L 7 KA 1233/01

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 5 KA 4539/99
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 KA 1233/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 28/04 R
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 8. August 2001 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte die Rechtsauffassung des Senats zu beachten hat.

II. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Kläger auch der Berufungsinstanz zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Es geht in dem Rechtsstreit um die fallbezogene Budgetierung der Sonografieleistungen (Sonografische Untersuchungen im B-Bild-Verfahren) nach C VII Einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM) und speziell die Leistung der Schilddrüsensonografie nach Nr. 376 EBM (220 Punkte) in den Quartalen I/97 und II/97 und die Anwendung der Leitzahl (LZ) 207m der Honorarverteilung der Beklagten (HVM).

Die Kläger sind als Nuklearmediziner in A-Stadt niedergelassen und als Vertragsärzte zugelassen. In den streitbefangenen Quartalen wies ihre Praxis folgende statistische Werte auf (Werte der Fachgruppe in Klammern):

Quartal I/97 Quartal II/97
Patienten 4.926 (1.857) 5.390 (1.980)
Fallwert (Durchschnitt gewichtet) DM 283,56 (256,44) DM 282,01 (247,57)
Honoraranforderung DM 1.386.182,92 DM 1.508.151,77
davon EBM Nr. 376 (Wert 22,-DM) DM 1.914,- DM 14.718,-
davon EBM Nr. 376 (Wert DM 3,61) DM 13.255,92 (Wert DM 3,71) DM 12.877,41
Anzahl EBM Nr. 376 (nicht budg/budg) 87/3.672 669/3.471
Anzahl je 100 Fälle (nicht budg./budg.) 2/75 (28/30) 12/64 (28/26) ausführende Ärzte (nicht budg./budg.) 12/4 12/4
Nettohonorar DM 859.402,25 DM 924.105,60

Mit Honorarbescheid vom 24. Juli 1997 teilte die Beklagte den Klägern das Brutto- bzw. Nettohonorar für das Quartal I/97 mit und erläuterte in einer Anlage vom 8. Juli 1997 als Nr. 13. Teilbudget "Sonographische Untersuchungen mit B-Bild-Verfahren" (Abschnitt C VII. EBM), dass bei 4.926 Behandlungsfällen abzüglich 504 Fällen mit Auftragsleistungen (Zielauftrag) somit 4.422 verbleibenden Fällen sich ein fachgruppenbezogenes Budget von 30 Punkten je Fall entsprechend einem budgetrelevanten Honorarvolumen von 132.660 Punkten ergebe. Gegenüber einem angeforderten Honorarvolumen von 807.840 Punkten seien lediglich 16,4216 % zu berücksichtigen (bei einem Punktwert von 10 Pfg.). Absende- oder Zustellungsdatum sind aus der Verwaltungsakte nicht zu ersehen. Hiergegen haben die Kläger am 19. September 1997 Widerspruch eingelegt und zur Begründung u.a. vorgetragen, bei der Budgetierung würden die Behandlungsfälle zu Grunde gelegt, bei denen nicht das Feld "Zielauftrag" angekreuzt sei. Da der Leistungsumfang einer Schilddrüsen-Untersuchung im Voraus nicht abzusehen sei bzw. sich erst im Laufe der Untersuchung ergebe, kreuzten die zuweisenden Kollegen auf dem Überweisungsschein in der Regel das Feld "Mit/Weiterbehandlung" an, zumal sie auch einen Vorschlag zur Therapie wünschten. Patienten zur Primärdiagnostik oder zur Verlaufsuntersuchung von Schilddrüsenerkrankungen stellten einen wesentlichen Teil der Tätigkeit dar. Dabei sei die Schilddrüsensonografie integraler Bestandteil der Diagnostik. Der "zwangsweise" Verzicht auf die Sonografie würde schon aus forensischen Gründen zu einer Zunahme der Schilddrüsenoperationen führen müssen - zum Malignitätsausschluss.

