Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
9
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 18 SO 75/06 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 9 SO 97/06 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Von seiner Natur her verlangt der einstweilige Rechtsschutz von allen Beteiligten zügige Bearbeitung, da die gewünschte rasche Entscheidung durch das Gericht wesenstypisch ist.
Insoweit besteht eine gesteigerte Mitwirkungspflicht des Antragstellers.
Bei stillschweigender Einräumung einer Frist zur (in Kürze) angekündigten Beschwerdebegründung von über 3 Wochen ist das rechtliche Gehör des Antragstellers nicht verletzt, wenn das Gericht entscheidet, ohne eine ausdrückliche weitere Frist zu setzen.
Insoweit besteht eine gesteigerte Mitwirkungspflicht des Antragstellers.
Bei stillschweigender Einräumung einer Frist zur (in Kürze) angekündigten Beschwerdebegründung von über 3 Wochen ist das rechtliche Gehör des Antragstellers nicht verletzt, wenn das Gericht entscheidet, ohne eine ausdrückliche weitere Frist zu setzen.
Die Anhörungsrüge des Antragstellers gegen den Beschluss des Senats vom 12. Dezember 2006 (L 9 SO 81/06 ER) wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Mit Bescheid vom 9. November 2005 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf Gewährung einer Krankenkostzulage wegen Hyperlipoproteinämie mit der Begründung ab, dass der eingeschaltete Amtsarzt Dr. PN. festgestellt habe, dass aufgrund der Laborwerte keine besondere Krankenkost erforderlich sei. Den Widerspruch wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 11. April 2006 zurück. Hiergegen hat der Antragsteller am 16. Mai 2006 Klage erhoben, über die bisher nicht entschieden wurde. Zum gleichen Zeitpunkt hat der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, den das Sozialgericht nach medizinischen Ermittlungen mit Beschluss vom 18. September 2006 wegen Fehlens eines Anordnungsanspruchs abgelehnt hat. Mehrbedarfskosten für eine kostenaufwändige Ernährung seien nicht glaubhaft gemacht. Nach neueren Erkenntnissen sei ein Mehrbedarf zu verneinen. Auch sei die Sachaufklärung des Gerichts erfolglos geblieben, ob die Behauptung des Antragstellers zutreffe, dass seine Blutwerte sich allein wegen einer konsequent befolgten Diät verbessert hätten. Es liege auch kein Anordnungsgrund vor. Gegen den am 20. September 2006 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 18. Oktober 2006 Beschwerde eingelegt, dem das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 20. Oktober 2006). Nach Gewährung von Prozesskostenhilfe (2. November 2006) und erfolgter Akteneinsicht hat der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers mit Schreiben vom 17. November 2006 die Verwaltungs- und Gerichtsakten zurückgesandt mit dem Hinweis, dass die Beschwerdebegründung in Kürze erfolge. Mit Beschluss vom 12. Dezember 2006 hat der erkennende Senat die Beschwerde zurückgewiesen, da ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht worden sei.
Gegen den am 15. Dezember 2006 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 21. Dezember 2006 (datiert auf den 15. Dezember 2006) die Anhörungsrüge erhoben. Er trägt vor, das Gericht habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, da es den angekündigten weiteren Vortrag nicht abgewartet habe. Es habe auch nicht auf seine beabsichtigte Entscheidung an einem bestimmten Tag hingewiesen oder sonst an den noch ausstehenden angekündigten Vortrag erinnert oder hierfür eine Frist gesetzt. Das Gericht möge deshalb das Verfahren wieder eröffnen und den neuen Vortrag berücksichtigen. Die Beschwerdebegründung habe nicht – wie angekündigt – alsbald erfolgen können, da in der Sache zum einen ein ergänzendes ärztliches Attest eingeholt worden sei und sich zum anderen die Kommunikation und Erreichbarkeit des Beschwerdeführers für seinen Anwalt als schwierig und zeitaufwendig gestaltet habe. Der Antragsteller hat sodann ausführlich zum Anordnungsanspruch und zum Anordnungsgrund Stellung genommen. Der Antragsteller hat einen Arztbrief vom 29. September 2004 und ein Attest der Kardiologischen Gemeinschaftspraxis B.-Straße (A-Stadt) vom 8. Dezember 2006 sowie eine eigene eidesstattliche Versicherung vom 15.12.2006 beigefügt. Die Antragsgegnerin hat sich zur Anhörungsrüge nicht gemeldet.
