Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
26
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 26 R 100/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 3 R 49/07
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1.Die Klage wird abgewiesen. 2.Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Altersrente unter Berücksichtigung des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG).
Die am 00.00.1930 in M (M) in Polen geborene Klägern ist Jüdin und Verfolgte des Nazi-Regimes und lebt seit ca. 1947 in Palästina bzw. Israel mit der dortigen Staatsangehörigkeit.
Sie beantragte am 20.06.2003 die Gewährung einer Regelaltersrente aus der deutschen Rentenversicherung, unter Berücksichtigung von Zeiten nach dem ZRBG. Sie gab dabei an, sie habe von Anfang 1942 bis Frühling 1943 während ihres Aufenthaltes im Ghetto von Lemberg Tätigkeiten als Arbeiterin in einer Küche verrichtet. Sie habe dort Reinigungsarbeiten ausgeführt. Sie habe 6 bis 8 Stunden täglich gearbeitet. Die Arbeit habe ihr der Judenrat vermittelt. Bekommen habe sie dafür Mittagessen und zusätzlich Lebensmittel wie Kartoffeln, Mehl und Zucker für zu Hause; Barlohn habe sie nicht erhalten (Bl. 11, 23 der Verwaltungsakte der Beklagten). Im Frühjahr 1943 habe ihre Mutter, so ihre Angabe in einem früheren Entschädigungsverfahren, sie aus dem Ghetto geschmuggelt und bei einer Bekannten versteckt, wo sie bis zu ihrer Befreiung im Januar 1945 blieb. Nach dem Krieg sei sie in Krakau gewesen und Ende 1945 über Lodz und Prag nach Deutschland ausgewandert in ein DP-Lager in Pocking. Im Frühjahr 1947 sei sie dann von Deutschland nach Israel ausgewandert.
Die Beklagte zog die Entschädigungsvorgänge nach dem BEG von der Oberfinanzdirektion München bei. Dort hatte die Klägerin im April 1957 angegeben, von Juli 1941 an habe sie das vorgeschriebene Judenkennzeichen in Form einer weißen Armbinde mit blauem Davidstern anlegen müssen. Ihr Vater sei fast vom ersten Tage der Besetzung Lembergs an zu verschiedenen Zwangsarbeiten herangezogen worden. Im Herbst 1941 sei in Lemberg das Judenviertel errichtet worden, das anfangs nicht geschlossen gewesen sei. Dann sei allmählich um das Judenviertel ein Zaun gebaut worden, und sie habe mit ihren Eltern in das Judenviertel umziehen müssen. Die Lage der Juden im Ghetto Lembergs habe sich von Tag zu Tag immer mehr verschlechtert, es seien schreckliche Aktionen durchgeführt worden bei Verschickung eines großen Teils der Einwohner in Eisenbahntransporten.
Mit Bescheid vom 18.08.2005 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab. Zur Begründung führte sie aus, vom für eine Rente notwendigen Vorliegen einer entgeltlichen aus eigenem Willensentschluss zustande gekommenen freiwilligen Beschäftigung habe sich die Beklagte nicht überzeugen können. Eine solche Beschäftigung sei nicht glaubhaft gemacht. Im Einzelnen heißt es dort, dass die Beklagte nicht von Entgelt im Sinne einer angemessenen Gegenleistung ausgehe. Nach den eigenen Angaben der Klägerin im Fragebogen habe sie als Entlohnung lediglich Lebensmittel erhalten, für ihren täglichen Lebensbedarf. Das aber reiche nicht aus zur Annahme von Arbeitsentgelt im Sinne des ZRBG.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 23.08.2005 Widerspruch ein und trug im wesentlichen vor, ihre Tätigkeit sei mit Sachbezügen in Form von täglichem Essen am Arbeitsplatz und wöchentlich zusätzlichen Lebensmittelpaketen für zu Hause entlohnt worden. Sie sei sich sicher, die für jüdische Arbeiter vorgesehene Entlohnung erhalten zu haben. Die Lebensmittel seien zur freien Verwendung gewährt worden und hätten die Geringfügigkeitsgrenze überschritten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.03.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung gab sie ihre bisherige Begründung ausführlicher wieder und führte noch aus, dass für die Tätigkeiten im Ghetto allenfalls geringfügiges Entgelt ohne Barlohn gewährt worden sei, was aber nicht ausreiche. Allein Sachbezüge zur Unterhaltssicherung seien kein Entgelt im Sinne des ZRBG.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 28.03.2006 Klage zum Sozialgericht Düsseldorf erhoben.