Mit Honorarbescheid vom 24. Oktober 1997 teilte die Beklagte den Klägern das Brutto- bzw. Nettohonorar für das Quartal II/97 mit und erläuterte in einer Anlage vom 13. Oktober 1997 als Nr. 13. Teilbudget "Sonographische Untersuchungen mit B-Bild-Verfahren" (Abschnitt C VII. EBM), dass bei 5.390 Behandlungsfällen abzüglich 1069 Fällen mit Auftragsleistungen (Zielauftrag) somit 4.321 verbleibenden Fällen sich ein fachgruppenbezogenes Budget von 30 Punkten je Fall entsprechend einem budgetrelevanten Honorarvolumen von 129.630 Punkten ergebe. Gegenüber einem angeforderten Honorarvolumen von 768.020 Punkten seien lediglich 16,8785 % zu berücksichtigen (bei einem Punktwert von 10 Pfg.). Absende- oder Zustellungsdatum sind aus der Verwaltungsakte nicht zu ersehen. Hiergegen haben die Kläger am 22. Dezember 1997 Widerspruch eingelegt und auf die bisherige Begründung verwiesen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18. November 1999 hat die Beklagte beide Widersprüche zurückgewiesen und u.a. ausgeführt, nach Punkt 5. der Allgemeinen Bestimmungen A I.1 EBM bzw. Anlage 207m (mit Anlage) HVM habe für die in die Budgetierung eingeflossenen Leistungen ein fallzahlabhängiges arztgruppenbezogenes Teilbudget gegolten. Die Einführung der Teilbudgets sei für die Leistungsbereiche eingeführt worden, deren Mengenentwicklung maßgeblich zur Punktzahlausweitung beigetragen habe. Bei der Bildung der Teilbudgets sei der Bewertungsausschuss davon ausgegangen, dass die Ärzte derselben Fachgruppe den ihnen obliegenden Versorgungsauftrag bei wirtschaftlicher Behandlungsweise mit einem in etwa vergleichbaren Punktzahlvolumen der arztgruppentypischen Standardleistungen erbringen könnten. Ein Ausnahmetatbestand wäre nur dann gegeben, wenn es sich bei den von der Budgetierung betroffenen Leistungen um einen Praxisschwerpunkt handeln würde, wovon allenfalls auszugehen sei, wenn die betreffenden Leistungen mindestens 30 % der Gesamthonoraranforderung ausmachen würde. Dies treffe auf den vorliegenden Fall jedoch nicht zu.

Hiergegen haben die Kläger am 15. Dezember 1999 Klage erhoben mit dem Ziel der Aufhebung der angefochtenen Bescheide und Verurteilung der Beklagten zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes. Die Kläger haben vorgetragen, sie betrieben eine auf die Diagnostik von Schilddrüsenerkrankungen spezialisierte Praxis. Dabei sei zu beachten, dass die Schilddrüsen-Sonografie nach EBM Nr. 376 die Basisuntersuchung zur Beurteilung der Schilddrüsenmorphologie darstelle. Mehr als 20 % des von ihnen abgerechneten Punktzahlvolumens entfalle auf den von der Teilbudgetierung erfassten Leistungsbereich der sonografischen Untersuchungen mit B-Bild-Verfahren. Das 20 %-Kriterium sei jedoch unbrauchbar, wenn, wie hier, weitere - nicht budgetierte Leistungen - notwendig mit der budgetierten Leistung im Zusammenhang erbracht werden müssten. In den streitbefangenen Quartalen sei das Gebiet A-Stadt in Bezug auf Nuklearmediziner unterversorgt gewesen. Die Kläger haben auf ein Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 23.6.1999 (L 5 KA 791/99) sowie auf Urteile des BSG vom 6.9.2000 (B 6 KA 40/99 R = MedR 2001, 323 und B 6 KA 41/99 R) verwiesen. Die Kläger haben u.a. vorgelegt, die Leitlinien zur Schilddrüsendiagnostik, Auszug aus dem Lehrbuch Peter Pfannenstiel, Schilddrüsenkrankheiten Diagnose und Therapie, 1997.

