gemahnt (VA AOK Tübingen S. 30 ff.). In allen Mahnschreiben war darauf hingewiesen, dass die Mitgliedschaft endet, wenn die Beiträge nicht gezahlt werden.

In einem an die Klägerin gerichteten Schreiben vom 16.9.2002 (VA S. 3a) führte die Beklagte aus, die Klägerin habe die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Monate Juni und Juli 2002 nicht entrichtet; insgesamt sei eine Beitragsschuld (nebst Säumniszuschlägen) in Höhe von 541,62 EUR zu begleichen. Hierfür werde eine Zahlungsfrist bis zum 24.9.2002 gesetzt. Außerdem ist in dem Schreiben darauf hingewiesen, dass die Mitgliedschaft der Klägerin in der Kranken- und Pflegeversicherung kraft Gesetzes am 15.8.2002 beendet sei, wenn für 2 Monate die fälligen Beiträge nicht gezahlt würden. Damit verbunden sei der sofortige Verlust des Versicherungsschutzes in der Kranken- und Pflegeversicherung. Eine erneute freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung sei grundsätzlich nicht möglich.

Beitragszahlungen der Klägerin erfolgten noch am 7.10.2002 (262,06 EUR), 24.1.2003 (400,- EUR) und 30.4.2003 (325,- EUR); danach wurden keine Beiträge mehr gezahlt (VA AOK Tübingen S. 31).

Vom 15.8. bis 12.9.2003 wurde die Klägerin in der Universitätsklinik T. stationär behandelt (Diagnose: Speiseröhren-TBC). Bei der AOK Tübingen reichte sie hierüber eine so genannte Selbstzahler-Rechnung über 13.828,41 EUR ein (VA AOK Tübingen S. 14). Vom Krankenhausaufenthalt der Klägerin erfuhr die Beklagte am 5.9.2002 (VA AOK Tübingen S. 6).

Am 4.9.2003 ging bei der AOK Tübingen eine rückwirkende Anmeldung der Klägerin zum 1.7.2001 wegen eines Beschäftigungsverhältnisses als Raumpflegerin/Köchin (Verwaltungsakte AOK Tübingen S. 1,9) in der von ihrer Tochter betriebenen Gaststätte "B." in R. ein. Unter der Rubrik "bisherige Krankenkasse" ist vermerkt, "versichert bis 15.08.02" und "zwischen 16.8.2002 bis laufend keine Versicherung".

In einem Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen ist u.a. angegeben, die Klägerin übe zusätzlich eine selbständige Tätigkeit aus. Im Betrieb ihrer Tochter arbeite sie an 2,5 Tagen/18 Stunden in der Woche und erhalte einen Lohn von 600 EUR brutto.

Mit Bescheid vom 12.9.2003 stellte die AOK Tübingen fest, dass die Klägerin in ihrer Tätigkeit als Köchin und Raumpflegerin nicht sozialversicherungspflichtig sei (VA AOK Tübingen S. 10). Zur Begründung führte sie aus, es bestehe der Verdacht, dass der Arbeitsvertrag nur zum Schein abgeschlossen worden sei. Mit einem Stundenlohn von 7,69 EUR liege die Klägerin unter dem vom Hotel- und Gaststättenverband vereinbarten Stundensatz. Den dagegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7.9.2004 zurück (VA AOK Tübingen S. 38). Klage wurde nicht erhoben.

Während des Widerspruchsverfahrens forderte die Klägerin (deren Prozessbevollmächtigter) die Beklagte auf, den Fortbestand ihrer freiwilligen Mitgliedschaft festzustellen. Die Beklagte teilte hierzu unter dem 19.2.2004 (VA S. 4) mit, die freiwillige Mitgliedschaft habe gem. § 191 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zum 15.8.2002 geendet. Rückständige Beiträge seien (erst) am 30.4.2003 gezahlt worden. Eine Fortsetzung der freiwilligen Versicherung sei nicht möglich.

