L 5 KR 677/06 W-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 2169/05 W-A
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 677/06 W-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 13.6.2005 abgeändert. Der Streitwert des Klageverfahrens vor dem Sozialgericht Karlsruhe S 5 KR 4082/03 wird auf 52.000,- festgesetzt. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Klägerin beantragte am 18.9.2002 bei der Beklagten die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens gem. § 7a Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Geklärt werden sollte der sozialversicherungsrechtliche Status von 13 "Shop-in-Shop-Kräften" bzw. "Promotoren". Mit Bescheid vom 30.9.2002 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da mit Bescheid vom 17.7.2002 bereits eine entsprechende Entscheidung im Rahmen einer Betriebsprüfung ergangen sei und die Klägerin nicht dargelegt habe, weshalb eine erneute Statusbeurteilung erforderlich sein solle. Ein Verfahren nach § 7a SGB IV finde nur in objektiven Zweifelsfällen statt. Den dagegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.10.2003 zurück. Ergänzend wurde ausgeführt, am 25.11.1999 sei eine noch nicht abgeschlossene Betriebsprüfung durch die LVA Baden-Württemberg durchgeführt worden; gegen den Bescheid des Prüfdienstes vom 17.7.2002 habe die Klägerin Widerspruch eingelegt; in diesem Widerspruchsverfahren seien die Statusfeststellungsanträge der Klägerin zu berücksichtigen.

Am 13.11.2003 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Karlsruhe. Mit (rechtskräftigem) Urteil vom 13.6.2005 (S 5 KR 4082/03) hob das Sozialgericht den Bescheid vom 30.9.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.10.2003 auf und verpflichtete die Beklagte zu entscheiden, ob im Hinblick auf 13 (namentlich benannte) Auftragnehmer der Klägerin eine (sozialversicherungspflichtige) Beschäftigung vorliegt. Die von der Klägerin zur Prüfung gestellten Vertragsverhältnisse seien erst im August und September 2002 und damit nach Ergehen des Prüfbescheids vom 17.7.2002 begründet worden. Zu künftigen Vertragsverhältnissen könne der Bescheid keine rechtsgültigen Aussagen treffen; er sei (ebenso wie der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid vom 18.3.2003) deshalb auch durch rechtskräftiges Urteil des Sozialgerichts vom 12.1.2004 (S 5 KR 1296/03) aufgehoben worden.

Mit Beschluss vom 13.6.2005 setzte das Sozialgericht den Streitwert des Klageverfahrens S 5 KR 4082/03 auf 4.000 EUR fest. Maßgeblich sei der Auffangstreitwert nach § 13 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Dieser sei nicht mit der Zahl der betroffenen Auftragnehmer zu multiplizieren. Denn es sei keine Entscheidung über deren sozialversicherungsrechtlichen Status ergangen, sonder nur darüber entschieden worden, dass die Beklagte ein Statusfeststellungsverfahren durchführen müsse.

Auf den ihr am 20.6.2005 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 13.12.2005 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht nicht abhalf (Beschluss vom 9.2.2006). Zur Begründung trägt sie vor, dass die Beklagte an Stelle von Einzelverfahren ein Sammelverfahren eröffnet habe, sei für die Streitwertfestsetzung unbeachtlich. Die wirtschaftliche Tragweite der Angelegenheit rechtfertige es, für jeden einzelnen Fall den Auffangstreitwert anzusetzen. Zwar sei eine Sachentscheidung über den sozialversicherungsrechtlichen Status der betroffenen Auftragnehmer nicht ergangen. Die Versagung eines Statusfeststellungsverfahrens nehme ihr jedoch dessen aufschiebende Wirkung, wenn ein anderer Sozialversicherungsträger bei einer späteren Prüfung die Sozialversicherungspflicht zu allen Versicherungszweigen festgestellt hätte. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der angefochtenen Entscheidung erschöpften sich deshalb nicht im Unterlassen einer Statusprüfung. Ihr werde vielmehr das Risiko rückbezogener Aufwendungen aufgebürdet, sollte in späteren Verfahren das Bestehen sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse angenommen werden. Die Beklagte habe den Schutzzweck des Statusfeststellungsverfahrens daher unterlaufen. Wären hinsichtlich aller Auftragnehmer getrennte Klageverfahren anhängig gewesen, hätte jeweils der Auffangstreitwert festgesetzt werden müssen. Hier könne deshalb nichts anderes gelten.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 13.6.2005 aufzuheben und den Streitwert des Klageverfahrens S 5 KR 4082/03 auf 52.000 EUR (13 x 4.000 EUR) festzusetzen.