Die Beklagte hat schriftlich nichts vorgetragen.

Mit Urteil vom 8. August 2001 hat das Sozialgericht Frankfurt am Main die angefochtenen Honorarbescheide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aufgehoben und die Beklagte verurteilt, das Honorar der Kläger für die Quartale I und II/97 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu festzusetzen. In der Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, nach der Rechtsprechung des BSG seien Ausnahmen von der Teilbudgetierung vorzunehmen, wenn im Bereich der teilbudgetierten Leistungen ein Versorgungsschwerpunkt der Praxis bestehe. Aber nicht nur die budgetierten Leistungen seien bei der Frage nach einem Praxisschwerpunkt zu berücksichtigen, sondern auch die damit zusammenhängenden Begleitleistungen. Weiterhin müsse es im Interesse der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung in der jeweiligen Arztgruppe liegen, dass die budgetierten und damit zusammenhängenden Leistungen weiterhin erbracht würden. Schließlich müsse die Anwendung der Bestimmungen über das Teilbudget konkret für die betroffene Praxis zu einer wirtschaftlichen Härte führen. Nach den von den Klägern genannten mit der Sonografie der Schilddrüse zusammenhängenden Leistungen nach den EBM Nrn. 4140, 4151, 4152, 4417, 4418 und ggf. 5435 EBM sei eine Größenordnung erreicht, mit der die Grenze von 30 % der Gesamthonoraranforderung erreicht und überschritten werden könne. Insoweit könne die Kammer wegen fehlenden medizinischen Sachverstandes jedoch keine endgültige Festlegung treffen. Die Beklagte habe daher zunächst eine tragfähige Tatsachengrundlage zu schaffen, bei der Umfang und Ausmaß der mit den sonografischen Untersuchungen der Schilddrüse medizinisch zusammenhängenden Leistungen im Einzelnen festgelegt werden müssten. In Bezug auf eine wirtschaftliche Härte sei schließlich zu berücksichtigen, dass die derzeit verbliebene, budgetierte Honorierung der Leistungen nach EBM Nr. 376 nach dem Vorbringen der Kläger nicht kostendeckend sei.

Gegen das am 8. November 2001 abgesandte Urteil hat die Beklagte am 26. November 2001 Berufung eingelegt. Die Beklagte trägt vor, die Kläger hätten keinen Anspruch auf eine Befreiung von dem streitbefangenen Teilbudget, da die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung in LZ 207m nicht erfüllt seien. Danach könne der Vorstand in Einzelfällen unter Berücksichtigung des Schwerpunktes der Praxistätigkeit abweichende Punktzahlen festsetzen. Im Rahmen des ihm zustehenden Ermessensspielraumes nehme der Vorstand der Beklagten einen Schwerpunkt der Praxistätigkeit allenfalls dann an, wenn die betreffenden Leistungen mindestens 30 % der Gesamthonoraranforderung ausmachten. Dies sei hier nicht der Fall, da die budgetierte Leistung gerade einmal 0,96 % bzw. 0,85 % der Gesamthonorarforderung ausmache. Soweit das Sozialgericht auf die Rechtsprechung des BSG zu den "Begleitleistungen" abstelle, liege hier gerade der umgekehrte Fall vor, da der von den Klägern geltend gemachte Versorgungsschwerpunkt selbst dem Budget unterfalle. Ferner sei auch nicht die erforderliche wirtschaftliche Härte erkennbar, da die de facto Kürzung durch Budgetierung nur einen verschwindenden Anteil am Gesamthonorar betreffe, während die behaupteten Begleitleistungen in dem entsprechend höheren Umfang vergütet würden. Schließlich fehle es auch an einer wirtschaftlichen Härte, da die Minderung in beiden streitgegenständlichen Quartalen bei ca. 4,5 % liege. In Erledigung der gerichtlichen Verfügung vom 16. Juli 2003 seien die Zielaufträge Sonografie der Praxis der Kläger zu denjenigen der Fachgruppe ermittelt worden. Aus den dem Gericht vorgelegten entsprechenden Anlagen ergebe sich, dass entgegen dem klägerischen Vortrag die klägerische Praxis keinen höheren Anteil an den Zielaufträgen Sonografie im Verhältnis zur Fachgruppe habe. Die Beklagte hat Tabellen für die vier Quartale des Jahres 2001 (!) vorgelegt, allerdings bezogen auf das komplette Überweisungsverhalten der überweisenden Ärzte an die Kläger im Verhältnis zu den Überweisungen an alle hessischen Nuklearmediziner (17 Praxen, 25 Ärzte).

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 8. August 2001 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Kläger beantragen,
die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Beklagte die Rechtsauffassung des Senats bei der Neubescheidung zu Grunde zu legen hat.

Die Kläger tragen vor, sie hätten im Bereich der Schilddrüsendiagnostik einen speziellen Praxisschwerpunkt. Damit in Zusammenhang stünden zwingend die Leistungen nach EBM Nr. 376. Das Sozialgericht habe zu Recht auch ein Sicherstellungsbedürfnis und eine wirtschaftliche Härte festgestellt. Die Beklagte sei verpflichtet, ermessensfehlerfrei die Fallpunktzahl für das Teilbudget bzw. der Punktzahl nach LZ 207m HVM anzuheben. Die Beklagte habe die Auflage des Senats vom 16. Juli 2003 nicht erfüllt. Es sei nicht das Verhältnis Zielaufträge Sonografie der Praxis der Kläger im Verhältnis zu demjenigen der Fachgruppe ermittelt worden, sondern das Überweisungsvolumen insgesamt und außerdem im Jahr 2001 und nicht in den streitbefangenen Quartalen. Es seien auch mehrere angestellte Krankenhausärzte zur Erbringung nuklearmedizinischer Leistungen ermächtigt, jedoch nicht für die Schilddrüsensonografie. Außerdem hätte die Gesamtgruppe um die Leistungen der Kläger bereinigt werden müssen, da der Durchschnitt ansonsten maßgeblich von ihnen mitbestimmt werde. Die Anzahl der Überweisungen als Auftragsleistungen (Definitionsauftrag oder Indikationsauftrag nach § 24 Abs. 7 Nr. 1 BMV-Ä) liege im Durchschnitt des Jahres 2001 in ihrer Praxis deutlich unter der Vergleichsgruppe aller (anderen) nuklearmedizinischen Praxen. Die Anzahl der Konsiliaraufträge liege im Durchschnitt aber ca. 250 % über dem der Vergleichsgruppe. Bei allen Verdachtsfällen wegen Schilddrüsenerkrankung sei im Rahmen der Stufendiagnostik die Sonografie als erstes durchzuführen. Der von der Beklagten ermittelte Leistungsbedarf ermögliche keine Erkenntnisse darüber, ob die Kläger pro "Schilddrüsenfall" einen erhöhten Leistungsbedarf geltend machten. Aus den einzelnen Positionen ergebe sich im Vergleich mit der Fachgruppe, dass sie wirtschaftlich behandelten. Die Kläger haben aus den von der Beklagten für 2001 vorgelegten Tabellen eine eigene Auswertung vorgenommen und in Tabellenform vorgelegt. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung, § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG), ist zulässig, jedoch unbegründet. Die Berufung der Beklagten war deshalb zurückzuweisen, allerdings mit der Maßgabe, dass die Beklagte bei der Neubescheidung die Rechtsauffassung des erkennenden Senates zu beachten hat.

Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht im angefochtenen Urteil vom 8. August 2001 die Honorarbescheide vom 24. Juli 1997 und vom 24. Oktober 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. November 1999 insoweit aufgehoben, als im Bereich der Sonderleistungen das Teilbudget von 30 Fallpunkten nach C VII Einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM) für Sonographische Untersuchungen mit B-Bild-Verfahren betroffen ist. Zwar ist die Einführung von Teilbudgets insbesondere in Bereichen der allgemeinen vorhergehenden Leistungsausweitung mit der Folge sinkender Punktwerte zur Stabilisierung der Punktwerte rechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden (vgl. Urteil BSG vom 8.3.2000 – B 6 KA 16/99 R = BSGE 86, S. 30), jedoch ist die Praxis der Kläger durch das Sonografie-Teil-Budget in den streitbefangenen Quartalen in einem Ausmaß gegenüber der Fachgruppe der Nuklearmediziner benachteiligt (vgl. Urteil BSG 6.9.2000 – B 6 KA 40/99 R = BSGE 87, S. 112), dass die Beklagte verpflichtet ist, über die Honoraranforderungen der Kläger in Bezug auf die Sonografie der Schilddrüse nach EBM Nr. 376 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Senates zu entscheiden. Dabei sind die nicht budgetierten Zielaufträge der Nr. 376 EBM nicht betroffen (87 in I/97 und 669 in II/97). Die Rechtsgrundlage hierzu findet sich in Nr. 4 der Weiterentwicklungsvereinbarung vom 7. August 1996 i.V.m der dazu vorliegenden Protokollnotiz (vgl. BSG Urteil 6.9.2000 – B 6 KA 41/99) sowie LZ 207m HVM.

Da es bei der vorliegenden Fallgestaltung nicht mehr darauf ankam, hat der erkennende Senat die Frage dahingestellt sein lassen, ob das Teilbudget von 30 Punkten je Fall für Sonografie bei Nuklearmedizinern (zu den "übrigen Arztgruppen" gehörend) nicht eine Fehlentscheidung des EBM-Gebers war unter der Voraussetzung, dass Nuklearmediziner in hohem Maße mit der Diagnostik der Schilddrüse beschäftigt sind und als erste Untersuchung im Rahmen der Stufendiagnostik die Sonografie einzusetzen ist. Es brauchte deshalb auch nicht geprüft zu werden, ob ausnahmsweise bei Vorliegen von Willkür oder eines schweren strukturellen Fehlers ein Eingriff des Gerichts in den EBM angezeigt gewesen wäre (Urteil BSG 2.4.2003 – B 6 KA 48/02 R = SozR 4 2500 § 67 Nr. 1).

Schwerpunkt der Praxis der Kläger ist die Untersuchung der Schilddrüse, wie sich bereits leicht daraus ablesen lässt, dass die Kläger in 77 von hundert Fällen (in I/97) bzw. 76 von hundert Fällen (in II/97) die Sonografie der Schilddrüse nach Nr. 376 EBM abgerechnet haben, die von allen 12 nuklearmedizinischen Praxen der Fachgruppe erbracht und abgerechnet wird. Dieses Ergebnis wird auch bestätigt durch eine Addition aller weiteren Leistungen, die mit der Schilddrüse zusammenhängen und im erstinstanzlichen Urteil zutreffend mit den EBM-Nrn. 4140, 4151, 4152, 4417, 4418 und 5435 gekennzeichnet worden sind. Aus den in der Anzahl- und Summenstatistik ersichtlichen Beträgen ergibt sich für das Quartal I/97 für diese genannten Leistungen (einschließlich der Nr. 376 – und zwar zum vollen Wert von DM 22,- = insgesamt 80.784,- + 1.914,-) ein Betrag in Höhe von DM 800.846,-. Die Gesamthonorarforderung (DM 1.386.182,92) ist um den bereinigten Betrag der (auf DM 22,-) erhöhten Nr. 376 EBM (DM 67.528,08) zu erhöhen, so dass sich eine bereinigte Gesamtforderung in Höhe von DM 1.453.711,- ergibt. Davon machen die mit der Schilddrüsendiagnostik zusammenhängenden Leistungen ca. 55 % aus. Demgegenüber werden im Durchschnitt der Fachgruppe (und zwar unter Beteiligung aller 12 Praxen) bei den Zielaufträgen zur Nr. 376 EBM 28 Leistungen je hundert Fälle abgerechnet. Die nichtbudgetierten Leistungen nach Nr. 376 EBM können bei dieser Vergleichsbetrachtung nicht herangezogen werden, da diese nur noch von 4 Praxen (also nur einem Drittel der Fachgruppe) erbracht werden, und zwar in 30 von hundert Fällen (als Durchschnitt aller Praxen) bzw. in 62 von hundert Fällen (als Durchschnitt der 4 betroffenen Praxen). Zwei Drittel der Fachgruppe rechnen also die Sonografie der Schilddrüse ausschließlich im Rahmen des nicht budgetierten Zielauftrages ab. Aber selbst bei dem Vergleich der 4 betroffenen Praxen zeigt sich, dass die Kläger die relativ meisten Schilddrüsensonografien je hundert Fälle abrechnen (75 je 100 Fälle gegenüber 62 je 100 Fälle als Durchschnitt dieser 4 Praxen, wobei dieser letzte Wert wiederum (nach unten) bereinigt werden müsste, damit der Anteil der Kläger dem Anteil der restlichen 3 Praxen gegenübergestellt werden könnte). Das Sonografie-Budget führt unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse der Praxis der Kläger zu einer wirtschaftlichen Härte, da die wirtschaftlichen Auswirkungen sich nicht nur im Bereich der Sonografie, sondern auch im Bereich der mit 1.300 Punkten wesentlich teureren ersparten Szintigrafien ergeben. Dies führt zu einer Anwendung der LZ 207 m (letzter Absatz). Danach kann der Vorstand der Beklagten in Einzelfällen abweichende Punktzahlen festsetzen.

Die Kläger haben in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass die von ihnen streng durchgeführte Stufendiagnostik mit der Schilddrüsensonografie am Anfang dazu führt, dass die wesentlich teurere quantitative Szintigrafie der Schilddrüse mittels Gammakamera (EBM Nr. 5435) in geeigneten Fällen erspart werden kann. Dem entsprechen die von den Klägern vorgelegten Leitlinien zur Schilddrüsendiagnostik und die Hinweise im Lehrbuch von Pfannenstiel et al, dass die Schilddrüsensonografie notwendiger Bestandteil bzw. das erste im Rahmen einer Schilddrüsendiagnostik einzusetzende bildgebende Verfahren ist. Anhand der Anzahl- und Summenstatistik lässt sich bei dem Verhältnis zwischen Schilddrüsensonografien und Szintigrafien nach EBM Nr. 5435 ein signifikanter Unterschied der Abrechnungshäufigkeiten bei den Klägern zur Fachgruppe feststellen. Liegen die Kläger in dem oben gezeigten Umfang mit der Sonografie (insgesamt) noch erheblich über dem Durchschnitt, liegen sie bei der Szintigrafie mit 29: 33 (I/97) darunter bzw. mit 30: 30 (in II/97) gleichauf. Sowohl unter Berücksichtigung der Forderungen der Stufendiagnostik als auch des wesentlich höheren Wertes der Szintigrafie (1.300 Punkte zu 220 Punkte) wirkt sich jedenfalls im Falle der Kläger mit dem geringen Anteil an Zielaufträgen (Sonografie der Schilddrüse) das Teilbudget Sonografie dahin aus, dass notwendige Untersuchungen nur noch mit knapp 17 % der Punktzahlen honoriert werden. Wenn die Zielrichtung der Budgetierung dahin verstanden wird, das Behandlungsverhalten der Ärzte mäßigend zu steuern, so würde es im vorliegenden Fall ins Leere laufen, da bei Überweisungen von Schilddrüsenpatienten entweder die Sonografien nicht zu verringern wären oder zugunsten von häufigeren Szintigrafien entfallen und damit zu einer weiteren Steigerung dieser wesentlich teureren Untersuchung führen würden. Die angestrebte Stabilisierung des Punktwertes würde im letzteren Fall in ihr Gegenteil verkehrt. Die Wirkung der Budgetierung der Sonografie für die Fachgruppe der Nuklearmediziner würde dann im Übrigen nicht von dem Leistungsverhalten des Arztes, sondern wesentlich vom Zufall der Fassung des Auftrages (Zielauftrag oder nicht) abhängen. Den Aufklärungsversuch aus dem Termin vom 16. Juli 2003 der Gegenüberstellung der Zielaufträge Sonografie der Praxis der Kläger zu denjenigen der Fachgruppe zur Erlangung der Gewissheit der unterschiedlichen Überweisungsstrukturen des Durchschnittes der Fachgruppe zu den der Kläger hat die Beklagte nicht erfüllt. Mit Schriftsatz vom 21. November 2003 hat die Beklagte zum einen nicht die streitbefangenen Quartale, sondern die Quartale I bis IV/2001 ausgewertet, zum anderen nicht das Verhältnis der Zielaufträge Sonografie, sondern