Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 36 U 179/00
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 U 1/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 1. September 2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen der Folgen einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung ( BKV ) streitig.
Der am XX.XXXXXXX 1949 in Jugoslawien geborene Kläger war in Deutschland von 1971 bis Ende 2000 als Betonbauer beschäftigt. Der ihn erstmals im Jahre 1992 wegen akuter Hals- und Brustwirbelsäulenbeschwerden behandelnde Chirurg Dr. S. zeigte unter dem 13. November 1998 den Verdacht auf das Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV bei degenerativem Lendenwirbelsäulensyndrom mit Bandscheibenläsion an. Nachdem der Technische Aufsichtsdienst der Beklagten das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Berufskrankheit ab Mai 1971 bejaht hatte, zog die Beklagte Unterlagen der behandelnden Ärzte, ein Vorerkrankungsverzeichniss der Krankenkasse des Klägers sowie Unterlagen der Landesversicherungsanstalt Freie und Hansestadt Hamburg bei. Die Chirurgen M./Dr. E. kamen in ihrem im Auftrag der Beklagten nach Untersuchung des Klägers erstellten Gutachten vom 13. September 1999 zu dem Ergebnis, dass das Wirbelsäulenleiden des Klägers keine Berufskrankheit darstelle. Es lägen gering bis mäßig ausgeprägte Verschleißumformungen sowohl der Hals- und Brust- als auch der Lendenwirbelsäule vor. Darüber hinaus bestünden Beschwerden in allen großen Gelenken. Eine berufliche Verursachung der Veränderungen im Lendenwirbelsäulenbereich lasse sich nicht wahrscheinlich machen. Ein belastungskonformes Schadensbild mit einer Zunahme der Veränderungen von oben nach unten liege nicht vor. Darüber hinaus spreche der Umstand, dass die nicht belasteten Wirbelsäulenabschnitte gleichermaßen degenerativ verändert seien, gegen eine berufliche Verursachung der Verschleißumformungen.
Nachdem die Staatliche Gewerbeärztin dieser Beurteilung in ihrer Stellungnahme vom 10. November 1999 zugestimmt hatte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 2. Dezember 1999 und Widerspruchsbescheid vom 28. März 2000 die Anerkennung der Lendenwirbelsäulenbeschwerden als Berufskrankheit und die Gewährung von Entschädigungsleistungen ab.
Während des nachfolgenden Klageverfahrens hat das Sozialgericht weitere Unterlagen der behandelnden Ärzte beigezogen und auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz ( SGG ) das chirurgische Gutachten vom 10. Dezember 2002 durch Dr. S. erstellen lassen. Darin ist er zu dem Ergebnis gelangt, dass beim Kläger ein schweres degeneratives Halswirbelsäulensyndrom, ein degeneratives Brust- und Lendenwirbelsäulensyndrom, eine Knieknorpelerkrankung, eine posttraumatische Belastungsstörung nach Privatunfällen, eine somatoforme Schmerzstörung sowie ein depressives Syndrom vorlägen. Die Erkrankung der Lendenwirbelsäule stelle keine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV dar. Weder bestünden den Altersdurchschnitt deutlich überschreitende Verschleißumformungen noch seien die im Lendenwirbelsäulenabschnitt bestehenden degenerativen Umbauvorgänge deutlich ausgeprägter als diejenigen der restlichen Wirbelsäule. Nachdem der Kläger dieser Beurteilung widersprochen und die Epikrise des Orthopäden Dr. M. vom 1. August 2003 vorgelegt hatte, hat das Sozialgericht die Klage durch Urteil vom 1. September 2003 abgewiesen und dem Kläger Missbrauchskosten in Höhe von insgesamt 325,00 Euro auferlegt: Entgegen seiner Auffassung habe der Kläger keinen Anspruch auf Entschädigung seiner Lendenwirbelsäulenerkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 2801 der Anlage zur BKV. Zwar würden sowohl die arbeitstechnischen Voraussetzungen der Berufskrankheit wie auch eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule vorliegen. Jedoch fehle es an der erforderlichen Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhanges der beruflichen Tätigkeit mit der Erkrankung. Anders als bei einer beruflichen Ursache zu erwarten, seien die degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule im oberen Teil stärker ausgeprägt als im unteren. Darüber hinaus lägen mindestens ebenso starke Veränderungen in der beruflich nicht belasteten Hals- und Brustwirbelsäule wie auch an den großen Gelenken des Körpers vor, was für ein anlagebedingtes generalisiertes Leiden spreche. Die Auferlegung von Missbrauchskosten beruhe auf § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG und sei erfolgt, weil der Kläger den Rechtsstreit fortgeführt habe, obwohl ihm vom Vorsitzenden im Termin am 1. September 2003 die Missbräuchlichkeit der weiteren Rechtsverfolgung dargelegt und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung hingewiesen worden sei.