Im Schreiben der Beklagten vom 8.4.2004 (VA S. 6) ist ausgeführt, die Klägerin habe im Vorfeld der Beendigung der freiwilligen Mitgliedschaft verschiedene Anschreiben offensichtlich erhalten. Längere Zeit sei sie regelmäßig mit der Beitragszahlung im Rückstand gewesen und deshalb unter Hinweis auf die Folgen dieses Verhaltens angemahnt worden. Ergänzend heißt es im Schreiben vom 30.6.2004, das Schreiben vom 16.9.2002 sei an die aktuelle Adresse der Klägerin (R.) abgesandt worden; gleiches gelte für die weitere Korrespondenz (Mahnungen und Rückforderung der Krankenversicherungskarten). Kein Brief sei mit dem Vermerk "unbekannt verzogen bzw. nicht zustellbar" zurückgekommen.

Am 26.8.2004 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Reutlingen. Sie trug vor, die im Schreiben vom 16.9.2002 auf den 24.9.2002 gesetzte Zahlungsfrist sei unangemessen kurz gewesen; sie hätte mindestens 2 Wochen betragen müssen. Unter Berücksichtigung der Postlaufzeiten und der Laufzeiten für Banküberweisungen habe nicht einmal 1 Woche zur Verfügung gestanden. Die rückwirkende Beendigung der Mitgliedschaft (zum 15.8.2002) sei unzulässig. Davon abgesehen habe sie das Schreiben vom 16.9.2002 auch gar nicht erhalten und demzufolge dagegen auch keinen Widerspruch einlegen können. Sie bestreite, dass es ein Schreiben vom 16.9.2002 überhaupt gebe. Unerheblich sei insoweit, dass das Schreiben nicht an die Beklagte (als unzustellbar) zurückgesandt worden sei. Der Zugang sei deshalb nicht bewiesen, da Briefe fehlgeleitet werden oder verloren gehen könnten. Im Jahr 2003 habe ihr die Beklagte eine neue Versichertenkarte erteilt, mit der sie unbeanstandet Behandlungsleistungen in Anspruch genommen habe.

Das Sozialgericht holte die schriftlichen Zeugenaussagen des Zeugen P. (Steuerberater der Tochter der Klägerin) und des Zeugen H. (Mitarbeiter der AOK Tübingen) vom 11.10.2004 bzw. 20.10.2004 ein.

Der Zeuge P. gab an, das Formular vom 1.9.2003 über den Beitritt der Klägerin zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung habe er im Auftrag der Tochter der Klägerin unterschrieben. Im Zusammenhang mit der Mitgliedschaftserklärung der Klägerin habe er ausschließlich Kontakt mit deren Tochter gehabt. Über die Frage des Krankenversicherungsschutzes (der Klägerin) in der Zeit vor dem 1.7.2003 habe diese mit ihm nicht gesprochen. Die Klägerin sei, wie aus einer Lohnabrechnung für Februar 1998 (SG-Akte S. 26) zu ersehen sei, im Jahr 1995 wie auch im Jahr 1998 bei ihrer Tochter beschäftigt gewesen. Seinerzeit habe ein Versicherungsverhältnis bei der AOK Tübingen bestanden. Er könne sich nicht mehr daran erinnern, weshalb keine Angaben zu einer früheren Mitgliedschaft gemacht worden seien.

Der Zeuge H. gab an, das Formular über den Beitritt der Klägerin habe er bis auf die Unterschrift ausgefüllt. Die Tochter der Klägerin sei seinerzeit in das KundenCenter gekommen und habe die Mitgliedschaftserklärung mitgenommen, um die Klägerin unterschreiben zu lassen. Die Anmerkung auf der Mitgliedschaftserklärung sei so zu verstehen, dass während der genannten Zeit keine Versicherung bei der AOK Baden-Württemberg bestanden habe. Diese Anmerkung habe er bereits vor Aushändigung der Mitgliedschaftserklärung an die Tochter der Klägerin angebracht. Über den bisherigen Versicherungsschutz der Klägerin hätten weder er noch die Tochter der Klägerin noch die Klägerin selbst gesprochen. Das sei auch nicht relevant gewesen, da ihm zu diesem Zeitpunkt die Umstände (Krankheit der Klägerin) nicht bekannt gewesen seien.

