L 17 U 188/06

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 17 (23) U 92/04
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 188/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 03. August 2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist, ob beim Kläger Berufskrankheiten (BKen) nach den Nrn. 2108 bzw. 2110 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) vorliegen und Anspruch auf Verletztenrente besteht.

Der im Juli 1956 geborene Kläger erlernte von 1971 bis 1975 den Beruf eines Installateurs, arbeitete sodann ein Jahr lang als Schweißer, war 1977 wieder als Installateur beschäftigt und sodann bis 1978 als Schweißer tätig. Von da an arbeitete er bis 1985 bei der Straßenbaufirma B in X, wo er als Tiefbauarbeiter und Baggerführer eingesetzt war. Danach bis zur Gewährung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit im Jahre 2004 war er als Tiefbaufacharbeiter, Vorarbeiter und Pflasterer bei dem Straßenbauunternehmen M in N beschäftigt. Nach den Feststellungen der Präventionsabteilung - Fachstelle Ergonomie - der Maschinenbau- und Metall-Berufsgenossenschaft vom 09.11.2004 war der Kläger im Sinne der BK 2108/2109 nicht hinreichend belastend tätig. Für die Zeit der Tätigkeit als Tiefbauarbeiter seit 1978 sind nach den Feststellungen der Dipl.-Ing. C vom 11.02.2005 die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Entstehung einer BK nach Nr. 2108 nach dem Mainz/Dortmunder Dosismodell (MDD) dagegen erfüllt, in Bezug auf die Tätigkeit als Baggerfahrer hat indes keine Belastung im Sinne der BK 2110 vorgelegen. 1971 wurde der Kläger erstmals wegen Wirbelsäulenbeschwerden behandelt. Die damals gefertigten Röntgenaufnahmen zeigten eine angedeutete S-förmige Fehlhaltung der Brustwirbelsäule (BWS) mit leicht welligen Konturen der Abschlussplatten im unteren Drittel. Nach den Feststellungen des im Gerichtsverfahren gehörten orthopädischen Sachverständigen Dr. T in T (Gutachten vom 12.12.2005 und ergänzende Stellungnahme vom 11.05.2006) bestand im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) eine abgeflachte Lordose bei erhaltener Weite der Zwischenwirbelräume. Im Segment L5/S1 bestand eine Retroposition des Lendenwirbelkörpers (LWK) 5 gegenüber S1 um 3 mm. 1984 musste sich der Kläger wegen einer Muskelkompressionssymtpomatik im Bereich L5 einer Bandscheibenoperation unterziehen. Wegen eines erneuten Bandscheibenvorfalls in diesem Bereich war 2003 ein weiterer operativer Eingriff erforderlich. Im Mai 2005 wurde wegen einer Spinalkanalstenose im Bereich der Halswirbelsäule (HWK 5/6) in der Klinik für Neurochirurgie der Universität N die Bandscheibe entfernt und ein Titan-CAGS angelegt.

Im Oktober 2003 zeigte die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) Westfalen-Lippe der Beklagten unter Vorlage medizinischer Unterlagen den Verdacht auf eine berufsbedingte Wirbelsäulenerkrankung an. Die Beklagte zog von den behandelnden Ärzten Behandlungs- und Befundberichte bei, befragte den Kläger zu Einzelheiten seiner beruflichen Tätigkeit und zog das Vorerkrankungsverzeignis sowie Auskünfte der Arbeitgeber bei. In Auswertung der medizinischen Unterlagen sowie der computertomographischen Befunde kam der Chirurg und Unfallchirurg Dr. U in E in einer beratungsärztlichen Stellungnahme vom 30.12.2003 zu dem Ergebnis, zwar liege eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS vor, die das altersübliche Maß deutlich überschreite, es fehlten indes im Bereich der oberen LWS und des thorakolumbalen Übergangs Hinweise auf belastungsadaptive Veränderungen. Er hielt weitere Ermittlungen - u.a. durch Beiziehung der Röntgenbefunde - für erforderlich.

