L 5 KR 2568/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 2681/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 2568/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 16. Juni 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Im Streit steht zwischen den Beteiligten die Erstattung der Kosten für eine Fettabsaugung (Liposuktion) in der Privatklinik R.-Klinik in D ...

Die 1977 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Am 2. Juni 2003 sprach sie in der Universitätsklinik F. vor, um sich über eine Fettabsaugung beraten zu lassen. Als Operationstermin wurde danach der 17. Oktober 2003 reserviert. Am 7. August 2003 legte die Klägerin der Beklagten den Arztbrief von Prof. S., Ärztlicher Direktor der Chirurgischen Universitätsklinik F., Abteilung Plastische und Handchirurgie, vom 8. Juli 2003 vor. Darin wurde eine Fettverteilungsstörung im Bereich der Oberschenkelaußenseiten beidseits im Sinne einer Reithosenlipomatose diagnostiziert. Ansonsten sei die Klägerin gesund. Ein operativer Eingriff werde für empfehlenswert gehalten.

Die Beklagte wertete dies als Antrag und holte ein Gutachten beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein. Der Gutachter Dr. H. führte in seinem Gutachten vom 11. August 2003 aus, dass die Veränderung der Körperform der Klägerin weder eine wesentliche Gesundheitsstörung bedeute noch Funktionsstörungen hervorrufe. Sie sei nicht als behandlungsbedürftige Erkrankung im versicherungsrechtlichen Sinne anzusehen. Außerdem sei die Liposuktion eine Behandlungsmethode, die weder in der Gebührenordnung für kassenärztliche Leistungen (Einheitlicher Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistung - EBM) noch nach der Gebührenordnung für privatärztliche Leistungen (GOÄ) vorgesehen sei.

Das Ergebnis des Gutachtens wurde der Klägerin von der Mitarbeiterin der Beklagten, der Zeugin R., am 14. August 2003 telefonisch eröffnet. Die Zeugin teilte der Klägerin dabei mit, dass Voraussetzung, um eine Kostenübernahme zu bekommen, wesentliche Gesundheitsstörungen seien. Ausweislich des Telefonvermerks vom 14. August 2003 (Bl. 7 der Verwaltungsakte - VA -) berichtete daraufhin die Klägerin, dass verschiedene Störungen vorliegen würden, sie sei untergewichtig, weswegen sie bereits einen Bandscheibenvorfall gehabt habe. Sie müsse deswegen dringend zunehmen, dies gehe aber nicht, da sich alles auf den Oberschenkeln ablagere. Deswegen sei sie auch seit Jahren bereits in Behandlung. Die Klägerin erklärte weiter, dass sie mit ihrem Hausarzt sprechen wolle und versuchen wolle, noch weitere Unterlagen einzureichen.

Mit Schreiben vom 8. September 2003 (Eingang bei der Beklagten am 10. September 2003) nahm die Klägerin auf dieses Telefonat Bezug, legte noch eine ärztliche Stellungnahme ihres behandelnden Hausarztes vor und bat um eine baldige positive Nachricht. Der behandelnde Arzt K. führte unter dem 4. September 2003 darin aus, dass die Klägerin im Bereich des Oberkörpers untergewichtig sei. Eine grundsätzlich gewünschte Gewichtszunahme würde aber die Unproportionalität im Bereich der Oberschenkel verstärken. Außerdem habe die Klägerin Minderwertigkeitskomplexe entwickelt. Er befürworte daher unter Bezugnahme auch auf das Schreiben der Universitätsklinik F. vom 8. Juli 2003 einen operativen Eingriff.

In einem daraufhin eingeholten ergänzenden Gutachten nach Aktenlage vom 11. September 2003 sah Dr. H. in dem Schreiben des behandelnden Arztes keinen neuen entscheidungsrelevanten Gesichtspunkt. Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 19. September 2003 den Antrag auf Kostenübernahme einer Liposuktion ab.

Die Klägerin hatte allerdings bereits am 15. September 2003 die Liposuktion in der nicht als Vertragskrankenhaus zugelassenen R.-Klinik in Darmstadt auf eigene Kosten durchführen lassen. Sie hatte außer mit der Universitätsklinik F. wegen der Liposuktion auch mit dieser Klinik Kontakt aufgenommen. Dort wurde mit der Klägerin am 16. Juni 2003 nach einem Gesprächstermin (Beratungstermin) ein Termin für die Operation für den 15. September 2003 vereinbart. Dieser Termin sowie die Zimmerreservierung wurden von der Klägerin am 10. September 2003 bestätigt, die gewünschte Liposuktion selbst wurde dann ohne Kenntnis der Beklagten am 15. September 2003 auch durchgeführt.