Gegen das seinem damaligen Prozessbevollmächtigten am 8. Dezember 2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18. Dezember 2003 Berufung eingelegt: Die wenig überzeugende Meinung des Sozialgerichts, dass die Gesamtheit seines Krankheitsbildes gegen eine berufliche Ursache spreche, sei nicht nachvollziehbar. Unstreitig seien bei ihm die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Berufskrankheit gegeben. Soweit die Sachverständigen die Auffassung vertreten hätten, die Schäden im Lendenwirbelsäulenbereich seien nicht auf die belastende Tätigkeit zurückzuführen, weil sich auch in anderen Wirbelsäulenabschnitten Normenabweichungen fänden, ergebe eine Durchsicht der Fachliteratur, dass es in der medizinischen Wissenschaft erhebliche Differenzen darüber gebe, woran zu erkennen sei, ob Normabweichung im Lendenwirbelsäulenbereich auf eine berufsbedingte Belastung zurückzuführen seien. Einig seien sich die Fachleute darin, dass die Lendenwirbelsäule deutlichere Normabweichung aufweisen müsse als die Brustwirbelsäule, was beim Kläger der Fall sei. Soweit die Auffassung vertreten werde, dass die unteren Lendenwirbelsäuleabschnitte stärker belastet sein müssten als die oberen, könne dies im vorliegenden Fall nicht als Argument gegen eine berufsbedingte Belastung sprechen, weil die etwas stärkeren Normabweichungen in den oberen Lendenwirbelsäulesegmenten auch nach der Auffassung des Chirurgen M. etwas mit der Seitausbiegung der Lendenwirbelsäule zu tun hätten. Soweit sich bei ihm, dem Kläger, auch im Halswirbelsäulenbereich starke Normabweichungen fänden, müsse darauf hingewiesen werden, dass er während seiner langjährigen Berufstätigkeit als Betonbauer auch die Halswirbelsäule im Sinne der Berufskrankheit nach Nr. 2109 der Anlage zur BKV belastet habe. Soweit ein altersvorauseilender Bandscheibenverschleiß gefordert werde, handele es sich lediglich um eine Worthülse, weil es keine auf alle Menschen passenden Alterserscheinungen gebe.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 1. September 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. März 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen der Folgen einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung zu gewähren,
hilfsweise, ein Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz von Dr. A., J.-B.-Straße in Hamburg, einzuholen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 1. September 2003 zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, das Sozialgericht habe die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat das Gericht das orthopädische Gutachten von Dr. M. vom 9. März 2006 eingeholt. Dieser Sachverständige hatte zuvor bereits im Verfahren des Klägers gegen die Landesversicherungsanstalt Freie und Hansestadt Hamburg ( S 16 RJ 1429/01 ) das vom Kläger eingereichte Gutachten vom 24. Februar 2005 erstellt und darin ein chronisches vertebragenes Schmerzensyndrom der Halswirbelsäule und der Lendenwirbelsäule, Arthrosen der großen Gelenke sowie eine somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert. In dem Gutachten vom März 2006 stellt er die gleichen Diagnosen und führt aus, dass das Verteilungsmuster degenerativer Veränderungen auf einzelne Wirbelsäulenabschnitte und -segmente ein untaugliches Mittel zur Beurteilung berufsbedingter degenerativer Veränderungen sei. Man könne deshalb nicht beweisen, dass der Kläger keine Berufskrankheit habe. Die bei ihm bestehenden gesundheitlichen Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule seien daher als Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV anzuerkennen und nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 v. H. zu entschädigen.
Dieser Beurteilung hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 30. März 2006 widersprochen und darauf hingewiesen, dass nach der herrschenden medizinischen Lehrmeinung gerade als Nachweis einer beruflich bedingten Wirbelsäulenerkrankung ein altersvorauseilender Bandscheibenverschleiß mit belastungskonformen knöchernen Begleiterscheinungen gelte. Die Lokalisation der Veränderungen müsse mit der beruflichen Exposition korrelieren, das heiße, an dem durch Hebe- und Tragearbeiten besonders belasteten Wirbelsäuleabschnitten müssten die Zeichen einer schädigenden äußeren Einwirkung besonders deutlich hervortreten. Darauf, ob man beweisen könne, dass der Kläger keine Berufskrankheit habe, komme es in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht an. Allein das Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule und einer beruflichen Exposition, die grundsätzlich geeignet sei, diese Krankheit zu verursachen, begründe noch keinen Anscheinsbeweis und damit noch nicht die Wahrscheinlichkeit einer beruflichen Verursachung.