Zur Begründung nimmt die Klägerin sinngemäß Bezug auf ihr bisheriges Vorbringen und vertieft dieses. Ergänzend macht sie geltend, für ihre Tätigkeit habe sie wie alle anderen jüdischen Arbeiter Lohn in Form von Sachbezügen und evtl. auch zusätzliche Lebensmittel und Bargeld zur beliebigen Verfügung bekommen. Dies hätte die Geringfügigkeitsgrenze überschritten. Arbeitsentgelt könne auch in Sachen bestehen. Ein historisches Gutachten von Herrn Golzewski bestätige ihren Vortrag. Zwangsarbeit habe sie eben nicht verrichtet. In einer schriftlichen Erklärung führt sie noch aus, sie sei als Kind nicht zur Zwangsarbeit genommen worden, sondern habe vielmehr den Judenrat um Arbeit gebeten, die sie als Arbeit in der Küche erhalten habe. Dafür habe sie auch zusätzliche Lebensmittel für zu Hause wöchentlich bekommen, die ihr und ihren Verwandten beim Überleben im Ghetto geholfen hätten. Im übrigen fühle sie sich durch ein Schreiben von Herrn L bestätigt, eines ehemaligen Mitarbeiters der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2006 zu verurteilen, ihr unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach dem ZRBG - für die von ihr anlässlich des Aufenthalts im Ghetto vom Lemberg von Januar 1942 bis März 1943 zurückgelegten Zeiten einer Beschäftigung - und unter Berücksichtigung von wegen Verfolgung anzuerkennenden Ersatzzeiten nach Entrichtung ggf. noch erforderlicher freiwilliger Beiträge eine Regelaltersrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte nimmt Bezug auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Ergänzend macht sie geltend, es sei hier nach wie vor nicht einzelfallbezogen ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis im Sinne des ZRBG glaubhaft gemacht. Was den vom Bevollmächtigten der Klägerin erwähnten Herrn L angehe, so könne dessen Vorbringen nur als eine Einzelmeinung angesehen werden, sie habe jedenfalls keinen amtlichen Gehalt. Nach ihrem Kenntnisstand sei dieser Herr L nicht als leitender Referent der Rentenversicherung an der Ausfertigung des ZRBG beteiligt gewesen, sondern sei Mitarbeiter der seinerzeitigen Bundesanstalt für Angestellte im Grundsatzbereich gewesen, aber bereits 1996 wegen Dienstunfähigkeit in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden.
Das Gericht hat den Beteiligten eine Antwort der Bundesregierung zu den ZRBG-Fällen (auf eine Anfrage der Fraktion "Die Linke") zur Kenntnis gebracht (Bl. 11 ff der Gerichtsakte).
Das Gericht hat ferner eine Auskunft der Claims Conference eingeholt. Diese teilt mit, die Klägerin habe von ihr aufgrund eines Antrages vom März 2001 (Bl. 45 der Gerichtsakte) eine Entschädigung aufgrund ihres Verfolgungsschicksales im Ghetto Lemberg in den Jahren 1941 bis 1943 erhalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte in Abwesenheit des Bevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung entscheiden, weil dieser in der ihm ordnungsgemäß zugestellten Terminsmitteilung auf diese Verfahrensmöglichkeit hingewiesen worden ist, die sich aus §§ 124 Abs. 1, 126 und 127 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ergibt.