Mit Bescheid vom 09.02.2004 lehnte die Beklagte die Gewährung von Entschädigungsleistungen wegen der Berufskrankheiten nach den Nrn. 2108 und 2110 mit der Begründung ab, die beim Kläger im Bereich der LWS bestehenden Veränderungen seien nicht wesentlich ursächlich auf seine berufliche Tätigkeit im Tiefbau zurückzuführen. Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, die Schäden im Bereich der LWS und HWS seien auf seine berufliche Tätigkeit zurückzuführen, weshalb arbeitstechnische und medizinische Ermittlungen notwendig seien. Dazu legte der Kläger einen Bericht der Neurologischen Klinik des Ev. Krankenhauses M vom 01.03.2004 sowie den Entlassungsbericht der Klinik für Neurochirurgie der Universität N vom 07.05.2004 vor. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13.07.2004 zurück und führte zur Begründung aus, ein belastungstypisches Krankheitsbild im Sinne der BKen 2108 und/oder 2110 lasse sich bei ihm nicht sichern. Im Bereich der LWS ließen sich deutlich altersvorauseilende Veränderungen nur in einem Segment feststellen und das im Bereich der HWS gesicherte Schadensbild, das nicht auf berufliche Ursachen zurückgeführt werden könne, belege, dass der Bandscheibenverschleiß anlagebedingt sei.

Dagegen hat der Kläger am 03.08.2004 vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund Klage erhoben und sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt. Die Beklagte hat auf Anforderung des SG Ermittlungen zur haftungsbegründenden Kausalität aufgenommen und Berichte der Technischen Aufsichtsbeamten (TAB) Dipl.-Ing. C von der Maschinenbau- und Metall-Berufsgenossenschaft (09.11.2004) sowie des eigenen Technischen Aufsichtsdienstes (11.02.2005) vorgelegt.

Der Kläger hat eine Stellungnahme des Arbeitsamtsarztes L vom 14.10.2004 sowie die für den Rentenversicherungsträger erstatteten Gutachten des Orthopäden Dr. I in Q vom 19.11.2004 und des Internisten und Sozialmediziners Dr. L in Q vom 25.11.2004 vorgelegt. Auf den Inhalt dieser Unterlagen wird Bezug genommen.

Das SG hat Beweis erhoben durch die Einholung eines orthopädischen Gutachtens von Dr. T in T. Dieser ist darin am 12.12.2005 und in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 11.05.2006 zusammenfassend zu dem Ergebnis gelangt, es bestehe beim Kläger ein pseudoradikuläres Lumbalsyndrom bei Zustand nach Nukleotomie L5/S1, ein chronisches Thorakalsyndrom sowie ein Wurzelkompressionssyndrom C6 rechts. Die bandscheibenbedingten Veränderungen im Bereich der LWS seien zeitgleich mit der Aufgabe der beruflichen Tätigkeit entstanden. Sie seien im Bereich der operierten Bandscheibe L5/S1 besonders ausgeprägt. Dies sei - wie die später vorgelegten Röntgenbefunde von August 1971 belegten - schon seinerzeit der Fall gewesen. Das frühe Auftreten der Beschwerdesymptomatik und der definitiv unauffällige Befund in den vier oberen Lumbalsegmenten sei mit einem belastungstypischen Schadensbild nicht zu vereinbaren. Gegen ein solches spreche vor allem auch, dass die beruflich nicht belastete HWS erhebliche bandscheibenbedingte Veränderungen aufweise. Im Übrigen fänden sich auch in den nicht exponierten Wirbelsäulenabschnitten Hinweise auf ein diffuses Verschleißbild, was sich jetzt auch durch zunehmende Verkalkungen im Bereich des vorderen Längsbandes zeige. Wenn auch eine erhebliche prädiskotische Deformität nicht vorliege, lasse sich gleichwohl - eine hinreichende Belastung im Sinne der BKen 2108 und 2110 unterstellt - die haftungsausfüllende Kausalität medizinischerseits nicht wahrscheinlich machen.