Zum Termin am 11. August 2006 ist der Orthopäde Dr. W. als weiterer medizinischer Sachverständiger geladen worden, der den Kläger am 25. Juli 2006 untersucht und das schriftliche Gutachten vom 31. Juli 2006 eingereicht hat. Darin führt er als Diagnosen eine Verschleißerkrankung der Halswirbelsäule mit geringen bis ausgeprägten degenerativen Veränderungen und einem Status nach Bandscheibenvorfall im Bewegungssegment C 6/7, eine Verschleißerkrankung der Brustwirbelsäule mit rechtseitiger Spondylose und gering ausgeprägter Chondrose bei vermehrter Rundrückenbildung, eine Verschleißerkrankung der Lendenwirbelsäule mit gering ausgeprägter Chondrose und Spondylose, insbesondere in den Bewegungssegmenten L1/2 und L5/S1, sowie einen Beckentiefstand linksseitig um einen Zentimeter an. Die bei dem Kläger im Bereich der Lendenwirbelsäule bestehenden degenerativen Veränderungen seien nicht altersuntypisch und lägen nicht deutlich über der Altersnorm. Die Veränderungen im Bereich der oberen Etagen wiesen zudem eine Korrelation zu der rechtskonvexen skoliotischen Seitverbiegung der unteren Brustwirbelsäule auf. Auch der vorhandene Beckentiefstand stelle eine weitere ungünstigste statische Fehlbelastungssituation dar. Die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule beschränkten sich nicht nur auf die statisch ungünstig belastete Lendenwirbelsäule, sondern hätten auch die Hals- und Brustwirbelsäule in mindest gleicher Ausprägung erfasst. Es liege somit kein belastungskonformes Schadensbild vor. Eine Anerkennung als Berufskrankheit könne deshalb nicht empfohlen werden. Im Termin am 11. August 2006 hat Dr. W. sein Gutachten erläutert und darauf hingewiesen, dass selbst unter der Annahme, die festgestellten Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule seien auf eine entsprechende Belastung im Sinne der Berufskrankheit nach Nr. 2109 der Anlage zur BKV zurückzuführen, wegen der bestehenden arthrotischen Veränderungen im Bereich der großen Gelenke und des sich ungünstig auf die Wirbelsäule auswirkenden Übergewichts immer noch mehr gegen als für eine berufliche Verursachung der Schäden an der Lendenwirbelsäule spreche.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der in der Sitzungsniederschrift vom 11. August 2006 aufgeführten Akten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ( §§ 143, 144, 151 SGG ) ist nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die auf Anerkennung des beim Kläger bestehenden Lendenwirbelsäulenleidens als Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV und die Gewährung von Entschädigungsleistungen wegen deren Folgen gerichtete Klage abgewiesen. Die die Gewährung solcher Leistungen ablehnenden Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden.
Zutreffend hat das Sozialgericht in seiner vom Kläger angefochtenen Entscheidung dargelegt, dass zwar die arbeitstechnischen Voraussetzungen der geltend gemachten Berufskrankheit erfüllt sind und beim Kläger auch eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule vorliegt, jedoch sich ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der beruflich bedingten Belastung und den beim Kläger im Bereich der Lendenwirbelsäule festgestellten Gesundheitsstörungen nicht mit dem erforderlichen Grad der Wahrscheinlichkeit feststellen lässt. Der Senat schließt sich dieser Beurteilung des Sozialgerichts an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf dessen Ausführungen in den Entscheidungsgründen Bezug ( § 153 Abs. 2 SGG ). Das Vorbringen des Klägers während des Berufungsverfahrens und die vom Senat zusätzlich durchgeführten Ermittlungen haben keine neuen Tatsachen ergeben, die eine andere Beurteilung rechtfertigen würden. Durch diese Ermittlungen ist vielmehr im Ergebnis bestätigt worden, dass mehr gegen als für eine berufliche Verursachung der beim Kläger tatsächlich vorliegenden Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule spricht. Wie schon die Chirurgen M. und Dr. S. verweist auch der Orthopäde Dr. W. darauf, dass beim Kläger von oben nach unten abnehmende Veränderungen in den Segmenten L1/2, L2/3, L3/4 und L5/S1 vorliegen, demgegenüber das Segment L4/5 aber nicht betroffen, und schon deshalb ein belastungskonformes Schadensbild nicht erkennbar ist. Dabei lassen sich nach den überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen die Veränderungen im Bereich der oberen Etagen der Lendenwirbelsäule durch die rechtskonvexe skoliotische Seitverbiegung der unteren Brustwirbelsäule erklären. Daneben stellt der vorhandene Beckentiefstand eine weitere ungünstige Fehlbelastungssituation des Achsenorgans dar. Trotz dieser sich ungünstig auf die Lendenwirbelsäule auswirkenden Faktoren finden sich beim Kläger im Bereich den Lendenwirbelsäule aber lediglich gering bis mäßig ausgeprägte Veränderungen und keine fortgeschrittenen Chondrosen oder Spondylosen. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass Dr. W. in Übereinstimmung mit Dr. S. die degenerativen Veränderungen im Lendenwirbelsäulenbereich des Klägers als nicht über der Altersnorm liegend beschreibt. Entgegen der Auffassung des Klägers benennt er damit ein Argument, welches entscheidend gegen den Zusammenhang der Verschleißerscheinungen mit einer beruflichen Belastung spricht. Grundvoraussetzung für die Annahme eines Kausalzusammenhanges ist nämlich nach allen vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen, dass der bildgebend darstellbare Bandscheibenschaden seiner Ausprägung nach altersuntypisch sein muss, d.h. er muss über die Schwankungsbreite der altersentsprechenden Norm hinausgehen und in diesem Sinne auffällig sein. Nur wenn die feststellbaren Veränderungen das Ausmaß derjenigen überschreiten, wie sie in dem betreffenden Alter auch bei unbelasteten Personen normalerweise auftreten, kann sich überhaupt die Frage nach einer beruflichen Verursachung stellen. Darüber hinaus hat Dr. W. ebenfalls zutreffend dargelegt, dass der Umstand, dass beim Kläger die Hals- und Brustwirbelsäule ebenfalls in zumindest dem gleichen Ausmaß wie die Lendenwirbelsäule von degenerativen Veränderungen betroffen sind, in aller Regel gegen eine beruflich bedingte Verursachung spricht. Selbst wenn unterstellt wird, dass im Falle des Klägers auch eine entsprechende berufliche Belastung der Halswirbelsäule vorgelegen hat, könnte dies die von allen tätig gewordenen Medizinern übereinstimmend festgestellten Veränderungen der Brustwirbelsäule und die darüber hinaus vorliegenden arthrotischen Veränderungen im Bereich der großen Gelenke nicht erklären. Zu Recht hat bereits das Sozialgericht ausgeführt, dass unter Berücksichtigung einer Gesamtschau aller festgestellten degenerativen Veränderungen sehr viel für das Vorliegen eines anlagebedingten generalisierten Leidens spricht.