Die Klage ist zwar zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht erhoben.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Denn die angefochtenen Verwaltungsakte der Beklagten, nämlich der Bescheid vom 18.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2006, sind nicht rechtswidrig und beschweren die Klägerin im Ergebnis nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG, weil die Beklagte mit diesen Bescheiden im Ergebnis zu Recht die Gewährung einer Altersrente abgelehnt hat. Der dahingehenden begehrten Verpflichtung der Beklagten (§ 54 Abs. 4 SGG) war somit nicht zu entsprechen.
Die Klägerin hat hier gegen die Beklagte schon allein deshalb keinen Anspruch auf eine Rente nach den Vorschriften des SGB VI in Verbindung mit Beitragszeiten nach dem ZRBG oder auch nach dem FRG, weil der Geltendmachung einer Rentenleistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung entgegensteht, dass die Klägerin für die Zeit im Ghetto Lemberg bereits entschädigt wurde, und zwar nach dem Gesetz zur Errichtung einer Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" (EVZStiftG). § 16 dieses Gesetzes regelt in seinem Absatz 1 Satz 2:
"Etwaige weitergehende Ansprüche im Zusammenhang mit nationalsozialistischem Unrecht sind ausgeschlossen".
Die 26. Kammer des Sozialgerichts Düsseldorf schließt sich damit der Auffassung des LSG NRW im Urteil vom 07.06.2005 (L 4 R 3/05) an, wonach der Ausschluss von Ansprüchen nach § 16 Abs. 1 Satz 2 EVZStiftG auch Forderungen gegenüber der Sozialversicherung enthält bzw. solche Forderungen damit ausschließt. Der Leistungsausschluss hätte nämlich praktisch keinen Anwendungsbereich und würde ausgehebelt, wenn nach § 16 Abs. 3 EVZStiftG auf diesem Umweg doch wieder Ansprüche nach anderen Rechtsvorschriften möglich sein sollten. Dies kommt indirekt zum Ausdruck auch in der Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage der Fraktion "Die Linke" (BT-Drucksache 16/1955 Seite 5). Dort hat die Bundesregierung in Bezug auf die so genannten ZRBG-Fälle bzw. in Bezug auf die bisher hohe Ablehnungsquote klargestellt, es sei nun einmal zu unterscheiden zwischen rentenrechtlichen Beschäftigungen auf der einen Seite und Entschädigungsleistungen für Zwangsarbeit, die eben nach anderen Gesetzen erbracht würden. Ist die Klägerin somit wie hier gerade für Tätigkeit im Ghetto Lemberg wegen Zwangsarbeiten nach dem EVZStiftG entschädigt worden, so hat dies den Ausschluss von Abgeltungen nach anderen Gesetzen wie hier nach dem ZRBG bzw. SGB VI bzw. FRG zur Folge. Dass die Klägerin für ihre Tätigkeit bzw. ihren Aufenthalt im Ghetto Lemberg als ehemalige Sklaven- bzw. Zwangsarbeiterin entschädigt wurde, lässt sich den Auskünften der Claims Conference entnehmen, wonach die Klägerin gerade wegen ihres Aufenthaltes in Lemberg in den Jahren 1941 bis 1943 entschädigt wurde nach dem EVZStiftG, das gerade für Zwangsarbeiter geschaffen wurde. Ist die Klägerin somit wegen ihrem Verfolgungsschicksal im Ghetto Lemberg in den Jahren 1941 bis 1943 bereits entschädigt worden für Zwangsarbeit in Lemberg bzw. wie für Zwangsarbeit in Lemberg, so schließt dies also weitergehende Ansprüche in Zusammenhang mit Tätigkeiten in Lemberg aus.
Das Gericht verkennt nicht das Verfolgungsschicksal der Klägerin, sieht aber nach Lage der gesetzlichen Vorschriften keine Möglichkeit, dem geltend gemachten Anspruch der Klägerin zu entsprechen. Das ZRBG und das EVZStiftG geben hier weitergehende Ansprüche für die Klägerin nicht her, sodass dahinstehen kann, ob überhaupt eine entgeltliche und aus eigenem Willensentschluss zustande gekommene Beschäftigung vorgelegen hat, wie § 1 ZRBG verlangt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1, 4 SGG.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Altersrente unter Berücksichtigung des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG).
