L 1 Kr 671/90

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 25 Kr 1414/87
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 Kr 671/90
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Für Ansprüche auf Arbeitgeberanteile oder Arbeitgeberzuschüsse zu Ersatzkassenbeiträgen, die nicht auf §§ 405, 420 RVO a.F. gestützt werden (können), ist der Rechtsweg zu den Arbeits- und nicht zu den Sozialgerichten gegeben (Anschluß an Beschluß des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 4. Juni 1974 – GmS-OGB 2/73 = SozR 1500 § 51 Nr. 2 –).
2. Die Rechtsinstitute ‚betriebliche Übung' und ‚Gesamtzusage' unterscheiden sich lediglich in der Form des Erklärungsverhaltens (konkludente oder ausdrückliche Erklärung). Sowohl die faktische betriebliche Praxis, als auch ausdrückliche Erklärungen können daher Indiz und Auslegungskriterium für die maßgebliche Willenserklärung des Arbeitgebers sein.
3. Zahlt ein Arbeitgeber erhöhte Zuschüsse oder Anteile zu den Krankenversicherungsbeiträgen von Ersatzkassenmitgliedern im Hinblick auf eine zuvor erteilte, jedoch kollektiv gekündigte Zusage, so erfüllt dies den Tatbestand der betrieblichen Übung, von der sich der Arbeitgeber gegenüber bereits berechtigten Arbeitnehmern nur durch Änderung der Einzelarbeitsverhältnisse lösen kann.
Bemerkung
verb. m. 641/90, 669/90, 725/90
I. Auf die Berufung der Klägerinnen und Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 20. Februar 1990 geändert. Die Beklagte wird verurteilt, den Klägerinnen und Klägern für die Zeit vom 1. Juli 1985 bis zum 31. Dezember 1988 unter Berücksichtigung der bereits gezahlten Beitragszuschüsse oder Beitragsanteile die Hälfte der von diesen jeweils monatlich entrichteten Ersatzkassenbeiträge nebst 4 % Zinsen auf die ab Juli 1985 rückständigen Beträge zu zahlen.

II. Die Beklagte hat den Klägerinnen und Klägern deren außergerichtliche Kosten beider Instanzen zu erstatten.

III. Die Revision wird hinsichtlich der Klägerinnen zu 2) und 4) sowie hinsichtlich des Klägers zu 3) zugelassen; hinsichtlich des Klägers zu 1) wird sie nicht zugelassen.

Tatbestand:

Umstritten ist die Höhe des von der Beklagten als Arbeitgeberin zu leistenden Beitragsanteils oder des Zuschusses zu den Ersatzkassenbeiträgen der Klägerinnen und Kläger vom 1. Juli 1985 bis 31. Dezember 1988.

Während des streitbefangenen Zeitraums war der Kläger zu 1) freiwillig bei einer Ersatzkasse versichert, die Klägerinnen zu 2) und 4) sowie der Kläger zu 3) sind pflichtversichert bei einer Ersatzkasse. Alle Klägerinnen und Kläger sind als Mitarbeiter der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin in einem von dieser betriebenen T.-Markt in beschäftigt. Seit Firmengründung im Jahre 1976 bis Juni 1985 hat die Beklagte ihren Beschäftigten jeweils 50 % von den Ersatzkassenbeiträgen als Arbeitgeberanteil erstattet. Die Geschäftsleitung der Beklagten hatte diesbezüglich am 20. Dezember 1977 eine Zusage folgenden Inhalts abgegeben:

"Herr W. gibt dem Gesamtbetriebsrat im Zusammenhang mit der Errichtung der Betriebskrankenkasse für die Ersatzkassenmitglieder folgende Zusage:

Alle pflicht- und freiwillig versicherten Ersatzkassenmitglieder erhalten als Arbeitgeberzuschuß 50 % des jeweiligen Ersatzkassenbeitrages.”