Gegen den Bescheid vom 19. September 2003 erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, dass die Operation nicht ausschließlich kosmetischen Zwecken diene. In dem weiteren daraufhin eingeholten Gutachten des MDK vom 29. April 2004 führte der Gutachter Dr. O. aus, dass aufgrund der vorliegenden Unterlagen und der durchgeführten Untersuchung bei der Klägerin von einer Krankheit im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung auszugehen sei und eine lokale Liposuktion hier medizinisch begründet erscheine (Bl. 28 VA). Im Gutachten von Dr. O. ist im Übrigen an keiner Stelle erwähnt, dass die Liposuktion bei der Klägerin in der Zwischenzeit schon durchgeführt worden ist.

Mit Schreiben vom 4. Mai 2004 (Bl. 29 VA) teilte die Beklagte der Klägerin daraufhin mit, dass sie sich bereit erkläre, die Kosten für die geplante Maßnahme zu übernehmen. Die Universitätsklinik F. werde von ihr direkt die Kostenzusage erhalten.

Mit Schreiben vom 25. Mai 2004 teilte die Klägerin der Beklagten daraufhin mit, dass sie die Liposuktion bereits habe durchführen lassen und nunmehr um Erstattung der hierbei entstandenen Kosten in Höhe von 4.570 EUR bitte (Bl. 31/32 VA).

Mit Schreiben vom 14. Juni 2004 lehnte die Beklagte die Kostenerstattung mit der Begründung ab, dass die R.-Klinik kein zugelassenes Krankenhaus gewesen sei. Auch eine teilweise Kostenerstattung in Höhe der Kosten für ein zugelassenes Krankenhaus scheide aus.

Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, sie habe sich die zunächst zu Unrecht von der Beklagten abgelehnte Leistung selbst beschaffen müssen. Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung verwies sie darauf, dass zum einen die Klägerin die Leistung schon vor der Entscheidung der Beklagten vom 19. September 2003 sich selbst beschafft habe und schon insoweit die Voraussetzungen für eine Kostenerstattung nicht gegeben seien und im Übrigen die Beklagte den Antrag auch sofort abgelehnt hätte, wenn bekannt gewesen wäre, dass der Eingriff in einer Privatklinik habe durchgeführt werden sollen.

Hiergegen hat die Klägerin am 8. November 2004 Klage vor dem Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, es sei u. a. unerheblich, dass sie sich die Leistung bereits vor Ablehnung selbst beschafft habe. Durch ihre Kostenübernahmeerklärung sei die Klägerin verpflichtet, auch für selbst beschaffte Leistungen die Kosten zu erstatten. Zudem habe die Beklagte den Tatbestand der Kostenerstattung durch eine verspätete ablehnende Entscheidung selbst verursacht.

Mit Gerichtsbescheid vom 16. Juni 2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen für einen Erstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) seien nicht erfüllt. Es sei schon äußerst fraglich, könne aber letztlich dahinstehen, ob die Liposuktion überhaupt in dem hier vorliegenden Fall zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung gehöre. Jedenfalls fehle es zumindest am erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen Leistungsverweigerung und Kostenentstehung, denn Voraussetzung für den Erstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Alternative 1 SGB V sei, dass erst aufgrund der Weigerung der Krankenkasse sich der Versicherte die benötigte Behandlung selbst beschafft habe. Im vorliegenden Fall habe sich die Klägerin jedoch bereits vor der ablehnenden Entscheidung der Beklagten vom 19. September 2003 die Liposuktionsbehandlung am 15. September 2003 außerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung selbst beschafft. Es fehle somit an der notwendigen Kausalität zwischen einer vorangegangenen (möglichen) zu Unrecht erfolgten Ablehnung und einer anschließenden Selbstbeschaffung der Leistung. In dem Telefongespräch am 14. August 2003 könne noch nicht eine endgültig ablehnende Entscheidung gesehen werden, da der Klägerin darin die Möglichkeit eingeräumt worden sei, weitere Unterlagen über Gesundheitsstörungen nachzureichen und damit erkennbar das Verwaltungsverfahren bis zu deren Vorliegen noch nicht zu einem Abschluss gebracht werden sollte. Auch liege keinesfalls der Fall einer verzögerten Entscheidung durch die Beklagte vor. Der Arztbrief von Prof. S., der eine Liposuktion von ärztlicher Seite befürworte, sei bei der Beklagten am 7. August 2003 eingereicht worden. Bereits am 19. September 2003 sei die ablehnende Entscheidung ergangen. Im Übrigen hätte selbst eine verspätete Entscheidung der Beklagten die Klägerin nicht berechtigt, die begehrte Maßnahme sich selbst zu beschaffen, sondern sie hätte in diesem Fall richtigerweise Untätigkeitsklage gegen die Beklagte gemäß § 88 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erheben und so eine Entscheidung erzwingen müssen. Die Klägerin könne hier einen Kostenerstattungsanspruch auch nicht auf den Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 4. Mai 2004 stützen. In diesem Bescheid werde der Klägerin eine Fettabsaugung allein in Form der Sachleistung bewilligt, was deutlich in dem Verweis auf die beabsichtigte Kostenzusage direkt gegenüber der Universitätsklinik F. zum Ausdruck komme. Im Übrigen habe darin die Beklagte auch ausdrücklich nur für die "geplante", also zukünftige Liposuktion die Kosten übernehmen wollen und nicht für eine bereits privat unternommene Operation.

Die Klägerin hat gegen den ihrem Bevollmächtigten am 22. Juni 2005 mit Empfangsbekenntnis zugestellten Gerichtsbescheid am 23. Juni 2005 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt der Bevollmächtigte vor, entgegen der Auffassung des SG habe bereits im Telefongespräch vom 14. August 2003 für die Klägerin definitiv die Erklärung gelegen, dass es sich bei einer Liposuktion niemals um eine Erkrankung im versicherungsrechtlichen Sinne handeln könne und daher keine Eintrittspflicht bestehe. Für die Klägerin habe hierin erkennbar eine Ablehnung gelegen, insbesondere für den vorliegenden Fall, in dem die Klägerin keine weiteren Gesundheitsstörungen geltend machen konnte und dementsprechend auch nicht geltend gemacht habe. Der Arztbrief von Herrn K. vom 4. September 2003 führe lediglich aus, dass eine grundsätzlich gewünschte Gewichtszunahme die Unproportionalität im Bereich der Oberschenkel verstärken werde und die Klägerin Minderwertigkeitskomplexe habe. Dies seien - wie allgemein bekannt - keine "weiteren Erkrankungen", die eine Eintrittspflicht der Beklagten begründet hätten. Die telefonische Absage stelle einen mündlichen Verwaltungsakt dar, zumal sie niemand darüber informiert habe, dass noch ein weiterer schriftlicher Bescheid nachfolge. Da sie der Sachbearbeiterin widersprochen habe, liege darin zugleich die Einlegung von Widerspruch. Außerdem habe die Beklagte am 19. September 2003 mit ihrer schriftlichen ablehnenden Entscheidung, die lediglich das Telefongespräch vom 14. August 2003 wiederholt habe, gegen § 88 SGG verstoßen. Der Hinweis des SG, die Klägerin hätte in diesem Falle anstelle einer Selbstbeschaffung zunächst eine Untätigkeitsklage erheben müssen, sei angesichts der Verfahrensdauer auch von Untätigkeitsklagen vor den Sozialgerichten nicht haltbar. Allerdings komme es auf all dieses im vorliegenden Fall nicht einmal entscheidend an. Entscheidungserheblich sei vielmehr, dass - gleichsam in überholender Kausalität - die Beklagte wenige Tage, nachdem die Klägerin die Operation Mitte September 2003 habe durchführen lassen, entsprechend ihren Ankündigungen durch Bescheid vom 19. September 2003 den klägerischen Antrag auf Kostenübernahme abgelehnt habe. Damit sei zwischen den Parteien unstreitig, dass - hätte sich die Klägerin fünf Tage später bei der R.-Klinik operieren lassen - die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 SGB V vorgelegen hätten. Gerade der Umstand, dass das BSG Kausalitätsbetrachtungen anstelle, schließe auch Gesichtspunkte der überholenden Kausalität mit ein, sodass es unschädlich sein müsse, wenn letztlich zu Unrecht ein Ablehnungsbescheid ergehe und wenige Tage vor dessen Erlass die Behandlung durchgeführt worden sei. Schließlich habe die Beklagte im Hinblick auf den Bewilligungsbescheid vom 4. Mai 2004 überhaupt kein Recht mehr gehabt, die Fettabsaugung der Klägerin allein in Form einer Sachleistung zu bewilligen, nachdem sie sie zuvor mit Bescheid vom 19. September 2003 abgelehnt habe.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 16. Juni 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die Kosten für die Liposuktion in der R.-Klinik D. in Höhe von 4.570 EUR zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Der Berichterstatter hat die Auskunft der R.-Klinik D. vom 7. März 2006 eingeholt, die Klägerin hat sodann noch eine Bescheinigung der Universitätsklinik F. vom 29. März 2006 vorgelegt, wonach sie am 2. Juni 2003 in der plastisch-chirurgischen Sprechstunde gewesen sei und hierzu auch einen Befundbericht erhalten habe. Es sei ein Operationstermin für den 17. Oktober 2003 reserviert worden, wobei die Klägerin noch mit ihrer Krankenkasse die Kostenübernahme habe klären wollen. Zu einem späteren Zeitpunkt habe sie den Operationstermin abgesagt, da ihre Krankenkasse die Kosten abgelehnt habe. Das genaue Storno-Datum sei nicht extra festgehalten worden.

Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 8. März 2006 hat die Klägerin u. a. noch erklärt, es sei insoweit nicht richtig, dass sie schon bei dem Beratungsgespräch am 16. Juni 2003 in der R.-Klinik den Termin vereinbart habe, sondern man habe ihr diesen Termin angeboten und ihr auch erklärt, dass man ihn ihr reserviere. Sie habe aber gesagt, dass sie ihn noch nicht annehme. Sie habe erst nach der telefonischen Absage durch die Krankenkasse am 14. August 2003 diesen Termin bestätigt. Letztlich für die R.-Klinik habe sie sich entschieden, nachdem die Ablehnung eben am 14. August erfolgt gewesen sei und sie ja dann ohnehin sich die Leistung selbst habe beschaffen müssen und es sich außerdem dort um ein schonenderes Verfahren mit auch einer kürzeren Regeneration gehandelt habe. Sie habe am 14. August 2003 bereits mündlich eine Absage erhalten, da ihr gesagt worden sei, dass kosmetische Operationen nicht übernommen würden. Sie habe dann allerdings vereinbart, eine Stellungnahme des Hausarztes noch vorzulegen, da sie das Gefühl gehabt habe, dass ihre psychischen Probleme nicht berücksichtigt worden seien.

Der Senat hat die Sachbearbeiterin C. R. geborene D., die mit der Klägerin am 14. August 2004 telefoniert und darüber den Aktenvermerk S. 7 der Verwaltungsakten angefertigt hat, als Zeugin vernommen und die Klägerin nochmals zum Sachverhalt angehört. Wegen Einzelheiten wird auf die Niederschrift vom 24. Januar 2007 Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 SGG besteht nicht. Der Beschwerdewert von 500 EUR ist überschritten. Im Streit steht die Erstattung von Behandlungskosten in Höhe von 4.570 EUR.

II.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen, da ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung der hier geltend gemachten Kosten für die Fettabsaugung (Liposuktion) in der R.-Klinik nicht besteht.

Nach § 13 Abs. 1 SGB V darf die Krankenkasse anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war.

Da es sich bei der hier streitigen Behandlung in der R.-Klinik unstreitig nicht um eine unaufschiebbare Leistung (im Sinne eines Notfalles) handelte, kommt ein Erstattungsanspruch nur dann in Betracht, wenn die Leistung zu Unrecht abgelehnt worden war und dadurch der Klägerin für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden sind. D. h., es wird ein Kausalzusammenhang zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand (hier eine rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) vorausgesetzt. Ohne Kausalzusammenhang zum haftungsbegründenden Umstand ist die Bedingung des § 13 Abs. 1 SGB V für eine Ausnahme vom Sachleistungsgrundsatz nicht erfüllt. Unerheblich ist demgegenüber, ob die Krankenkasse wegen der von ihr zu verantwortenden Umstände Aufwendungen erspart hat (BSGE 79, 125 = SozR 3-2500 § 13 Nr. 11). D. h. mit anderen Worten, dass Kosten für eine selbst beschaffte Leistung, soweit diese nicht ausnahmsweise unaufschiebbar war, nur zu ersetzen sind, wenn die Krankenkasse die Leistungsgewährung vorher (rechtswidrig) abgelehnt hatte; ein Kausalzusammenhang und damit eine Kostenerstattung scheiden aus, wenn der Versicherte sich die streitige Behandlung außerhalb des vorgeschriebenen Beschaffungsweges selbst besorgt, ohne sich vorher mit seiner Krankenkasse ins Benehmen zu setzen und deren Entscheidung abzuwarten (siehe BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 15).

Die Klägerin hat zwar vor der tatsächlichen Inanspruchnahme der Leistungen der R.-Klinik am 15. September 2003 mit der bei der Beklagten unter Vorlage des Arztbriefes von Prof. S., Universitätsklinikum F., beantragten Kostenübernahme insoweit den Beschaffungsweg zunächst eingehalten. Sie hat jedoch bereits bevor die Beklagte verbindlich mit Bescheid vom 19. September 2003 die Leistung abgelehnt hat, sich die Leistung selbst (nämlich mit der Operation am 15. September 2003) beschafft. Soweit die Klägerin geltend macht, tatsächlich sei ihr gegenüber die Leistung bereits anlässlich des Telefonats am 14. August 2003 mittels mündlichem Verwaltungsakt abgelehnt worden, sodass sie sich erst nach der ablehnenden Bescheidung der Beklagten tatsächlich die Leistung selbst beschafft habe, vermag ihr der Senat nicht zu folgen.

Ein mündlicher Verwaltungsakt ist bei dem Telefongespräch am 14. August 2003 nicht erlassen worden. Maßgebend für die Überzeugung des Senats ist zunächst der Telefonvermerk der Sachbearbeiterin D. (der jetzigen Zeugin, die nach ihrer zwischenzeitlichen Verheiratung den Namen R. führt) vom 14. August 2003. So ist zum einen die Klägerin in diesem Telefonat darüber informiert worden, dass aus dem eingereichten Attest der Uniklinik F. keine Gesundheitsstörung hervorgehe, aus welchem Grund die Liposuktion befürwortet werden könne. Sie ist weiter darauf hingewiesen worden, dass Voraussetzungen für eine Kostenübernahme wesentliche Gesundheitsstörungen sind. In dem Zusammenhang hat ausweislich des Vermerkes die Klägerin über verschiedene Störungen berichtet, so dass sie untergewichtig sei, weswegen sie bereits einen Bandscheibenvorfall gehabt habe und deswegen dringend eigentlich auch zunehmen müsste, dies allerdings nicht gehe, da sich alles auf den Oberschenkeln ablagere. Die Klägerin hat ausweislich dieses Vermerkes auch mitgeteilt, sie wolle mit ihrem Hausarzt sprechen und versuchen, noch weitere Unterlagen einzureichen.

Die Zeugin hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 24. Januar 2007 diesen Inhalt des Telefonvermerkes uneingeschränkt bestätigt und u. a. auch ausgeführt, dass von ihrer Seite aus gerade noch keine endgültige Entscheidung über die Ablehnung getroffen werden sollte. Sie habe vielmehr mit ihrem Anruf die Absicht gehabt, die Klägerin über den Inhalt des Gutachtens des MDK zu informieren. Sie hat dabei gegenüber dem Senat überzeugend deutlich gemacht, dass sie sich nicht vorstellen könne, dass ihr Gesprächsverhalten als ablehnender Verwaltungsakt aufgefasst werden könnte. Sie sei davon ausgegangen, dass sie sich von der Klägerin normal verabschiedet habe und diese noch weitere Unterlagen zur Prüfung einreichen werde.

Für den Senat ergibt sich damit das Bild einer telefonischen Information und Beratung aus Anlass des inzwischen vorliegenden Gutachtens des MDK, die gerade nicht mit einer endgültigen Leistungsablehnung durch die Beklagte verbunden war. Vielmehr sollte eine abschließende Entscheidung der Beklagten erst später, nämlich nach der Vorlage weiterer Unterlagen erfolgen. Wenn die Klägerin gleichwohl aus dem Gespräch die Schlussfolgerung gezogen hat, die Beklagte werde die Kosten nicht übernehmen, so mag dies darauf beruhen, dass sie sich bewusst war, dass bei der ihr nun bekannten Rechtslage die noch einzureichenden ärztlichen Unterlagen ihrem Anliegen nicht zum Erfolg verhelfen werden. Ihre Erkenntnis der voraussichtlichen Erfolglosigkeit darf aber nicht mit einer förmlichen ablehnenden Entscheidung der Beklagten verwechselt werden, auch wenn für die Klägerin zu diesem Zeitpunkt subjektiv schon feststand, dass ihre Krankenkasse die Kosten der Liposuktion nicht übernehmen werde.

Gegen das Vorbringen der Klägerin, ihr gegenüber sei bereits eine endgültige Ablehnung ausgesprochen worden, spricht der weitere Ablauf, insbesondere das Schreiben vom 8. September 2003, mit dem sie auf das Telefonat vom 14. August 2003 Bezug nimmt und zum Ausdruck bringt, sie würde sich über eine positive Nachricht freuen. Für diese Formulierungen bestünde kein Anlass, wenn ihr am 14. August 2003 bereits mündlich eine definitive Absage erteilt worden wäre. Außerdem spricht auch der Umstand, dass von Seiten der Beklagten tatsächlich erst nach Vorlage der Weiteren angekündigten Unterlagen und Prüfung derselben der ablehnende Bescheid vom 19. September 2003 erging, dafür, dass auch die Zeugin offensichtlich den Inhalt des Gespräches vom 14. August 2003 noch nicht als endgültige Ablehnung gesehen hatte. Andernfalls hätte sie den (schriftlichen) Ablehnungsbescheid schon wenige Tage später veranlasst.

Damit aber hat sich die Klägerin definitiv bereits bevor eine verbindliche ablehnende Entscheidung der Beklagten vorlag, die Leistung selbst beschafft.

Im Übrigen besteht auch weder ein Systemversagen, noch eine Systemstörung oder eine Versorgungslücke (s. BSGE 34, 172 = SozR Nr. 6 zu § 368d RVO; BSGE 53, 144, 149 = SozR 2200 § 182 Nr. 80; BSGE 79, 190 = SozR 3 - 2500 § 13 Nr. 12). Ein Systemversagen kann vorliegen, wenn eine bestimmte Behandlung, etwa wegen ihrer Neuartigkeit, Aufwändigkeit oder Schwierigkeit durch einen Vertragsarzt (noch) nicht erfolgen kann, wohl aber durch einen anderen, nicht zugelassenen praktizierenden Arzt (BSGE 34, 172, 174). Ein Systemversagen, das der Versicherungsträger sich zurechnen lassen muss, kann auch darin bestehen, dass der ärztliche Leistungserbringer (Vertragsarzt oder der Arzt des Vertragskrankenhauses) den Versicherten nicht ausreichend darüber unterrichtet, dass er ihm eine Fremdleistung verordnen oder sonst wie verschaffen will. Der Versicherte, der krankenversicherungsrechtlich zulässig einen zugelassenen Leistungserbringer aufsucht, darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass dieser ihm nur zugelassene Naturalleistungen im Rahmen des gesetzlichen Naturalleistungssystems, d.h. durch zugelassene Leistungserbringer, erbringt oder verschafft. Dieses System ist stets für den Versicherten kostenfrei. Ein Vertrauen des Versicherten darauf, der zugelassene ärztliche Leistungserbringer werde ihm nur für ihn kostenfreie Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, nicht aber grundsätzlich von ihm selbst zu bezahlende Fremdleistungen verordnen oder verschaffen, ist jedoch nicht schutzwürdig, wenn der Versicherte - wie hier - weiß oder trotz ausreichender Unterrichtung durch den ärztlichen Leistungserbringer und trotz persönlicher Einsichtsfähigkeit nicht weiß, dass eine Fremdleistung verordnet oder sonst wie veranlasst werden soll (so BSGE 79, 190 = SozR 3-2500 § 13 Nr. 2).

Ohne Bedeutung ist im Übrigen auch, dass hier aufgrund der zwischenzeitlich erfolgten Zusage der Beklagten zur Kostenübernahme dieser dann bei der Vornahme in einem Vertragskrankenhaus Kosten in möglicherweise vergleichbarer Größe entstanden wären. Denn ein Kostenerstattungsanspruch besteht nicht schon deshalb, weil die Krankenkasse dadurch, dass der Versicherte Leistungen außerhalb des Leistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch genommen hat, vermeindlich Aufwendungen anderer Art erspart (siehe dazu BSGE 79, 125, 127 = SozR 3-2500 § 13 Nr. 11 Seite 51; BSGE 80, 181, 182 = SozR 3-2500 § 13 Nr. 14 Seite 69; BSGE 86, 66, 76 = SozR 3-2500 § 13 Nr. 21 Seite 97 ff. m.w.N.).

Da aus den oben genannten Gründen eine Erstattungspflicht der Beklagten hinsichtlich der hier im Zusammenhang mit der Behandlung (Fettabsaugung in der R.-Klinik D.) angefallenen Kosten nicht besteht, ist die Berufung zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
Saved