Die am 00.00.1930 in M (M) in Polen geborene Klägern ist Jüdin und Verfolgte des Nazi-Regimes und lebt seit ca. 1947 in Palästina bzw. Israel mit der dortigen Staatsangehörigkeit.
Sie beantragte am 20.06.2003 die Gewährung einer Regelaltersrente aus der deutschen Rentenversicherung, unter Berücksichtigung von Zeiten nach dem ZRBG. Sie gab dabei an, sie habe von Anfang 1942 bis Frühling 1943 während ihres Aufenthaltes im Ghetto von Lemberg Tätigkeiten als Arbeiterin in einer Küche verrichtet. Sie habe dort Reinigungsarbeiten ausgeführt. Sie habe 6 bis 8 Stunden täglich gearbeitet. Die Arbeit habe ihr der Judenrat vermittelt. Bekommen habe sie dafür Mittagessen und zusätzlich Lebensmittel wie Kartoffeln, Mehl und Zucker für zu Hause; Barlohn habe sie nicht erhalten (Bl. 11, 23 der Verwaltungsakte der Beklagten). Im Frühjahr 1943 habe ihre Mutter, so ihre Angabe in einem früheren Entschädigungsverfahren, sie aus dem Ghetto geschmuggelt und bei einer Bekannten versteckt, wo sie bis zu ihrer Befreiung im Januar 1945 blieb. Nach dem Krieg sei sie in Krakau gewesen und Ende 1945 über Lodz und Prag nach Deutschland ausgewandert in ein DP-Lager in Pocking. Im Frühjahr 1947 sei sie dann von Deutschland nach Israel ausgewandert.
Die Beklagte zog die Entschädigungsvorgänge nach dem BEG von der Oberfinanzdirektion München bei. Dort hatte die Klägerin im April 1957 angegeben, von Juli 1941 an habe sie das vorgeschriebene Judenkennzeichen in Form einer weißen Armbinde mit blauem Davidstern anlegen müssen. Ihr Vater sei fast vom ersten Tage der Besetzung Lembergs an zu verschiedenen Zwangsarbeiten herangezogen worden. Im Herbst 1941 sei in Lemberg das Judenviertel errichtet worden, das anfangs nicht geschlossen gewesen sei. Dann sei allmählich um das Judenviertel ein Zaun gebaut worden, und sie habe mit ihren Eltern in das Judenviertel umziehen müssen. Die Lage der Juden im Ghetto Lembergs habe sich von Tag zu Tag immer mehr verschlechtert, es seien schreckliche Aktionen durchgeführt worden bei Verschickung eines großen Teils der Einwohner in Eisenbahntransporten.
Mit Bescheid vom 18.08.2005 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab. Zur Begründung führte sie aus, vom für eine Rente notwendigen Vorliegen einer entgeltlichen aus eigenem Willensentschluss zustande gekommenen freiwilligen Beschäftigung habe sich die Beklagte nicht überzeugen können. Eine solche Beschäftigung sei nicht glaubhaft gemacht. Im Einzelnen heißt es dort, dass die Beklagte nicht von Entgelt im Sinne einer angemessenen Gegenleistung ausgehe. Nach den eigenen Angaben der Klägerin im Fragebogen habe sie als Entlohnung lediglich Lebensmittel erhalten, für ihren täglichen Lebensbedarf. Das aber reiche nicht aus zur Annahme von Arbeitsentgelt im Sinne des ZRBG.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 23.08.2005 Widerspruch ein und trug im wesentlichen vor, ihre Tätigkeit sei mit Sachbezügen in Form von täglichem Essen am Arbeitsplatz und wöchentlich zusätzlichen Lebensmittelpaketen für zu Hause entlohnt worden. Sie sei sich sicher, die für jüdische Arbeiter vorgesehene Entlohnung erhalten zu haben. Die Lebensmittel seien zur freien Verwendung gewährt worden und hätten die Geringfügigkeitsgrenze überschritten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.03.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung gab sie ihre bisherige Begründung ausführlicher wieder und führte noch aus, dass für die Tätigkeiten im Ghetto allenfalls geringfügiges Entgelt ohne Barlohn gewährt worden sei, was aber nicht ausreiche. Allein Sachbezüge zur Unterhaltssicherung seien kein Entgelt im Sinne des ZRBG.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 28.03.2006 Klage zum Sozialgericht Düsseldorf erhoben.
