L 4 KR 3005/03

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 3 KR 3171/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 3005/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 15. Juli 2003 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin eine Mammareduktionsplastik (MRP) zu bewilligen.

Die am 1949 geborene verheiratete Klägerin, die als Packerin arbeitet, ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Durch Vorlage eines Arztbriefs des Orthopäden Dr. H. vom 25. Juni 2001 und einer Bescheinigung des Prof. Dr. G., Ärztlicher Direktor der Chirurgischen Abteilung des B.-hospitals S., vom 31. Juli 2001 beantragte sie bei der Beklagten die Bewilligung einer MRP. Dr. H. vertrat die Ansicht, die überschweren Mammae bei der Klägerin seien eine wesentliche Teilursache von bestehenden chronischen Schulter-Nacken-Beschwerden. Prof. Dr. G. nannte als Diagnose Mammahypertrophie beidseits bei chronischer Wirbelsäulensymptomatik mit Überlastungssyndrom. Die Klägerin beklage chronische Beschwerden, die trotz langjähriger orthopädischer und krankengymnastischer Behandlung im Schulter/Nacken- und Brustwirbelsäulenbereich bestünden. Bei der Untersuchung zeige die 165 cm große und 82 kg schwere Klägerin eine massive Mammahypertrophie mit einer BH-Größe 80 CUP F. Es bestehe eine leichte Asymmetrie zugunsten der rechten Seite. Der Jugulum-/Mamillenabstand betrage rechts 33 cm, links 31 cm, der Intermamillärabstand 26,5 cm und der MAK-Durchmesser 9 cm. Dieser Befund stelle einen regelwidrigen Körperzustand dar. Eine Mammareduktion bei einem geschätzten Resektionsgewicht von links 900 g und rechts ungefähr 1.000 g sei medizinisch indiziert. Die Beklagte veranlasste daraufhin die Untersuchung der Klägerin, die am 19. September 2001 durch Dr. K. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) in R. durchgeführt wurde. Im Gutachten vom 21. September 2001 führte die Ärztin aus, die Klägerin wolle ihre Brüste, die ein Gewicht von etwa 1.300 g bis 1.350 g auswiesen, verkleinern, da sie sich eine Rückbildung oder zumindest Linderung ihrer Rückenbeschwerden verspreche. Es müsse jedoch im Gegenteil festgestellt werden, dass bisher kein eindeutiger Hinweis eines schädigenden Einflusses durch große Brüste auf den Halte- und Stützapparat erbracht worden sei. Bei den bestehenden Wirbelsäulenveränderungen seien die rezidivierenden Beschwerden nachvollziehbar. Der Klägerin sei versucht worden klarzumachen, dass ihre Beschwerden mit dem Wirbelsäulenleiden zusammenhingen und dass von der gewünschten MRP eine eindeutige Veränderung der Wirbelsäulenbeschwerden nicht zu erwarten sei. Die beiden Brüste seien durch einen speziell angefertigten BH zu stützen. Zur Verfügung stünden auch BH-Träger mit einer Breite von bis zu fünf cm mit Polsterung. Wegen des Wirbelsäulenleidens sei eine Bewegungstherapie mit Stärkung der Rückenmuskulatur, insbesondere eine Rückenschulung notwendig. Auf dieses Gutachten gestützt, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26. September 2001 die Leistungsgewährung ab. Dagegen legte die Klägerin unter Einreichung einer weiteren Bescheinigung des Dr. H. vom 18. Oktober 2001 Widerspruch ein. Der Arzt wies darauf hin, die chronischen statisch-myogenen Beschwerden im Bereich des Schultergürtels und der oberen Wirbelsäule fänden ihre Hauptursache in der ausgeprägten Mammahyperplasie. Deshalb sei aus orthopädischer Sicht eine Reduktionsplastik indiziert. In dem weiter vorgelegten Schreiben des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. Sc. vom 16. Oktober 2001 wurde ausgeführt, die Rückenbeschwerden der Klägerin seien trotz intensiver Therapie chronisch progredient und allein durch den orthopädischen Lokalbefund nicht zu erklären. Auch durch einen Spezial-BH lasse sich die unphysiologische Belastung der Wirbelsäule nicht reduzieren, ebenso wenig durch eine sicherlich anzustrebende Gewichtsreduktion, da die Brüste der Klägerin in Bezug auf das Körpergewicht überproportional groß und schwer seien. Eine MRP sei daher aus seiner Sicht eine unbedingt erforderliche und medizinisch indizierte Maßnahme. Es komme erschwerend hinzu, dass die Mammahyperplasie für die Klägerin eine erhebliche psychische Belastung darstelle. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid des bei der Beklagten gebildeten Widerspruchsausschusses vom 19. November 2001).

