L 18 B 1194/06 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 101 AS 8862/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 B 1194/06 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 25. Oktober 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt A wird abgelehnt.

Gründe:

Die Beschwerde des Antragstellers ist nicht begründet.

Mit dieser verfolgt er sein Begehren weiter, den Antragsgegner im Wege einer Regelungsanordnung im Sinne von § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu verpflichten, ihm die Kosten der Unterkunft (KdU) in tatsächlicher Höhe von 515 EUR für die Zeit ab 1. November 2006 zu erstatten. Für die Zeit vom 1. November 2006 bis 30. April 2007 hat ihm der Antragsgegner Regelleistungen und KdU, letztere in Höhe von monatlich 360 EUR, bewilligt (Bescheid vom 22. September 2006). Die Beschränkung des Streitgegenstandes auf die Gewährung von KdU ist zulässig (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006, B 7b AS 8/06 R, veröffentlicht im Internetauftritt des BSG). Über die bei dem Sozialgericht (SG) Berlin beantragte Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 11. September 2006 war nicht mehr zu ent-scheiden, nachdem der Antragsgegner im Erörterungstermin vor dem SG Berlin am 25. Oktober 2006 die Aufhebung des Bescheides vom 11. September 2006 hinsichtlich der teilweisen Aufhebung der Leistungen für Oktober 2006 erklärt und damit dem Begehren des Antragstellers insoweit voll abgeholfen hatte.

Für die Zeit ab 1. November 2006 fehlt es an einem Anordnungsgrund, denn gegenwärtig droht dem Antragsteller kein konkreter Verlust seiner Wohnung. Er ist gegenwärtig auch nicht von Obdachlosigkeit unmittelbar bedroht. Nach seinen Angaben bestehen gegenwärtig weder Mietrückstände noch ist eine Räumungsklage erhoben worden. Dem Antragsteller drohen damit gegenwärtig keine schweren, nicht anders abwendbaren Nachteile durch die Nichtzahlung der tatsächlichen KdU. Die monatliche Differenz von 146 EUR zwischen den mit Bescheid vom 22. September 2006 für die Zeit vom 1. November 2006 bis 30. April 2007 bewilligten KdU (360 EUR) und den tatsächlichen KdU (515 EUR) bestreitet der Antragsteller aus seinem Vermögen, das nach eigenen Angaben derzeit ca. 2000 EUR (abzgl. 108 EUR für Kfz-Steuern und 336,66 EUR für Haftpflichtversicherung) beträgt. Dem Antragsteller ist unter Abwägung seiner sowie der Interessen Dritter und des öffentlichen Interesses zumutbar, zunächst dieses Schonvermögen zu verwerten, auch wenn es den Grundfreibetrag nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) idF des Gesetzes vom 20. Juli 2006 (BGBl. I S. 1706) in Höhe von 3100 EUR nicht übersteigt. Der Antragsgegner hat mit Schreiben vom 6. Februar 2006 die Überprüfung der Höhe der Mietkosten eingeleitet und sich bereit erklärt, die tatsächlichen KdU für längstens sechs Monate zu übernehmen. Im Schreiben vom 18. Juli 2006 hat der Antragsteller mitgeteilt, dass er auf Anraten seines Anwalts seine Wohnung noch nicht gekündigt habe. Er hat sich damit im Rahmen seiner auch durch die Regelung des § 12 SGB II gestärkten Eigenverantwortung (vgl. Mecke in Eicher/Spellbrink SGB II § 12 Rn 7) einem Vermögens- und Prozessrisiko ausgesetzt. Im Fall des Obsiegens im Hauptsacheverfahren - gegen den Bescheid vom 22. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Dezember 2006 hat der Antragsteller am 2. Januar 2007 bei dem SG Berlin Klage erhoben (S 100 AS 124/07) - wäre der Antragsgegner verpflichtet, die Differenz der KdU nachzuzahlen. Zudem hat der Gesetzgeber nunmehr in § 22 Abs. 5 Satz 3 SGB II idF des Gesetzes vom 24. März 2006 (BGBl. I S. 558) ausdrücklich geregelt, dass Vermögen nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II vorrangig (zur Sicherung der Unterkunft) einzusetzen ist.

Die mutmaßliche Dauer des seit 2. Januar 2007 rechtshängigen Hauptsacheverfahrens begründet nicht den Anordnungsgrund. Gründe für eine Durchbrechung des grundsätzlichen Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz bestehen nicht. Weder übernimmt das einstweilige Rechtsschutzverfahren vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens, noch droht eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung des Antragstellers. Die Sach- und Rechtslage ist daher nicht abschließend zu prüfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005, 1 BvR 569/05 = NVwZ 2005, 927). Der Lebensunterhalt des Antragstellers wird durch die laufend gewährte Regelleistung (§ 20 SGB II) gesichert. Durch die teilweise Übernahme der tatsächlichen KdU (515 EUR) durch den Antragsgegner in Höhe von 360 EUR und das dem Antragsteller zur Verfügung stehende Vermögen ist die ge-samte Existenz des Antragsteller einschließlich einer zumutbaren Unterkunft auf absehbare Zeit gesichert, so dass schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen schon deshalb nicht entstehen können. Darüber hinaus hat der Antragsteller laufende Einkünfte aus einem "1,50 EUR-Job" in Höhe von etwa 180 EUR monatlich, die er ebenfalls zur Existenzsicherung einsetzen könnte.

Da es gegenwärtig bereits an einem Anordnungsgrund fehlt, bedarf es keiner Entscheidung zum Anordnungsanspruch, insbesondere zur Angemessenheit der bisherigen Wohnung.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Mangels hinreichender Erfolgsaussicht des Begehrens war auch der mit der Beschwerde erhobene Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt A abzulehnen.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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