L 13 R 3961/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 1421/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 3961/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 29. Juni 2006 wird zurückgewiesen. Die Klage auf Entgegennahme von freiwilligen Beiträgen ab Januar 2000 ist unzulässig.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Die 1951 geborene Klägerin ist türkische Staatsangehörige. Eine Berufsausbildung hat sie nicht absolviert. Zuletzt arbeitete sie unter Entrichtung von Pflichtbeiträgen zur Rentenversicherung bis 31. Mai 1995 als Näherin bei der Firma S. in M ... Nach ihren Angaben wurde dieses Arbeitsverhältnis krankheitsbedingt gekündigt. Am 2. Juni 1995 hatte sich die Klägerin arbeitslos gemeldet und Arbeitslosengeld - zwischenzeitlich auch vom 19. März bis 28. Mai 1998 Krankengeld - sowie schließlich bis 12. Dezember 1999 Arbeitslosenhilfe bezogen; bis dahin war sie auch arbeitsuchend gemeldet. Vom 13. Dezember 1999 bis 30. September 2002 war sie nicht arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldet.

Die Klägerin hatte erstmals am 12. März 1998 Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit beantragt. Zur Ermittlung des medizinischen Sachverhalts hatte die Beklagte die Klägerin von Dr. M. internistisch begutachten lassen. In seinem Gutachten vom 4. Mai 1998 hatte er ausgeführt, die Klägerin leide unter diskretem Verschleiß im Bereich der gesamten Wirbelsäule und diskreter Fehlhaltung ohne Funktionseinschränkung sowie unter einer derzeit nahezu symptomlosen Reizung im Bereich des äußeren Ellenbogenhöckers links; es bestünde kein Anhalt für eine Fibromyalgie, allenfalls diskrete Hinweise für eine somatoforme Schmerzstörung. Als Näherin könne sie nur noch zwei Stunden bis unter halbschichtig arbeiten; für sonstige Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sei ein vollschichtiges Leistungsvermögen gegeben. Nachdem die Beklagte mit Bescheid vom 12. Mai 1998 den Rentenantrag abgelehnt hatte, war auch ein Widerspruch ohne Erfolg geblieben (Widerspruchsbescheid vom 20. August 1998). Am 14. September 1998 hatte die Klägerin beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben. Nach Einholung einer sachverständigen Zeugenauskunft des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. L. vom 11. Dezember 1998, dem ein sozialmedizinisches Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) vom 28. Mai 1998 beigefügt war, wonach die Klägerin noch leichtere und zeitweilig mittelschwere Tätigkeiten ohne das Heben schwerer Lasten, ohne ständige Arbeiten in gebückter Haltung, ohne ständige Rotationsbewegungen, ohne ständige Überkopfarbeiten und ohne sonstige Zwangshaltungen vollschichtig ausüben könne, sowie einer sachverständigen Zeugenauskunft des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. Sp. vom 2. Januar 1999, hatte das SG Privatdozent Dr. G.-Z. mit der Erstattung eines orthopädischen Gutachtens beauftragt. Dieser hatte - unter Einbeziehung eines fachröntgenologischen Zusatzgutachtens von Dr. K. und eines fachneurologischen Zusatzgutachtens von Dr. Z. - in seinem Gutachten vom 25. März 1999 ausgeführt, die Klägerin leide zwar unter einer Cervikobrachialgie beidseits bei Bandscheibenvorfall C5/C6, einer chronischen Epicondylopathia humeri radialis et ulnaris rechts mehr als links, unter unspezifischen Arthralgien im Bereich beider Hände, rezidivierender Lumboischialgie rechts ohne neurologische Defizite, einer somatoformen Schmerzstörung im Rahmen einer larviert-depressiven Entwicklung und unter initialer Coxarthrose beidseits; sie sei jedoch noch in der Lage, leichte Tätigkeiten mit gelegentlichem Heben von Lasten bis 5 kg sowie mit Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen vollschichtig zu verrichten. Mit rechtskräftig gewordenen Gerichtsbescheid vom 23. September 1999 hatte das SG die Klage sodann abgewiesen.