Deswegen erhob die Klägerin am 28. November 2001 Klage beim Sozialgericht (SG) Reutlingen und trug vor, angesichts der Äußerungen der behandelnden Ärzte sei die ablehnende Haltung der Beklagten nicht nachvollziehbar. Dies gelte auch für die Ausführungen im MDK-Gutachten vom 21. September 2001. Das Problem des Gewichts der beiden Brüste und dessen Auswirkung auf den Halte- und Stützapparat werde durch die Abnahme des Körpergewichts nicht beseitigt. Auch eine Bewegungstherapie mit der Stärkung der Rückenmuskulatur sowie eine Rückenschulung wäre nicht ausreichend. Kosmetische Komponenten stünden bei ihr nicht im Vordergrund. Es lägen angesichts der ärztlich vorgeschlagenen Entnahmemenge keine annähernd normotrophen Brüste vor. Sie erstrebe die MRP ausschließlich aus orthopädischen Gründen. Es müssten die sie behandelnden Ärzte gehört werden und ein Sachverständigengutachten erhoben werden. Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten und unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des Dr. W., Facharzt für Chirurgie, Sozialmedizin vom MDK in R. vom 04. November 2002, entgegen. Darin führte der Arzt aus, es existiere keine einzige wissenschaftliche Studie, die aufgrund ihres Designs in der Lage wäre, die Wirksamkeitsfrage hinsichtlich einer MRP zu beantworten. Dies gelte auch für Brustlasten über 1.200 g. Es sei daher unerheblich, ob subjektive Vorstellungen von Vertragsärzten und Klinikärzten existierten oder nicht; entscheidend sei die Datenlage im wissenschaftlichen Schriftum. Es existierten auch keine wissenschaftlichen Arbeiten, die eine entsprechende konservative Therapie einer durchgeführten MRP im Hinblick auf Qualität und Wirksamkeit gegenüberstellten. Auf der Grundlage der wissenschaftlichen Veröffentlichungen sei weder bewiesen, dass ein Zusammenhang zwischen Brustlast und Rückenschmerzen bestehe, noch, dass eine MRP in dieser Hinsicht an der eigentlichen Erkrankung anzusetzen vermöge. Das SG erhob schriftliche Auskünfte als sachverständige Zeugen des Dr. H. vom 03. Mai 2002, des Gynäkologen W. Ku. vom 07. Mai 2002, des Dr. Sc. vom 23. Mai 2002 und des Prof. Dr. G. vom 23. September 2002. Ferner zog es aus dem Verfahren S 4 KR 2494/01 das dort erstattete Gutachten nach Aktenlage des Arztes für Orthopädie, Rheumatologie - Physikalische Medizin, Spezielle orthopädische Chirurgie im Universitätsklinikum F., Department für Orthopädie und Traumatologie, Klinik für Orthopädie, Prof. Dr. We. vom 08. April 2003 bei. Mit Urteil vom 15. Juli 2003, den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen Empfangsbekenntnis am 25. Juli 2003 zugestellt, wies das SG die Klage ab. Die bei der Klägerin bestehende Brustgröße habe für sich genommen keinen Krankheitswert. Es habe bislang kein einwandfreier wissenschaftlicher Nachweis für den Zusammenhang hoher Brustlasten mit Beschwerden am Halte- und Stützapparat geführt werden können. Als Ursache für die Rückenbeschwerden kämen auch deutliche degenerative Veränderungen an der Wirbelsäule in Betracht. Weder die orthopädische Beschwerden noch die angegebenen psychischen Probleme rechtfertigten die Durchführung einer Brustverkleinerung. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin am 31. Juli 2003 mit Fernkopie Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Sie verweist auf die Beweiserhebungen in der ersten Instanz und führt aus, auch die Ärzte der Beklagten schlössen nicht grundsätzlich aus, dass die MRP zur Vermeidung von Wirbelsäulenschäden bzw. zur Linderung dieser Beschwerden grundsätzlich geeignet sei. Diese Operation werde lediglich als ultima ratio beschrieben. In diesem Zusammenhang sei es auch sinnvoll, über die deutschen Grenzen hinaus zu blicken, um die Praxis im benachbarten Ausland zu der hier streitigen Frage kennenzulernen. Der Senat habe selbst in seinen Entscheidungen von einer Entscheidung eines Schweizer Gerichts gesprochen. Dieses habe die Krankenversicherung zur Kostenübernahme für die MRP mit der Begründung verpflichtet, dass die Hypertrophie körperliche und psychische Beschwerden verursache. Auch wenn die Entscheidung auf das deutsche Krankenversicherungsrecht nicht übertragbar sei, sei die Begründung dennoch interessant, da das Schweizer Gericht darauf hinweise, dass der Ansatzpunkt für eine medizinisch indizierte Behandlung der Umfang der Gewebereduktion von 500 g oder mehr sei. Daraus ergebe sich, dass die Frage, ob eine Krankheit vorliege, vom Umfang der Gewichtsreduktion abhängig sein könne. Auch nach österreichischem Recht seien die Kosten für eine Brustverkleinerung dann zu übernehmen, wenn sie zur Beseitigung anatomischer oder funktioneller Krankheitszustände diene. Ein krankheitswertiger Zustand liege danach dann vor, wenn die vergrößerte Brust der Patientin krankheitswertige Beschwerden im Kopf-, Nacken- und Brustwirbelsäulenbereich hervorrufe, die durch Befunde belegt seien. Ferner müsse das Resektionsgewicht mindestens 500 g pro Seite betragen. Sie verweise auch weiter auf ein Urteil des SG Dortmund vom 16. Juni 2003 (S 16 [13] KR 86/92), in dem das Gericht die Krankenkasse zur Kostenübernahme für die operative Brustverkleinerung verurteilt habe, wenn das Gewicht der Brüste für Wirbelsäulenbeschwerden ursächlich sei. Im konkreten Fall, so führe das SG dort aus, sei nachvollziehbar, dass der Sachverständige die röntgenologisch gesicherten Veränderungen der Wirbelsäule auf die Schwere der Brüste zurückgeführt habe. Auch das Bundessozialgericht (BSG) hebe die Einbeziehung und Auswertung von orthopädischen Gutachten als notwendige Entscheidungsgrundlage hier hervor. Insbesondere verweise sie auf die Äußerung des vom SG gehörten Prof. Dr. G., von dem ein weiteres Sachverständigengutachten erhoben werden müsse. Aufgrund des ärztlicherseits bei ihr festgestellten Resektionsgewichts von 900 bzw. 1.000 g stehe fest, dass die vergrößerte Brust Krankheitswert im Sinne des § 27 Abs. 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) habe. Das auf ihren Antrag nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) erhobene Gutachten des Prof. Dr. G. vom 02. August 2004 bestätige auch unter Berücksichtigung des Urteils des BSG vom 19. Oktober 2004 (B 1 KR 9/04 R), dass ihr Anspruch begründet sei. Nach den Ausführungen des Prof. Dr. G. liege eine Krankheit vor. Er weise nicht nur auf tiefe Schnürfurchen im Bereich beider Schultern hin, sondern erwähne auch pflegerische Probleme aufgrund eines Wundseins in der Unterbrustfalte. Ferner gebe er ein Resektionsgewicht beidseits von insgesamt fast 2.000 g an. Sämtliche Erfahrungswerte sprächen dafür, dass bei einer Reduktionsplastik eine deutliche Besserung der Beschwerdesymptomatik bereits ab einem Resektionsvolumen von 500 g pro Seite eintrete. Als Mitursache gebe er auch ihr Übergewicht an, äußere sich jedoch nicht dazu, in welchem Umfang dies eine Rolle spiele. Er erwähne eine Reduktion des Körpergewichts um sieben kg. Bei ihr handle es sich danach nicht um eine körperliche Unregelmäßigkeit ohne Krankheitswert. Nach dem Sachverständigengutachten des Prof. Dr. G. belegten seine Erfahrungswerte, dass die Verminderung der Brustlast zu einer deutlichen Besserung der Beschwerdesymptomatik führe. Der Sachverständige habe auch bestätigt, dass die Befunde auf orthopädischem Fachgebiet durch fachärztliche Behandlungen und krankengymnastische Maßnahmen nicht hätten gebessert werden können. Zu einer psychischen Beeinträchtigung äußere er sich nicht. Selbst wenn bei ihr in früheren Jahren psychische Komponenten bestanden hätten, gehe es jetzt ausschließlich um die orthopädischen Beschwerden, was auch der Umstand zeige, dass sie ausschließlich orthopädische Behandlung, nicht aber psychologische oder psychiatrische Behandlung in Anspruch nehme. Es werde angeregt, Prof. Dr. G. ergänzend zu befragen, inwieweit sich ein Übergewicht von sieben kg auf die Wirbelsäule auswirke. Dies gelte weiter für die Frage, ob aus chirurgischer Sicht der Zusammenhang zwischen Gesundheitsstörung und Brustgewicht zu bejahen sei oder ob andere Ursachen für ihre Beschwerden in Frage kämen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 15. Juli 2003 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 26. September 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. November 2001 zu verurteilen, ihr eine Mammareduktionsplastik zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angegriffene Urteil und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend. Dass die medizinische Indikation einer MRP von einem plastischen Chirurgen anders gesehen werde als von Sozialmedizinern, liege in der Natur der Sache. Ihre Ansicht werde auch durch das Urteil des BSG vom 19. Oktober 2004 bestätigt.

Der Berichterstatter des Senats hat auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG das am 02. August 2004 erstattete plastisch-chirurgische Gutachten des Prof. Dr. G. erhoben, auf das Bezug genommen wird. Der Berichterstatter des Senats hat die Beteiligten mit Schreiben vom 01. bzw. 02. Juni 2005 sowie vom 12. August 2005 auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen. Dazu hat sich die Klägerin mit Schriftsätzen ihrer Prozessbevollmächtigten vom 09. August und 07. September 2005 geäußert. Die Beklagte hat sich mit einer Beschlussentscheidung einverstanden erklärt.

Zur Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG entschieden hat, ist statthaft und zulässig; sie ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bewilligung einer MRP. Der Bescheid der Beklagten vom 26. September 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. November 2001 ist damit rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Der Senat schließt sich den Entscheidungsgründen des SG an und verweist gemäß § 153 Abs. 2 SGG zur Vermeidung von Wiederholungen auf diese.

Ergänzend ist im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren und die durchgeführten weiteren Beweiserhebungen Folgendes auszuführen:

Der Anspruch auf Krankenbehandlung in Form einer stationär durchzuführenden MRP Operation nach § 27 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 5 SGB V ist auch im Hinblick auf das Urteil des BSG vom 19. Oktober 2004 (B 1 KR 9/04 R) und das plastisch-chirurgische Sachverständigengutachten des Prof. Dr. G. vom 02. August 2004 nicht begründet. Die Brüste der Klägerin, deren Gewicht Dr. K. mit einem Gewicht von jeweils ungefähr 1.300 bis 1.350 g angegeben hat, bei denen der Sachverständige Prof. Dr. G. aus der Sicht des plastischen Chirurgen ein Reduktionsvolumen rechts von ungefähr 1.000 g und links von ungefähr 800 bis 900 g für möglich hält, stellen keine körperliche Anomalität dar, die als Krankheit, d.h. als Beeinträchtigung der Körperfunktion der Brüste als solche oder als Entstellung den hier streitigen operativen Eingriff in den Umfang der Brüste rechtfertigt. Auch Prof. Dr. G. hat in seinem Gutachten darauf hingewiesen, dass es keine absoluten Normwerte für ein Brustgewicht und damit auch für die Größe der Brüste gibt, sondern dieses im Verhältnis zum Körperbau und zum Körpergewicht gesehen werden muss. Allein die Bejahung eines bestimmten, beispielsweise über 500 g liegenden Resektionsgewichts rechtfertigt den Anspruch nicht, ebenso wenig die von Prof. Dr. G. bei der Untersuchung am 27. Februar 2004 erwähnten "tiefen Schnürfurchen im Bereich beider Schultern durch den BH", zumal Dr. K. beispielsweise auf zur Verfügung stehende BH-Träger mit einer Breite bis fünf cm mit Polsterung hingewiesen hat. Entsprechendes gilt für den Hinweis des Sachverständigen Prof. Dr. G. darauf, dass es im Sommer zu pflegerischen Problemen aufgrund eines Wundseins (Intertrigo) in der Brustfalte komme. Letzterenfalls kommen Maßnahmen der Körperpflege in Betracht. Auch die von Prof. Dr. G. unter Bezugnahme auf die Auskunft des Dr. H. vom 03. Mai 2002 genannten orthopädischen Diagnosen, nämlich chronisch-myogenes Halswirbelsäulensyndrom, Scheuermann-Hyper¬kyphose und lumbales Wurzelsyndrom, begründen den von der Klägerin erstrebten operativen Eingriff nicht. Der operative Eingriff in die Brüste erschiene nur als Eingriff in die gesunden Organe, um mittelbar einen Behandlungserfolg hinsichtlich der orthopädischen Beschwerden an der Wirbelsäule zu erreichen. Eine solche mittelbare Behandlung, mit der nicht gezielt gegen die eigentliche Krankheit vorgegangen wird, bedarf einer besonderen Rechtfertigung, auch im Hinblick auf die bestehenden Operationsrisiken. Im Hinblick darauf vermag der Senat jedoch hier eine besondere Rechtfertigung für die Durchführung der Operation nicht festzustellen. Im Hinblick auf diese orthopädischen Befunde und Beschwerden der Klägerin lässt der Senat zwar dahingestellt, ob die dort unmittelbar ansetzenden fachorthopädischen Behandlungen einschließlich der Physiotherapie und der von Dr. K. für erforderlich gehaltenen Bewegungstherapie mit Stärkung der Rückenmuskulatur und Rückenschulung durch die von Dr. H. in seiner Auskunft vom 03. Mai 2002 genannten Behandlungen ohne jeglichen Erfolg ausgeschöpft sind. Der Senat berücksichtigt jedoch einerseits, dass der Sachverständige Prof. Dr. G. selbst darauf hingewiesen hat, dass er als Plastischer Chirurg auf sein Fachgebiet bezogen nicht beantworten, mithin bejahen könne, ob die orthopädischen Gesundheitsstörungen der Klägerin durch das Brustgewicht verursacht worden sind. Zum anderen hat Prof. Dr. We. als Facharzt für Orthopädie in dem urkundenbeweislich zu verwertenden Gutachten vom 08. April 2003 darauf hingewiesen, dass Wirbelsäulenbeschwerden, insbesondere bei chronischer Ausprägung, unterschiedlichste Ursachen haben, wobei sich die Ursachen meist wechselseitig beeinflussen. Danach besteht im neueren wissenschaftlichen Schrifttum mittlerweile Einigkeit darüber, dass für die Chronifizierung von Rückenschmerzen in erster Linie psychosoziale Probleme relevant sind. Psychosozial bedeute danach, dass wegen sozialer Schwierigkeiten auch psychische Probleme aufträten. Danach überzeugt hier die Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. G. nicht, dass nach seiner Erfahrung die Verminderung der Brustlast bei den betroffenen Patientinnen zu einer deutlichen Besserung der orthopädischen Beschwerdesymptomatik führe. Insoweit kommt hier jedoch einerseits noch hinzu, dass Prof. Dr. G. bei der Klägerin sowohl im Juli 2001 als auch noch im Februar 2004 mit 82 kg (bei einer Körpergröße von 165 cm) ein Übergewicht festgestellt hat. Bereits im Jahre 2001 hatte der Sachverständige den operativen Eingriff in die Brüste überhaupt von einer Gewichtsreduktion auf 75 kg abhängig gemacht (vgl. Bescheinigung vom 30. Juli 2001 und Auskunft vom 23. September 2002). Dies hat der Sachverständige Prof. Dr. G. dann in seinem Gutachten nochmals mit dem Hinweis bestätigt, dass die orthopädischen Gesundheitsstörungen und Beschwerden auch durch das Übergewicht der Klägerin hervorgerufen worden seien. Diese für erforderlich gehaltene Reduktion des Körpergewichts, beispielsweise durch Eigenmaßnahmen in Form einer Diät, hat die Klägerin ersichtlich bisher nicht durchgeführt. Andererseits kommt noch hinzu, dass Dr. K. im Gutachten vom 21. September 2001 angegeben hatte, dass sich die Klägerin schon seit jungen Jahren wegen ihrer großen Brüste schäme, weshalb sie eine vorgebeugte Wirbelsäulenhaltung habe. Weiter hat Dr. Sc. (vgl. Schreiben vom 16. Oktober 2001 und Auskunft vom 23. Mai 2002) bei der Klägerin als erschwerend darauf hingewiesen, dass die Mammahyperplasie für sie eine erhebliche psychische Belastung darstelle bzw. dass bei ihr eine durch die Mammahypertrophie hervorgerufene depressive Stimmungslage das subjektive Schmerzempfinden verstärke. Solche psychischen Beeinträchtigungen, die die Klägerin bisher nicht durch fachärztliche Behandlungen angegangen hat, rechtfertigen nach der Rechtsprechung des BSG ebenfalls nicht den begehrten operativen Eingriff. Denn aufgrund von medizinischen Untersuchungen gab und gibt es Hinweise darauf, dass bei Patienten, die wegen einer als Makel empfundenen körperlichen Besonderheit psychisch erkranken, operative Interventionen sogar zu einer Verschlimmerung des psychischen Krankheitsbildes führen können und daher als kontraindiziert angesehen werden müssen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 19. Oktober 2004 - B 1 KR 9/04 R). Damit fehlt es an einer Rechtfertigung dafür, dass die Beklagte der Klägerin die begehrte Operation in stationärer Behandlung zur Verfügung stellen muss. Die Erhebung eines weiteren Gutachtens, sei es auch einer ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen Prof. Dr. G., war danach nicht geboten.

Die Berufung war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Gründe für eine Revisionszulassung liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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