Soweit Dr. M. in seinem nach § 109 SGG erstellten Gutachten vom 9. März 2006 ausführt, dass das Verteilungsmuster degenerativer Veränderungen auf einzelne Wirbelsäulenabschnitte und -segmente ein untaugliches Mittel zur Beurteilung berufsbedingter degenerativer Veränderungen sei, verkennt er, dass die Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhanges im Unfallversicherungsrecht positiv festgestellt werden muss und es dafür zur Abgrenzung von unabhängig von beruflichen Belastungen entstandenen Wirbelsäulenveränderungen bestimmter Kriterien bedarf. Zutreffend hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass die Lokalisation der Veränderungen mit der beruflichen Exposition korrelieren muss. Dies heißt nichts anderes, als dass an den durch Hebe- und Tragearbeiten besonders belasteten Wirbelsäulenabschnitten die Zeichen einer schädigenden äußeren Einwirkung besonders deutlich hervortreten müssen. Daran fehlt es im Falle des Klägers. Zwar wird man die Schlussfolgerung Dr. M., wonach nicht zu beweisen sei, dass der Kläger keine Berufskrankheit habe, nicht widerlegen können. Jedoch trifft es nicht zu, dass allein das Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule und einer beruflichen Exposition, die grundsätzlich geeignet ist, eine solche Krankheit zu verursachen, ausreiche, um eine Berufskrankheit anzuerkennen. Es muss vielmehr im jeweiligen Einzelfall die Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhanges festgestellt werden können. Dafür bietet auch Dr. M. in seinem Gutachten keinerlei Anhaltspunkte.
Der Senat hatte keine Veranlassung, dem Hilfsantrag des Klägers entsprechend ein weiteres Gutachten nach § 109 SGG einzuholen. Zur Überzeugung des Senats war der der Entscheidung zu Grunde zu legende Sachverhalt vollständig aufgeklärt. Weder ist ersichtlich noch wurde vom Kläger auch nur ansatzweise vorgetragen, welche weiteren entscheidungserheblichen Erkenntnisse durch die Einholung noch eines ( dann des fünften ) Gutachtens hätten gewonnen werden können. Unabhängig davon war das Antragsrecht des Klägers nach § 109 SGG durch die Einholung der Gutachten von Dr. S. und Dr. M. verbraucht. Nach dieser Regelung hat ein Kläger lediglich Anspruch auf Einholung eines Gutachtens von einem Arzt seiner Wahl. Selbst bei einer dahingehenden Auslegung, dass damit ein Gutachten pro Instanz gemeint ist, konnte der Kläger hier nicht die Einholung eines weiteren Gutachtens beanspruchen.
Die Berufung des Klägers ist auch im Hinblick auf die vom Sozialgericht in seiner angefochtenen Entscheidung verhängten Verschuldenskosten nicht begründet. Nachdem während des sozialgerichtlichen Verfahrens auch der auf Antrag des Klägers gehörte Chirurg Dr. S. in seinem Gutachten das Vorliegen einer Berufskrankheit verneint hatte, ist von klägerischer Seite das Verfahren fortgeführt worden, ohne dass inhaltliche Argumente gegen die übereinstimmende Beurteilung aller bis dahin tätig gewordenen medizinischen Sachverständigen vorgebracht wurden oder werden konnten. Zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung lagen deshalb die Voraussetzungen für eine Kostenauferlegung nach § 192 SGG eindeutig vor. Dies gilt umso mehr, als es auch während des Berufungsverfahrens hinsichtlich der Argumente, die für oder gegen eine berufliche Verursachung der Lendenwirbelsäulenveränderungen sprechen, keine neue Entwicklung gegeben hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht im Ergebnis dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil weder die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG noch die des § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG vorliegen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen der Folgen einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung ( BKV ) streitig.