Am 14. Oktober 2002 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Seit dem Jahr 2000 habe sie unerträgliche Schmerzen in allen Gliedmaßen; bei der Bewältigung ihres Haushaltes sei sie eingeschränkt. Zur Ermittlung des medizinischen Sachverhalts ließ die Beklagte die Klägerin von Dr. K. auf orthopädischem Fachgebiet begutachten. In seinem Gutachten vom 24. Februar 2003 führte er aus, die Klägerin leide unter Aufbraucherscheinungen der Wirbelsäule mit statischer Fehlhaltung und deutlicher Rumpfmuskeldysbalance und ohne Anhalt für wesentliche Nervenwurzelreizzeichen, an Übergewicht, wiederkehrenden Reizzuständen im Bereich beider inneren und äußeren Oberarmknochen bei freier Ellenbogengelenksbeweglichkeit beidseits, geringgradiger radiologisch sichtbarer Aufbraucherscheinung des rechten Schultergelenkes ohne Funktionsminderung, anamestisch angegebenenen geringen Aufbraucherscheinungen beider Hüftgelenke ohne Funktionsminderung, geringgradigen Aufbraucherscheinungen beider Kniegelenke mit übergewichtsbedingten wiederkehrenden Belastungsschmerzen und freier Beweglichkeit beidseits. Im Vergleich zu den internistischen, orthopädischen und neurologischen Gutachten aus dem Jahre 1998 und 1999 habe sich die medizinischen Situation nicht wesentlich verändert. Zwar könne sie ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Näherin nicht mehr ausüben; sie könne jedoch leichte Arbeiten ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne häufiges Bücken und ohne häufige Überkopfarbeiten vollschichtig verrichten. Dr. K. standen für die Erstellung des Gutachtens Befundberichte des Internisten/Rheumatologen Dr. J. vom 21. November 2002, des Facharztes für Neurochirurgie/Chirotherapie Dr. H. vom 2. Juli 2002 und des Orthopäden H. vom 28. Mai 2002 zur Verfügung. Mit Bescheid vom 26. Februar 2003 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Hiergegen erhob die Klägerin am 3. März 2003 Widerspruch. Aufgrund unerträglicher Schmerzen könne sie seit mehr als drei Jahren nicht mehr arbeiten. Mit Widerspuchsbescheid vom 29. April 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Klägerin könne mindestens noch sechs Stunden täglich erwerbstätig sein. Auch die weitere Voraussetzung, dass in den letzten fünf Jahren vor Eintritt einer Leistungsminderung drei Jahre Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet wurden, sei nicht erfüllt. Nach Abschluss des früheren Klageverfahrens sei auch ein Hinweis über die Möglichkeit der Aufrechterhaltung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfolgt (vgl. Schreiben vom 9. November 1999).