II.
Die fristgerecht erhobene Anhörungsrüge, § 178a Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gegen den Beschluss vom 7. Juni 2006, gegen den ein Rechtsmittel oder anderer Rechtsbehelf nicht gegeben war (§ 177 SGG), § 178a Abs. 1 Nr. 1 SGG, ist zulässig, jedoch unbegründet. Der erkennende Senat geht nach Überprüfung und unter Berücksichtigung des Vortrages des Antragstellers nicht davon aus, dass dessen Anspruch auf rechtliches Gehör (Artikel 103 Abs. 1 Grundgesetz) in entscheidungserheblichem Umfang verletzt worden ist. Der Antragsteller wurde nicht als bloßes Objekt des gerichtlichen Verfahrens behandelt, sondern hatte ausreichend die Möglichkeit, Einfluss auf das Verfahren und dessen Ergebnis zu nehmen (vgl. BVerfG 29.5.1991 – 1 BvR 1383/90 = BVerfGE 84, 188). Er hatte hinreichend Gelegenheit, sich zu dem zugrunde liegenden Sachverhalt zu äußern und dadurch die Willensbildung des Gerichts zu beeinflussen (vgl. BVerfG 28.6.1967 – 2 BvR 143/61 = BVerfGE 22, 114). Dass er von dieser Möglichkeit nicht rechtzeitig Gebrauch gemacht hat, ist dem Verantwortungsbereich seines Prozessbevollmächtigten, nicht jedoch dem des erkennenden Senats zuzurechnen. Zunächst hat der Antragsteller die einen Monat betragende Beschwerdefrist fast vollständig ausgenutzt. Nach Beschwerdeeinlegung hat er weitere 20 Tage zugewartet, bis er Akteneinsicht beantragt hat. Nach durchgeführter Akteneinsicht und Mitteilung vom 17. November 2006, dass die Beschwerdebegründung in Kürze erfolge, hat er sich erst nach der am 15. Dezember 2006 erfolgten Zustellung des Beschlusses am 21. Dezember 2006 wieder bei Gericht gemeldet. Damit waren seit der Zustellung des angefochtenen Beschlusses drei Monate vergangen, ohne dass eine Begründung oder wenigstens eine Teilbegründung oder in den drei Wochen nach Ankündigung der in Kürze erfolgenden Begründung wenigstens eine Zwischennachricht hinsichtlich auftretender Schwierigkeiten bei der Begründung erfolgt wären. Der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers durfte auch nicht darauf vertrauen, dass ihm ohne eine Fristsetzung durch das Gericht beliebig lange Zeit zur Nachholung der fehlenden Beschwerdebegründung eingeräumt sei. Von seiner Natur her verlangt der einstweilige Rechtsschutz von allen Beteiligten zügige Bearbeitung, da die gewünschte rasche Entscheidung durch das Gericht wesenstypisch ist (vgl. Bayerische Verwaltungsgerichtshof 28.9.2006 – 24 CS 06.2400). Insoweit besteht auch eine gesteigerte Mitwirkungspflicht des Antragstellers (vgl. Finanzgericht des Saarlandes 7.11.2005 – 1 V 217/05). Wenn ein Beteiligter demnach sicherstellen will, dass beabsichtigter und nicht so zügig machbarer Vortrag noch Berücksichtigung findet, liegt es an ihm, das Gericht darauf hinzuweisen, aus welchen Gründen eine zügige Mitwirkung zur Zeit nicht möglich ist, in welcher Richtung etwa noch vorgetragen werden soll und welche Hinderungsgründe voraussichtlich wie lange bestehen werden. Hier hätte es sich nach dem eigenen Vortrag des Antragstellers aufgedrängt, dem Gericht entweder sofort mitzuteilen, dass noch ein ergänzendes ärztliches Attest angefordert worden sei oder spätestens dem Gericht Mitteilung zu machen, als die Antwort des Arztes länger dauerte, als vom Antragsteller erwartet worden ist. Ohne eine solche Zwischennachricht des Antragstellers an das Gericht musste das Gericht nicht unbegrenzt weiter auf die "in Kürze" angekündigte Begründung warten oder nach der stillschweigend eingeräumten Frist von über drei Wochen noch eine ausdrückliche weitere Frist setzen.