Der am XX.XXXXXXX 1949 in Jugoslawien geborene Kläger war in Deutschland von 1971 bis Ende 2000 als Betonbauer beschäftigt. Der ihn erstmals im Jahre 1992 wegen akuter Hals- und Brustwirbelsäulenbeschwerden behandelnde Chirurg Dr. S. zeigte unter dem 13. November 1998 den Verdacht auf das Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV bei degenerativem Lendenwirbelsäulensyndrom mit Bandscheibenläsion an. Nachdem der Technische Aufsichtsdienst der Beklagten das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Berufskrankheit ab Mai 1971 bejaht hatte, zog die Beklagte Unterlagen der behandelnden Ärzte, ein Vorerkrankungsverzeichniss der Krankenkasse des Klägers sowie Unterlagen der Landesversicherungsanstalt Freie und Hansestadt Hamburg bei. Die Chirurgen M./Dr. E. kamen in ihrem im Auftrag der Beklagten nach Untersuchung des Klägers erstellten Gutachten vom 13. September 1999 zu dem Ergebnis, dass das Wirbelsäulenleiden des Klägers keine Berufskrankheit darstelle. Es lägen gering bis mäßig ausgeprägte Verschleißumformungen sowohl der Hals- und Brust- als auch der Lendenwirbelsäule vor. Darüber hinaus bestünden Beschwerden in allen großen Gelenken. Eine berufliche Verursachung der Veränderungen im Lendenwirbelsäulenbereich lasse sich nicht wahrscheinlich machen. Ein belastungskonformes Schadensbild mit einer Zunahme der Veränderungen von oben nach unten liege nicht vor. Darüber hinaus spreche der Umstand, dass die nicht belasteten Wirbelsäulenabschnitte gleichermaßen degenerativ verändert seien, gegen eine berufliche Verursachung der Verschleißumformungen.
Nachdem die Staatliche Gewerbeärztin dieser Beurteilung in ihrer Stellungnahme vom 10. November 1999 zugestimmt hatte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 2. Dezember 1999 und Widerspruchsbescheid vom 28. März 2000 die Anerkennung der Lendenwirbelsäulenbeschwerden als Berufskrankheit und die Gewährung von Entschädigungsleistungen ab.
Während des nachfolgenden Klageverfahrens hat das Sozialgericht weitere Unterlagen der behandelnden Ärzte beigezogen und auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz ( SGG ) das chirurgische Gutachten vom 10. Dezember 2002 durch Dr. S. erstellen lassen. Darin ist er zu dem Ergebnis gelangt, dass beim Kläger ein schweres degeneratives Halswirbelsäulensyndrom, ein degeneratives Brust- und Lendenwirbelsäulensyndrom, eine Knieknorpelerkrankung, eine posttraumatische Belastungsstörung nach Privatunfällen, eine somatoforme Schmerzstörung sowie ein depressives Syndrom vorlägen. Die Erkrankung der Lendenwirbelsäule stelle keine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV dar. Weder bestünden den Altersdurchschnitt deutlich überschreitende Verschleißumformungen noch seien die im Lendenwirbelsäulenabschnitt bestehenden degenerativen Umbauvorgänge deutlich ausgeprägter als diejenigen der restlichen Wirbelsäule. Nachdem der Kläger dieser Beurteilung widersprochen und die Epikrise des Orthopäden Dr. M. vom 1. August 2003 vorgelegt hatte, hat das Sozialgericht die Klage durch Urteil vom 1. September 2003 abgewiesen und dem Kläger Missbrauchskosten in Höhe von insgesamt 325,00 Euro auferlegt: Entgegen seiner Auffassung habe der Kläger keinen Anspruch auf Entschädigung seiner Lendenwirbelsäulenerkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 2801 der Anlage zur BKV. Zwar würden sowohl die arbeitstechnischen Voraussetzungen der Berufskrankheit wie auch eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule vorliegen. Jedoch fehle es an der erforderlichen Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhanges der beruflichen Tätigkeit mit der Erkrankung. Anders als bei einer beruflichen Ursache zu erwarten, seien die degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule im oberen Teil stärker ausgeprägt als im unteren. Darüber hinaus lägen mindestens ebenso starke Veränderungen in der beruflich nicht belasteten Hals- und Brustwirbelsäule wie auch an den großen Gelenken des Körpers vor, was für ein anlagebedingtes generalisiertes Leiden spreche. Die Auferlegung von Missbrauchskosten beruhe auf § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG und sei erfolgt, weil der Kläger den Rechtsstreit fortgeführt habe, obwohl ihm vom Vorsitzenden im Termin am 1. September 2003 die Missbräuchlichkeit der weiteren Rechtsverfolgung dargelegt und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung hingewiesen worden sei.