Zur Begründung nimmt die Klägerin sinngemäß Bezug auf ihr bisheriges Vorbringen und vertieft dieses. Ergänzend macht sie geltend, für ihre Tätigkeit habe sie wie alle anderen jüdischen Arbeiter Lohn in Form von Sachbezügen und evtl. auch zusätzliche Lebensmittel und Bargeld zur beliebigen Verfügung bekommen. Dies hätte die Geringfügigkeitsgrenze überschritten. Arbeitsentgelt könne auch in Sachen bestehen. Ein historisches Gutachten von Herrn Golzewski bestätige ihren Vortrag. Zwangsarbeit habe sie eben nicht verrichtet. In einer schriftlichen Erklärung führt sie noch aus, sie sei als Kind nicht zur Zwangsarbeit genommen worden, sondern habe vielmehr den Judenrat um Arbeit gebeten, die sie als Arbeit in der Küche erhalten habe. Dafür habe sie auch zusätzliche Lebensmittel für zu Hause wöchentlich bekommen, die ihr und ihren Verwandten beim Überleben im Ghetto geholfen hätten. Im übrigen fühle sie sich durch ein Schreiben von Herrn L bestätigt, eines ehemaligen Mitarbeiters der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2006 zu verurteilen, ihr unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach dem ZRBG - für die von ihr anlässlich des Aufenthalts im Ghetto vom Lemberg von Januar 1942 bis März 1943 zurückgelegten Zeiten einer Beschäftigung - und unter Berücksichtigung von wegen Verfolgung anzuerkennenden Ersatzzeiten nach Entrichtung ggf. noch erforderlicher freiwilliger Beiträge eine Regelaltersrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte nimmt Bezug auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Ergänzend macht sie geltend, es sei hier nach wie vor nicht einzelfallbezogen ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis im Sinne des ZRBG glaubhaft gemacht. Was den vom Bevollmächtigten der Klägerin erwähnten Herrn L angehe, so könne dessen Vorbringen nur als eine Einzelmeinung angesehen werden, sie habe jedenfalls keinen amtlichen Gehalt. Nach ihrem Kenntnisstand sei dieser Herr L nicht als leitender Referent der Rentenversicherung an der Ausfertigung des ZRBG beteiligt gewesen, sondern sei Mitarbeiter der seinerzeitigen Bundesanstalt für Angestellte im Grundsatzbereich gewesen, aber bereits 1996 wegen Dienstunfähigkeit in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden.
Das Gericht hat den Beteiligten eine Antwort der Bundesregierung zu den ZRBG-Fällen (auf eine Anfrage der Fraktion "Die Linke") zur Kenntnis gebracht (Bl. 11 ff der Gerichtsakte).
Das Gericht hat ferner eine Auskunft der Claims Conference eingeholt. Diese teilt mit, die Klägerin habe von ihr aufgrund eines Antrages vom März 2001 (Bl. 45 der Gerichtsakte) eine Entschädigung aufgrund ihres Verfolgungsschicksales im Ghetto Lemberg in den Jahren 1941 bis 1943 erhalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte in Abwesenheit des Bevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung entscheiden, weil dieser in der ihm ordnungsgemäß zugestellten Terminsmitteilung auf diese Verfahrensmöglichkeit hingewiesen worden ist, die sich aus §§ 124 Abs. 1, 126 und 127 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ergibt.