In der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts vom 20.1.2005 gab der Vertreter der Beklagten (insoweit nicht protokolliert, jedoch in den Entscheidungsgründen des Urteils vom 20.1.2005 festgehalten) an, Mahnungen seien an die Klägerin mit normaler Post verschickt worden. Im Jahr 2003 habe sie keine neue Versichertenkarte erhalten. Vielmehr sei im Dezember 2001 eine bis 2007 gültige Versichertenkarte ausgestellt worden. Diese sei mit mehreren Schreiben zurückverlangt worden. Die Klägerin sei der Aufforderung nicht nachgekommen. Sie habe noch im Oktober 2002 sowie Januar und April 2003 Beiträge gezahlt. Danach seien keine Beiträge mehr eingegangen.

Mit Urteil vom 20.1.2005 stellte das Sozialgericht fest, dass die Mitgliedschaft der Klägerin bei der Beklagten am 15.10.2002 geendet hat. Im Übrigen wies es die Klage ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, entgegen der Behauptung der Klägerin sei das Gericht davon überzeugt, dass diese auf die Beendigung der Mitgliedschaft gem. § 191 Nr. 3 SGB V (in der bis 31.12.2003 geltenden Fassung) hingewiesen worden sei. Das Schreiben der Beklagten vom 16.9.2002 sei inhaltlich nicht zu beanstanden, enthalte insbesondere die notwendigen Hinweise auf die gesetzlichen Folgen der Nichtzahlung von Beiträgen; auch die nicht großzügig bemessene Zahlungsfrist sei jedenfalls noch ausreichend gewesen.

Die Akten sowie die Ergebnisse der Beweisaufnahme enthielten ausreichende Hinweise darauf, dass der Klägerin das Schreiben vom 16.9.2002 zeitnah zugegangen sei. Hierfür spreche zunächst der - nach erfolglosem Widerspruchsverfahren wieder aufgegebene - Versuch, die Klägerin rückwirkend auf Grund eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses zur Krankenversicherung anzumelden. Das wäre sinnlos gewesen, wäre die Klägerin vom Fortbestand ihrer freiwilligen Mitgliedschaft ausgegangen. Den Versuch, ein Versicherungspflichtverhältnis herbeizuführen, habe sie im Zusammenhang mit der Entstehung erheblicher Kosten für eine stationäre Krankenhausbehandlung unternommen. Die rückwirkende Anwendung sei zu einem Zeitpunkt erfolgt, als sich die Klägerin bereits längere Zeit im Krankenhaus befunden und die Behandlungskosten daher absehbar gewesen seien. Die Tochter der Klägerin habe gegenüber dem Zeugen H. angegeben, seit dem 16.8.2002 bestehe kein Versicherungsschutz bei der Beklagten mehr. Das gehe aus der seinerzeit ausgefüllten Mitgliedschaftserklärung im Zusammenhang mit der Aussage des Zeugen hervor. Bei Abgabe der Mitgliedschaftserklärung am 3.9.2003 sei dem Zeugen H. die Erkrankung der Klägerin noch nicht bekannt gewesen. Aus einem Aktenvermerk vom 5.9.2003 gehe weiter hervor, dass der Zeuge erst an diesem Tag vom Krankenhausaufenthalt der Klägerin erfahren habe. In diesem Aktenvermerk sei ebenfalls festgehalten, dass die freiwilligen Mitgliedschaft der Klägerin zum 15.8.2002 geendet habe, und diese danach ohne Krankenversicherungsschutz gewesen sei. Auch die Tochter der Klägerin habe um die Beendigung der freiwilligen Mitgliedschaft der Klägerin gewusst. Dafür sprächen die Angaben in den vom Zeugen P. am 1.9.2003 ausgefüllten Formular. Die darin vorgesehene Spalte zur Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse während der letzten 18 Monate sei nämlich nicht ausgefüllt worden. Dass sich der Zeuge Prang an die Gründe hierfür nicht mehr habe erinnern können, sei unerheblich. Schließlich habe die Klägerin seit April 2003 auch keine Beiträge mehr gezahlt. Insoweit sei ihr Vorbringen, die Beklagte habe ihr im Jahr 2003 eine neue Versichertenkarte zugesandt, nicht zutreffend. Vielmehr sei die Klägerin aufgefordert worden, die im Jahr 2001 ausgestellte und bis zum Jahr 2007 gültige Karte zurückzugeben. Insgesamt sei die Behauptung der Klägerin, das Schreiben vom 16.9.2002 nicht erhalten zu haben, als nicht glaubhafte Schutzbehauptung zu werten.