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 178a Abs. 4 Satz 3 SGG.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Mit Bescheid vom 9. November 2005 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf Gewährung einer Krankenkostzulage wegen Hyperlipoproteinämie mit der Begründung ab, dass der eingeschaltete Amtsarzt Dr. PN. festgestellt habe, dass aufgrund der Laborwerte keine besondere Krankenkost erforderlich sei. Den Widerspruch wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 11. April 2006 zurück. Hiergegen hat der Antragsteller am 16. Mai 2006 Klage erhoben, über die bisher nicht entschieden wurde. Zum gleichen Zeitpunkt hat der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, den das Sozialgericht nach medizinischen Ermittlungen mit Beschluss vom 18. September 2006 wegen Fehlens eines Anordnungsanspruchs abgelehnt hat. Mehrbedarfskosten für eine kostenaufwändige Ernährung seien nicht glaubhaft gemacht. Nach neueren Erkenntnissen sei ein Mehrbedarf zu verneinen. Auch sei die Sachaufklärung des Gerichts erfolglos geblieben, ob die Behauptung des Antragstellers zutreffe, dass seine Blutwerte sich allein wegen einer konsequent befolgten Diät verbessert hätten. Es liege auch kein Anordnungsgrund vor. Gegen den am 20. September 2006 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 18. Oktober 2006 Beschwerde eingelegt, dem das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 20. Oktober 2006). Nach Gewährung von Prozesskostenhilfe (2. November 2006) und erfolgter Akteneinsicht hat der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers mit Schreiben vom 17. November 2006 die Verwaltungs- und Gerichtsakten zurückgesandt mit dem Hinweis, dass die Beschwerdebegründung in Kürze erfolge. Mit Beschluss vom 12. Dezember 2006 hat der erkennende Senat die Beschwerde zurückgewiesen, da ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht worden sei.
Gegen den am 15. Dezember 2006 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 21. Dezember 2006 (datiert auf den 15. Dezember 2006) die Anhörungsrüge erhoben. Er trägt vor, das Gericht habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, da es den angekündigten weiteren Vortrag nicht abgewartet habe. Es habe auch nicht auf seine beabsichtigte Entscheidung an einem bestimmten Tag hingewiesen oder sonst an den noch ausstehenden angekündigten Vortrag erinnert oder hierfür eine Frist gesetzt. Das Gericht möge deshalb das Verfahren wieder eröffnen und den neuen Vortrag berücksichtigen. Die Beschwerdebegründung habe nicht – wie angekündigt – alsbald erfolgen können, da in der Sache zum einen ein ergänzendes ärztliches Attest eingeholt worden sei und sich zum anderen die Kommunikation und Erreichbarkeit des Beschwerdeführers für seinen Anwalt als schwierig und zeitaufwendig gestaltet habe. Der Antragsteller hat sodann ausführlich zum Anordnungsanspruch und zum Anordnungsgrund Stellung genommen. Der Antragsteller hat einen Arztbrief vom 29. September 2004 und ein Attest der Kardiologischen Gemeinschaftspraxis B.-Straße (A-Stadt) vom 8. Dezember 2006 sowie eine eigene eidesstattliche Versicherung vom 15.12.2006 beigefügt. Die Antragsgegnerin hat sich zur Anhörungsrüge nicht gemeldet.
II.