Mit Urteil vom 03.08.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen das ihm am 21.08.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 04.09.2006 Berufung eingelegt. Er ist der Ansicht, die Ausführungen des Sachverständigen (SV) Dr. T könnten nicht überzeugen und wiederlegten nicht die im Klageverfahren von ihm vorgelegte Stellungnahme des Chirurgen Dr. L in X vom 30.03.2006.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 03.08.2006 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 09.02.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.07.2004 zu verurteilen, ihm wegen einer BK nach den Nrn. 2108 und/oder 2110 der Anlage zur BKV Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte, die dem angefochtenen Urteil beipflichtet, beantragt schriftsätzlich,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen. Die Akten der Beklagten legen vor und waren Gegenstand der Beratung.

II.

Die Berufsrichter sind übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangt, dass die zulässige Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Sie haben sie daher - nachdem die Beteiligten unter dem 24.11.2006 auf diese Vefahrensweise hingewiesen worden sind -, durch Beschluss gem. § 153 Abs. 4 SGG zurückgewiesen.

Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, denn der angefochtene Verwaltungsakt ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verletztenrente, denn die streitigen BKen 2108 bzw. 2110 der Anlage zur BKV liegen bei ihm nicht vor.

Nach § 56 Abs. 1 des Siebten Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls - als solcher gilt gem. § 7 Abs. 1 SGB VII auch eine BK - über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf Rente. Gem. § 9 Abs. 1 SB VII sind BKen Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet hat und die ein Versicherter infolge einer der den Versicherungsschutz nach den §§ 2,3 oder 6 begründenden Tätigkeiten erleidet. Die hier streitige BK Nr. 2108 der Anlage zur BKV erfasst bandscheibenbedingte Erkrankungen der LWS durch langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung. Die BK 2110 erfasst bandscheibenbedingte Erkrankungen der LWS durch langjährige, vorwiegend vertikaler Einwirkungen von Ganzkörperschwingungen im Sitzen. Weiter ist für beide Berufskrankheiten als Bken erforderlich, dass sie zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.

Die Feststellung einer BK setzt voraus, dass der Versicherte im Rahmen der versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen im Sinne der BK ausgesetzt gewesen ist, die geeignet sind, einen entsprechenden Gesundheitsschaden zu bewirken. Dabei müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich ihrer Art und ihres Ausmaßes (sog. arbeitstechnische Voraussetzungen) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein: (BSG SozR 2200 § 548, Nr. 84; BSG SozR 1500 § 128 Nr. 34; BSG SozR 3-5670 Anlage I, Nr. 2108, Nr. 2; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 9 SGB VII, Rdnr. 3; Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheiten-Verordnung, E § 9 SGB X Rdnr. 14). Der ursächliche Zusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie zwischen Einwirkung und Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) beurteilt sich nach der unfallrechtlichen Kausalitätslehre von der wesentlichen Bedingung. Danach sind ursächlich oder mitursächlich nur die Bedingungen, die unter Abwägung des verschiedenen Wertes wegen der besonderen Bedeutung für den Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (BSGE 61, 127, 130; 63, 270, 271; Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.0., Rdnr. 8.2). Die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität müssen nicht nur möglich, sondern hinreichend wahrscheinlich sein (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 38 u. § 551 Nr. 1; Mehrtens/Brandenburg, a.a.0., Rdnr. 26). Dieser Zusammenhang ist unter Zugrundelegung der herrschenden arbeitsmedizinischen Lehrauffassung, die bei der Beurteilung maßgebend ist (BSG, Urteil vom 20.09.1977 = MESO B 30/51 und Urteil vom 12.11.1986 - 9b RU 76/86 -; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 4. Auflage 2005, Abschnitt III, Rdnrn. 47, 57), erst dann gegeben, wenn mehr für als gegen den Zusammenhang spricht und ernste Zweifel an einer anderen Verursachung ausscheiden (BSGE 32, 203, 209; 43, 110, 113; BSG SozR 3-1300 § 48 Nr. 67). Die Faktoren, die für den Ursachenzusammenhang sprechen, müssen die gegenteiligen deutlich überwiegen (vgl. Schulz-Weidner, SGb 1992, 59 f., 65).