Mit der am 22. Mai 2003 zum SG erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt und im wesentlichen vorgetragen, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien jedenfalls bis 31. Dezember 2001 gegeben. Außerdem liege ein Aufschubtatbestand in Form der Arbeitsunfähigkeit vor; seit Mitte der neunziger Jahre bis heute sei sie arbeitsunfähig. Aus dem Arztbrief des Facharztes für Allgemeinmedizin und Innere Medizin Dr. Sch. vom 11. März 2003 folge, dass sie selbst für leichte Tätigkeiten nicht vermittelbar sei. Arzt für Allgemeinmedizin Dr. Sp. bestätige in seinem Attest vom 28. April 2003, dass ihr eine berufliche Tätigkeit nicht mehr zumutbar sei. Der Bescheinigung des Facharztes für Neurochirurgie/Chirotherapie Dr. H. vom 31. März 2003 sei zu entnehmen, dass trotz intensiver, konservativer Therapiebemühungen eine durchgreifende Befundverbesserung der Beschwerdesymptomatik nicht erreicht worden sei; die Gesamtsituation sei durch ein mehr oder weniger stark ausgeprägtes depressives Syndrom überlagert. Aufgrund des aktuellen Standes könne sie einer kontinuierlichen Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert nicht nachgehen. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat darauf hingewiesen, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bei Eintritt eines Leistungsfalls bis zum 31. Januar 2002 gegeben wären, diese ab dem 1. Februar 2002 jedoch nicht mehr erfüllt seien. Auf Antrag der Klägerin hat das SG den Direktor der Klinik für Neurochirurgie des Klinikums der Stadt Villingen/Schwenningen GmbH Prof. Dr. O. mit der Erstattung eines neurochirurgischen Gutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 18. März 2004 hatte der Sachverständige ausgeführt, auf seinem Fachgebiet liege eine Reizung des nervus ulnaris rechts vor; eine cervikale Symptomatik sei nicht auszuschließen. Bekannt sei weiter eine Bandscheibenläsion HWK 5/6; eine Wurzkompressionssymptomatik finde sich nicht. Die Klägerin sei in der Lage, Erwerbstätigkeiten in vollem zeitlichem Umfang durchzuführen. Hinderlich seien die bestehenden Gesundheitsstörungen bei feinmotorischen Arbeiten; eine Tätigkeit als Näherin käme daher zur Zeit nicht in Frage. Mittelschwere Tätigkeiten könne die Klägerin jedoch ausführen, bei Heben, Tragen und Bewegen von Lasten sei jedoch eine maximale Obergrenze von 15 kg anzustreben. Überwiegendes Gehen, Stehen und Sitzen sei zumutbar. Auf Antrag der Klägerin hat das SG sodann bei Diplompsychologe Dr. K. ein psychosomatisches Gutachten in Auftrag gegeben. In seinem Gutachten vom 7. Juni 2004 hat der Sachverständige eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine Adipositas sowie eine leichte depressive Störung diagnostiziert. Die körperlichen Schmerzen im Sinne einer anhaltenden somatoformen Störung und die organisch bedingten körperlichen Beschwerden schränkten die Leistungsfähigkeit der Klägerin ein; die Gesundheitsstörung auf psychischem Fachgebiet ermöglichten aktuell keine vollschichtige Erwerbstätigkeit. Eine Besserung der Leistungsfähigkeit könne auch in absehbarer Zeit nicht erwartet werden. Die Klägerin sei in der Lage, eine leichte Tätigkeit etwa vier Stunden täglich auszuführen. Dabei seien die festgestellten Leistungseinschränkungen seit ca. 1992 vorhanden und hätten sich zunehmend verstärkt. Nachdem sich Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. vom sozialmedizinischen Dienst der Beklagten mit dem Gutachten von Dr. K. auseinandergesetzt und ausgeführt hat, hinsichtlich der Befunddarlegung und den Schlussfolgerungen sei das Gutachten nicht schlüssig, da die begleitende Depressivität allenfalls leichtgradig sei und sich auch keine Hinweise auf vitale Erschöpfung, funktionelle Störungen oder eine völlige Einengung auf die Schmerzensymptomatik fänden, hat Dr. K. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 25. August 2004 weiter ausgeführt, die Diagnose einer somatoformen Schmerzstörung habe er in seinem Gutachten detailliert beschrieben. Unter Berücksichtigung der Biographie mit den sozialen und psychischen Beeinträchtigungen, welche er durch eine detaillierte Psychodynamik dargelegt habe, zeige sich eine deutliche Leistungseinschränkung. Die körperlichen seit 1992 vorhandenen Beschwerden würden von der Klägerin so erlebt, dass sie kaum in der Lage sei, ihren alltäglichen Arbeiten zu Hause nachzugehen. Seit 1999 verfüge sie über kein vollschichtiges Leistungsvermögen mehr. Die Klägerin könne eine leichte Tätigkeit vier bis unter sechs Stunden an fünf Tagen in der Woche ausführen. Das SG hat den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie Dr. St. mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 4. März 2005 diagnostizierte er eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung und eine leichte depressive Episode. Die psychischen Funktionsstörungen seien nicht schwergradig, ließen sich jedoch klar herausarbeiten und sie seien nach jahrelanger Dauer als chronifiziert anzusehen; therapieresistent seien sie nicht, da bislang eine adäquate Therapie nicht stattgefunden habe. Ein echter Leidensdruck sei nicht feststellbar gewesen; die Klägerin habe sich in ihrem jetzigen Zustand eingerichtet. Da die Störungen chronifiziert und in einem überschaubaren Zeitraum nicht durchgreifend zu besseren seien, komme ihnen ein erheblicher Krankheitswert zu. Die Klägerin sei in der Lage, vier bis einschließlich sechs Stunden täglich, jedoch nicht über sechs Stunden täglich einer regelmäßigen Tätigkeit nachzugehen. Ein exaktes Datum des Beginns der festgestellten Leistungseinschränkungen anzugeben, sei ohne kontinuierliche nervenärztliche Vorberichte schwer. Bereits 1997, 1998 und 1999 seien von behandelenden Ärzten psychische Störungen im Sinne einer Somatisierung angenommen worden. Da Somatisierungsstörungen oft bereits nach zwei Jahren chronifiziert und damit therapieresistent seien, wäre bereits zu einem früheren Zeitpunkt die Behandlung zumindest schwierig gewesen. Da sich aktuell zusätzlich noch eine Depression zeige, die Klägerin jedoch insgesamt noch bis zu sechs Stunden leistungsfähig sei, sei aufgrund der keinesfalls schwergradigen psychischen Funktionsstörungen und einem keinesfalls massiv ausgeweiteten subjektiven Schmerzempfinden mit größerer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass am 31. Januar 2002 noch keine quantitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit bestanden habe. Eine langsame Verschlechterung habe stattgefunden, wobei es jedoch unter Berücksichtigung einer selbst aktuell noch möglichen Eigenwillensanspannung gerechtfertigt sei, zum 30. Januar 2002 noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen der Klägerin anzunehmen. Weiter hat das SG den Facharzt für Orthopädie und Schmerztherapie Dr. W. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Der Sachverständige hat in seinem orthopädischen Gutachten vom 14. November 2005 ausgeführt, wegen der somatoformen Schmerzstörung und Adiposisitas bestünde ein fehlstatisches Wirbelsäulensyndrom und die Möglichkeit einer beginnenden Polyarthrose beider Hände. Auf orthopädischem Fachgebiet ergäben sich nur geringe objektivierbare Funktionsstörungen. Aufgrund des Befundes auf seinem Fachgebiet bestünde ein vollschichtiges Leistungsvermögen; die Symptomatik scheine jedoch wesentlich durch die somatoforme Schmerzstörung überlagert und dominiert. Nach den anamnestischen Angaben der Klägerin leide sie bereits seit etwa zehn Jahren unter der Gesamtsymptomatik; diese habe sich aber in den letzten zwei Jahren zum aktuellen Zustandsbild verschlechtert. Die aktuelle Einschränkung der Leistungsfähigkeit auf orthopädischem und neurologischem Fachgebiet habe jedoch am 31. Januar 2002 noch nicht bestanden. Schließlich hat das SG auf Antrag der Klägerin den Facharzt für Orthopädie/Rheumatologie, Sportmedizin und Chirotherapie Dr. R. mit der Erstellung eines Gutachtens vom 15. Februar 2006 beauftragt. Dazu hat der Sachverständige ausgeführt, es bestünden ein Cervikobrachialsyndrom beidseits, ein chronisch degenerativ-statisches Hohlkreuz - ISG - Syndrom, ein leichtergradiges BWS-Syndrom bei chronischer Haltungsinsuffizienz und Rundhohlrücken und degenerativen Veränderungen der unteren BWS, Spondylarthrosen der unteren LWS sowie periphere Weichteilveränderungen, psychovegetative Veränderungen und ein Fibromyalgie-Syndrom mit psychophysischer Verknüpfung bei depressiver Störung mit Überlappungen zu chronifiziertem Schmerzsyndrom und somatoformer Schmerzstörung. Im Vordergrund der Symptomatik stünde die vom Achsenskelett in die Arme und in die Hüft- Oberschenkelregion ziehende Schmerzhaftigkeit im Rahmen der genannten Syndrome. Zumutbar sei noch eine leichte Tätigkeit in wechselnder Körperhaltung und der Möglichkeit zum Durchbewegen von Körperregionen, die unter gleichförmiger Haltung stärker schmerzhaft würden. Die aktuelle, erheblich ausgeprägte Symptomatik der orthopädischen und weichteilrheumatischen Störungen reduzierten die täglich zumutbare Arbeitszeit auf weniger als sechs Stunden (vier bis sechs Stunden). Für die zeitliche Einschränkung sei die Beschwerdezunahme auch unter leichter körperlicher Tätigkeit und die raschere Ermüdbarkeit der tendomyotisch eingeschränkten Muskelpartien und Bindegewebestrukturen im Bereich der Wirbelsäule, der Arme und der LWS-Hüft-Oberschenkelregion ursächlich. Im Rahmen einer kontinuierlichen Entwicklung sei davon auszugehen, dass die aktuelle Einschränkung des Leistungsvermögens wenigstens bereits vor zwei Jahren in entsprechender Weise vorgelegen habe. Mit Urteil vom 29. Juni 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Zeit der Rentenantragstellung im Oktober 2002 hätten die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht vorgelegen. Drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung seien nur dann entrichtet, wenn der Eintritt der Erwerbsminderung vor dem 1. Februar 2002 erfolgt sei. Eine Verlängerung der Fünfjahreszeitraums wegen Arbeitsunfähigkeit könne nicht erfolgen. Ab Juni 1998 hätte Arbeitsunfähigkeit nur noch dann bestanden, wenn auch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht möglich gewesen wären; dies sei jedoch im Hinblick auf die Entscheidung des SG vom 23. September 1999 nicht der Fall gewesen. Zum 31. Januar 2002 sei die Klägerin noch nicht erwerbsgemindert gewesen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe sie bis 31. Januar 2002 noch leichte Tätigkeiten unter Beachtung einiger qualitativer Funktionseinschränkungen mindestens für sechs Stunden täglich verrichten können.