Die Beklagte hat sich nicht geäußert

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

II.

Die statthafte und zulässige Beschwerde der Klägerin ist begründet. Das Sozialgericht hätte einen höheren Streitwert festsetzen müssen.

Grundlage der Streitwertfestsetzung in Verfahren der vorliegenden Art ist § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. 13 Abs. 1 Gerichtskostengesetz in der bis zum 30.6.2004 geltenden und hier gem. § 72 Nr. 1 GKG i. d. F. des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom 30.5.2004 (BGBl. I. S. 717) noch anzuwenden Fassung (GKG a.F.).

Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitstand hierfür keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Auffangwert von 4.000,- EUR festzusetzen (§ 13 Abs. 1 Satz 2 GKG a.F.).

Was die Streitwertfestsetzung in Statusfeststellungsverfahren gem. § 7a SGB IV (Anfrageverfahren) betrifft, hat sich die Rechtsprechung (soweit ersichtlich) allein mit Anfechtungsklagen (möglicher) Arbeitgeber beschäftigt, die die Aufhebung eines Bescheids über das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses i. S. d. § 7 SGB IV erstrebten. Auch wenn hier noch nicht um die Beitragspflicht als solche, sondern nur um eine dafür maßgebliche Vorfrage gestritten wird, ist für den Auffangwert kein Raum (LSG NW, Beschl. v. 12.1.2005, - L 5 B 50/04 KR -, Beschl. v. 13.12.2004, - L 5 B 61/03 KR -; LSG Bad.-Württ., Beschl. v. 2.1.2006, - L 11 R 2324/05 W-B -). Der Streitwert solcher Verfahren ist daher nach § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. (jetzt: § 52 Abs. 1 GKG n.F.) festzusetzen; maßgeblich ist die auf den Arbeitgeber zukommende Beitragsbelastung (für einen – potentiellen - Beschäftigten regelmäßig pauschalierend mit 18.000,- EUR errechnet unter Anwendung eines Gesamtsozialversicherungsbeitragssatzes von 40 % - geteilt durch 2 für den Arbeitgeberanteil – auf die Bezugsgröße des § 18 SGB IV x 3 Jahre bei unbefristeten Tätigkeiten – zu den Einzelheiten näher LSG NW a. a. O.).

Hier wandte sich die Klägerin allerdings nicht gegen einen im Anfrageverfahren bereits ergangenen Statusfeststellungsbescheid, so dass auf die vorstehenden Grundsätze der Streitwertbemessung nicht zurückgegriffen werden kann. Gegenstand ihrer Klage war vielmehr die Verpflichtung der Beklagten, auf ihre Anfrage hin ein Statusfeststellungsverfahren überhaupt erst durchzuführen, was diese abgelehnt hatte. Die Bedeutung der Sache erschöpfte sich danach im Interesse an der Verfahrensdurchführung als solcher. Das Statusfeststellungsverfahren sollte Klarheit über die künftige beitragsrechtliche Behandlung der sog. "shop-in-shop"-Kräfte erbringen. Auch wenn das von der Klägerin gewünschte Verfahrensergebnis letztendlich in deren Einstufung als selbständig Tätige bestand, kann eine etwaige künftige Beitragsbelastung bei gegenteiliger Entscheidung der Beklagten kein Maßstab für die Streitwertfestsetzung sein. Hier ist deshalb der Auffangwert des § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG a.F. von 4.000,- EUR maßgeblich; insoweit ist dem Sozialgericht zuzustimmen.

Nach Ansicht des Senats kann bei der Bewertung des Interesses der Klägerin an der Durchführung des Statusfeststellungsverfahrens die Zahl der hiervon Betroffenen jedoch nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben. Die Bedeutung, die das Anfrageverfahren nach § 7a Abs. 1 SGB IV für den potentiellen Arbeitgeber hat, hängt davon nämlich maßgeblich ab, auch wenn der Umfang einer auf ihn möglicherweise zukommende Beitragslast noch kein Maßstab für die Streitwertfestsetzung sein kann. Der Senat hält es deshalb für angemessen, den Auffangwert mit der Zahl der betroffenen (potentiellen) Beschäftigten zu vervielfachen. Hier ist der Streitwert daher auf 52.000,- EUR (13 x 4.000,- EUR) festzusetzen. Der Streitwertfestsetzungsbeschluss des Sozialgerichts ist daher entsprechend abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 25 Abs. 4 GKF a.F.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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