Nach den im Verlauf des Gerichtsverfahrens durchgeführten arbeitstechnischen Ermittlungen war der Kläger von April 1978 bis 2004 im Rahmen der Tätigkeit als Tiefbauarbeiter und Pflasterer mit der notwendigen Regelmäßigkeit und Häufigkeit während der Arbeitsschichten in Bezug auf die BK 2108 Belastungen der LWS-Bandscheiben durch das Heben und Tragen von Lasten ausgesetzt, wie sie in Abschnitt IV des zu dieser BK herausgegebenen Merkblattes für die ärztliche Untersuchung (abgedruckt bei Mehrtens/Brandenburg, a.a.0., M 2108, S. 1 f.) gefordert werden. Er hat die notwendige Gesamtbelastungsdosis von 25 x 106Nh nach dem MDD, das ein geeignetes Mittel zur Feststellung der haftungsbegründenden Kausalität ist (Senatsurteil vom 15.10.2000 - L 17 U 296/97 - = Breithaupt 2000, 1025 f.; BSG SozR 4-2700 § 9 Nr. 1; Mehrtens/Brandenburg, a.a.0., Anmerkung 2.3, S. 19 f.), nach den Berechnungen der Dipl.-Ing. C, die sich u.a. auf eine eingehende Befragung des Klägers stützt, überschritten. Dagegen ist nach ihren Feststellungen in Bezug auf die vom Kläger in der Zeit von April 1978 bis Januar 1985 überwiegend ausgeführte Tätigkeit als Baggerfahrer die haftungsbegründende Kausalität für die BK 2110 nicht nachgewiesen. Ob dies im Hinblick auf das zu dieser BK neu herausgegebene Merkblatt vom 01.05.2005 (abgedruckt bei Mehrtens/Brandenburg, a.a.0., M 2110, S. 1 f.) wegen der neu geregelten Berechnung der jetzt maßgeblichen Beurteilungsbeschleunigungswerte (vgl. dazu die Tabellen 2 u. 3, a.a.0.) weiter gilt, kann hier letztlich dahinstehen. Darauf kommt es schon deshalb nicht an, weil insoweit der SV Dr. T entsprechend der Beweisanordnung das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Entstehung dieser BK unterstellt hat. In jedem Fall fehlt es aber beim Kläger - ebenso wie in Bezug auf die BK 2108 - an der haftungsausfüllenden Kausalität.

Dazu ist zunächst festzustellen, dass aus dem Nachweis der haftungsbegründenden Kausalität und dem Vorhandensein bandscheibenbedingter Veränderungen im Bereich der LWS bei einem Versicherten nicht ein Beweis des ersten Anscheins zugunsten eines ursächlichen Zusammenhangs folgt (BSG, Urteil vom 18.11.1997 = SGb 1999, 39 f., mit Anmerkungen von Ricke). Vielmehr ist eine individuelle Kausalitätprüfung notwendig, so dass auch die Beweisführungsregel des § 9 Abs. 3 SGB VII nicht herangezogen werden kann (Senatsurteil vom 07.06.2006 - L 17 U 130/02 -; Mehrtens/Brandenburg, a.a.0., Rdnr. 5.1, S. 29 f.). Dies vor allem auch deshalb, weil die Beurteilung der Zusammenhangsfrage bei den Berufskrankheiten nach den Nrn. 2108 - 2110 der Anlage zur BKV weiterhin in hohem Maße umstritten ist, es sich bei den bandscheibenbedingten Erkrankungen der LWS und der HWS um Schadensbilder handelt, das sich auch ohne belastende körperliche Tätigkeiten schicksalhaft entwickeln können. Dementsprechend hat auch das Bundessozialgericht (BSG) anerkannt, das sich häufig die berufliche Verursachung bandscheibenbedingter Erkrankungen nur schwer nachweisen lässt (SozR 3-2200 § 551 Nr. 12). Die individuelle Kausalitätsbeurteilung erfordert daher die Berücksichtigung und Abwägung einer Vielzahl von einzelfallbezogenen Kriterien für die Bewertung der Art, Intensität und Dauer ihrer Exposition, die Merkmale eines für die nachgewiesene Einwirkung charakteristischen (typischen), zumindest eines mit der Einwirkung konformen Schadensbildes, die Art und Ausprägung individueller Dispositionsfaktoren sowie den individuellen Krankheitsverlauf (Senatsurteil vom 07.06.2006, a.a.0., unter Hinweis auf Mehrtens/Brandenburg, a.a.0., Rdnr. 5.1; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, S. 578).