Gegen das den Bevollmächtigten der Klägerin gegen Empfangsbekenntnis am 2. August 2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 7. August 2006 schriftlich beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Richtig sei, dass nur auf Januar 2002 bezogen die Drei-Fünftel-Belegung mit Pflichtbeiträgen in den letzten fünf Jahren bejaht werden könne. Allerdings liege ein Aufschubtatbestand vor, da sie für ihre letzte Tätigkeit als Näherin nicht mehr arbeitsfähig gewesen sei. Aufgrund des Gutachtens von Dr. K. müsse als nachgewiesen angesehen werden, dass der Versicherungsfall bereits 1992 eingetreten gewesen sei und sich zunehmend verstärkt habe. Es sei für die Beurteilung des Gesundheitszustandes der Klägerin in der Vergangenheit erforderlich, bezogen auf 2002 bzw. die Zeit davor sämtliche ärztlichen Auskünfte und Unterlagen über den Gesundheitszustand der Klägerin einzuholen. Im Hinblick auf die Lücke im Versicherungsverlauf ab 2000 bestehe ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch; sie sei nicht auf die Notwendigkeit der Entrichtung freiwilliger Beiträge hingewiesen worden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 29. Juni 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 26. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchs- bescheids vom 29. April 2003 zu verurteilen, ihr ab 1. Oktober 2002 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren, weiterhin hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, Beiträge für die Zeit ab 1. Januar 2000 entgegenzunehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig und das Urteil des SG für zutreffend.

Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakte des SG (S 12 R 1421/03), die beigezogene Akte des SG (S 10 RJ 2484/98) und die Berufungsakte des Senats (L 13 R 3961/06) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet; die hilfsweise im Termin zur mündlichen Verhandlung erhobene Klage auf Entgegennahme freiwilliger Beiträge ab 1. Januar 2000 ist unzulässig.

Die gemäß § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung, in Bezug auf die keine Berufungsbeschränkungen eingreifen (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SGG) ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden.

Die Berufung ist jedoch unbegründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG; vgl. Bundessozialgericht [BSG] SozR 3-2600 § 44 Nr. 7) ist der den Rentenantrag der Klägerin vom 14. Oktober 2002 ablehnende Bescheid vom 26. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. April 2003. Angesichts des Antrags der Klägerin, die Beklagte zur Rentengewährung ab 1. Oktober 2002 zu verurteilen, ist auch nicht davon auszugehen, dass der prozessuale Anspruch auf Überprüfung der früheren bestandskräftigen Rentenablehnung gerichtet ist, welche in einem rechtskräftig abgeschlossenen Gerichtsverfahren bestätigt wurde. Der angegriffene Bescheid erweist sich als rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Diese hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Wegen des fehlenden Berufsschutzes erhebt sie, wie von ihr auch in der mündlichen Verhandlung klargestellt wurde, zu Recht keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Durch das am 1. Januar 2001 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827 ff.) hat der Gesetzgeber das Recht der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit grundlegend neu geordnet. Kernstück der Neuregelung ist die Abschaffung der bisherigen Berufsunfähigkeitsrente für nach dem 1. Januar 1961 geborene Versicherte und die Einführung einer zweistufigen Erwerbsminderungsrente mit einer vollen Erwerbsminderungsrente bei einem Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von unter drei Stunden und einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei einem Restleistungsvermögen von drei bis weniger als sechs Stunden.

Nach § 43 Abs. 1 SGB VI in der hier anwendbaren, seit 1. Januar 2001 geltenden Fassung (vgl. § 302b Abs. 1 SGB VI) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzen fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Die Klägerin ist, wie noch zu zeigen ist, zwar seit frühestens Anfang Januar 2004 teilweise erwerbsgemindert. Sie hat bezogen auf den Eintritt des Leistungsfalls auch die allgemeine Wartezeit (vgl. §§ 50 Abs. 1 Nr. 2, 51 Abs. 1 SGB VI) von fünf Jahren mit Beitragszeiten (vgl. § 55 Abs. 1 SGB VI) erfüllt. Nicht erfüllt ist jedoch die gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI erforderliche Drei-Fünftel-Belegung mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit, zu denen auch die in § 55 Abs. 2 SGB VI aufgeführten Beiträge zählen. Ohne die Drei-Fünftel-Belegung wird die begehrte Rente für Versicherte nur gewährt, die - wie hier - vor dem 1. Januar 1984 zwar die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, bei denen jedoch zusätzlich jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit sogenannten Anwartschaftserhaltungszeiten belegt ist oder wenn die Erwerbsminderung vor dem 1. Januar 1984 eingetreten ist (vgl. § 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Beides ist zu verneinen. Ebenso wenig liegt ein Tatbestand vor, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist (vgl. §§ 43 Abs. 5, 53 SGB VI). Für die nicht mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegten Monate von Januar 2000 bis Dezember 2003 ist auch eine Beitragszahlung nicht zulässig, sodass nach § 241 Abs. 2 Satz 2 SGB VI von einer Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht abgesehen werden kann.

Der Leistungsfall der teilweisen Erwerbsminderung ist bei der Klägerin frühestens Anfang Januar 2004 eingetreten; ab diesem Zeitpunkt konnte sie eine leichte Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes nur noch vier bis unter sechs Stunden täglich ausüben. Schon hinsichtlich der allein dem orthopädischen Fachgebiet zuzuordnenden und das Leistungsvermögen limitierenden Erkrankungen ist die Klägerin frühestens seit Januar 2004 teilweise erwerbsgemindert. Dies steht fest aufgrund der überzeugenden Darlegungen des Rentengutachters Dr. K. sowie der Sachverständigen Dr. W. und Dr. R., deren sozialmedizinische Beurteilung sich der Senat zu eigen macht. In seinem Gutachten vom 24. Februar 2003, das er im Auftrag der Beklagten erstellt hat, hat Dr. K. aus den von ihm bei seiner Untersuchung am 20. Februar 2003 erhobenen Befunden, die er als auch statisch bedingte und unterschiedlich ausgeprägte degenerative Veränderungen des Haltungs- und Bewegungsapparates ohne wesentliche Nervenwurzelzeichen und wiederholte Reizzustände im Bereich der oberen Extremitäten charakterisiert hat, nachvollziehbar und schlüssig gefolgert, dass die orthopädischen Krankheitsbilder die Durchführung schwerer und mittelschwerer Arbeiten ausschließen, das berufliche Leistungsvermögen bei leichten körperlichen Tätigkeiten aber nicht in quantitativer Hinsicht einschränken. Zu vermeiden sind lediglich Tätigkeiten mit überwiegend einseitiger Körperhaltung, mit häufigem Bücken und mit häufigen Überkopfarbeiten beidseits und ständigem Sitzen. Bei Beachtung dieser qualitativen Einschränkungen bestand aber noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf orthopädischem Fachgebiet. Für das neurochirurgische Fachgebiet hat sich kein für den erhobenen Anspruch wesentlich anderes Leistungsvermögen ergeben; denn der Sachverständige Prof. Dr. Ö. ist aufgrund seiner Untersuchungen vom 11./17. Dezember 2003 und 5. Februar 2004 zum Ergebnis gelangt, dass die Klägerin auf seinem Fachgebiet noch über ein vollschichtiges, sogar mittelschwere Arbeiten erlaubendes Leistungsvermögen verfügt. Der auf orthopädischem Gebiet weiter gehörte Sachverständige Dr. W., der die Klägerin am 21. September 2005 untersucht hat, hat die Auffassung vertreten, dass das nur noch körperlich leichte Arbeiten erlaubende Leistungsvermögen durch die ausschließlich körperlichen Befunde in quantitativer Hinsicht nicht eingeschränkt ist, wobei er aber zu Recht darauf hingewiesen hat, dass das Krankheitsempfinden durch die dominierende somatoforme Schmerzstörung wesentlich beeinflusst wird. Der schließlich noch gemäß § 109 SGG beauftragte Sachverständige Dr. R. hat aufgrund der Untersuchung am 15. Februar 2006 bei der Klägerin die bekannten Aufbraucherscheinungen und Veränderungen im Bereich des Haltungs- und Bewegungsapparates sowie der oberen Extremitäten diagnostiziert, ist aber auch von einem Fibromyalgiesyndrom sowie psychophysischen Überlappungen ausgegangen. Dr. R. hat wegen der Beschwerdezunahmen noch körperlich leichte Arbeiten für weniger als sechs Stunden, jedoch mindestens vier Stunden für möglich gehalten, wobei er davon ausgegangen ist, dass diese Einschränkung jedenfalls schon vor zwei Jahren bestanden hat. Eine weitergehende rückblickende Einschätzung hält er - was einleuchtet - nicht für möglich. Der von Dr. R. angenommene Zeitpunkt des Herabsinkens des Leistungsvermögens mit ausgehend von seiner Untersuchung im Februar 2004 kommt in etwa den Angaben der Klägerin gegenüber dem Sachverständigen Dr. W. im September 2005 nahe, dem sie von einer Verschlechterung in den letzten zwei Jahren berichtet hat. Der Senat entnimmt daraus, dass das Leistungsvermögen der Klägerin wegen der - wie noch zu zeigen ist - bei ihr vorhandenen somatoformen Schmerzstörung frühestens Anfang Januar 2004 auf unter sechs, jedoch nicht unter vier Stunden herabgesunken ist.

Auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet leidet die Klägerin an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung und einer leichten depressiven Störung. Dies steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der Gutachten des Sachverständigen Dr. K. vom 7. Juni 2004 und des Sachverständigen Dr. St. vom 4. März 2005 fest. Beide Sachverständige sind ausgehend von den Untersuchungen am 19. Mai 2004 und 17. Februar 2005 zum Ergebnis gelangt, dass die Klägerin wegen der auf diesem Fachgebiet liegenden Erkrankungen nur noch vier bis unter sechs Stunden täglich körperlich leichte Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen verrichten kann. Zwar hat Dr. St. ausgeführt, die Klägerin sei vier bis einschließlich sechs Stunden täglich einsetzbar. Angesichts der Fragestellung, ob die Klägerin noch mindestens sechs Stunden oder mindestens vier Stunden täglich arbeiten kann, versteht der Senat die Einschätzung von Dr. St. so, dass danach die Klägerin an guten Tagen zwar auch noch sechs Stunden täglich arbeiten kann, an schlechten Tagen das Leistungsvermögen aber nur noch einen Einsatz für täglich vier bis unter sechs Stunden erlaubt. Dafür spricht, dass der Sachverständige wegen der nächtlichen schmerzstörungsbedingten Schlafstörungen und der deswegen bestehenden erhöhten Erholungsbedürftigkeit am Tage ein eingeschränktes zeitliches Leistungsprofil annimmt. Der wesentliche Unterschied zwischen den Beurteilungen beider Sachverständiger besteht jedoch darin, dass Dr. K. zuletzt gemeint hat, dass das Leistungsvermögen schon 1999 herabgesunken sei, während Dr. St. zur Einschätzung gelangt ist, dass etwa drei Jahre vor seiner Untersuchung noch keine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens bestanden hat. Der Senat hält die Annahme von Dr. K. nicht für überzeugend. Dr. K. begründet nicht, weshalb er, ohne die Klägerin im Jahr 1999 oder kurz danach untersucht zu haben, von einem Herabsinken des Leistungsvermögens zu diesem Zeitpunkt, der über fünf Jahre vor seiner Untersuchung liegt, ausgeht. Noch im Frühjahr 1999 ist der Sachverständige Privatdozent Dr. G.-Z. unter Einbeziehung eines zu keiner anderen Diagnose gelangten neurologischen Zusatzgutachtens des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Z. zum Ergebnis gelangt, dass die Klägerin noch vollschichtig einsatzfähig ist. Dr. St. hat eingehend begründet, dass sich der Zustand der Klägerin nur langsam verschlechtert hat und dass jedenfalls zu Beginn des Jahres 2002 das Leistungsvermögen noch nicht in rentenauslösender Weise herabgesunken war. Vor dem Hintergrund der eigenen Angaben der Klägerin und der Beurteilung des Sachverständigen Dr. R. hat es deshalb dabei zu bleiben, dass das Leistungsvermögen frühestens zum 1. Januar 2004 auf unter sechs Stunden herabgesunken ist. Dieser Zeitpunkt liegt immerhin noch etwas mehr als vier Monate vor der die beweiskräftigsten Aussagen zum Gesundheitszustand und zum Leistungsvermögen erlaubenden Untersuchung durch Dr. K ... Auf einen noch früheren Zeitpunkt zurückzugehen ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens nicht gerechtfertigt.

Im somit maßgebenden Fünfjahreszeitraum vor Eintritt der Erwerbsminderung vom 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 2003 sind für die Klägerin keine Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet. Es liegen auch keine Beiträge vor, die nach § 55 Abs. 2 SGB VI zu den Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zählen. Soweit wegen des Bezugs von Arbeitslosenhilfe vom 1. Januar 1998 bis 12. Dezember 1999 Pflichtbeiträge von der Bundesrepublik Deutschland getragen worden sind (vgl. § 170 SGB VI), handelt es sich nicht um Beiträge für Anrechnungszeiten, die ein Leistungsträger mitgetragen hat; eine solche Mittragung erfolgte für Anrechnungszeiten nur im Zeitraum vom 1. Januar 1984 bis 31. Dezember 1991 (vgl. BSG SozR 3-2600 § 252 Nr. 3). Ebenso wenig greift bei Leistungsbezug durch die Bundesagentur für Arbeit die den vorhergehenden Zeitraum vom 1. Juli 1978 bis 31. Dezember 1982 regelnde und den Katalog der Beitragszeiten des § 55 Abs. 2 SGB VI erweiternde Sondervorschrift des § 247 Abs. 2 SGB VI ein. Die Zeit vom 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 1999 stellt lediglich eine Anrechnungszeit nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI dar, die eine Verlängerung des Fünf-Jahres-Zeitraums bewirkt. Wegen des völligen Fehlens von Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist offenkundig, dass diese Verlängerung und gegebenenfalls weitere Verlängerungen nicht zur geforderten Drei-Fünftel-Belegung führen kann. Die Zeit vom 1. Januar 2000 bis 31. Dezember 2003 selbst ist keine Anrechnungszeit und zwar weder eine solche wegen Arbeitsunfähigkeit (vgl. § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) noch eine solche wegen Arbeitslosigkeit (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI).

Zwar steht fest, dass die Klägerin, der zum 31. Mai 1995 krankheitsbedingt gekündigt wurde, ihre zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung als Näherin bei der Firma S. in M. aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben konnte. Die Klägerin litt damals und noch heute an einer cervikobrachialgieformen Beschwerdesymptomatik bei Bandscheibenvorfall C5/6, die einen chronischen Verlauf genommen hat und zu einer reaktiven deutlichen Verspannungssymptomatik geführt hat. Dies folgt aus den vom Senat beigezogenen Gutachten des Internisten Dr. M. vom 4. Mai 1998, dem sozialmedizinischen Gutachten des MDK vom 29. Mai 1998 und insbesondere aus den fachorthopädischen Gutachten von Dr. G.-Z. vom 25. März 1999. Aus diesen Gutachten, die urkundenbeweislich verwertbar sind, folgt zu vollen Überzeugung des Senats, dass die Klägerin nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses gesundheitlich nicht mehr in der Lage war, eine Tätigkeit - wie zuletzt ausgeübt - als Näherin zu verrichten; hieran hat sich auch nichts mehr geändert. Daraus folgt aber nicht, dass bei der Klägerin eine fortdauernde "Aufschubzeit" der Arbeitsunfähigkeit gemäß § 43 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI in Verbindung mit § 58 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI vorliegt. Denn in Übereinstimmung mit den Anforderungen dieses Begriffs in der gesetzlichen Krankenversicherung bestimmt sich die Arbeitsunfähigkeit im Rentenrecht nach Wegfall des Beschäftigungsverhältnisses nicht unbegrenzt nach der letzten Beschäftigung. Vielmehr entfällt bei fortdauernder Erkrankung spätestens nach einem Zeitraum von drei Jahren ein "nachgehender Berufsschutz" für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit (vgl. BSGE 92, 199 ff. = SozR 4-2600 § 43 Nr. 2). Die Arbeitsunfähigkeit richtet sich nicht mehr nach den besonderen Anforderungen der zuletzt ausgeübten Beschäftigung, wenn der Versicherte seit dem Verlust des Arbeitsplatzes mehr als sechs Monate als Arbeitsloser krankenversichert war (vgl. BSGE 90, 72, 76 = SozR - 2500 § 44 Nr. 10). Die Klägerin hatte sich am 2. Juni 1995 arbeitslos gemeldet und stand bis zum 12. Dezember 1999 im Leistungsbezug und war bis dahin arbeitssuchend gemeldet. Verliert ein Versicherter nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit seinen Arbeitsplatz, bleibt die letzte Tätigkeit zwar grundsätzlich für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit weiterhin maßgebend. Allerdings ist der Kreis der möglichen "Verweisungstätigkeiten" jetzt nicht mehr durch das konkrete Arbeitsverhältnis, sondern entsprechend der Funktion des Krankengelds als Lohnersatz auf gleiche oder ähnlich geartete Tätigkeiten begrenzt. Diese Bedingungen gelten nicht nur, wenn es sich bei der zuletzt ausgeübten Tätigkeit um einen Ausbildungsberuf handelt, sondern auch bei ungelernten Arbeiten; allerdings ist hierbei das Spektrum der zumutbaren Tätigkeiten deshalb größer, weil die Verweisung nicht durch die engen Grenzen eines Ausbildungsberufs eingeschränkt ist (vgl. BSGE 85, 271 ff. = SozR - 2500 § 49 Nr. 4 m.w.N.). Der in dieser Weise begrenzte krankenversicherungsrechtliche Berufsschutz für die bei Beginn der Erkrankung ausgeübte Tätigkeit entfällt jedoch, wenn ein auf die Beschäftigung bezogenes Versicherungsverhältnis entfallen ist, spätestens mit Ende des ersten Dreijahreszeitraumes (vgl. BSGE 69, 180 = SozR 3 - 2200 § 182 Nr. 9; BSG SozR 3-2500 § 44 Nr. 9). Übertragen auf die Arbeitsunfähigkeit nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI folgt daraus für den vorliegenden Fall: Die von der Klägerin zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Näherin war kein anerkannter Ausbildungsberuf, sondern allenfalls eine angelernte Tätigkeit. Deshalb ist bereits fraglich, ob die Klägerin nicht schon ab dem Verlust ihres Arbeitsplatzes auf sämtliche leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar war, für die ihr körperliches Leistungsvermögen noch ausreichte. Denn die Klägerin war nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses noch in der Lage, eine leichte körperliche Tätigkeit mit qualitativen Einschränkungen vollschichtig auszuüben. Dies folgt zur vollen Überzeugung des Senats aus den in der Begründung schlüssig und im Ergebnis überzeugenden Darlegungen der Sachverständigen Dr. M., Dr. Sch. in seinem sozialmedizinischen Gutachten des MDK vom 29. Mai 1998 und des Sachverständigen Dr. G.-Z ... Dementsprechend hat auch das Sozialgericht Reutlingen mit Gerichtsbescheid vom 23. September 1999 - der rechtskräftig wurde - einen Anspruch der Klägerin auf Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit ausgehend von ihrem ersten Rentenantrag am 10. März 1998 verneint. Somit würde es bereits aus diesem Grund an einer Arbeitsunfähigkeit für den weiteren Zeitraum nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses ab 1. Juni 1995 fehlen. Eine Arbeitsunfähigkeit in Anknüpfung an die Tätigkeit als Näherin ließe sich jedenfalls aber höchstens bis zum Ablauf des ersten Dreijahreszeitraums begründen. Damit entfällt dieser (krankenversicherungsrechtliche) Berufsschutz jedenfalls ab Juni 1998 und damit auch ab Januar 2000.

Auch eine Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit scheidet für den Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis 31. Dezember 2003 aus. Die Klägerin war lediglich bis 12. Dezember 1999 beim Arbeitsamt B. arbeitslos und arbeitsuchend gemeldet. Seitdem steht sie der Arbeitsvermittlung nicht mehr zur Verfügung und ist deshalb nicht mehr arbeitslos. Dies ergibt sich aus der Auskunft des zuständigen Arbeitsamtes B. vom 31. Oktober 2002 gegenüber der Beklagten. Es findet sich auch sonst kein Anhalt dafür, dass die Klägerin sich regelmäßig beim Arbeitsamt gemeldet oder diesem gegenüber als arbeitsbereite Arbeitsuchende aufgetreten ist. Damit scheidet auch eine Zeit aus, die nur deshalb keine Anrechnungszeit ist, weil durch sie eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit nicht unterbrochen worden ist (vgl. § 43 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI).

Gleichzeitig steht damit fest, dass die Zeit vom 1. Januar 2000 bis 31. Dezember 2003 nicht mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt ist, zu denen auch beitragsfreie Zeiten (§ 241 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI) und damit Anrechnungszeiten (vgl. § 54 Abs. 4 SGB VI) sowie Zeiten, die allein wegen fehlender Unterbrechung keine beitragsfreien Zeiten sind (vgl. § 241 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI), zählen.

Allerdings wäre eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten gemäß § 241 Abs. 2 Satz 2 SGB VI für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig wäre, nicht erforderlich. Da gemäß § 198 Satz 1 SGB VI das Verfahren über den Rentenanspruch (Rentenantrag am 14. Oktober 2002) die Frist des § 197 Abs. 2 SGB VI unterbrochen hat, wäre es der Klägerin gemäß § 197 Abs. 2 SGB VI noch möglich, für das Jahr 2002 und später noch wirksam freiwillige Beiträge zu entrichten; die Beitragslücke für die Jahre 2000 und 2001 blieben jedoch bestehen. § 197 Abs. 3 SGB VI greift zugunsten der Klägerin nicht, da sie nicht ohne Verschulden gehindert war, für die Jahre 2000 und 2001 freiwillige Beiträge zu entrichten. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 9. November 1999 die Klägerin darauf hingewiesen, dass es zur Aufrechterhaltung der Rentenanwartschaft nach Ende der Arbeitslosigkeit notwendig sei, freiwillige Beiträge zu entrichten; ein Merkblatt zur Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes wurde ihr übersandt. Auch im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kann die Klägerin nicht so gestellt werden, als könnte sie jetzt noch freiwillige Beiträge für die Jahre 2000 und 2001 wirksam entrichten, denn es fehlt schon wegen des Schreibens der Beklagten vom 9. November 1999 an einem Beratungsfehler der Beklagten. Schließlich liegt auch die Ausnahmevorschrift des § 43 Abs. 5 SGB VI nicht vor. Die vorzeitige Wartezeiterfüllung wird durch § 53 SGB VI geregelt, dessen Voraussetzungen die Klägerin nicht erfüllt.

Die erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung am 30. Januar 2007 erhobene Klage auf Entgegennahme von - was nur in Betracht kommt freiwilligen - Beiträgen für die Zeit ab 1. Januar 2000 ist unzulässig. Es handelt sich dabei um eine unzulässige Klageänderung (vgl. § 99 Abs. 1 SGG), weil über dieses Begehren erst die Beklagte durch Verwaltungsakt zu entscheiden hat. Eine hoheitliche und gegebenenfalls ein Vorverfahren erfordernde Regelung ist bislang von der Beklagten aber nicht getroffen worden. Damit ist die zur Entscheidung gestellte Klage unzulässig, ohne dass es noch darauf ankommt, ob die Voraussetzungen des § 99 Abs. 1 SGG für eine Klageänderung vorliegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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