Die Klage ist zwar zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht erhoben.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Denn die angefochtenen Verwaltungsakte der Beklagten, nämlich der Bescheid vom 18.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2006, sind nicht rechtswidrig und beschweren die Klägerin im Ergebnis nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG, weil die Beklagte mit diesen Bescheiden im Ergebnis zu Recht die Gewährung einer Altersrente abgelehnt hat. Der dahingehenden begehrten Verpflichtung der Beklagten (§ 54 Abs. 4 SGG) war somit nicht zu entsprechen.
Die Klägerin hat hier gegen die Beklagte schon allein deshalb keinen Anspruch auf eine Rente nach den Vorschriften des SGB VI in Verbindung mit Beitragszeiten nach dem ZRBG oder auch nach dem FRG, weil der Geltendmachung einer Rentenleistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung entgegensteht, dass die Klägerin für die Zeit im Ghetto Lemberg bereits entschädigt wurde, und zwar nach dem Gesetz zur Errichtung einer Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" (EVZStiftG). § 16 dieses Gesetzes regelt in seinem Absatz 1 Satz 2:
"Etwaige weitergehende Ansprüche im Zusammenhang mit nationalsozialistischem Unrecht sind ausgeschlossen".
Die 26. Kammer des Sozialgerichts Düsseldorf schließt sich damit der Auffassung des LSG NRW im Urteil vom 07.06.2005 (L 4 R 3/05) an, wonach der Ausschluss von Ansprüchen nach § 16 Abs. 1 Satz 2 EVZStiftG auch Forderungen gegenüber der Sozialversicherung enthält bzw. solche Forderungen damit ausschließt. Der Leistungsausschluss hätte nämlich praktisch keinen Anwendungsbereich und würde ausgehebelt, wenn nach § 16 Abs. 3 EVZStiftG auf diesem Umweg doch wieder Ansprüche nach anderen Rechtsvorschriften möglich sein sollten. Dies kommt indirekt zum Ausdruck auch in der Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage der Fraktion "Die Linke" (BT-Drucksache 16/1955 Seite 5). Dort hat die Bundesregierung in Bezug auf die so genannten ZRBG-Fälle bzw. in Bezug auf die bisher hohe Ablehnungsquote klargestellt, es sei nun einmal zu unterscheiden zwischen rentenrechtlichen Beschäftigungen auf der einen Seite und Entschädigungsleistungen für Zwangsarbeit, die eben nach anderen Gesetzen erbracht würden. Ist die Klägerin somit wie hier gerade für Tätigkeit im Ghetto Lemberg wegen Zwangsarbeiten nach dem EVZStiftG entschädigt worden, so hat dies den Ausschluss von Abgeltungen nach anderen Gesetzen wie hier nach dem ZRBG bzw. SGB VI bzw. FRG zur Folge. Dass die Klägerin für ihre Tätigkeit bzw. ihren Aufenthalt im Ghetto Lemberg als ehemalige Sklaven- bzw. Zwangsarbeiterin entschädigt wurde, lässt sich den Auskünften der Claims Conference entnehmen, wonach die Klägerin gerade wegen ihres Aufenthaltes in Lemberg in den Jahren 1941 bis 1943 entschädigt wurde nach dem EVZStiftG, das gerade für Zwangsarbeiter geschaffen wurde. Ist die Klägerin somit wegen ihrem Verfolgungsschicksal im Ghetto Lemberg in den Jahren 1941 bis 1943 bereits entschädigt worden für Zwangsarbeit in Lemberg bzw. wie für Zwangsarbeit in Lemberg, so schließt dies also weitergehende Ansprüche in Zusammenhang mit Tätigkeiten in Lemberg aus.
Das Gericht verkennt nicht das Verfolgungsschicksal der Klägerin, sieht aber nach Lage der gesetzlichen Vorschriften keine Möglichkeit, dem geltend gemachten Anspruch der Klägerin zu entsprechen. Das ZRBG und das EVZStiftG geben hier weitergehende Ansprüche für die Klägerin nicht her, sodass dahinstehen kann, ob überhaupt eine entgeltliche und aus eigenem Willensentschluss zustande gekommene Beschäftigung vorgelegen hat, wie § 1 ZRBG verlangt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1, 4 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved