L 4 KR 110/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 14 KR 138/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 110/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 2. April 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger vom 01.11.2002 bis 25.04.2004 Krankengeld zu bezahlen.

Der 1947 geborene Kläger ist bei der Beklagten versichert. Er ist Heizungs- und Lüftungsbauer. Am 30.11.2000 bescheinigte ihm der Allgemeinarzt von K. Arbeitsunfähigkeit bei der Diagnose Gonarthrose. Am 22.01.2001 fand eine Arthroskopie statt, am 23.01.2001 wurde als Diagnose R 69 Z (unbekannte, nicht näher bezeichnete Krankheit) zur Begründung der Arbeitsunfähigkeit angegeben. Am 25.01.2001 gab der Kläger auf Befragen der Beklagten, welche gesundheitlichen Probleme ihn gegenwärtig belasten, an: Gelenke (Knie, Schultern), Nieren. Ab 26.0.2001 stellte Dr.von K. Auszahlungsscheine für Krankengeld ohne Diagnose aus. Der von der Beklagten eingeschaltete Medizinische Dienst der Krankenversicherung in Bayern kam nach Untersuchung des Klägers im Gutachten vom 04.04.2001 bei der Hauptdiagnose Gonarthrose beidseits, links stärker als rechts und den Nebendiagnosen Omarthrose beidseits, links stärker als rechts bei Rotatorenmanschettenläsion beidseits, vordere Kreuzbandruptur links bei mäßiger Insuffizienz des vorderen Kreuzbands rechts, leichte Varikosis beider Beine, arterielle Hypertonie zu dem Ergebnis, die Beweglichkeit der Schulter- und Kniegelenke sei noch normgerecht, werde aber als endgradig schmerzhaft geklagt. Bei der Art der Erkrankung, den fortbestehenden Beschwerden und dem heute erhobenen klinischen Befund sei der Versicherte für seine zuletzt ausgeführte Tätigkeit längerfristig gesehen ungeeignet. Die Erkrankungen seien als chronisch zu betrachten und mit einer wesentlichen Beschwerdelinderung könne kaum noch gerechnet werden. Aus medizinischer Sicht bestehe weiterhin Arbeitsunfähigkeit. Eine stationäre Reha im Eilverfahren sollte eingeleitet werden.

Am 24.05.2002 stellte Herr von K. den letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit mit dem 20.05.2002 fest. Der Kläger befand sich dann vom 05.06. bis 26.06.2002 in stationärer Rehabilitationsbehandlung im Klinikum Bad G ... Im Reha-Entlassungsbericht wurde die Diagnose Gonarthrose beidseits bestätigt, ebenso Omarthrose beidseits bei Zustand nach Arthroskopie und OP rechtes Schultergelenk ca. 1996, links 1997. Außerdem wurde Niereninsuffizienz und renale Hypertonie diagnostiziert. In der aktuellen orthopädischen Anamnese hatte der Kläger angegeben, seit ca. zehn Jahren rezidivierende, belastungsbedingte Schmerzen in beiden Knie- und Schultergelenken zu haben. Dem Kläger wurde vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte, weniger knie- und schultergelenksbelastende Tätigkeiten bestätigt. Für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit bestehe eingeschränktes Leistungsvermögen für ca. drei bis sechs Stunden. Nach seinen eigenen Angaben hat der Kläger wieder in seinem früheren Beruf gearbeitet.

Am 03.09.2002 bescheinigte der Allgemeinarzt Dr.S. Arbeitsunfähigkeit wegen Migräne bis 06.09.2002. Dr.K. bescheinigte erstmals am 19.09.2002 Arbeitsunfähigkeit ab 18.09.2002 bei der Diagnose adhäsive Entzündung Schultergelenkskapsel. Die Beklagte stellte bei einer maßgebenden Dreijahresfrist vom 30.11.2000 bis 29.11.2003 fest, der Kläger habe bis 20.05.2002 536 Tage Krankengeld bezogen. Es verbleibe ein Restanspruch von zehn Tagen, so dass der Anspruch auf Krankengeld am 29.09.2002 ende. Sie lehnte mit Bescheid vom 27.09.2002 die Gewährung von Krankengeld über den 29.09.2002 wegen Ablauf der Höchstbezugszeit ab. Der Kläger legte mit Schreiben vom 17.10.2002 Widerspruch ein. Hierzu attestierte Herr von K. am 18.10.2002, der Kläger sei wegen einer Gonarthrose arbeitsunfähig vom 30.11.2000 bis 09.03.2001 gewesen, jetzt sei er seit 10.09.2002 arbeitsunfähig wegen einer PHS links. Ein Zusammenhang zwischen beiden Krankheitsbildern bestehe nicht. Nach der letzten aktenkundigen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 20.10.2002 sollte die Arbeitsunfähigkeit voraussichtlich bis 09.11.2002 dauern.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18.03.2003 zurück. Sie führte aus, wegen der ab 18.09.2002 die Arbeitsunfähigkeit begründenden adhäsiven Entzündungen der Schultergelenkkapsel sei der Kläger bereits ab 30.11.2000 arbeitsunfähig krank gewesen. Daher beginne mit diesem Zeitpunkt die dreijährige Blockfrist. Die Arbeitsunfähigkeit ab 18.09.2002 falle in diese Blockfrist. Der Kläger sei vom 30.11.2000 bis 20.05.2002 wegen derselben Krankheit (Gonarthrose und Omarthrose jeweils beidseitig) arbeitsunfähig krank gewesen und habe Anspruch auf Krankengeld gehabt. Arbeitsunfähigkeit ab 30.11.2000 durch Schultergelenksprobleme sei bestätigt durch die eigenen Angaben des Klägers und die Ausführungen des MDK sowie den Reha-Entlassungsbericht des Klinikums G ... Es verbleibe nur noch ein Rastanspruch von zehn Tagen, so dass die am 18.09.2002 beginnende Arbeitsunfähigkeit Krankengeldanspruch nur bis 29.09.2002 zur Folge habe.