die Zielaufträge insgesamt im Vergleich zu Konsiliar bzw. Mit- und Weiterbehandlung erfasst. Daraus lässt sich bestätigen, dass die Kläger im Jahr 2001 im Verhältnis zum Durchschnitt der Fachgruppe einen wesentlich geringeren Anteil an Zielaufträgen und einen wesentlich höheren Anteil von Konsiliar-, Mit- und Weiterbehandlung haben. Nach den Allgemeinen Bestimmungen des EBM (A I.) Nr. 5.2 werden Zielaufträge bzw. Definitionsaufträge im Rahmen der Budgetierung sowohl hinsichtlich der Fallzahl als auch der berechneten Punktzahl ausgenommen. Über diese Bestimmung lässt sich indirekt die Aufteilung der Leistungen der Kläger für die Sonografie der Schilddrüse (EBM Nr. 376) in der Anzahl- und Summenstatistik in einen mit DM 22,- voll bezahlten Teil und den geringer bezahlten Teil (im Falle der Kläger mit DM 3,61 in I/97 und mit DM 3,71 in II/97) verstehen als (voll bewertete) Zielaufträge und (mit nur ca. 17 % bewertete) Konsiliar-, Mit- und Weiterbehandlungsaufträge [jeweils mit einem fiktiven Punktwert von 0,10 DM]. Dem entspricht auch die Bewertung der Kläger, dass sich aus der statistischen Auswertung der Beklagten (für das Jahr 2001) ablesen lasse, dass die Kläger einen für die Fachgruppe untypisch hohen Anteil an Konsiliar-, Mit- und Weiterbehandlungsaufträgen hätten. Weder aus den höheren Kosten der Kläger pro Patient (ausweislich der Anzahl- und Summenstatistik für I/97 DM 283,56 - Fachgruppe DM 256,44 -) bzw. für II/97 DM 282,01 (Fachgruppe DM 247,57) noch aus den sich für 2001 aus der von der Beklagten vorgelegten Statistik ergebenden Zahlen (mit höheren Durchschnittskosten der Kläger für Zielaufträge, Konsiliar-, Mit- und Weiterbehandlung) lässt sich ablesen, dass die Kläger deshalb auch bei den Schilddrüsenpatienten teurer als der Durchschnitt der Fachgruppe diagnostiziert haben.

Bei der Neubescheidung wird der Beklagte bei der Festlegung einer höheren Punktzahl für das Teilbudget Sonografie im Rahmen der Ausübung des ihm zustehenden Ermessens das Teilbudget entweder ganz aufheben können mit der Wirkung, dass die Kläger wie die 8 Praxen der Fachgruppe ohne Auswirkungen des Teilbudgets Sonografie behandelt werden, oder zumindest den wirtschaftlichen Vorteil der Fachgruppe durch die Zielaufträge im Rahmen der EBM-Nr. 376 dergestalt auf die Kläger übertragen, dass ihnen im Quartal I/97 insgesamt 30 Leistungen EBM-Nr. 376 je hundert Patienten und im Quartal II/97 insgesamt 28 Leistungen je hundert Patienten unbudgetiert verbleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision hat der Senat zugelassen, da er dem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung beimisst, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
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