L 7 KA 38/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 71 KA 471/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 7 KA 38/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. Juni 2004 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat dem Beklagten auch dessen außergerichtliche Kosten für das Berufungsverfahren zu erstatten. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner vertragsärztlichen Zulassung.

Der im Jahre 1957 geborene Kläger nahm ab dem 01. Oktober 1993 als Arzt ohne Gebietsbezeichnung ihm damaligen Bezirk Berlin/Tempelhof an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Auf seinen Antrag beschloss der Zulassungsausschuss für Ärzte Berlin das Ruhen der Zulassung des Klägers vom 24. April 1997 bis zum 30. September 1998. Weitere Ruhensanträge, die der Kläger zuletzt bis zum 31. März 2000 gestellte hatte, blieben erfolglos. Tatsächlich übte der Kläger jedenfalls nach dem 30. April 1997 seine vertragsärztliche Tätigkeit nicht mehr aus und unterhielt seitdem auch keine Praxisräumlichkeiten mehr.

Auf Antrag der Beigeladnen zu 1) beschloss der Zulassungsausschuss für Ärzte Berlin am 14. Juni 2000 die Entziehung der Zulassung des Klägers mit der Begründung, er übe seine vertragsärztliche Tätigkeit tatsächlich nicht mehr aus. Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Bescheid vom 25. Oktober 2000 mit gleichartiger Begründung zurück.

Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Berlin durch Urteil vom 30. Juni 2004 abgewiesen: Auch wenn das Verfahren der Zulassungsentziehung in verfahrensrechtlicher Hinsicht Mängel aufgewiesen habe, führte diese nicht zur Nichtigkeit oder Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung. Verfahrensfehler, die der Zulassungsausschuss begannen habe, seien unerheblich, weil Gegenstand des Gerichtsverfahrens allein der Beschluss des Beklagten sei. Dieser habe verfahrensfehlerfrei gehandelt, insbesondere dem Kläger Gelegenheit zur Äußerung gegeben und ohne Verstoß gegen Rechtsvorschriften auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. In materiell-rechtlicher Hinsicht sei der Bescheid des Beklagten gleichfalls rechtmäßig, denn nach § 95 Abs. 6 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (SGB V) in Verbindung § 27 der Zulassungsverordnung für Ärzte (Ärzte-ZV) sei die Zulassung des Klägers zu entziehen gewesen, weil er seine vertragsärztliche Tätigkeit nicht mehr ausgeübt habe.

Gegen dieses ihm am 03. August 2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 02. September 2004 Berufung zum Landessozialgericht eingelegt: Er beabsichtige, seine vertragsärztliche Tätigkeit wieder aufzunehmen. Er sei aber derzeit daran gehindert, weil er ein Studium der Rechtswissenschaft betreibe. Dieses Studium diene seiner Fortbildung und der Erlangung einer medizinischen-juristischen Doppelqualifizierung.

Im Übrigen habe er Bedenken gegen die richtige Besetzung des Gerichts unter dem Gesichtspunkt des gesetzlichen Richters, weil die dem Senat angehörenden Berufsrichter mit dem Verfahren schon vorbefaßt gewesen seien.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. Juni 2004 sowie den Beschluss des Beklagten vom 25. Oktober 2000 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte Berlin vom 14. Juni 2000 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die übrigen Prozessbeteiligten stellen keine Anträge.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, die Akten des Landessozialgerichts Berlin zu den Aktenzeichen L 7 KA 15/01, L 7 KA 16/01 und L 7 B 1005/05 sowie auf die Verwaltungsakten des Beklagten, welche im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Der Senat war in seiner aus dem Rubrum ersichtlichen Besetzung zur Entscheidung berufen. Zwar hat jeweils ein Teil der Berufsrichter des vorliegenden Verfahrens in den vorangegangenen Verfahren betreffend das Ruhen der Zulassung des Klägers (L 7 KA 15/01 und 16/01) und betreffend ein Beschwerdeverfahren zur Tatbestandsberichtigung (L 7 B 1005/05 KA) mitgewirkt. Hierin liegen jedoch keine Gründe für die Ausschließung und Ablehnung von Gerichtspersonen Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 41 bis 44, 45 Abs. 2 Satz 2, 47 bis 49 Zivilprozessordnung. Im Übrigen hat der Kläger auch kein Befangenheitsgesuch gestellt.

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, denn der angefochtene Beschluss des Beklagten ist formell und materiell rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Gegenstand des Verfahrens ist, worauf das Sozialgericht bereits zutreffend hingewiesen hat, allein der Beschluss des Beklagten vom 25. Oktober 2000 und nicht der Beschluss des Zulassungsausschusses vom 14. Juni 2000, denn das Verfahren vor dem Berufungsausschuss ist ein umfassendes Verwaltungsverfahren in einer zweiten Verwaltungsinstanz und kein Widerspruchsverfahren im Sinne des SGG. Mit seiner Anrufung gemäß § 96 Abs. 4 SGB V wird der Berufungsausschuss funktionell ausschließlich zuständig. Gegenstand einer Klage ist nicht der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt des Widerspruchsbescheids, sondern allein der Bescheid des Berufungsausschusses (BSG, Urteil vom 27. Januar 1993, 6 RKa 40/91, SozR 3-2500 § 96 Nr. 1). Mögliche Fehler in dem Verfahren vor dem Zulassungsausschuss sind vor diesem Hintergrund für den vorliegenden Rechtsstreit nicht von Belang.

Der Beklagte hat hingegen verfahrensfehlerfrei gehandelt. Zwar sieht § 45 Abs. 3 in Verbindung mit § 37 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV im Grundsatz auch im Verfahren vor dem beklagten Berufungsausschuss die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor, wenn über die Entziehung einer vertragsärztlichen Zulassung zu entscheiden ist. Jedoch kann der Berufungsausschuss gemäß § 45 Abs. 2 Ärzte-ZV den Widerspruch gegen eine Zulassungsentziehung ohne mündliche Verhandlung zurückweisen, wenn der Berufungsausschuss die Zurückweisung einstimmig beschließt. Von dieser Ermächtigung hat der Beklagte vorliegend Gebrauch gemacht. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte dabei sein verfahrensgestaltendes Ermessen fehlerhaft gebraucht haben könnte, liegen nicht vor. Insbesondere ist der vorliegende Sachverhalt gut zu überschauen und abschließend geklärt, Rechtsfragen von besonderer Schwierigkeit werden nicht aufgeworfen.

Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht ist der angefochtene Beschluss des Beklagten nicht zu beanstanden. Gemäß § 95 Abs. 6 Satz 1 SGB V in Verbindung mit § 27 Satz 1 Ärzte-ZV ist die vertragsärztliche Zulassung von Amts wegen zu entziehen, wenn der Arzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht mehr ausübt. Diese Voraussetzungen sind im Falle des Klägers erfüllt, denn er hat nach dem 30. April 1997 seine vertragsärztliche Tätigkeit nicht mehr ausgeübt, insbesondere keine Leistungen mehr abgerechnet und auch keine Praxisräumlichkeiten mehr unterhalten. Die Gründe, aus denen heraus der Kläger seine vertragsärztliche Tätigkeit aufgegeben hat, sind für die Zulassungsentziehung nach den vorgenannten gesetzlichen Bestimmungen nicht von Belang. Auch wenn der Kläger derzeit die vertragsärztliche Tätigkeit deswegen nicht ausübt, weil er eine aus seiner Sicht sinnvolle Weiterqualifikation anstrebt, ist dies im Hinblick auf die Zulassungsentziehung nicht zu berücksichtigen. Ausschlaggebend ist allein, dass der Kläger seine vertragsärztliche Tätigkeit seit mehr als neun Jahren nicht mehr ausübt und er auch in der unmittelbaren Zukunft keine derartige Ausübung beabsichtigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in der bis zum 01. Januar 2002 geltenden Fassung und entspricht dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht ersichtlich sind.
Rechtskraft
Aus
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