In Anwendung dieser Beurteilungskriterien ist nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren nicht der Nachweis geführt, dass die beim Kläger im Bereich der LWS bestehenden bandscheibenbedingten Veränderungen auf Einwirkungen im Sinne der BK 2108 bzw. 2110 der Anlage zur BKV zurückzuführen sind. Dies ergibt sich aus dem ebenso eingehenden wie sorgfältig begründeten und überzeugenden Gutachten des SV Dr. T. Dieser ist auch dem erkennenden Senat aus einer Vielzahl von Verfahren als kompetent und abgewogen urteilender Gutachter für die Feststellung von berufsbedingten Erkrankungen der LWS und HWS bekannt. Er hat - in Übereinstimmung mit der herrschenden medizinischen Lehrmeinung - dargelegt, dass der beim Kläger bestehende Erkrankungsverlauf mit einem sehr frühzeitigen Beginn der Beschwerdesymptomatik zu Anfang der 70iger Jahre ein entscheidendes Indiz dafür ist, dass sich das Schadensbild schicksalhaft entwickelt hat. Lassen sich belastungsadaptive Umbauprozesse in den oberen Segmenten der LWS nicht feststellen, spricht - wie das SG zutreffend im Anschluss an die Ausführungen des SV ausgeführt hat - dass ein diffuses Verschleißbild an der gesamten Wirbelsäule vorliegt und darüber hinaus auch die beruflich nicht belastete HWS erhebliche bandscheibenbedingte Veränderungen aufweist, die inzwischen zu einer operativen Intervention geführt haben. Der Senat nimmt insoweit - um Wiederholungen zu vermeiden - auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug und schließt sich ihnen nach § 153 Abs. 2 SGG an. Soweit der Kläger im Berufungsverfahren erneut auf die Stellungnahme von Dr. L hingewiesen hat, hat dieser für seine Behauptung, die bandscheibenbedingten Veränderungen beim Kläger seien nicht anlagebedingt, keine Begründung gegeben. Vielmehr ergibt sich aus den vorgelegten Röntgenaufnahmen aus dem Jahre 1971 - wie Dr. T in seiner ergänzenden Stellungnahme überzeugend dargetan hat, dass schon damals zu Beginn der beruflichen Belastung typische röntgenologische Symptome einer bandscheibenbedingten Erkrankung im Segment L5/S1 vorgelegen haben. Der Umstand, dass schon nach wenigen Jahren der belastenden Tätigkeit im Sinne der streitigen BKen und vor Vollendung des 30. Lebensjahres eine Bandscheibenoperation im Bereich L5/S1 notwendig war, ist gleichfalls ein entscheidender Beleg dafür, dass die beruflichen Belastungen nicht wesentlich teilursächlich für die beim Kläger bestehenden bandscheibenbedingten Veränderungen waren (vgl. Senatsurteil vom 07.06.2006, a.a.0.; Senatsurteil vom 10.05.2000, a.a.0.; Mehrtens/Brandenburg a.a.O., Anmerkung 5.3; S. 30 f.; Schönberger u.a., a.a.0., S. 563 f.).

Fehlt es nach alledem aufgrund der überzeugenden Ausführungen des SV Dr. T am Nachweis der haftungsausfüllenden Kausalität, erweist sich der angefochtene Verwaltungsakt im Ergebnis als rechtmäßig. Klage und Berufung müssen daher erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Revisionszulassung im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG lagen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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