Die Beklagte habe die freiwillige Mitgliedschaft der Klägerin allerdings nicht rückwirkend zum 15.8.2002 beenden können. Nach dem Wortlaut des § 191 Nr. 3 SGB V ende die Mitgliedschaft nämlich immer nur zu einem Zahltag nach dem Hinweis auf die gesetzlichen Folgen der Nichtzahlung von Beiträgen. Daher habe die Mitgliedschaft der Klägerin erst am 15.10.2002 geendet.

Auf das ihr am 7.2.2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 2.3.2005 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie ergänzend vor, das Sozialgericht habe unterstellt, dass die Beklagte ein Schreiben vom 16.9.2002 verfasst und an sie abgeschickt habe und dass ihr dieses Schreiben auch zugegangen sei. Außerdem werde die unzulässige rückwirkende Beendigung der Mitgliedschaft in eine Beendigung zum 15.10.2002 umgedeutet. Sie bleibe dabei, ein Schreiben vom 16.9.2002 nie erhalten zu haben. Im April und Mai 2003 habe sie bei Vertragsärzten ihre Versichertenkarte vorgelegt und sei ohne Probleme behandelt worden. Daher sei anzunehmen, dass die Ärzte über die Versichertenkarte abgerechnet hätten. Ab 15.8.2003 sei sie in der Universitätsklinik T. stationär behandelt worden. Während der Behandlung habe ihr das Klinikpersonal eröffnet, dass die Behandlung nicht abrechenbar sei, weil ihre Mitgliedschaft bei der Beklagten zum 15.8.2002 geendet habe. Deshalb und weil sie seit Juli 2003 im Gastronomiebetrieb ihrer Tochter als Küchen- und Reinigungshilfe beschäftigt gewesen sei, sei es verständlich, dass sie mit Hilfe ihrer Tochter versucht habe, bei der Beklagten ein Versicherungspflichtverhältnis zu begründen. Es treffe nicht zu, dass ihre Tochter gegenüber dem Zeugen H. angegeben habe, seit dem 16.8.2002 bestehe kein Versicherungsschutz mehr; das würde sich im Übrigen auch mit der Auskunft des Klinikpersonals decken. Der Zeuge H. habe vielmehr nur mitgeteilt, er habe das Anmeldeformular bis auf die Unterschrift ausgefüllt und dieses ihrer Tochter mitgegeben; außerdem habe er die entsprechende Anmerkung angebracht, allerdings über den bisherigen Versicherungsschutz weder mit ihr noch mit ihrer Tochter gesprochen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 20.1.2005 aufzuheben, soweit darin ihre Klage abgewiesen wurde und festzustellen, dass ihre freiwillige Mitgliedschaft bei der Beklagten (auch) nicht zum Ablauf des 15.10.2002 geendet hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Ergänzend trägt sie vor, die Klägerin habe nicht davon ausgehen können, ohne Beitragsleistung weiterhin versichert zu sein.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

Gegenstand des Verfahrens ist nur noch der von der Klägerin geltend gemachte Fortbestand ihrer freiwilligen Mitgliedschaft bei der Beklagten über den 15.10.2002 hinaus. Die Beklagte hat gegen das Urteil des Sozialgerichts, das die Beendigung der Mitgliedschaft der Klägerin zu diesem Zeitpunkt festgestellt hat, Berufung nicht eingelegt, so dass das Urteil insoweit rechtskräftig ist. Mit dem Sozialgericht ist auch der Senat der Auffassung, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für das Ende der freiwilligen Mitgliedschaft vorliegend erfüllt waren und diese jedenfalls zum 15.10.2002 beendet war.