Hiergegen richtete sich die am 15.04.2003 beim Sozialgericht Regensburg eingegangene Klage. Die Auffassung der Beklagten, wonach die Arbeitsunfähigkeit ab 18.09.2002 auf derselben Krankheit beruhen würde, wegen welcher der Kläger bereits bis 20.05.2002 krank gewesen wäre, sei nach Ansicht des Kläger nicht zutreffend. Bei der Krankheit, welche der Arbeitsunfähigkeit ab 30.11.2000 zugrunde lag, habe es sich um einen Unfall gehandelt, der zur Folge gehabt habe, dass eine Operation am Kniegelenk erforderlich wurde. Auf Befragen des Sozialgerichts gab der Kläger an, er beziehe ab 31.10.2002 Arbeitslosengeld und es sei ihm ein Grad der Behinderung von 30 bestätigt worden.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 02. April 2004 abgewiesen. Die Beklagte habe die Blockfrist des § 48 SGB V zutreffend mit dem 30.11.2000 bis 29.11.2003 dargestellt. Während der Arbeitsunfähigkeit habe beim Kläger nicht nur die Gonarth-rose im Vordergrund gestanden, sondern auch die Omarthrose. Dies ergebe sich aus dem Gutachten des MDK vom 04.04.2001 ebenso wie aus dem Reha-Entlassungsbericht. Der Kläger habe seit Ende der 90iger Jahre Schulterprobleme gehabt und sei dadurch in seinem Beruf als Heizungs- bzw. Lüftungsbauer eingeschränkt gewesen. Es handele sich unter Hinzunahme der Schulterprobleme um dieselbe Krankheit im Sinne von § 48 Abs.1 SGB V, weshalb von dem auf 78 Wochen begrenzten Krankengeldbezugszeitraum noch zehn Tage verblieben seien.

Gegen diese Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, die seine Bevollmächtigen damit begründen, der Kläger habe unstreitig am 28.11.2000 einen Arbeitsunfall erlitten, wobei er sich das linke Knie verdrehte und anschließend in der Zeit vom 30.11.2000 bis 20.05.2002 aus diesem Grund durchgehend arbeitsunfähig war. Diese Arbeitsunfähigkeit beruhte einzig und allein auf der Verletzung des Kniegelenks. Vom 20.05. bis 18.09.2002 habe der Kläger wieder bei der Fa. S. und W. gearbeitet. Am 18.09. sei er erneut erkrankt, diesmal jedoch an einer Gelenkerkrankung der linken Schulter, die bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht gänzlich ausgeheilt sei. Es handele sich um zwei unterschiedliche, zur Arbeitsunfähigkeit führende Erkrankungen. Sowohl aus dem Gutachten des MDK wie auch aus dem Reha-Entlassungsbericht gehe hervor, dass der Kläger lediglich im Rahmen der eingangs veranlassten Anamnesegespräche die Probleme im Bereich der linken Schulter erwähnt habe, definitiv seien sie nicht der Grund für die Arbeitsunfähigkeit gewesen. Die Schulterbeschwerden seien nur beiläufig erwähnt worden wie Kopfschmerzen und Kinderkrankheiten. Die Arbeitsunfähigkeit ab 18.09.2002, die auf Beschwerden im Bereich der linken Schulter zurückzuführen sei, sei durch einen Unfall am 18.09.2002 verursacht worden, der sich beim Tragen bzw. Heben eines schweren Heizkörpers ereignet habe. Ohne diesen Unfall wären die arbeitsunfähigkeitsbegründenden Schulterbeschwerden ab dem 18.09.2002 nicht in dieser Form aufgetreten.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 02.04.2004 und den zugrundeliegenden Bescheid der Beklagten vom 27.09.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Krankengeld dem Grunde nach für die Zeit ab 01.11.2002 bis 25.04.2004 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie legt eine Begutachtung nach Aktenlage durch den MDK vom 23.11.2004 vor, die auch die fachärztlichen Gutachten vom 30.06.2002 und 07.10.2003 über den "Unfall" des Klägers im November 2000 berücksichtigt. Das Gutachten bleibt bei der Auffassung, auch bei der Arbeitsunfähigkeitbescheinigung ab 30.11.2000 sei zwar vordergründig von Schmerzen im linken Kniegelenk auszugehen, jedoch lagen auch zu diesem Zeitpunkt nicht unerhebliche arbeitsunfähigkeitsbegründende Schmerzen und Beschwerden mit Funktionseinschränkungen besonders im linken Schultergelenk vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen und die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die nicht der Zulassung gemäß § 144 SGG bedarf, ist zulässig, erweist sich aber als unbegründet. Der Kläger hat ab 30.11.2002 keinen Anspruch auf Krankengeld.

Nach § 44 Abs.1 Satz SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Nach § 48 Abs.1 Satz 1 SGB V erhalten Versicherte Krankengeld ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit doch für längstens 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an. Tritt während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu, wird die Leistungsdauer nicht verlängert.

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger ab 30.11.2000 wegen Kniegelenksbeschwerden arbeitsunfähig war, das heißt krankheitsbedingt, nicht im Stande war, seinen Beruf als Heizungs- und Lüftungsbauer auszuüben. Aktenkundig ist jedoch, dass bereits am 23.01.2001 nicht mehr Gonarthrose als Ursache der Arbeitsunfähigkeit ärztlich bescheinigt war. Der Kläger selbst hat hierzu als Ursache seiner Probleme außer den Knien auch Schultergelenksprobleme und Nierenschmerzen angegeben. Auch vom MDK wurde im Gutachten vom 04.04.2001 als Diagnose Omarthrose (Schulterbeschwerden) bescheinigt. Bei der Rehamaßnahme im Juni 2002 im Klinikum Bad G. wird darüber hinaus auf Schultergelenksoperationen bereits 1997 hingewiesen. Auch hier bestätigte der Kläger die Schulterschmerzen. Gestützt auf diese aktenkundigen Tatsachen schließt sich der Senat der Auffassung des MDK im Gutachten vom 23.11.2004 an, wonach davon auszugehen ist, dass auch ab 30.11.2000 nicht unerhebliche arbeitsunfähigkeitsbegründende Schmerzen und Beschwerden im Schultergelenk vorlagen. Ob und gegebenenfalls ab wann diese Diagnose allein arbeitsunfähigkeitsbegründend war, kann offenbleiben. Die Beklagte hat im am 30.11.2000 beginnenden Dreijahreszeitraum (Blockfrist) die hinzugetretene Schultergelenkserkrankung mitberücksichtigt, gemäß § 48 Abs.1 Satz 2 SGB V jedoch die Bezugsdauer nicht verlängert. Durch die hinzugetretene Krankheit wird auch kein neuer Dreijahreszeitraum eröffnet, der dem Kläger die Möglichkeit gegeben hätte, erneut für 78 Wochen Krankengeld zu beziehen. Das Bundessozialgericht hat hierzu im Urteil vom 08.11.1992 (SozR 3-2500 § 48 Nr.3) ausdrücklich festgestellt, die schon bestehende, also dieselbe Krankheit und die hinzugetretene Krankheit bilden eine Einheit, ohne dass es darauf ankommt, ob die hinzugetretene allein oder nur zusammen mit der ersten Krankheit Arbeitsunfähigkeit herbeiführte. Die weitere Krankheit verlängert nicht die Leistungsdauer und setzt auch nicht - wie eine nach Beendigung der vorhergehenden AU hinzugetretene neue Krankheit mit erneuter AU - einen neuen Dreijahreszeitraum in Gang.

Es ist damit nicht mehr entscheidungserheblich, dass Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen über den 09.11.2002 hinaus nicht vorliegen. Gemäß § 49 Abs.1 Nr.5 SGB V ruht nämlich der Anspruch auf Krankengeld, wenn die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird. Es muss auch nicht entschieden werden, ob der Anspruch auf Krankengeld nicht bereits gemäß § 49 Abs.1 Nr.3a SGB V wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld ruhen würde. Für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Krankengeld gibt es keine Rechtsgrundlage.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Vefahrensausgang.

Gründe, die Revision gemäß § 160 SGG zuzulassen, sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
Saved