Die fristgerecht erhobene Anhörungsrüge, § 178a Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gegen den Beschluss vom 7. Juni 2006, gegen den ein Rechtsmittel oder anderer Rechtsbehelf nicht gegeben war (§ 177 SGG), § 178a Abs. 1 Nr. 1 SGG, ist zulässig, jedoch unbegründet. Der erkennende Senat geht nach Überprüfung und unter Berücksichtigung des Vortrages des Antragstellers nicht davon aus, dass dessen Anspruch auf rechtliches Gehör (Artikel 103 Abs. 1 Grundgesetz) in entscheidungserheblichem Umfang verletzt worden ist. Der Antragsteller wurde nicht als bloßes Objekt des gerichtlichen Verfahrens behandelt, sondern hatte ausreichend die Möglichkeit, Einfluss auf das Verfahren und dessen Ergebnis zu nehmen (vgl. BVerfG 29.5.1991 – 1 BvR 1383/90 = BVerfGE 84, 188). Er hatte hinreichend Gelegenheit, sich zu dem zugrunde liegenden Sachverhalt zu äußern und dadurch die Willensbildung des Gerichts zu beeinflussen (vgl. BVerfG 28.6.1967 – 2 BvR 143/61 = BVerfGE 22, 114). Dass er von dieser Möglichkeit nicht rechtzeitig Gebrauch gemacht hat, ist dem Verantwortungsbereich seines Prozessbevollmächtigten, nicht jedoch dem des erkennenden Senats zuzurechnen. Zunächst hat der Antragsteller die einen Monat betragende Beschwerdefrist fast vollständig ausgenutzt. Nach Beschwerdeeinlegung hat er weitere 20 Tage zugewartet, bis er Akteneinsicht beantragt hat. Nach durchgeführter Akteneinsicht und Mitteilung vom 17. November 2006, dass die Beschwerdebegründung in Kürze erfolge, hat er sich erst nach der am 15. Dezember 2006 erfolgten Zustellung des Beschlusses am 21. Dezember 2006 wieder bei Gericht gemeldet. Damit waren seit der Zustellung des angefochtenen Beschlusses drei Monate vergangen, ohne dass eine Begründung oder wenigstens eine Teilbegründung oder in den drei Wochen nach Ankündigung der in Kürze erfolgenden Begründung wenigstens eine Zwischennachricht hinsichtlich auftretender Schwierigkeiten bei der Begründung erfolgt wären. Der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers durfte auch nicht darauf vertrauen, dass ihm ohne eine Fristsetzung durch das Gericht beliebig lange Zeit zur Nachholung der fehlenden Beschwerdebegründung eingeräumt sei. Von seiner Natur her verlangt der einstweilige Rechtsschutz von allen Beteiligten zügige Bearbeitung, da die gewünschte rasche Entscheidung durch das Gericht wesenstypisch ist (vgl. Bayerische Verwaltungsgerichtshof 28.9.2006 – 24 CS 06.2400). Insoweit besteht auch eine gesteigerte Mitwirkungspflicht des Antragstellers (vgl. Finanzgericht des Saarlandes 7.11.2005 – 1 V 217/05). Wenn ein Beteiligter demnach sicherstellen will, dass beabsichtigter und nicht so zügig machbarer Vortrag noch Berücksichtigung findet, liegt es an ihm, das Gericht darauf hinzuweisen, aus welchen Gründen eine zügige Mitwirkung zur Zeit nicht möglich ist, in welcher Richtung etwa noch vorgetragen werden soll und welche Hinderungsgründe voraussichtlich wie lange bestehen werden. Hier hätte es sich nach dem eigenen Vortrag des Antragstellers aufgedrängt, dem Gericht entweder sofort mitzuteilen, dass noch ein ergänzendes ärztliches Attest angefordert worden sei oder spätestens dem Gericht Mitteilung zu machen, als die Antwort des Arztes länger dauerte, als vom Antragsteller erwartet worden ist. Ohne eine solche Zwischennachricht des Antragstellers an das Gericht musste das Gericht nicht unbegrenzt weiter auf die "in Kürze" angekündigte Begründung warten oder nach der stillschweigend eingeräumten Frist von über drei Wochen noch eine ausdrückliche weitere Frist setzen.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 178a Abs. 4 Satz 3 SGG.
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