Gegen das seinem damaligen Prozessbevollmächtigten am 8. Dezember 2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18. Dezember 2003 Berufung eingelegt: Die wenig überzeugende Meinung des Sozialgerichts, dass die Gesamtheit seines Krankheitsbildes gegen eine berufliche Ursache spreche, sei nicht nachvollziehbar. Unstreitig seien bei ihm die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Berufskrankheit gegeben. Soweit die Sachverständigen die Auffassung vertreten hätten, die Schäden im Lendenwirbelsäulenbereich seien nicht auf die belastende Tätigkeit zurückzuführen, weil sich auch in anderen Wirbelsäulenabschnitten Normenabweichungen fänden, ergebe eine Durchsicht der Fachliteratur, dass es in der medizinischen Wissenschaft erhebliche Differenzen darüber gebe, woran zu erkennen sei, ob Normabweichung im Lendenwirbelsäulenbereich auf eine berufsbedingte Belastung zurückzuführen seien. Einig seien sich die Fachleute darin, dass die Lendenwirbelsäule deutlichere Normabweichung aufweisen müsse als die Brustwirbelsäule, was beim Kläger der Fall sei. Soweit die Auffassung vertreten werde, dass die unteren Lendenwirbelsäuleabschnitte stärker belastet sein müssten als die oberen, könne dies im vorliegenden Fall nicht als Argument gegen eine berufsbedingte Belastung sprechen, weil die etwas stärkeren Normabweichungen in den oberen Lendenwirbelsäulesegmenten auch nach der Auffassung des Chirurgen M. etwas mit der Seitausbiegung der Lendenwirbelsäule zu tun hätten. Soweit sich bei ihm, dem Kläger, auch im Halswirbelsäulenbereich starke Normabweichungen fänden, müsse darauf hingewiesen werden, dass er während seiner langjährigen Berufstätigkeit als Betonbauer auch die Halswirbelsäule im Sinne der Berufskrankheit nach Nr. 2109 der Anlage zur BKV belastet habe. Soweit ein altersvorauseilender Bandscheibenverschleiß gefordert werde, handele es sich lediglich um eine Worthülse, weil es keine auf alle Menschen passenden Alterserscheinungen gebe.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 1. September 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. März 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen der Folgen einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung zu gewähren,
hilfsweise, ein Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz von Dr. A., J.-B.-Straße in Hamburg, einzuholen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 1. September 2003 zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, das Sozialgericht habe die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat das Gericht das orthopädische Gutachten von Dr. M. vom 9. März 2006 eingeholt. Dieser Sachverständige hatte zuvor bereits im Verfahren des Klägers gegen die Landesversicherungsanstalt Freie und Hansestadt Hamburg ( S 16 RJ 1429/01 ) das vom Kläger eingereichte Gutachten vom 24. Februar 2005 erstellt und darin ein chronisches vertebragenes Schmerzensyndrom der Halswirbelsäule und der Lendenwirbelsäule, Arthrosen der großen Gelenke sowie eine somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert. In dem Gutachten vom März 2006 stellt er die gleichen Diagnosen und führt aus, dass das Verteilungsmuster degenerativer Veränderungen auf einzelne Wirbelsäulenabschnitte und -segmente ein untaugliches Mittel zur Beurteilung berufsbedingter degenerativer Veränderungen sei. Man könne deshalb nicht beweisen, dass der Kläger keine Berufskrankheit habe. Die bei ihm bestehenden gesundheitlichen Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule seien daher als Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV anzuerkennen und nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 v. H. zu entschädigen.
Dieser Beurteilung hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 30. März 2006 widersprochen und darauf hingewiesen, dass nach der herrschenden medizinischen Lehrmeinung gerade als Nachweis einer beruflich bedingten Wirbelsäulenerkrankung ein altersvorauseilender Bandscheibenverschleiß mit belastungskonformen knöchernen Begleiterscheinungen gelte. Die Lokalisation der Veränderungen müsse mit der beruflichen Exposition korrelieren, das heiße, an dem durch Hebe- und Tragearbeiten besonders belasteten Wirbelsäuleabschnitten müssten die Zeichen einer schädigenden äußeren Einwirkung besonders deutlich hervortreten. Darauf, ob man beweisen könne, dass der Kläger keine Berufskrankheit habe, komme es in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht an. Allein das Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule und einer beruflichen Exposition, die grundsätzlich geeignet sei, diese Krankheit zu verursachen, begründe noch keinen Anscheinsbeweis und damit noch nicht die Wahrscheinlichkeit einer beruflichen Verursachung.
Zum Termin am 11. August 2006 ist der Orthopäde Dr. W. als weiterer medizinischer Sachverständiger geladen worden, der den Kläger am 25. Juli 2006 untersucht und das schriftliche Gutachten vom 31. Juli 2006 eingereicht hat. Darin führt er als Diagnosen eine Verschleißerkrankung der Halswirbelsäule mit geringen bis ausgeprägten degenerativen Veränderungen und einem Status nach Bandscheibenvorfall im Bewegungssegment C 6/7, eine Verschleißerkrankung der Brustwirbelsäule mit rechtseitiger Spondylose und gering ausgeprägter Chondrose bei vermehrter Rundrückenbildung, eine Verschleißerkrankung der Lendenwirbelsäule mit gering ausgeprägter Chondrose und Spondylose, insbesondere in den Bewegungssegmenten L1/2 und L5/S1, sowie einen Beckentiefstand linksseitig um einen Zentimeter an. Die bei dem Kläger im Bereich der Lendenwirbelsäule bestehenden degenerativen Veränderungen seien nicht altersuntypisch und lägen nicht deutlich über der Altersnorm. Die Veränderungen im Bereich der oberen Etagen wiesen zudem eine Korrelation zu der rechtskonvexen skoliotischen Seitverbiegung der unteren Brustwirbelsäule auf. Auch der vorhandene Beckentiefstand stelle eine weitere ungünstigste statische Fehlbelastungssituation dar. Die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule beschränkten sich nicht nur auf die statisch ungünstig belastete Lendenwirbelsäule, sondern hätten auch die Hals- und Brustwirbelsäule in mindest gleicher Ausprägung erfasst. Es liege somit kein belastungskonformes Schadensbild vor. Eine Anerkennung als Berufskrankheit könne deshalb nicht empfohlen werden. Im Termin am 11. August 2006 hat Dr. W. sein Gutachten erläutert und darauf hingewiesen, dass selbst unter der Annahme, die festgestellten Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule seien auf eine entsprechende Belastung im Sinne der Berufskrankheit nach Nr. 2109 der Anlage zur BKV zurückzuführen, wegen der bestehenden arthrotischen Veränderungen im Bereich der großen Gelenke und des sich ungünstig auf die Wirbelsäule auswirkenden Übergewichts immer noch mehr gegen als für eine berufliche Verursachung der Schäden an der Lendenwirbelsäule spreche.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der in der Sitzungsniederschrift vom 11. August 2006 aufgeführten Akten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ( §§ 143, 144, 151 SGG ) ist nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die auf Anerkennung des beim Kläger bestehenden Lendenwirbelsäulenleidens als Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV und die Gewährung von Entschädigungsleistungen wegen deren Folgen gerichtete Klage abgewiesen. Die die Gewährung solcher Leistungen ablehnenden Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden.
Zutreffend hat das Sozialgericht in seiner vom Kläger angefochtenen Entscheidung dargelegt, dass zwar die arbeitstechnischen Voraussetzungen der geltend gemachten Berufskrankheit erfüllt sind und beim Kläger auch eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule vorliegt, jedoch sich ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der beruflich bedingten Belastung und den beim Kläger im Bereich der Lendenwirbelsäule festgestellten Gesundheitsstörungen nicht mit dem erforderlichen Grad der Wahrscheinlichkeit feststellen lässt. Der Senat schließt sich dieser Beurteilung des Sozialgerichts an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf dessen Ausführungen in den Entscheidungsgründen Bezug ( § 153 Abs. 2 SGG ). Das Vorbringen des Klägers während des Berufungsverfahrens und die vom Senat zusätzlich durchgeführten Ermittlungen haben keine neuen Tatsachen ergeben, die eine andere Beurteilung rechtfertigen würden. Durch diese Ermittlungen ist vielmehr im Ergebnis bestätigt worden, dass mehr gegen als für eine berufliche Verursachung der beim Kläger tatsächlich vorliegenden Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule spricht. Wie schon die Chirurgen M. und Dr. S. verweist auch der Orthopäde Dr. W. darauf, dass beim Kläger von oben nach unten abnehmende Veränderungen in den Segmenten L1/2, L2/3, L3/4 und L5/S1 vorliegen, demgegenüber das Segment L4/5 aber nicht betroffen, und schon deshalb ein belastungskonformes Schadensbild nicht erkennbar ist. Dabei lassen sich nach den überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen die Veränderungen im Bereich der oberen Etagen der Lendenwirbelsäule durch die rechtskonvexe skoliotische Seitverbiegung der unteren Brustwirbelsäule erklären. Daneben stellt der vorhandene Beckentiefstand eine weitere ungünstige Fehlbelastungssituation des Achsenorgans dar. Trotz dieser sich ungünstig auf die Lendenwirbelsäule auswirkenden Faktoren finden sich beim Kläger im Bereich den Lendenwirbelsäule aber lediglich gering bis mäßig ausgeprägte Veränderungen und keine fortgeschrittenen Chondrosen oder Spondylosen. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass Dr. W. in Übereinstimmung mit Dr. S. die degenerativen Veränderungen im Lendenwirbelsäulenbereich des Klägers als nicht über der Altersnorm liegend beschreibt. Entgegen der Auffassung des Klägers benennt er damit ein Argument, welches entscheidend gegen den Zusammenhang der Verschleißerscheinungen mit einer beruflichen Belastung spricht. Grundvoraussetzung für die Annahme eines Kausalzusammenhanges ist nämlich nach allen vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen, dass der bildgebend darstellbare Bandscheibenschaden seiner Ausprägung nach altersuntypisch sein muss, d.h. er muss über die Schwankungsbreite der altersentsprechenden Norm hinausgehen und in diesem Sinne auffällig sein. Nur wenn die feststellbaren Veränderungen das Ausmaß derjenigen überschreiten, wie sie in dem betreffenden Alter auch bei unbelasteten Personen normalerweise auftreten, kann sich überhaupt die Frage nach einer beruflichen Verursachung stellen. Darüber hinaus hat Dr. W. ebenfalls zutreffend dargelegt, dass der Umstand, dass beim Kläger die Hals- und Brustwirbelsäule ebenfalls in zumindest dem gleichen Ausmaß wie die Lendenwirbelsäule von degenerativen Veränderungen betroffen sind, in aller Regel gegen eine beruflich bedingte Verursachung spricht. Selbst wenn unterstellt wird, dass im Falle des Klägers auch eine entsprechende berufliche Belastung der Halswirbelsäule vorgelegen hat, könnte dies die von allen tätig gewordenen Medizinern übereinstimmend festgestellten Veränderungen der Brustwirbelsäule und die darüber hinaus vorliegenden arthrotischen Veränderungen im Bereich der großen Gelenke nicht erklären. Zu Recht hat bereits das Sozialgericht ausgeführt, dass unter Berücksichtigung einer Gesamtschau aller festgestellten degenerativen Veränderungen sehr viel für das Vorliegen eines anlagebedingten generalisierten Leidens spricht.