Mit Wirkung vom 1. Januar 1978 wurde für die Beschäftigten der Beklagten die R.-L.-Betriebskrankenkasse gegründet. Nach einer Beitragssenkung der Betriebskrankenkasse zahlte die Beklagte ab Juli 1985 als Zuschuß oder Beitragsanteil zu den Krankenversicherungsbeiträgen von Ersatzkassenmitgliedern nur noch die Hälfte des Betrages, der bei einer Mitgliedschaft in der Betriebskrankenkasse (BKK) entstanden wäre. Sie hatte dem Gesamtbetriebsrat im September 1984 mitgeteilt, daß sie ihre Zusage vom 20. Dezember 1977 nicht mehr aufrechterhalte und diesem gegenüber die Zusage mit Schreiben vom 28. März 1985 zum 30. Juni 1985 gekündigt. Daraufhin haben der Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) am 20. Mai 1985, die Klägerin zu 4) am 15. Juli 1985 vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main und der Kläger zu 3) am 29. März 1985 vor dem Arbeitsgericht Gießen Klage erhoben. Mit im wesentlichen gleichlautenden Begründungen erklärte das Arbeitsgericht Frankfurt am Main mit Urteilen vom 4. Dezember 1985 (Az.: 6 Ca 205/85, 6 Ca 231/85, 6 Ca-310/85, 6 Ca 319/85) den zu ihm beschrittenen Rechtsweg für unzulässig und verwies die Rechtsstreite an das Sozialgericht Frankfurt am Main. Zur Begründung führte das Arbeitsgericht im wesentlichen aus, daß für die Klage eines Versicherungspflichtigen Ersatzkassenmitgliedes gegen seinen Arbeitgeber auf Zahlung des Arbeitgeberanteils zur Sozialversicherung der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben sei. Dies ergebe sich schon daraus, daß der Anspruch auf den Beitragsanteil des Arbeitgebers gemäß § 520 Reichsversicherungsordnung (RVO) unbestritten ein öffentlich-rechtlicher Anspruch sei, der der Ersatzkasse zustehe, den aber auch der Arbeitnehmer geltend machen könne. Vorliegend handele es sich um eine Beitragsstreitigkeit dieser Art. Es werde um den Beitragsanteil gemäß § 520 RVO gestritten. An dem Rechtsweg zu den Sozialgerichten ändere sich nichts dadurch, daß die Parteien übereinstimmend davon ausgehen, daß die Beklagte ihrer gesetzlichen Verpflichtung aus § 520 RVO nachkommt und die Klägerinnen und die Kläger ihre weitergehenden Ansprüche auf betriebliche Übung stützten. Streitig sei jedenfalls ein Beitragsanteil des Arbeitgebers im Sinne des Sozialversicherungsrechts. Die Klägerinnen und Kläger verlangten nicht eine als Lohn zu behandelnde Zulage, sondern einen Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung, der auch steuerrechtlich und sozialversicherungsrechtlich so behandelt werden solle. Daß hierfür auch eine privatrechtliche Anspruchsgrundlage in Betracht komme, könne am Rechtsweg nichts ändern. Über Vortragen aus anderen Rechtsgebieten hätten alle Gerichtszweige selbständig zu entscheiden. Gerade auch für die Frage, inwieweit ein etwaiger Anspruch der Klägerinnen bzw. der Kläger gleichzeitig einen Anspruch der Ersatzkasse begründen würde, seien aber die Sozialgerichte zuständig.

Die von den Klägerinnen und Klägern hiergegen eingelegten Berufungen hat das Landesarbeitsgericht Frankfurt am Main mit Urteilen vom 6. August 1986 (Az.: 2 Sa 525/86; 391/86; 398/86; 372/86) zurückgewiesen. In den weitgehend gleichlautenden Urteilsgründen hat das Landesarbeitsgericht u.a. ausgeführt, daß es für die Zulässigkeit des Rechtsweges auf die Rechtsnatur des Anspruchs ankomme, aus denen die beantragte Rechtsfolge hergeleitet wird. Die Grundlage der geltend gemachten Ansprüche liege vorliegend nicht im Arbeitsverhältnis, sondern beruhe auf § 405 Abs. 1 i.V.m. § 520 Abs. 1 RVO. Der Klageanspruch habe keinen Entgeltcharakter, sondern es handele sich um einen Beitrag der Beklagten zur Krankenversicherung des Arbeitnehmers. Grundlage des erhobenen Anspruchs sei nicht das Arbeitsverhältnis, sondern die Mitgliedschaft der Klägerinnen und Kläger in einer Ersatzkasse und die daraus folgende Beitragspflicht. Wenn die Klägerinnen und Kläger unter Bezugnahme auf den letzten Satz der Entscheidung des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 4. Juni 1974 meinten, von der Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit seien jene Ansprüche ausgenommen, die ihre Rechtsgrundlage in einer Vereinbarung, insbesondere in einem Vertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, haben, so sei dies zwar richtig, es müsse sich aber um Ansprüche handeln, die "ihre Rechtsgrundlage nicht in der gesetzlichen Norm des § 405 RVO” hätten. Im vorliegenden Fall sei es gerade anders, denn es handele sich um einen Streit um die Höhe des Beitragsanteils der Beklagten zur Ersatzkasse des Klägers bzw. der Klägerin. Demgemäß sei hier die Anspruchsgrundlage nicht privatrechtlicher Natur, sondern es handele sich um eine Forderung auf öffentlich-rechtlicher Grundlage, die einer privatrechtlichen Vereinbarung der Parteien entzogen sei. Die hier streitigen Forderungsbeträge beruhten nicht in erster Linie auf einer wie immer gearteten Vereinbarung zwischen den Parteien, auch wenn die Geschäftsleitung der Beklagten am 20. Dezember 1977 zugesagt habe, daß alle pflicht- und freiwillig Versicherten Ersatzkassenmitglieder als Arbeitgeberzuschuß 50 % des jeweiligen Ersatzkassenbeitrages erhalten. Es handele sich nämlich bei den Klageforderungen, die den Differenzbetrag zwischen dem Beitragsanteil der Beklagten zur Betriebskrankenkasse und dem höheren Ersatzkassenbeitragsanteil betreffe, um einen von der Ersatzkasse der Klägerinnen bzw. der Kläger festgesetzten Beitragsanteil, der nach § 520 RVO der Ersatzkasse zustehe, auf den die Klägerinnen bzw. die Kläger also persönlich keinen Anspruch hätten. Die Erklärung der Geschäftsleitung der Beklagten vom 20. Dezember 1977 enthalte auch keine individualrechtliche Vereinbarung, denn es werde damit nur gesagt, was in § 405 bzw. § 520 RVO gesetzlich normiert sei.

Die von dem Kläger zu 1) und der Klägerin zu 2) gegen das jeweilige Urteil des Landesarbeitsgerichts erhobene Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat das Bundesarbeitsgericht durch Beschlüsse vom 20. Februar 1987 (Az.: 5 AZN 2/87 sowie 1/87) als unzulässig verworfen, weil nicht dargelegt worden sei, daß das Landesarbeitsgericht einen von dem Beschluss des Gemeinsamen Senates der Obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 4. Juni 1974 (GmS-OGB 2/73) abweichenden Rechtsgrundsatz aufgestellt habe. Der Auffassung des Gemeinsamen Senates der Obersten Gerichtshöfe des Bundes sei das Landesarbeitsgericht nach seinen Ausführungen gerade gefolgt und habe es als möglich bezeichnet, daß die Ansprüche ihre Rechtsgrundlage auch in Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben könnten.

Mit Beschluss vom 12. Januar 1990 hat das Sozialgericht Frankfurt am Main die Rechtsstreitigkeiten der Klägerinnen und Kläger zu 1) bis 4) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und den Rechtsstreit des Klägers zu 1) gegen die Beklagte zum Führenden erklärt.

Mit Urteil vom 20. Februar 1990 hat das Sozialgericht Frankfurt am Main die Klagen abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, nach den Vorschriften der RVO hätten die Klägerinnen und Kläger keinen Anspruch auf Zahlung eines höheren Arbeitgeberanteils zur Krankenversicherung als die Hälfte des BKK-Beitrages. Es könne dahingestellt bleiben, ob der Anspruch auf einen höheren Beitragszuschuß vertraglicher Disposition unterliege, da hier jedenfalls keine bindenden vertraglichen Vereinbarungen durch die Gesamtzusage der Beklagten getroffen worden seien. Die Zusage der Beklagten vom 20. Dezember 1977 stelle keine Betriebsvereinbarung dar, da die Formerfordernisse des § 77 Abs. 3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) nicht eingehalten seien. Darüber hinaus wäre eine Betriebsvereinbarung nach § 77 Abs. 5 BetrVG vorliegend fristgerecht am 28. März 1985 zum 30. Juni 1985 gekündigt worden. Somit scheide eine Betriebsvereinbarung als Anspruchsgrundlage aus. Auch die Voraussetzungen einer betrieblichen Übung seien vorliegend nicht gegeben. Hierfür sei ein wiederholtes tatsächliches Verhalten des Arbeitgebers erforderlich, das objektiv bei den Beschäftigten den Eindruck erweckt, er werde auch künftig in gleicher Weise verfahren. Das insoweit relevante Verhalten der Beklagten sei die Zahlung des hälftigen Ersatzkassenbeitrages, der zu jener Zeit niedriger als der hälftige BKK-Beitrag (oder jedenfalls gleich hoch wie dieser) gewesen sei. Dieses wiederholte tatsächliche Verhalten der Beklagten entspreche also genau deren gesetzlich auferlegten Verpflichtung zur Zahlung der Hälfte des Beitrages bei fiktiver Pflichtversicherung, höchstens jedoch der Hälfte des Ersatzkassenbeitrages, den die Klägerinnen bzw. die Kläger aufzuwenden gehabt hätten. Die Beachtung einer gesetzlich normierten Verpflichtung könne jedoch kein Verhalten darstellen, das bei den Beschäftigten den Eindruck erweckte, daß künftig in Abweichung der Gesetzeslage ein höherer Beitragszuschuß als gesetzlich vorgesehen gezahlt werde. In Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht Gießen sei die Erklärung des Generalbevollmächtigten Wiegandt vom 20. Dezember 1977 gemäß §§ 133, 157 BGB nach Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte nicht dahingehend auszulegen, daß der wirkliche Wille der Beklagten darauf gerichtet gewesen sei, jedem bei ihr beschäftigten Ersatzkassenmitglied ohne Rücksicht auf die aktuellen Ersatzkassen- und jeweiligen Betriebskrankenkassenbeiträge für alle Zukunft die Hälfte des zu zahlenden Ersatzkassenbeitrages zuschießen zu wollen und nur durch eine Änderungskündigung von dieser Erklärung wegkommen zu können. Zu dem Zeitpunkt, als die Erklärung der Geschäftsleitung abgegeben worden sei, seien die Beiträge der BKK höher als die zur Ersatzkasse gewesen. In diesem Zusammenhang sei die Zusage vom 20. Dezember 1977 zu sehen. Dort heiße es, alle Pflicht- und freiwillige Ersatzkassenmitglieder erhalten als Arbeitgeberzuschuß 50 % des jeweiligen Ersatzkassenbeitrages. Unter Berücksichtigung des damaligen Standes, wonach die Ersatzkassenbeiträge niedriger waren als diejenigen zur BKK, enthalte die Zusage lediglich die Verpflichtung aus §§ 405, 520 RVO zum hälftigen Zuschuß. Daß die Erklärung auch im Hinblick auf Ungewisse zukünftige Entwicklungen, wie z.B. einer Beitragserhöhung bei der BKK getroffen worden sei, habe die Kammer der Formulierung nicht zu entnehmen vermocht. Insbesondere habe Herr W. seine Erklärung im Präsens abgefaßt. Für die Einbeziehung auch zukünftiger ungewisser Entwicklungen fehlte nach Überzeugung der Kammer ein Handlungswille, das Erklärungsbewußtsein sowie der Geschäftswille. Schließlich sei das Argument der Klägerseite, daß seinerzeit die Voraussetzungen für die Errichtung der BKK nicht vorgelegen hätten und deshalb ihre bisherigen Beitragssätze nicht als Bemessungsgrundlage zugrundegelegt werden dürften, nicht einschlägig. Die BKK sei wirksam errichtet worden, ihre Beitragssätze könnten deshalb als Bemessungsgrundlage zugrundegelegt werden.

Gegen dieses den Prozeßbevollmächtigten des Klägers zu 3) und der Klägerin zu 4) am 8. Juni 1990, den Prozeßbevollmächtigten des Klägers zu 1) und der Klägerin zu 2) am 11. Juni 1990 zugestellte Urteil richten sich deren am 28. Juni 1990 (Kläger zu 3) und Klägerin zu 4)) bzw. am 3. Juli 1990 (Kläger zu 1) und Klägerin zu 2)) beim Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingegangenen Berufungen. Zur Begründung tragen die Klägerinnen und die Kläger im wesentlichen übereinstimmend vor, durch die jahrelange Zahlung eines Anteils von 50 % des Ersatzkassenbeitrags durch die Beklagte aufgrund ihrer Zusage vom 20. Dezember 1977 sei den Klägerinnen und Klägern ein arbeitsvertraglicher Rechtsanspruch erwachsen.

Die Ansprüche würden nicht auf §§ 405, 520 RVO gestützt, sondern auf eine vertragliche Vereinbarung. Hinsichtlich der Höhe des Beitragszuschusses bestehe vertragliche Dispositionsfreiheit. Die gesetzlichen Regelungen zur Beitragshöhe hätten lediglich Schutzcharakter zugunsten der Arbeitnehmer, der Arbeitgeber könne jedoch einen höheren Beitragsanteil leisten. Dies ergebe sich aus § 405 Abs. 3 und Abs. 1 RVO a.F. Der Arbeitgeber könne sich sogar verpflichten, den gesamten Arbeitnehmeranteil zu tragen (BAG, Urteil vom 5. Juli 1968 – 3 AZR 134/87 = AP Nr. 6 zu § 242 BGB – betriebliche Übung).

Für die betriebliche Übung sei nicht nur das Verhalten des Arbeitgebers, d.h. der Beklagten, nach Errichtung der BKK zu beachten, sondern auch das Verhalten davor. Seit der Firmengründung im Jahr 1976 habe die Beklagte 50 % des effektiven Ersatzkassenbeitrages getragen. Da die Beiträge der Ersatzkassen regelmäßig über denen der (vor Errichtung der BKK zuständigen) Allgemeinen Ortskrankenkassen gelegen hätten, sei es schon damals so gewesen, daß die Beklagte freiwillig mehr gezahlt habe, denn sie sei nach dem Gesetz nur zur Leistung von 50 % des entsprechenden AOK-Beitrages verpflichtet gewesen. Daher sei eine betriebliche Übung entstanden, für die nach ständiger Rechtsprechung die dreimalige vorbehaltlose Gewährung der Sozialleistung ausreiche und die Beklagte unstreitig über längere Zeit als drei Monate die Hälfte des effektiven Ersatzkassenbeitrages getragen habe. Vor diesem Hintergrund sei auch die Zusage des Generalbevollmächtigten der Beklagten vom 20. Dezember 1977 zu sehen. Darin heiße es, daß alle freiwillig und pflichtversicherten Ersatzkassenmitglieder 50 % des jeweiligen Ersatzkassenbeitrages als Arbeitgeberzuschuß erhalten würden. Diese Erklärung sei gemäß §§ 133, 157 BGB vom Empfängerhorizont aus nach Treu und Glauben auszulegen. Es komme also darauf an, wie ein verständiger Empfänger sie unter Einbeziehung aller Umstände des Einzelfalles habe verstehen können. Nach dieser Erklärung habe sich für die Ersatzkassenmitglieder durch die Errichtung der BKK nichts ändern sollen. Daß in dieser Formulierung die Gegenwartsform verwandt worden sei, sei ohne Bedeutung, da es sich um eine wiederkehrende Verpflichtung handele. Schließlich mache auch die Aussage, es sollten 50 % des jeweiligen Ersatzkassenbeitrages gezahlt werden, das Bewußtsein der Beklagten deutlich, daß Beiträge sich verändern, also auch steigen können, und daß Anknüpfungspunkt der Beitrag der Ersatzkasse und nicht derjenige der BKK sein sollte.

Die Klägerinnen und Kläger beantragen übereinstimmend,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 20. Februar 1990 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie für die Zeit ab 1. Juli 1985 bis 31. Dezember 1988 unter Berücksichtigung der bereits gezahlten Beitragszuschüsse bzw. Beitragsanteile die Hälfte des monatlich von ihnen entrichteten Ersatzkassenbeitrags zu zahlen und die rückständigen Beträge in Höhe der Differenz des hälftigen BKK-Beitrags zu dem hälftigen Ersatzkassenbeitrag ab Juli 1985 mit 4 % zu verzinsen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, das Sozialgericht Frankfurt habe die Forderungen der Klägerinnen und Kläger aus zutreffenden Gründen zurückgewiesen. Darüber hinaus habe Herr Wiegandt mit der Erklärung vom 20. Dezember 1977 keine Erklärung des Inhalts abgeben wollen, daß der Arbeitgeberanteil unter Verzicht auf die Regelung des § 520 Abs. 1 RVO a.F. nach Maßgabe der Ersatzkassenbeiträge geleistet wird. Er habe mit dieser Erklärung nur bestätigen wollen, was dem Arbeitgeber als Beitragsverpflichtung nach § 381 Abs. 1 bzw. § 405 Abs. 1 RVO a.F. auferlegt sei.

Mit Beschluss vom 13. Mai 1991 hat der erkennende Senat die Verfahren der Kläger zu 1) bis 4) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und unter dem Aktenzeichen L-1/Kr-671/90 weitergeführt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen sind form- und fristgerecht eingelegt sowie an sich statthaft (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).

Nach entsprechender Begrenzung der Klageanträge durch die Klägerinnen und Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 11. März 1993 stehen nur noch Ansprüche für die Zeit vom 1. Juli 1985 bis zum 31. Dezember 1988, d.h. bis zum Inkrafttreten des Gesundheitsreformgesetzes (GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I S. 2477), im Streit. Die Höhe des Zuschusses für freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung – wie dem Kläger zu 1) – bemißt sich ab diesem Zeitpunkt bereits von Gesetzes wegen nach dem Beitrag seiner Mitgliedskasse für Pflichtmitglieder (§ 257 Abs. 1 SGB V). Für Versicherungspflichtige Mitglieder einer Ersatzkasse – wie den Klägerinnen zu 2) und 4) sowie dem Kläger zu 3) – entfällt ab diesem Zeitpunkt ein Beitragszuschuß ganz (es gilt die allgemeine Regelung des § 249 Abs. 1 SGB V).

Die Berufungen sind auch sachlich begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main mußte geändert werden, denn entgegen der Auffassung des Sozialgerichts stehen den Klägerinnen und Klägern für die streitbefangene Zeit über die gesetzliche Regelung hinausgehende Beitragszuschüsse oder Beitragsanteile gegenüber der Beklagten in Höhe der Differenz ihres jeweiligen hälftigen Ersatzkassenbeitrags und des hälftigen Beitrags, den sie als Mitglied der REWE-Leibbrand-Betriebskrankenkasse der Beklagten zu zahlen gehabt hätten, zu.

Das Sozialgericht hat die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Sozialgerichten zutreffend aufgrund der Bindungswirkung der Verweisungsentscheidungen des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 4. Dezember 1985 nach § 52 Abs. 2 SGG in der bis zum 31. Dezember 1990 geltenden Fassung (aufgehoben durch das Gesetz zur Neuregelung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, Viertes Gesetz zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung – 4. VwGOÄndG – vom 17. Dezember 1990, BGBl. I, 2809) bejaht. Die sachliche Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit umfaßt gemäß § 51 Abs. 1 SGG a.F. lediglich öffentlich-rechtliche Streitigkeiten unter anderem in Angelegenheiten der Sozialversicherung, mithin auch in Angelegenheiten der Krankenversicherung. Hierzu zählt nach dem Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 4. Juni 1974 (GmS-OGB 2/73 = SozR 1500 § 51 Nr. 2) auch der Anspruch auf den Arbeitgeberzuschuß nach § 405 RVO a.F. Für den Anspruch auf den Beitragsanteil nach § 520 RVO a.F. kann nichts anderes gelten. Nicht vor die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit gehören nach dem genannten Beschluss dagegen Ansprüche, die ihre Rechtsgrundlage nicht in der gesetzlichen Norm des § 405 RVO a.F. bzw. des § 520 RVO a.F. haben, sondern auf Vereinbarungen, insbesondere auf einem Vertrag zwischen dem Arbeitgeber und dem Angestellten, beruhen. Nachdem die Klägerinnen und Kläger übereinstimmend vorgetragen haben, nicht den gesetzlichen, sondern einen darüber hinausgehenden, auf betrieblicher Übung bzw. einer Zusicherung des Arbeitgebers beruhenden Beitragszuschuß zu beanspruchen, ist insoweit der Rechtsweg nicht zu den Sozialgerichten, sondern zu den Arbeitsgerichten gegeben. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts gibt die Erklärung der Geschäftsleitung – wie noch darzulegen sein wird – nicht den Inhalt der gesetzlichen Vorschriften zum Beitragszuschuß und zum Anteil des Arbeitgebers an den Beiträgen der Ersatzkassenmitglieder wieder. Diese Beträge bemessen sich gemäß §§ 405, 420 RVO a.F. nicht (primär) an der konkreten Höhe der Ersatzkassenbeiträge, sondern an dem Beitragsniveau der ansonsten gesetzlich zuständigen Krankenkasse, hier also der BKK der Beklagten. Die hiernach von den Arbeitgebern geschuldeten Beträge können daher geringer sein als die Hälfte der von den Versicherten zu zahlenden Ersatzkassenbeiträge, im Falle von Versicherungspflichtigen Ersatzkassenmitgliedern können diese jedoch auch höher sein, nämlich dann, wenn der Beitrag der Ersatzkasse niedriger war als der der (fiktiven) Pflichtkrankenkasse (vgl. BSG Urteil vom 17. März 1981 – 12 RK 27/80 – = SozR 2200 § 520 Nr. 2). Da die geltend gemachten Ansprüche somit nicht auf §§ 405, 520 RVO a.F. gestützt werden (können), haben diese Ansprüche ihre Grundlage allenfalls im Arbeitsverhältnis.

Den Klägerinnen und Klägern stehen die geltend gemachten höheren Beitagszuschüsse und Beitragsanteile für die Zeit vom 1. Juli 1985 bis zum 31. Dezember 1988 zu.

Wie das Sozialgericht in Übereinstimmung mit den Rechtsansichten der Klägerinnen und Kläger zutreffend ausgeführt hat, lassen sich diese Ansprüche nicht aus §§ 405, 520 RVO a.F. herleiten. Gemäß § 405 RVO in der bis zum Inkrafttreten des GRG am 1. Januar 1989 geltenden Fassung erhielten Angestellte, die – wie vorliegend der Kläger zu 1) – nur wegen Überschreitens der Jahresarbeitsverdienstgrenze nicht nach § 165 Abs. 1 Satz 2 RVO a.F. versicherungspflichtig, sondern freiwillig versichert waren, von ihrem Arbeitgeber einen Zuschuß zu ihrem Krankenversicherungsbeitrag in Höhe des Betrages, der als Arbeitgeberanteil bei Krankenversicherungspflicht des Angestellten zu zahlen gewesen wäre, höchstens jedoch die Hälfte des Betrages, den der Angestellte für seine Krankenversicherung aufzuwenden hatte. Für den Kläger zu 1) als freiwilliges Mitglied einer Ersatzkasse richtete sich der Zuschuß dabei ebenso wie der Beitragsanteil für die pflichtversicherten und nach § 517 RVO a.F. von der Mitgliedschaft bei der gesetzlich zuständigen Krankenkasse befreiten Klägerinnen zu 2) und 4) und des Klägers zu 3) gemäß § 520 Abs. 1 RVO a.F. danach, welchen Betrag die Beklagte als Arbeitgeberin an die Krankenkasse abzuführen gehabt hätte, bei der die Klägerinnen und der Kläger ohne die Mitgliedschaft bei der Ersatzkasse versichert gewesen wären. Da vorliegend während des streitbefangenen Zeitraumes die Beiträge der an sich zuständigen R.-L.-Betriebskrankenkasse niedriger waren, als die der Ersatzkassen, denen die Klägerinnen und Kläger angehörten, brauchte die Beklagte hiernach höchstens die Hälfte des Beitrags zu zahlen, den sie im Falle der Pflichtmitgliedschaft in der BKK zu zahlen gehabt hätte (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 21. Juni 1978, 3 RK 45/77 = SozR 2200 § 405 Nr. 9). In dieser Höhe hat die Beklagte während des streitbefangenen Zeitraums unstreitig Beitragszuschüsse an die Klägerinnen und Kläger erbracht und ist damit ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachgekommen.

Für diesen Zeitraum sind die geltend gemachten Ansprüche jedoch aus den Gesichtspunkten der betrieblichen Übung bzw. der Gesamtzusage begründet. Unter einer betrieblichen Übung versteht das Bundesarbeitsgericht die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden. Aufgrund einer Willenserklärung des Arbeitgebers, die von den Arbeitnehmern stillschweigend angenommen wird, erwachsen diesen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Vergünstigungen. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber mit Verpflichtungswillen gehandelt hat oder nicht, denn die Wirkung einer Willenserklärung oder eines bestimmten Verhaltens tritt im Rechtsverkehr ein, weil der Erklärende einen auf eine bestimmte Rechtswirkung gerichteten Willen dem Erklärungsempfänger gegenüber äußert. Ob sich der Arbeitgeber binden wollte, beurteilt sich danach, ob der Arbeitnehmer aus dem Erklärungsverhalten des Arbeitgebers auf diesen Willen schließen durfte. Für die Bindungswirkung der betrieblichen Übung entscheidend ist daher die Frage, wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände nach §§ 133, 157 BGB verstehen durfte (st. Rspr., vgl. z.B. BAG vom 25. April 1991 – 6 AZR 183/90 = NZA 1991, 765 ff.).

Als Gesamtzusage wird eine (ausdrückliche) Erklärung an die Belegschaft bezeichnet, durch die der Arbeitgeber seinen Willen zum Ausdruck bringt, bestimmte Leistungen zu gewähren. Nach vorherrschender Meinung stellt auch die Gesamtzusage ein Vertragsangebot an jeden einzelnen Arbeitnehmer dar, das diese konkludent annehmen (siehe z.B. Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 6. Auflage, 1987, S. 458, 741).

Ebenso wie nach der Lehre von der Betriebsübung als einseitigem Verpflichtungstatbestand (BAG AP 90 zu § 242 BGB Ruhegehalt) sind auch nach der hier vertretenen Vertragstheorie beide Rechtsinstitute in der Weise verwandt, daß sie sich lediglich im Tatbestand und hier nur in der Form des Erklärungsverhaltens (konkludente oder ausdrückliche Erklärung) unterscheiden. Die Abgrenzung beider Rechtsinstitute kann daher im Einzelfall schwierig und nicht trennscharf möglich sein, sowohl die faktische betriebliche Praxis, als auch ausdrückliche Erklärungen können Indiz und Auslegungskriterium für die maßgebliche Willenserklärung des Arbeitgebers sein.

Vorliegend sprechen gute Gründe dafür, bereits die Zusage vom 20. Dezember 1977 als anspruchsbegründendes Erklärungsverhalten der Beklagten anzusehen. Diese Erklärung ist nicht nur ihrem Wortlaut nach als "Zusage” gemeint gewesen, sondern vor allem auch im Hinblick auf die beabsichtigte Errichtung einer Betriebskrankenkasse bei der Beklagten und vor dem Hintergrund ihres späteren Verhaltens als solche zu würdigen. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts und der Arbeitsgerichte wurde aus der Sicht der Klägerinnen und Kläger hierdurch nicht lediglich die Zahlung des hälftigen Beitragszuschusses entsprechend der gesetzlichen Verpflichtung aus §§ 405, 520 RVO a.F. "zugesagt”, sondern den Ersatzkassenmitgliedern wurde hierdurch im Hinblick auf deren Entscheidungen im Zusammenhang mit der neu zu gründenden Betriebskrankenkasse zugesichert, daß sie (auch zukünftig und unabhängig von der Beitragsentwicklung) die Hälfte ihres jeweils zu zahlenden Ersatzkassenbeitrages als Arbeitgeberzuschuß erhalten werden. Mit einem anderen Inhalt wäre diese Zusicherung überflüssig und unverständlich. Der Umstand, daß diese Zusicherung in der Gegenwartsform formuliert wurde, ist dabei nach Auffassung des Senats unerheblich. Dem kann nicht entgegengehalten werden, daß zu den nach § 225 a RVO a.F. für die Errichtung der Betriebskrankenkasse abstimmungsberechtigten Personen nach der klarstellenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 8. April 1987 – 1 RR 14/85 = E 61, 244 = SozR 2200 § 225 a Nr. 2) Versicherungspflichtige, die Mitglieder einer Ersatzkasse sind, nicht gehören und daher bei der Frage der Errichtung einer Betriebskrankenkasse nicht abstimmungsberechtigt sind. Offensichtlich ist die Beklagte von der bis zu dieser Entscheidung überwiegend gegenteiligen Auffassung (vgl. z.B. BKK 1982, 582 und 584 sowie BKK 1963, 338) ausgegangen.

Entscheidend ist jedoch nach Auffassung des Senats der Umstand, daß die Beklagte in der bzw. für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 1985, dem Zeitpunkt der vermeintlichen Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung der Vereinbarung, Differenzbeträge im Sinne der Anträge der Klägerinnen und Kläger bezahlt hat. Dieses Verhalten ist nicht nur als (weiteres) Indiz dafür zu werten, daß der Zusage vom 20. Dezember 1977 im Sinne der Klagebegehren anspruchsbegründender Inhalt zukommt, sondern erfüllt als solches den Tatbestand der betrieblichen Übung. Dem steht nicht entgegen, daß die Beklagte die Unterschiedsbeträge nur bis zum 31. Juni 1985 zahlen wollte und tatsächlich auch nur bis zu diesem Zeitpunkt gezahlt hat. Die Beklagte hat damit nicht eine Bindung für die Zukunft ausgeschlossen oder eine anfängliche Befristung vorgenommen (s. hierzu die Rechtsprechungsnachweise bei Schaub, a.a.O., S. 742), sondern hat bis zur vermeintlichen Wirksamkeit der Kündigung der Zusage vom 28. März 1985 in Anerkennung einer entsprechenden Dauerverpflichtung geleistet. Im Hinblick auf die Zusage vom 20. Dezember 1977 durften die Klägerinnen und Kläger dieses Verhalten nach Treu und Glauben dahin verstehen, daß ihnen die Beklagte diese Leistungen auf Dauer schuldet. Hinsichtlich der Klägerinnen und dem Kläger zu 3) folgt dies auch aus dem Gesichtspunkt des Widerspruchs zu eigenem früheren Verhalten (venire contra factum proprium) auf Seiten der Beklagten, nachdem diese auch in Zeiten vor dem 1. Januar 1985, während der das Beitragsniveau ihrer BKK höher als das der Ersatzkassen war, den Ersatzkassenmitgliedern entsprechend der Zusage vom 20. Dezember 1977 lediglich Beitragsanteile in Höhe der Hälfte der niedrigeren Ersatzkassenbeiträge gezahlt hatte (vgl. zu diesem Gesichtspunkt in umgekehrter Konstellation BSG, Urteil vom 16. April 1985 a.a.O.).

Die Kündigung der Zusage vom 28. März 1985 bzw. die Ankündigung, die Zusage vom 20. Dezember 1977 ab dem 1. Juli 1985 nicht mehr aufrechtzuerhalten, beseitigt die Ansprüche der Klägerinnen und Kläger nicht. Durch diese kollektive Kündigung gegenüber dem Gesamtbetriebsrat ist eventuell der Erklärungswert der Betriebsübung und der Zusicherung für zukünftige Arbeitsverträge zerstört worden, hinsichtlich der bereits bestehenden Arbeitsverhältnisse und der hieraus folgenden einzelvertraglichen Ansprüche der Klägerinnen und Kläger hat diese Kündigung jedoch keine Auswirkungen, insoweit wäre eine spezielle Einigung bzw. Kündigung oder Änderungskündigung der Einzelarbeitsverhältnisse notwendig gewesen (vgl. Schaub, a.a.O., § 111 III Nrn. 2 und 3 – S. 746 f.–), was vorliegend jedoch nicht erfolgt ist.

Solche arbeitsrechtlichen Vereinbarungen über die Zahlung eines höheren als des gesetzlich vorgeschriebenen Zuschusses zu den Ersatzkassenbeiträgen oder eines höheren Arbeitgeberanteils sind auch zulässig.

Für den Zuschuß zum Krankenversicherungsbeitrag für Angestellte gemäß § 405 RVO a.F. – wie im Falle des Klägers zu 1) – folgt dies im Umkehrschluß aus Absatz 3 dieser Vorschrift, wonach von den gesetzlichen Regelungen nicht zuungunsten der Angestellten abgewichen werden kann.

Für den Zuschuß zum Krankenversicherungsbeitrag für Angestellte gemäß § 405 RVO a.F. – wie im Falle des Klägers zu 1) – folgt dies im Umkehrschluß aus Absatz 3 dieser Vorschrift, wonach von den gesetzlichen Regelungen nicht zuungunsten der Angestellten abgewichen werden kann.

Auch § 520 Abs. 1 RVO a.F. schließt höhere Leistungen des Arbeitgebers nicht aus, wobei es hier dahinstehen kann, wie diese steuerrechtlich zu bewerten sind. Das Bundessozialgericht hat zwar in seinem Urteil vom 16. April 1985 (– 12 RK 69/82 – = SozR 2200 § 520 Nr. 3) ausgeführt, dieser Anspruch gehöre dem öffentlichen Recht an, sei zwingend und unterliege nicht der Disposition der Tarifvertragsparteien. Nach Auffassung des erkennenden Senats beziehen sich diese Ausführungen jedoch lediglich auf den Anspruch nach § 520 RVO a.F. selbst, weitergehende vertragliche Leistungen des Arbeitgebers an den Versicherten sollen damit nicht ausgeschlossen werden.

Auf die Berufung der Klägerinnen und Kläger war daher das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main für die Zeit vom 1. Juli 1985 bis zum 31. Dezember 1988 zu ändern und den Klägerinnen und Klägern die geltend gemachten Ansprüche zuzusprechen. Der Zinsanspruch für diesen Zeitraum folgt aus §§ 246, 288, 291 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war im Falle des Klägers zu 1) nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.

Im Hinblick auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 16. April 1985 (a.a.O.) war die Revision bezüglich der Klägerinnen zu 2) und 4) sowie hinsichtlich des Klägers zu 3) gemäß § 160 Abs. 2 Ziffer 1 SGG zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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