L 5 R 2293/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 2204/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 2293/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 18.4.2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I. Die Klägerin begehrt die Berücksichtigung von jeweils 36 Monaten Kindererziehungszeiten für ihre vor dem 1.1.1992 geborenen Kinder.

Die 1944 geborene Klägerin stellte am 25.2.2004 einen Kontenklärungsantrag sowie einen Antrag auf Feststellung von Kindererziehungszeiten bzw. von Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für ihre am 15.12.1968, am 9.2.1971 und am 1.2.1975 geborenen Kinder (R., G. und M.).

Mit Bescheid vom 15.4.2004 stellte die Beklagte Kindererziehungszeiten für das Kind R. vom 1.1. bis 31.12.1969, für das Kind G. vom 1.3.1971 bis 29.2.1972 und für das Kind M. vom 1.3.1975 bis 29.2.1976 fest.

Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug die Klägerin vor, wie die Mütter heutzutage wolle sie 3 Jahre Kindererziehungszeiten anerkannt haben, weil man ihr seinerzeit mangels Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder eine Beschäftigung nicht ermöglicht habe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30.6.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Für vor dem 1.1.1992 geborene Kinder ende gem. § 249 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) die Versicherungspflicht 12 Kalendermonate nach Ablauf des Geburtsmonats; nur für danach geborene Kinder seien 36 Kalendermonate anzuerkennen (§ 56 Abs. 1 SGB VI). Die unterschiedliche Berücksichtigung von Erziehungsleistungen im Rahmen der Stichtagsregelung sei verfassungsgemäß und gültig (BVerfGE 87, 1, 40; BVerfG, Beschl. v. 29.3.1996, - 1 BvR 1238/95 -, FamRZ 1996, 789).

Am 14.7.2004 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Reutlingen. Sie trug vor, sie habe seinerzeit, u. a. wegen ungünstiger Öffnungszeiten des Kindergartens und weil sich der Kindsvater entgegen seiner Versprechungen nicht um seine (unehelichen) Kinder gekümmert habe, nicht arbeiten können und Geld weder für Urlaub noch Erholung gehabt. Deshalb dürfe man ihr jetzt nicht nur ein Taschengeld zukommen lassen oder verlangen, dass sie bis zum 65. Lebensjahr arbeiten solle, zumal andere hohe Sozialhilfeleistungen oder Renten nach dem Fremdrentengesetz bekämen.

Mit Urteil vom 18.4.2005 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Dauer der Versicherungspflicht wegen Kindererziehung (§ 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) werde vom Zeitpunkt der Geburt des Kindes bestimmt. Für ein nach dem 31.12.1991 geborenes Kind bestehe Versicherungspflicht in den ersten 36 Kalendermonaten nach Ablauf des Geburtsmonats. Hingegen bestimme § 249 Abs. 1 SGB VI für ein vor dem 1.1.1992 geborenes Kind, dass längstens 12 Kalendermonate als Kindererziehungszeit zu berücksichtigen seien. Insoweit werde die in § 56 Abs. 1 SGB VI getroffene Regelung eingeschränkt. Da die Kinder der Klägerin vor dem 1.1.1992 geboren seien, könnten nur 12 Kalendermonate als Erziehungszeit berücksichtigt werden. Die Beklagte habe die gesetzlichen Regelungen zutreffend angewendet. Diese seien auch verfassungsmäßig, wie das Bundesverfassungsgericht entschieden habe (etwa im Beschluss vom 29.3.1996, - 1 BvR 1238/95 -).

Auf das ihr am 10.5.2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 7.6.2005 Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und bekräftigt. Sie habe immer gearbeitet, nur nicht, als ihre Kinder klein gewesen seien. Damals habe sie von ihren Ersparnissen gelebt, während sie heute in gleicher Lage Sozialleistungen bekäme. Sie fühle sich besonders benachteiligt, da sich der Vater nie verlässlich um die Kinder gekümmert habe und sie diese daher allein habe erziehen müssen; auch von der Gesellschaft fühle sie sich benachteiligt. Nachdem heutzutage viele Menschen auf Kinder verzichteten, müsse ihre außerordentliche Leistung berücksichtigt werden. Hätte sich der Kindsvater, der Beamter gewesen und im März 2005 gestorben sei, damals von seiner Ehefrau scheiden lassen und sie geheiratet, bekäme sie jetzt Witwengeld und müsste wohl nicht um längere Kindererziehungszeiten bzw. eine höhere Rente kämpfen. Mit dem Gesetz könne man ihr nicht kommen. Man verlange von ihr, bis zum 65. Lebensjahr zu arbeiten und sich dann mit einer Rente von 900 EUR zufrieden zu geben; das sei ihr angesichts dessen, was sie geleistet habe, zu wenig.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 18.4.2005 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 15.4.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.6.2004 zu verurteilen, Kindererziehungszeiten für ihre Kinder R., G. und M. von jeweils 36 Kalendermonaten zu berücksichtigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass er die Berufung, was vorliegend in Betracht komme, gem. § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

II.

Der Senat weist die Berufung gem. § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurück, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.

Die Berufung der Klägerin ist gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig, jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat es rechtsfehlerfrei abgelehnt, für die vor dem 1.1.1992 geborenen Kinder der Klägerin Kindererziehungszeiten von jeweils 36 Kalendermonaten zu berücksichtigen. Das Sozialgericht hat die Klage daher zu Recht abgewiesen.

Das Sozialgericht hat in seinem Urteil rechtsfehlerfrei dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften (§§ 3 Satz 1 Nr. 1, 56 Abs.1 und 249 Abs. 1 SGB VI) der geltend gemachte Anspruch zu beurteilen ist, welchen Inhalt diese Bestimmungen haben, und dass der Klägerin danach – wegen der Regelung in § 249 Abs. 1 SGB VI - längere Kindererziehungszeiten nicht zugebilligt werden können; sie ist sich darüber auch im klaren. Der Senat nimmt gem. § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug. Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten anzumerken:

Die genannten Gesetzesvorschriften sind verfassungsgemäß und gültig. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden (Beschlüsse vom 29.3.1996, - 1 BvR 1238/95 -, und vom 21.10.2004, - 1 BvR 1596/01 -; ebenso BSG, Urt. v. 18.10.2005, - B 4 RA 56/04 R -). Die Klägerin ist darauf auch hingewiesen worden. Mit ihrem Vorbringen wendet sie sich letztendlich gegen die gesetzliche Regelung der Kindererziehungszeiten, die sei wegen ihres persönlichen Lebensschicksals für ungerecht hält. Verfassungsrechtliche Bedenken folgen daraus - zumal angesichts der bereits vorliegenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - nicht. Die Beklagte hat die Gesetzesbestimmungen im Übrigen fehlerfrei angewendet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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