Soweit Dr. M. in seinem nach § 109 SGG erstellten Gutachten vom 9. März 2006 ausführt, dass das Verteilungsmuster degenerativer Veränderungen auf einzelne Wirbelsäulenabschnitte und -segmente ein untaugliches Mittel zur Beurteilung berufsbedingter degenerativer Veränderungen sei, verkennt er, dass die Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhanges im Unfallversicherungsrecht positiv festgestellt werden muss und es dafür zur Abgrenzung von unabhängig von beruflichen Belastungen entstandenen Wirbelsäulenveränderungen bestimmter Kriterien bedarf. Zutreffend hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass die Lokalisation der Veränderungen mit der beruflichen Exposition korrelieren muss. Dies heißt nichts anderes, als dass an den durch Hebe- und Tragearbeiten besonders belasteten Wirbelsäulenabschnitten die Zeichen einer schädigenden äußeren Einwirkung besonders deutlich hervortreten müssen. Daran fehlt es im Falle des Klägers. Zwar wird man die Schlussfolgerung Dr. M., wonach nicht zu beweisen sei, dass der Kläger keine Berufskrankheit habe, nicht widerlegen können. Jedoch trifft es nicht zu, dass allein das Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule und einer beruflichen Exposition, die grundsätzlich geeignet ist, eine solche Krankheit zu verursachen, ausreiche, um eine Berufskrankheit anzuerkennen. Es muss vielmehr im jeweiligen Einzelfall die Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhanges festgestellt werden können. Dafür bietet auch Dr. M. in seinem Gutachten keinerlei Anhaltspunkte.
Der Senat hatte keine Veranlassung, dem Hilfsantrag des Klägers entsprechend ein weiteres Gutachten nach § 109 SGG einzuholen. Zur Überzeugung des Senats war der der Entscheidung zu Grunde zu legende Sachverhalt vollständig aufgeklärt. Weder ist ersichtlich noch wurde vom Kläger auch nur ansatzweise vorgetragen, welche weiteren entscheidungserheblichen Erkenntnisse durch die Einholung noch eines ( dann des fünften ) Gutachtens hätten gewonnen werden können. Unabhängig davon war das Antragsrecht des Klägers nach § 109 SGG durch die Einholung der Gutachten von Dr. S. und Dr. M. verbraucht. Nach dieser Regelung hat ein Kläger lediglich Anspruch auf Einholung eines Gutachtens von einem Arzt seiner Wahl. Selbst bei einer dahingehenden Auslegung, dass damit ein Gutachten pro Instanz gemeint ist, konnte der Kläger hier nicht die Einholung eines weiteren Gutachtens beanspruchen.
Die Berufung des Klägers ist auch im Hinblick auf die vom Sozialgericht in seiner angefochtenen Entscheidung verhängten Verschuldenskosten nicht begründet. Nachdem während des sozialgerichtlichen Verfahrens auch der auf Antrag des Klägers gehörte Chirurg Dr. S. in seinem Gutachten das Vorliegen einer Berufskrankheit verneint hatte, ist von klägerischer Seite das Verfahren fortgeführt worden, ohne dass inhaltliche Argumente gegen die übereinstimmende Beurteilung aller bis dahin tätig gewordenen medizinischen Sachverständigen vorgebracht wurden oder werden konnten. Zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung lagen deshalb die Voraussetzungen für eine Kostenauferlegung nach § 192 SGG eindeutig vor. Dies gilt umso mehr, als es auch während des Berufungsverfahrens hinsichtlich der Argumente, die für oder gegen eine berufliche Verursachung der Lendenwirbelsäulenveränderungen sprechen, keine neue Entwicklung gegeben hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht im Ergebnis dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil weder die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG noch die des § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG vorliegen.
Rechtskraft
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