Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
102
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 102 AS 11065/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet
Gründe:
Der Antrag der Antragsteller
den Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, die bei der GESOBAU hinsichtlich der Wohnung Nr. im Haus S R, B bestehenden Mietschulden in Höhe von 1.109,17 EUR zu übernehmen,
hat gemäß § 86 b Abs. 2 SGG keinen Erfolg.
Die Antragsteller haben einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht (§§ 86 b Abs. 2 Satz 2, Satz 4 i.V.m. 920 Abs. 2 ZPO).
Gemäß § 22 Abs. 5 Satz 1 SGB II können, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage erforderlich ist. Sie sollen nach § 22 Abs. 5 Satz 2 SGB II übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit droht. Wohnungslosigkeit im Sinne von § 22 Abs. 5 Satz 2 SGB II droht nicht schon dann, wenn die angehäuften Mietschulden den Vermieter zu einer fristlosen Kündigung berechtigen oder der Vermieter die Wohnung bereist gekündigt oder – wie hier – bereits einen rechtskräftigen Räumungstitel erwirkt hat (a. A. Lang in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 22 Rdnr. 103, vgl. auch Ziffer 11.2 Abs. 3 AV-Wohnen in der Fassung vom 30. Mai 2006, ABl. Nr. 28/ 16.06.2006). Wohnungslosigkeit droht vielmehr erst dann, wenn konkret der Verlust des vorhandenen Wohnraums zu befürchten ist und dem Betroffenen deshalb Obdachlosigkeit droht. Dies ergibt sich daraus, dass § 22 Abs. 5 zwischen dem Schutzzweck "Sicherung der Unterkunft" (Satz 1) und dem Schutzzweck der Abwendung drohender "Wohnungslosigkeit" (Satz 2) differenziert. Ist nur die Sicherung der Unterkunft zu besorgen, steht die Entscheidung im Ermessen des zuständigen Leistungsträgers. Bei drohender Wohnungslosigkeit ist der zuständige Leistungsträger hingegen in der Regel zur Schuldenübernahme verpflichtet, wenn dies "gerechtfertigt und notwendig" ist; ein Ermessen steht ihm nur in atypischen Sonderfällen zu. Diese "Soll-Vorschrift" erklärt sich maßgeblich aus dem gesetzgeberischen Willen, den negativen sozialen Folgen von Obdachlosigkeit entgegenzutreten (vgl. Birk in LPK SGB XII, § 34 Rdnr. 11).
Hiervon ausgehend haben die Antragsteller zunächst nicht glaubhaft gemacht, dass ihnen konkret der Verlust ihrer Wohnung droht. Denn es liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass die GESOBAU beabsichtigt, aus dem Räumungsurteil des AG W vom ... zu vollstrecken. Dagegen spricht, dass sich die GESOBAU mit einer Ratenzahlung einverstanden erklärt hat und der Antragstellerin die Möglichkeit eingeräumt hat, innerhalb eines Zeitraumes von gut zwei Jahren die Mietschulden von 3.510,10 EUR auf 1.109,17 EUR zu reduzieren. Die laufenden Mietzahlungen werden ebenfalls entrichtet. Vor diesem Hintergrund bestehen erhebliche Zweifel, dass die GESOBAU noch eine Räumung der Wohnung anstrebt. Im Übrigen hat die Antragstellerin nicht hinreichend glaubhaft gemacht, warum ihr ein weiterer Schuldenabbau nicht mehr möglich sein sollte, zumal ihr der Antragsgegner im November 2006 rückwirkend ab 14. April 2005 einen Mehrbedarf für Alleinerziehende in Höhe von monatlich 41 EUR bewilligt hat. Auch die Vereinbarung einer weiteren Absenkung der Tilgungsraten in Höhe von derzeit 100 EUR monatlich erscheint durchaus möglich.
Unabhängig von vorstehenden Erwägungen würde den Antragstellern jedenfalls im Fall einer Räumung keine Obdachlosigkeit drohen. Ihnen wäre es möglich und zumutbar, rechtzeitig eine neue Wohnung zu finden. Gegenteiliges ist weder dargetan noch sonst wie ersichtlich. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts Berlin im Urteil vom 13. Juni 2002 – 5 B 22.01 – (zitiert nach Juris) gibt es in Berlin einen erheblichen Wohnungsleerstand, der sich verhältnismäßig gleichmäßig auf alle Teilbereiche des Wohnungsmarkts verteilt und selbst bei Sozialwohnungen bei 4,7 % liegt. Dass sich der Wohnungsmarkt seit dem Erlass des Urteils vom 13. Juni 2002 wesentlich verändert und sich der Angebotsüberhang signifikant verringert hat, ist nicht erkennbar. Der Antragsgegner hat sich auch bereit erklärt, die angemessenen Kosten einer neuen Unterkunft zu übernehmen. Es ist zudem nicht ersichtlich, dass die Antragsteller außer Stande sind, Wohnungsangebote einzuholen und einen Mietvertrag zu schließen bzw. sich hierbei der Hilfe Dritter zu bedienen.
Die auf § 22 Abs. 5 Satz 1 SGB II gestützte Ermessensentscheidung des Antragsgegners ist rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe:
Der Antrag der Antragsteller
den Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, die bei der GESOBAU hinsichtlich der Wohnung Nr. im Haus S R, B bestehenden Mietschulden in Höhe von 1.109,17 EUR zu übernehmen,
hat gemäß § 86 b Abs. 2 SGG keinen Erfolg.
Die Antragsteller haben einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht (§§ 86 b Abs. 2 Satz 2, Satz 4 i.V.m. 920 Abs. 2 ZPO).
Gemäß § 22 Abs. 5 Satz 1 SGB II können, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage erforderlich ist. Sie sollen nach § 22 Abs. 5 Satz 2 SGB II übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit droht. Wohnungslosigkeit im Sinne von § 22 Abs. 5 Satz 2 SGB II droht nicht schon dann, wenn die angehäuften Mietschulden den Vermieter zu einer fristlosen Kündigung berechtigen oder der Vermieter die Wohnung bereist gekündigt oder – wie hier – bereits einen rechtskräftigen Räumungstitel erwirkt hat (a. A. Lang in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 22 Rdnr. 103, vgl. auch Ziffer 11.2 Abs. 3 AV-Wohnen in der Fassung vom 30. Mai 2006, ABl. Nr. 28/ 16.06.2006). Wohnungslosigkeit droht vielmehr erst dann, wenn konkret der Verlust des vorhandenen Wohnraums zu befürchten ist und dem Betroffenen deshalb Obdachlosigkeit droht. Dies ergibt sich daraus, dass § 22 Abs. 5 zwischen dem Schutzzweck "Sicherung der Unterkunft" (Satz 1) und dem Schutzzweck der Abwendung drohender "Wohnungslosigkeit" (Satz 2) differenziert. Ist nur die Sicherung der Unterkunft zu besorgen, steht die Entscheidung im Ermessen des zuständigen Leistungsträgers. Bei drohender Wohnungslosigkeit ist der zuständige Leistungsträger hingegen in der Regel zur Schuldenübernahme verpflichtet, wenn dies "gerechtfertigt und notwendig" ist; ein Ermessen steht ihm nur in atypischen Sonderfällen zu. Diese "Soll-Vorschrift" erklärt sich maßgeblich aus dem gesetzgeberischen Willen, den negativen sozialen Folgen von Obdachlosigkeit entgegenzutreten (vgl. Birk in LPK SGB XII, § 34 Rdnr. 11).
Hiervon ausgehend haben die Antragsteller zunächst nicht glaubhaft gemacht, dass ihnen konkret der Verlust ihrer Wohnung droht. Denn es liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass die GESOBAU beabsichtigt, aus dem Räumungsurteil des AG W vom ... zu vollstrecken. Dagegen spricht, dass sich die GESOBAU mit einer Ratenzahlung einverstanden erklärt hat und der Antragstellerin die Möglichkeit eingeräumt hat, innerhalb eines Zeitraumes von gut zwei Jahren die Mietschulden von 3.510,10 EUR auf 1.109,17 EUR zu reduzieren. Die laufenden Mietzahlungen werden ebenfalls entrichtet. Vor diesem Hintergrund bestehen erhebliche Zweifel, dass die GESOBAU noch eine Räumung der Wohnung anstrebt. Im Übrigen hat die Antragstellerin nicht hinreichend glaubhaft gemacht, warum ihr ein weiterer Schuldenabbau nicht mehr möglich sein sollte, zumal ihr der Antragsgegner im November 2006 rückwirkend ab 14. April 2005 einen Mehrbedarf für Alleinerziehende in Höhe von monatlich 41 EUR bewilligt hat. Auch die Vereinbarung einer weiteren Absenkung der Tilgungsraten in Höhe von derzeit 100 EUR monatlich erscheint durchaus möglich.
Unabhängig von vorstehenden Erwägungen würde den Antragstellern jedenfalls im Fall einer Räumung keine Obdachlosigkeit drohen. Ihnen wäre es möglich und zumutbar, rechtzeitig eine neue Wohnung zu finden. Gegenteiliges ist weder dargetan noch sonst wie ersichtlich. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts Berlin im Urteil vom 13. Juni 2002 – 5 B 22.01 – (zitiert nach Juris) gibt es in Berlin einen erheblichen Wohnungsleerstand, der sich verhältnismäßig gleichmäßig auf alle Teilbereiche des Wohnungsmarkts verteilt und selbst bei Sozialwohnungen bei 4,7 % liegt. Dass sich der Wohnungsmarkt seit dem Erlass des Urteils vom 13. Juni 2002 wesentlich verändert und sich der Angebotsüberhang signifikant verringert hat, ist nicht erkennbar. Der Antragsgegner hat sich auch bereit erklärt, die angemessenen Kosten einer neuen Unterkunft zu übernehmen. Es ist zudem nicht ersichtlich, dass die Antragsteller außer Stande sind, Wohnungsangebote einzuholen und einen Mietvertrag zu schließen bzw. sich hierbei der Hilfe Dritter zu bedienen.
Die auf § 22 Abs. 5 Satz 1 SGB II gestützte Ermessensentscheidung des Antragsgegners ist rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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