Gemäß § 191 Nr. 3 SGB V in der hier maßgeblichen, bis 31.12.2003 geltenden Gesetzesfassung endet die freiwillige Mitgliedschaft mit Ablauf des nächsten Zahltags, wenn für zwei Monate die fälligen Beiträge trotz Hinweises auf die Folgen nicht entrichtet wurden. Das war hier der Fall.

Die Klägerin war freiwilliges Mitglied der Beklagten (§ 9 SGB V), so dass § 191 Nr. 3 SGB V anwendbar ist. Sie hat auch (jedenfalls schon) seit Januar 2002 die von ihr geschuldeten Beiträge nicht gezahlt; das ist unter den Beteiligten nicht streitig. Die Fälligkeit trat nach § 21 Abs. 1 der (hier maßgeblichen) Satzung der Beklagten jeweils am 15. des Monats ein, der dem jeweiligen Beitragsmonat folgt.

Die Klägerin wurde ordnungsgemäß auf die Folgen des Zahlungsverzugs hingewiesen. Angesichts der schwerwiegenden Konsequenzen, die die Beendigung der freiwilligen Mitgliedschaft für die soziale Absicherung des Versicherten hat, sind an die in § 191 Nr. 3 SGB V vorgesehene Hinweispflicht strenge Anforderungen zu stellen. Der Versicherungsträger muss das Mitglied individuell in zeitlichem Zusammenhang mit dem Zahlungsverzug auf die drohenden Rechtsfolgen aufmerksam machen. Inhaltlich muss der Hinweis, bei dem es sich der Sache nach um eine – der Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung nach § 325 BGB vergleichbare - letzte Zahlungsaufforderung handelt, dem Versicherten unmissverständlich das drohende Ende der Mitgliedschaft und die daraus folgenden Konsequenzen vor Augen führen. Die Hinweispflicht ist durch § 191 Satz 2 SGB V - eingefügt mit Wirkung vom 1.1.2004 durch Gesetz vom 14.11.2003, BGBl. I S. 2190) - erweitert und konkretisiert worden. Danach muss insbesondere darauf hingewiesen werden, dass nach dem Ende der Mitgliedschaft eine freiwillige Versicherung auch bei einer anderen Krankenkasse ausgeschlossen ist und dass unter den Voraussetzungen des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuchs die Übernahme von Krankenversicherungsbeiträgen durch den Träger der Sozialhilfe möglich ist. Der äußeren Form nach ist der Hinweis so zu gestalten, dass ihn jedenfalls ein durchschnittlich aufnahmefähiger Versicherter nicht übersehen kann. In zeitlicher Hinsicht hat der Hinweis so rechtzeitig vor Beendigung der Mitgliedschaft zu ergehen, dass dem Versicherten jedenfalls eine knappe, aber reelle Gelegenheit bleibt, die rückständigen Beiträge zu entrichten (dazu etwa BSG, Beschl. v. 27. Januar 2000, - B 12 Kr 21/99 B -, auch LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 30. Januar 2002, - L 4 KR 6/01 - sowie Senatsbeschluss vom 1.12.2005, - L 5 KR 1056/05 -).

Das Hinweisschreiben der Beklagten vom 16.9.2002 genügt den rechtlichen Anforderungen. Mit dem Sozialgericht geht der Senat, wie noch darzulegen sein wird, auch davon aus, dass die Klägerin dieses Schreiben erhalten hat und wertet ihr gegenteiliges Vorbringen als Schutzbehauptung, um doch noch Leistungen der Beklagten für die Krankenhausbehandlung vom 15.8. bis 12.9.2003 zu erlangen, nachdem der Versuch, dies über eine versicherungspflichtige Beschäftigung im Betrieb ihrer Tochter zu erwirken, aufgegeben wurde.

Im Hinweisschreiben vom 16.9.2002 wurde die Klägerin zeitnah zum Verzug mit den Beiträgen für Juni und Juli 2002 unmissverständlich darauf hingewiesen, dass ihre Mitgliedschaft kraft Gesetzes (am 15. August 2002) endet und sie und evtl. mitversicherte Familienangehörige den Versicherungsschutz in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung mit sofortiger Wirkung verlieren, wenn die rückständigen Beiträge für Juni und Juli 2002 nicht bis spätestens 24.9.2002 gezahlt werden. Der Klägerin wurde auch die künftige Unmöglichkeit der freiwilligen Mitgliedschaft bei einer anderen gesetzlichen Krankenkasse als weitere Folge der Nichtentrichtung von Beiträgen vor Augen geführt. Unschädlich ist, dass auf die ggf. in Betracht kommende Übernahme der Krankenkassenbeiträge durch den Sozialhilfeträger nicht hingewiesen wurde. Dabei handelt es sich nicht um die Folgen der Nichtentrichtung von Beiträgen, auf die allein gem. § 191 Nr. 3 SGB V a.F. (jetzt: § 191 Satz 1 Nr. 3 SGB V) hinzuweisen war, sondern um eine Möglichkeit, Beiträge trotz eigener Zahlungsunfähigkeit i.S.d. § 191 Nr. 3 SGB V entrichten zu können. Die Regelung des mit Wirkung vom 1.1.2004 eingeführten § 191 Satz 2 SGB V, der eine entsprechende Hinweispflicht enthält, hat deshalb die bis dahin geltende Hinweispflicht in diesem Punkt nicht nur klarstellend konkretisiert, sondern (konstitutiv) erweitert. Ob die Beklagte den Zeitpunkt für die Beendigung der Mitgliedschaft richtig benannt hat oder richtigerweise den 15.10.2002 hätte angeben müssen, ist ebenfalls rechtlich unerheblich, das es auch hierbei nicht um die Folgen der Nichtentrichtung von Beiträgen im eigentlichen Sinne, nämlich das Ende der Mitgliedschaft in der freiwilligen Krankenversicherung, geht. Die Warnfunktion des Hinweises wird durch die unrichtige Angabe des um einige Monate in die Vergangenheit zurückverlegten Endzeitpunkts für die Mitgliedschaft nicht berührt. Seiner äußeren Form nach ist der Hinweis nicht zu übersehen. Schließlich war auch die Zahlungsfrist bis 24.9.2002 ausreichend. Ausgehend von einem Abgang des Schreibens am (Montag) dem 16.9.2002 blieb bis Dienstag, den 24.9.2002 noch ausreichend Zeit, um die rückständigen Beiträge zu entrichten, nachdem dafür, wie dargelegt, eine knappe aber reelle Chance genügt.

Die Klägerin hat das Hinweisschreiben der Beklagten vom 16.9.2002 auch erhalten. Das geht aus den vom Sozialgericht zutreffend gewürdigten Umständen hervor. Der Senat verweist hierfür auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Entscheidungsabdruck S. 4 vierter Absatz bis S. 5 einschließlich). Ergänzend sei im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Klägerin angemerkt:

Mit Recht hat das Sozialgericht den (wieder aufgegebenen) Versuch der Klägerin hervorgehoben, über ein angebliches Beschäftigungsverhältnis im Betrieb ihrer Tochter Versicherungsschutz zu erlangen; das geschah offensichtlich im Hinblick auf zu erwartende erhebliche Kosten für die am 15.8.2003 angetretene stationäre Krankenhausbehandlung. Die Anmeldung wurde knapp drei Wochen nach Behandlungsbeginn eingereicht. Hätte die Klägerin, wie sie behauptet, das Schreiben der Beklagten vom 16.9.2002 tatsächlich nicht erhalten, hätte sie vom Fortbestand der freiwilligen Versicherung ausgehen müssen und die rückwirkende Anmeldung als Beschäftigte hätte keinen Sinn gemacht. Außerdem war die Klägerin wegen Beitragsrückstands bereits zuvor vier mal gemahnt worden (Schreiben vom 28.12.2001, 26.3.2002, 23.4.2002 und 8.7.2002). Alle Mahnschreiben waren an die aktuelle Adresse der Klägerin (R.) gerichtet. Dass diese Schreiben die Klägerin nicht erreicht oder auch nur eines der Schreiben an die Beklagte zurückgeleitet worden wäre, ist weder ersichtlich, noch wird das behauptet. Das vermindert die Wahrscheinlichkeit, dass gerade das hier streitige Schreiben vom 16.9.2002 nicht zugegangen sein soll, weiter. Die vom Zeugen H. bei der Vorsprache der Tochter der Klägerin im Kundenzentrum der Beklagten vorgenommene Eintragung auf der sodann am 3.9.2002 unverändert und widerspruchslos unterschriebenen Mitgliedschaftserklärung, wonach zwischen 16.8.2002 bis laufend keine Versicherung bestanden habe, unterstreicht weiter, dass der Klägerin der im Schreiben vom 16.9.2002 gerade auf den 15.8.2002 festgelegte Endtermin ihrer freiwilligen Versicherung bewusst gewesen sein muss. Dass die Klägerin ihre trotz Beendigung der Versicherung nicht zurückgegebene Versichertenkarte weiterhin für die Entgegennahme von Sachleistungen benutzt hat, trägt zur Glaubwürdigkeit ihrer Angaben nichts bei. Gleiches gilt für die im Berufungsverfahren weiter aufgestellte Behauptung, das Klinikpersonal habe ihr während des am 15.8.2003 begonnenen Krankenhausaufenthalts mitgeteilt, dass die Versicherung schon seit 15.8.2002 beendet sei. Hätte die Klägerin mangels Zugangs des Schreibens vom 16.9.2002 wie der nunmehr vorgetragenen Benutzung der Versichertenkarte bei niedergelassenen Ärzten im April und Mai 2003 bis dahin tatsächlich angenommen, nach wie vor - ungeachtet des Einstellens auch der sporadischen Beitragszahlung ab April 2003 - freiwillig krankenversichert zu sein, hätte sie bzw. ihre Tochter bei der Beklagten nachgefragt und sich erkundigt, weshalb denn seit einem Jahr schon kein Versicherungsschutz mehr bestehe. Statt dessen hat die Tochter der Klägerin beim Besuch im Kundenzentrum der Beklagten über den Krankenversicherungsschutz der Klägerin mit dem Zeugen H. aber gar nicht erst gesprochen, vielmehr sogleich versucht, rückwirkend Krankenversicherungsschutz über ein angebliches Beschäftigungsverhältnis zu konstruieren. Davon abgesehen wird der Klägerin auch nicht entgangen sein, dass der Rentenversicherungsträger ab 15.8.2002 keinen Zuschuss zum freiwilligen Beitrag mehr gezahlt hat. Die Klägerin hat sich dagegen offenbar nicht zur Wehr gesetzt, was ebenfalls verdeutlicht, dass sie sich über die Beendigung ihrer freiwilligen Mitgliedschaft bei der Beklagten (gerade) zu diesem Zeitpunkt im klaren war.

Sind die Voraussetzungen des § 191 Nr. 3 SGB V damit erfüllt, hat die Mitgliedschaft der Klägerin mit Ablauf des nächsten Zahltags, hier also des 15.10.2002, geendet (§ 21 Abs. 1 der Satzung der Beklagten). Das Sozialgericht hat das in seinem Urteil festgestellt. Die Rechtsfolge des § 191 Nr. 3 SGB V tritt kraft Gesetzes ein. Für die von der Klägerin noch beanstandete Umdeutung eines Verwaltungsaktes (§ 43 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch, SGB X) ist schon deshalb kein Raum.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved