L 16 R 482/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 3 R 776/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 R 482/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5a/4 R 111/07 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 24. Mai 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über den Anspruch des Klägers auf Regelaltersrente aus der deutschen Versicherung.

Der 1937 geborene Kläger ist marokkanischer Staatsangehöriger und hat seinen Wohnsitz in N./Marokko. Mit Schreiben vom 04.01.2001 wandte er sich an die Beklagte mit dem Antrag auf Beitragserstattung aus der deutschen Arbeiter-Rentenversicherung und legte die Kopie seines Personalausweises, seines 1986 ausgestellten Passes und eine Abstammungsurkunde bei. Er fügte außerdem den beim dortigen Versicherungsträger am 04.06.2001 gestellten Antrag auf Beitragserstattung bei. Dieser Antrag enthielt die Versicherungsnummer 21 0000 37 B 124. Der Kläger gab an, Ende 1968 aus der Bundesrepublik nach Marokko zurückgekehrt zu sein. Der erste Eintritt in die Deutsche Versicherung sei im Jahre 1963 gewesen. Die erste Versicherungskarte sei in E. bei der LVA Rheinprovinz ausgestellt worden. Er habe bei einem Tief-Hochbau-Unternehmen einer Firma "P. B. und Sohn" gearbeitet.

Nach dem EDV-Ausdruck in der Beklagtenakte waren Beitragszeiten von 1961 bis 1980 an einen Versicherten namens D. M. unter der Versicherungsnummer 12 270430 D 022 erstattet worden. Eine Akte war nicht auffindbar. Die Beklagte lehnte gegenüber dem Kläger mit Bescheid vom 22.10.2002 die Beitragserstattung ab, da Beiträge bis August 1980 von der LVA Hessen bereits 1981 erstattet worden seien.

Der Kläger teilte daraufhin im Schreiben vom 10.12.2002 mit, dass in seiner Stadt viele Versicherte gleichen Namens wohnten und wohnen und der Bescheid sich auf einen anderen Versicherten beziehe. Er habe die Versicherungsnummer 21 000037 B 124. An dieser Auffassung hielt der Kläger fest, obwohl ihm die Beklagte mitteilte, es bestehe Personenidentität. Er gab an, von 1963 bis 1968 in E. gewohnt zu haben. Die erstatteten Beiträge hätten seinen 1930 geborenen Cousin betroffen.

Anfragen der Beklagten bei der IKK Nordrhein, der AOK Rheinland in E. , dem Einwohnermeldeamt der Stadt E. und der LVA Rheinprovinz waren bezüglich der Mitgliedschaft bei den Krankenkassen ergebnislos, ebenso konnte keine Versicherungskarte aufgefunden werden. Die Stadt E. bestätigte einen Wohnsitz des Klägers für die Jahre 1986 bis 1993.

Mit Bescheid vom 23.06.2003 lehnte die Beklagte den Antrag auf Altersrente ab, da die Ermittlungen keine Versicherungs- oder Beschäftigungsunterlagen zu Tage gefördert hätten. Dieser Bescheid wurde dem Kläger am 14.07.2003 zugestellt. Die neu vergebene Versicherungsnummer lautete nun 21 0000 37 D 137.

Mit zahlreichen Schreiben erinnerte der Kläger an seinen Rentenantrag und wiederholte sein Vorbringen zum Beschäftigungsverhältnis. Die Beklagte teilte mehrfach mit, dass sie die früheren Anfragen bereits beantwortet habe und keine neuen Sachverhalte vorlägen, die Anlass zur Überprüfung gäben.

Am 15.02.2005 stellte der Kläger beim marokkanischen Versicherungsträger in C. Antrag auf Altersrente. Bei diesem Antrag verwendete er die Versicherungsnummer 21 0000 37D 137.

Die Beklagte lehnte im streitgegenständlichen Bescheid vom 16.03.2005 den Rentenantrag ab, da bereits mit Bescheid vom 23.06.2003 festgestellt worden sei, dass keine deutschen Rentenversicherungszeiten nachgewiesen seien. Durch den erneut gestellten Rentenantrag ergebe sich keine Änderung in der Entscheidung. Dieser Bescheid vom 16.03.2005 wurde dem Kläger am 13.04.2005 ausgehändigt.

Die Beklagte kam der Anforderung des Klägers, ihm eine Zweitschrift des Bescheides vom 23.06.2003 zu übersenden, mit Schreiben vom 07.06.2005 nach.

Gegen den Bescheid vom 16.03.2005 richtet sich der Widerspruch, eingelegt mit Schreiben vom 29.06.2005. Der Kläger machte erneut geltend, zwischen 1963 und 1968 bei einer Firma P. F. in E. gearbeitet zu haben. Er beantrage Altersrente oder Beitragserstattung.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10.10.2005 zurück. Der Kläger habe weder Anspruch auf Beitragserstattung noch auf Gewährung der Regelaltersrente, da Versicherungszeiten in Deutschland weder nachgewiesen noch hinreichend glaubhaft gemacht worden seien. Die Ermittlungen bei den Krankenkassen und der LVA Rheinprovinz hätten keine Versicherungszeiten ergeben.

Dagegen richtet sich die Klage vom 31.11.2005. Der Kläger bat um eine positive Entscheidung bezüglich seines Anspruchs auf Altersrente oder um finanzielle Hilfe.

Das Sozialgericht befragte die Handwerkskammer D. nach einer Firma "B.", "F." oder "B. und Sohn". Es wurde mitgeteilt, dass eine Firma F. in E. von 1953 bis 1974 als Bauunternehmen in die Handwerksrolle eingetragen war. Für Firmen unter dem Namen B. oder B. konnten keine Eintragungen festgestellt werden. Die AOK Rheinland konnte keine Mitgliedschaft des Klägers feststellen, die IKK Nordrhein teilte mit, dass die Firma F. bis zum 31.12.1965 ihre Mitarbeiter bei der AOK E. und ab 01.01.1966 zur IKK Nordrhein gemeldet habe. Nach den vorliegenden Meldelisten aus den Arbeitgebertaschen sei eine Meldung des Klägers nicht nachweisbar.

Dem Kläger wurde das Ergebnis dieser Ermittlungen - in französischer Sprache - mitgeteilt, er erklärte, seine Klage nicht zurückziehen zu wollen, und bat um eine positive Entscheidung.

Mit Gerichtsbescheid vom 24.05.2005 wies das Sozialgericht die Klage ab und führte aus, dass der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung einer Altersrente habe, da keine Beitragszeiten nachgewiesen seien. Den Kläger treffe aber die Nachweislast für die von ihm behaupteten Beitragszeiten zwischen 1963 und 1968.

Dagegen richtet sich die mit Schreiben vom 20.06.2006 eingelegte Berufung. Der Kläger beantragt die Überprüfung des Gerichtsbescheides, da er in Deutschland angestellt gewesen sei und jetzt Rente oder finanzielle Hilfe beantrage.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 24.05.2006 und den Bescheid der Beklagten vom 16.03.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2005 aufzuheben und ihm ab Antragstellung Altersrente zu gewähren, hilfsweise die Beiträge zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten, des Sozialgerichts Augsburg und des Bayerischen Landessozialgerichts Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet.

Streitgegenstand ist der Antrag des Klägers, ihm Altersrente, hilfsweise Beitragserstattung zu gewähren. Das Sozialgericht hat sich zwar ausdrücklich nur mit der Regelaltersrente befasst, die Ausgangsentscheidung der Beklagten hat im Widerspruchsbescheid vom 10.10.2005 allerdings sowohl den Rentenanspruch als auch den Anspruch auf Beitragserstattung abgelehnt. Beides begründet sich daraus, dass Beitragszeiten nicht nachgewiesen sind.

Nach § 35 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Altersrente, wenn sie 1. das 65. Lebensjahr vollendet und 2. die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Für den Anspruch auf Regelaltersrente ist nach § 50 Abs. 1 SGB VI eine allgemeine Wartezeit von fünf Jahren Voraussetzung. Auf die Wartezeit anrechenbar sind Beitragszeiten im Sinne der §§ 54, 55 SGB VI (§ 51 Abs. 1 SGB VI). Beitragszeiten sind Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Solche Zeiten konnte der Kläger nicht nachweisen. Alle Ermittlungen der Beklagten und des Sozialgerichts haben keine versicherungspflichtige Beschäftigung des Klägers in der Bundesrepublik nachweisen können. Die für den Beitragseinzug zuständigen Krankenkassen hatten keine Meldung des Klägers feststellen können. Eine Anfrage bei der Arbeitgeber-Firma F. war nicht möglich, da diese bereits 1974 in Konkurs gegangen ist. Die IKK Nordrhein hat allerdings mitgeteilt, die Firma F. habe bis 31.12.1965 ihre Versicherten zur AOK gemeldet und ab 01.01.1966 bei der IKK versichert. Die noch vorliegenden Meldelisten aus den Unterlagen über die Arbeitgeberfirma F. enthalten keinen Beschäftigten mit dem Namen des Klägers. Zumindest für das Jahr 1966 ist es somit ausgeschlossen, dass der Kläger Beitragszeiten für eine Beschäftigung bei der Firma F. zurückgelegt hat.

Zu weiteren Ermittlungen musste sich der Senat nicht gedrängt fühlen, da keine der anderen Arbeitgeberfirmen bei den Krankenkassen bekannt war. Auch konnte keine Meldung des Klägers bei der Stadt E. in der fraglichen Zeit ermittelt werden. Nach dem Grundsatz der auch im Sozialversicherungsrecht geltenden objektiven (materiellen) Beweislast gilt, dass jeder im Rahmen des anzuwendenden materiellen Rechts die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen. Das gilt für das Vorhandensein positiver wie für das Fehlen negativer Tatbestandsmerkmale (vgl. dazu Leitherer in Mayer-Ladewig SGG § 103 Anm. 19 a). Der Kläger trägt daher die Beweislast für die versicherungspflichtige Beschäftigung beziehungsweise die Entrichtung von Beiträgen zur deutschen Rentenversicherung. Diese Nachweispflicht konnte er aufgrund seiner mangelhaften Angaben nicht erfüllen. Aber auch die Ermittlungen der Beklagten und des Sozialgerichts haben keine Nachweise für die behauptete Beschäftigung in der Bundesrepublik erbracht. Da keinerlei Beziehung zur deutschen Rentenversicherung somit nachgewiesen ist, kann der Kläger auch hieraus keine Leistungen beanspruchen. Gleiches gilt für die hilfsweise beantragte Beitragserstattung nach § 210 SGB VI, denn auch diese erfordert den Nachweis von aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses bezahlten Beiträgen zur deutschen Rentenversicherung. Dieser Nachweis ist aus den oben dargelegten Gründen nicht geführt, so dass die Berufung auch im Hilfsantrag keinen Erfolg haben kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf der Erwägung, dass der Kläger mit seiner Berufung keinen Erfolg hat (§§ 183, 193 SGG).

Gründe, gemäß § 160 Abs. 2 Ziff. 1 und 2 SGG die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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