Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AS 7754/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 5728/06 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 9. November 2006 abgeändert und der Antrag insgesamt abgelehnt.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 9. November 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Gründe:
Für den im vorläufigen Rechtsschutz verfolgten Anspruch auf Arbeitslosengeld II (Alg II) für die Zeit von Oktober 2006 bis April 2007 ist prozessuale Grundlage § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung als Regelungsanordnung setzt einen jeweils glaubhaft zu machenden (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)) Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch voraus. Die Dringlichkeit einer die Hauptsache vorweg nehmenden Eilentscheidung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG (Anordnungsgrund) kann bei Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in aller Regel nur bejaht werden, wenn wegen einer Notlage über existenzsichernde Leistung für die Gegenwart und die nahe Zukunft gestritten wird und dem Antragsteller schwere schlechthin unzumutbare Nachteile entstünden, wenn er auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens verwiesen würde (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Senatsbeschluss vom 25. November 2005 - L 13 AS 4106/05 ER-B -). Einen finanziellen Ausgleich für die Vergangenheit, also für die Zeit vor Rechtshängigkeit des Eilverfahrens, herbeizuführen ist, von einer - hier nicht glaubhaft gemachten - in die Gegenwart fortwirkenden Notlage abgesehen, nicht Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes, sondern des Hauptsacheverfahrens (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juli 2006 - L 13 AS 1620/06 ER-B - veröffentlicht in Juris). Der Anordnungsanspruch hängt vom voraussichtlichen Erfolg des Hauptsacherechtsbehelfs ab und erfordert eine summarische Prüfung; an ihn sind um so niedrigere Anforderungen zu stellen, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen wiegen, insbesondere eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung droht (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in NJW 2003, 1236f. und Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - veröffentlicht in Juris). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung, hier also der Entscheidung über die Beschwerde (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juli 2006 a.a.O. m.w.N.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen erscheint die begehrte Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nicht nötig, soweit die Antragstellerin im Wege des am 23. Oktober 2006 rechtshängig gewordenen Verfahrens des Eilrechtsschutzes die Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung von Leistungen für vor diesem Zeitpunkt liegende Zeiten begehrt. Die Antragstellerin hat nicht das Vorliegen besonderer Umstände wie etwa den sofortigen Verlust der Unterkunft wegen aufgelaufener Mietschulden glaubhaft gemacht, die ausnahmsweise eine Befriedigung vergangenen Bedarfs im einstweiligen Rechtsschutzverfahren rechtfertigen könnten.
Für die Zeit ab dem 23. Oktober 2006 ist fraglich, ob das Bestehen eines Anordnungsanspruchs ausreichend glaubhaft gemacht ist (1.). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung scheitert aber schon daran, dass weiterhin ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht worden ist (2.).
1. Es ist fraglich, ob die Antragstellerin einen Anspruch darauf glaubhaft gemacht, dass die Antragsgegnerin ihr - gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a SGB II i.V.m. § 328 Abs. 1 Nr. 3 SGB III analog vorläufig - Leistungen nach § 19 Abs. 1 SGB II gewährt.
Allerdings spricht wenig dafür, dass dem Anspruch der Antragstellerin bereits die Regelung des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II entgegensteht. Denn es ist unabhängig davon, ob bei der Beurteilung, ob eine Ausbildung dem Grunde nach förderungsfähig ist, auch die gewählte Ausbildungsstätte zu berücksichtigen ist (dagegen vgl. Sozialgericht [SG] Berlin, Urteil vom 31. Oktober 2006 S 94 AS 12047/05-06), hier nicht anzunehmen, dass die Förderung der von der Antragstellerin wahrgenommenen Ausbildung als solche als erste oder weitere Ausbildung im Sinne des § 7 Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) förderungsfähig ist. Auch die Voraussetzungen des § 2 Abs. 5 Satz 1 BAföG dürften, wie das SG Stuttgart zu Recht ausgeführt hat, nicht gegeben sein. Es bestehen jedoch Zweifel an der Hilfebedürftigkeit.
Alg II gemäß § 19 Satz 1 SGB II in der ab 1. August 2006 geltenden Fassung erhält nach § 7 Abs. 1 SGB II ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger. Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln vor allem nicht aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II, in der ab 1. August 2006 geltenden Fassung, sind als Einkommen zu berücksichtigen alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der dort sowie in § 11 Abs. 3 SGB II und in § 1 der auf der Grundlage von § 13 SGB II ergangenen Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung - Alg II-V) in der seit dem 1. Oktober 2005 geltenden Fassung genannten Leistungen und Zuwendungen.
Die Antragstellerin hat Einkommen im Sinne dieser Vorschrift erzielt. Sie hat Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit und erhält Unterhalt. Nach dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 hat die Antragstellerin Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 411,23 EUR erzielt und Unterhalt in Höhe von 7.116,- EUR erhalten. Vom Einkommen sind gemäß § 11 Abs. 2 SGB II Steuern, Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung, Beiträge zu sonstigen Versicherungen, die gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind, sowie ggf. Werbungskosten abzusetzen. Weitere Belastungen des Hilfebedürftigen, die in Absatz 2 nicht genannt sind, können vom Einkommen nicht abgesetzt werden. Ebenso wie § 194 Absatz 2 SGB III a.F. ist § 11 Abs. 2 SGB II als abschließender Katalog der Absetzungsmöglichkeiten anzusehen (vgl. etwa BSG SozR 4 4300 § 194 Nr. 1; BSG SozR 4-4300 § 194 Nr. 5). Der nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II vom Einkommen abzusetzende Freibetrag beläuft sich der Höhe nach auf 100 EUR im Monat und tritt an die Stelle der Absetzbeträge nach Satz 1 Nrn. 3-5. In den Genuss dieses Freibetrages kommen "erwerbsfähige Hilfebedürftige, die erwerbstätig sind". Dieser Freibetrag kann damit nicht vom Unterhalt abgesetzt werden. Der Wortlaut der Vorschrift spricht allerdings dafür, dass der Pauschbetrag auch auf selbständig Tätige Anwendung findet (so z.B. Hänlein, in: Gagel, SGB III, § 11 SGB II Rdnr. 48). Nach der Begründung dieser Neuregelung durch das Freibetragsneuregelungsgesetz vom 18. August 2005 (BGBl. I S 2407) sollte diese Pauschale jedoch die Integration erwerbsfähiger Hilfebedürftiger in die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung fördern (vgl. hierzu auch Brühl in: LPK-SGB II, § 11 Rdnr. 45). Die Pauschale sollte insbesondere einen Anreiz bieten, auch Mini-Jobs im Bruttolohnbereich bis 400 EUR aufzunehmen (vgl. BT-Drucks. 15/5446 [neu] S 4 A. Allgemeines). Um mögliche Härten zu vermeiden, sollten Beschäftigte, die aufgrund eines Einkommens oberhalb von 400 EUR sozialversicherungspflichtig sind, daneben die Möglichkeit haben, höhere Beträge, insbesondere bei den mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben nachzuweisen. Der Grundfreibetrag soll bei mehreren Beschäftigungen nur einmal abgesetzt werden (vgl. BT-Drucks. 15/5446 [neu] S. 4 Zu Nummer 2). Zu bedenken ist auch, dass der vom Einkommen abzusetzende Freibetrag nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB II die Werbungskosten mit umfasst, so dass er ggf. im Rahmen der Gewinnermittlung berücksichtigt werden kann. Zweifel begegnet, ob er vom ermittelten Gewinn abzusetzen ist, wenn bei der Gewinnermittlung bereits den Werbungskosten entsprechende Ausgaben als Betriebsausgaben in Abzug gebracht wurden (vgl. hierzu Brühl in: LPK-SGB II, § 11 Rdnr. 82). Dementsprechend enthält § 3 Alg II-V hinsichtlich derjenigen Ausgaben, die zur Erzielung von Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit notwendig sind, keine Regelung mehr. Denn, wenn Betriebsausgaben Selbstständiger von vornherein bei der Gewinnermittlung im Rahmen des § 2 a Alg II-V berücksichtigt werden, kommt jedenfalls eine nochmalige Berücksichtigung dieser Ausgaben über die Regelung in Nr. 5 nicht mehr in Betracht. Eine Doppelberücksichtigung im Rahmen der Pauschale des Absatzes 2 Satz 2 würde zu einer nicht gerechtfertigten Privilegierung selbständig tätiger Hilfebedürftiger führen. Entsprechende Überlegungen ergeben sich hinsichtlich der Anwendbarkeit des Freibetrags des § 30 SGB II auf Einkommen aus selbständiger Tätigkeit, da der Gesetzgeber in seiner Begründung diesen Freibetrag ausschließlich auf den Bruttolohn bezogen hat und auch insoweit u.a. die Aufnahme gering entlohnter Beschäftigungen attraktiver machen wollte (vgl. BT-Drucks 15/5446 [neu] S. 5 Zu Nummer 4).
Diese Fragen können hier jedoch offen bleiben. Denn auch wenn man die genanten Freibeträge zugunsten der Antragstellerin vom zu versteuernden Gewinn absetzt, erscheint es derzeit offen, ob sie den von der Antragsgegnerin für den Zeitraum zugrunde gelegte Bedarf in Höhe von 718,77 EUR (Regelleistung: 345,- EUR plus der von der Antragstellerin angegebenen - hinsichtlich der Erhöhung der Nebenkosten auf 100,- EUR noch nicht nachgewiesenen - Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 373,77 EUR) zzgl. der Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherung nicht aus eigenen Einkommen oder Vermögen decken kann. Der Zuschlag nach § 24 SGB II ist, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht bedarfserhöhend zu berücksichtigen, da er der Natur als Zuschlag entsprechend und nach dem Wortlaut des § 24 SGB II nur soweit zu zahlen ist, als Anspruch auf Alg II besteht (vgl. BT-Drucks 15/5446 [neu] S. 2 und S. 4 Zu Nummer 3; a.A. Thüringer LSG, Beschluss vom 31. Januar 2006 – L 7 AS 770/05 ER -). Ob ein Anspruch auf Leistungen nach § 19 Satz 1 SGB II besteht, hängt zunächst davon ab, ob die von der Antragstellerin im Jahr 2006 aufgewandten Fortbildungskosten in Höhe von 1.896,14 EUR (monatlich 158,01 EUR) im Rahmen der Hilfebedürftigkeitsermittlung nach §§ 9, 11 SGB II von den Einnahmen abzusetzen sind. Gegen Letzteres spricht bereits, dass die Antragstellerin, die die Ausbildung nach der Beantragung von Alg II aufgenommen hat, verpflichtet ist, ihre eigenen Mittel zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts einzusetzen, bevor sie die grundsätzlich subsidiäre staatliche Hilfe in Anspruch nehmen kann. Entsprechendes gilt für den von der Antragstellerin begehrten Zuschuss zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung. Ein solcher käme hinsichtlich der Rentenversicherung hier ohnehin nicht in Betracht. Auch hinsichtlich der Kranken- und Pflegeversicherung bestehen neben der ungeklärten Einkommens- und Vermögenssituation insoweit weitere Zweifel. Die Antragstellerin, die zunächst nach Ende des Bezugs von Alg I in der Zeit vom 31. Oktober 2005 bis zum 31. Dezember 2005 über ihren Ehemann, M. Z., F. bei der BKK familienversichert war, hat sich nach der Beantragung von Leistungen nach dem SGB II ab dem 1. Januar 2006 aus eigener Entscheidung aus der vorrangigen (vgl. § 5 Abs. 2a SGB V) Familienversicherung begeben. Ob sie dies im Hinblick darauf getan hat, dass sie bereits beabsichtigte, wie sie dies am 14. Februar 2007 getan hat, für das Jahr 2006 dem Antrag ihres getrennt lebenden Ehemannes auf Abzug der ihr gewährten Unterhaltsleistungen als Sonderausgaben zuzustimmen, ist unerheblich. Diese Erklärung, die für die getrennt lebenden Ehegatten zu einer Steuerersparnis geführt hat, kann die freiwillige Aufgabe der Familienversicherung bei vorliegender Bedürftigkeit nicht rechtfertigen und dürfte keinen Anspruch auf aus Steuermitteln finanzierte subsidiäre Leistungen begründen. Es ist auch nicht glaubhaft gemacht, dass sie seit November 2006 nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V keinen Anspruch mehr auf Familienversicherung hätte. Von einer hauptberuflichen selbständigen Erwerbstätigkeit im Sinne dieser Vorschrift ist dann zu sprechen, wenn die selbständige Tätigkeit hinsichtlich der Lebensführung des Betroffenen von einer zeitlichen und wirtschaftlichen Bedeutung ist. Es ist fraglich, ob dies bei Selbständigen, die, wie die Antragstellerin, über einen längeren Zeitraum hinweg keine oder nur so geringe Einkünfte erzielen können, so dass sie für nicht unbeträchtliche Zeit auf die Inanspruchnahme sonstiger Mittel zur Deckung ihres Lebensunterhaltes angewiesen sind, der Fall ist (vgl. LSG Berlin, Urteil vom 19. März 2003 - L 9 KR 157/02 -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24. August 2004 - L 11 KR 4196/03 – zu § 5 Abs. 5 SGB V).
Die angesprochenen Fragen bedürfen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes keiner abschließenden Klärung, da die begehrte Anordnung nicht ergehen kann, weil die der Antragstellerin möglichen Aufwendungen für Fortbildung u.ä. der Annahme eines glaubhaft gemachten Anordnungsgrundes entgegenstehen, zumal die Unterhalts- und Vermögenssituation nicht ausreichend glaubhaft gemacht ist (vgl. unten 2.).
Schließlich ist damit hinsichtlich der begehrten Leistung nach § 16 SGB II bereits fraglich, ob überhaupt ein Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung besteht, da Zweifel an der Hilfebedürftigkeit gegeben sind. Ob für den Fall des Leistungsbezugs eine Ermessensreduzierung anzunehmen wäre, bedarf keiner abschließenden Klärung.
2. Ein Anordnungsgrund ist, wenn Leistungen nach § 19 Satz 1 SGB II begehrt werden, nicht schon immer dann gegeben, wenn ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht ist, oder, wie hier, sein Bestehen offen ist. Vielmehr ist nach den obigen Grundsätzen Voraussetzung, dass dem Antragsteller schwere schlechthin unzumutbare Nachteile entstünden, wenn er auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens verwiesen würde. Nach diesem Maßstab sind bei der Prüfung des Anordnungsgrundes zunächst Freibeträge außer Betracht zu lassen, die lediglich Anreize für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bieten sollen und nicht der Existenzsicherung im engeren Sinne dienen. Zu Letzteren dürften die Pauschale des § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II und die Regelung des § 30 SGB II gehören. Denn § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II ist ein neu eingeführter Grundfreibetrag für Erwerbstätige, mit dem zusammen mit dem neugefassten weiteren Freibetrag nach Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 30 die Hinzuverdienstmöglichkeiten der Bezieher von Alg II "deutlich" erhöht werden sollten (BT-Drucks. 15/5446 S. 4). Die Regelung im Rahmen des § 11 Abs. 2 SGB II ist allerdings irreführend, weil es bei § 11 SGB II um die Ermittlung der Hilfebedürftigkeit geht (vgl. auch § 9 Abs. 1 SGB II). Weiterhin ist bei der Prüfung des Anordnungsgrundes, unabhängig davon, ob die Fortbildungskosten der Antragstellerin im Rahmen der Hilfebedürftigkeitsermittlung nach §§ 9, 11 SGB II von den Einnahmen abzusetzen sind, zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin in der Lage war und ist, diese Kosten aufzuwenden. Weiterhin hat die Antragstellerin Kursgebühren für Aqua Fitness in Höhe von 101,- EUR getragen. Selbst wenn sie hierfür zur Überbrückung Darlehen aufgenommen haben sollte, was sie nicht glaubhaft gemacht hat, handelt es sich um keine unabweisbaren, ihren Bedarf erhöhenden Ausgaben. Damit war die Sicherung ihrer Existenz nicht unmittelbar gefährdet und ist auch weder glaubhaft gemacht noch ersichtlich, dass im Zeitpunkt dieser Entscheidung eine solche Gefährdung zu erwarten ist.
Hinzukommt, dass die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht hat, dass ihr Unterhaltsanspruch gegenüber ihrem Ehemann M. Z., von dem sie getrennt lebt, nicht in bedarfsdeckender Höhe besteht. Die Antragstellerin, die zum Zeitpunkt der Trennung (1. September 2005) zeitlich begrenzt Arbeitslosengeld I erhielt, hat weder das maßgebliche Nettoeinkommen ihres Ehemannes (2370, EUR) noch den von diesem als gemeinsame Verpflichtungen (810,- EUR Miete) abgesetzten Betrag glaubhaft gemacht. Dem Ehemann der Antragstellerin, die die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht beantragt hat, bliebe nach seinen Berechnungen vom 20. November 2005 nach Abzug der Miete selbst lediglich ein monatlicher Betrag in Höhe vom 830,- EUR. Unabhängig davon, dass die fehlende Glaubhaftmachung im Verfahren der einstweiligen Anordnung zu ihren Lasten geht, ist nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin, die nun angekündigt hat, durch die sie in ihrer Scheidungs- und Unterhaltsangelegenheit vertretende Rechtsanwältin Auskunft von ihren Ehemann zu fordern, diese Auskünfte bisher nicht hat erhalten können. Ebenso ist bisher nicht glaubhaft gemacht, dass kein - mit dem Ehemann gemeinsam erworbenes - Vermögen vorhanden ist.
Aus den gleichen Gründen fehlt es damit auch hinsichtlich der von ihr begehrten vorläufigen Renten-, Pflege- und Krankenversicherung schon an der Geltendmachung eines Anordnungsgrundes.
Schließlich ist auch hinsichtlich der begehrten Leistung nach § 16 SGB II ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht oder ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (vgl. § 177 SGG).
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 9. November 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Gründe:
Für den im vorläufigen Rechtsschutz verfolgten Anspruch auf Arbeitslosengeld II (Alg II) für die Zeit von Oktober 2006 bis April 2007 ist prozessuale Grundlage § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung als Regelungsanordnung setzt einen jeweils glaubhaft zu machenden (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)) Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch voraus. Die Dringlichkeit einer die Hauptsache vorweg nehmenden Eilentscheidung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG (Anordnungsgrund) kann bei Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in aller Regel nur bejaht werden, wenn wegen einer Notlage über existenzsichernde Leistung für die Gegenwart und die nahe Zukunft gestritten wird und dem Antragsteller schwere schlechthin unzumutbare Nachteile entstünden, wenn er auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens verwiesen würde (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Senatsbeschluss vom 25. November 2005 - L 13 AS 4106/05 ER-B -). Einen finanziellen Ausgleich für die Vergangenheit, also für die Zeit vor Rechtshängigkeit des Eilverfahrens, herbeizuführen ist, von einer - hier nicht glaubhaft gemachten - in die Gegenwart fortwirkenden Notlage abgesehen, nicht Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes, sondern des Hauptsacheverfahrens (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juli 2006 - L 13 AS 1620/06 ER-B - veröffentlicht in Juris). Der Anordnungsanspruch hängt vom voraussichtlichen Erfolg des Hauptsacherechtsbehelfs ab und erfordert eine summarische Prüfung; an ihn sind um so niedrigere Anforderungen zu stellen, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen wiegen, insbesondere eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung droht (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in NJW 2003, 1236f. und Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - veröffentlicht in Juris). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung, hier also der Entscheidung über die Beschwerde (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juli 2006 a.a.O. m.w.N.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen erscheint die begehrte Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nicht nötig, soweit die Antragstellerin im Wege des am 23. Oktober 2006 rechtshängig gewordenen Verfahrens des Eilrechtsschutzes die Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung von Leistungen für vor diesem Zeitpunkt liegende Zeiten begehrt. Die Antragstellerin hat nicht das Vorliegen besonderer Umstände wie etwa den sofortigen Verlust der Unterkunft wegen aufgelaufener Mietschulden glaubhaft gemacht, die ausnahmsweise eine Befriedigung vergangenen Bedarfs im einstweiligen Rechtsschutzverfahren rechtfertigen könnten.
Für die Zeit ab dem 23. Oktober 2006 ist fraglich, ob das Bestehen eines Anordnungsanspruchs ausreichend glaubhaft gemacht ist (1.). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung scheitert aber schon daran, dass weiterhin ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht worden ist (2.).
1. Es ist fraglich, ob die Antragstellerin einen Anspruch darauf glaubhaft gemacht, dass die Antragsgegnerin ihr - gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a SGB II i.V.m. § 328 Abs. 1 Nr. 3 SGB III analog vorläufig - Leistungen nach § 19 Abs. 1 SGB II gewährt.
Allerdings spricht wenig dafür, dass dem Anspruch der Antragstellerin bereits die Regelung des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II entgegensteht. Denn es ist unabhängig davon, ob bei der Beurteilung, ob eine Ausbildung dem Grunde nach förderungsfähig ist, auch die gewählte Ausbildungsstätte zu berücksichtigen ist (dagegen vgl. Sozialgericht [SG] Berlin, Urteil vom 31. Oktober 2006 S 94 AS 12047/05-06), hier nicht anzunehmen, dass die Förderung der von der Antragstellerin wahrgenommenen Ausbildung als solche als erste oder weitere Ausbildung im Sinne des § 7 Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) förderungsfähig ist. Auch die Voraussetzungen des § 2 Abs. 5 Satz 1 BAföG dürften, wie das SG Stuttgart zu Recht ausgeführt hat, nicht gegeben sein. Es bestehen jedoch Zweifel an der Hilfebedürftigkeit.
Alg II gemäß § 19 Satz 1 SGB II in der ab 1. August 2006 geltenden Fassung erhält nach § 7 Abs. 1 SGB II ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger. Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln vor allem nicht aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II, in der ab 1. August 2006 geltenden Fassung, sind als Einkommen zu berücksichtigen alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der dort sowie in § 11 Abs. 3 SGB II und in § 1 der auf der Grundlage von § 13 SGB II ergangenen Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung - Alg II-V) in der seit dem 1. Oktober 2005 geltenden Fassung genannten Leistungen und Zuwendungen.
Die Antragstellerin hat Einkommen im Sinne dieser Vorschrift erzielt. Sie hat Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit und erhält Unterhalt. Nach dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 hat die Antragstellerin Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 411,23 EUR erzielt und Unterhalt in Höhe von 7.116,- EUR erhalten. Vom Einkommen sind gemäß § 11 Abs. 2 SGB II Steuern, Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung, Beiträge zu sonstigen Versicherungen, die gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind, sowie ggf. Werbungskosten abzusetzen. Weitere Belastungen des Hilfebedürftigen, die in Absatz 2 nicht genannt sind, können vom Einkommen nicht abgesetzt werden. Ebenso wie § 194 Absatz 2 SGB III a.F. ist § 11 Abs. 2 SGB II als abschließender Katalog der Absetzungsmöglichkeiten anzusehen (vgl. etwa BSG SozR 4 4300 § 194 Nr. 1; BSG SozR 4-4300 § 194 Nr. 5). Der nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II vom Einkommen abzusetzende Freibetrag beläuft sich der Höhe nach auf 100 EUR im Monat und tritt an die Stelle der Absetzbeträge nach Satz 1 Nrn. 3-5. In den Genuss dieses Freibetrages kommen "erwerbsfähige Hilfebedürftige, die erwerbstätig sind". Dieser Freibetrag kann damit nicht vom Unterhalt abgesetzt werden. Der Wortlaut der Vorschrift spricht allerdings dafür, dass der Pauschbetrag auch auf selbständig Tätige Anwendung findet (so z.B. Hänlein, in: Gagel, SGB III, § 11 SGB II Rdnr. 48). Nach der Begründung dieser Neuregelung durch das Freibetragsneuregelungsgesetz vom 18. August 2005 (BGBl. I S 2407) sollte diese Pauschale jedoch die Integration erwerbsfähiger Hilfebedürftiger in die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung fördern (vgl. hierzu auch Brühl in: LPK-SGB II, § 11 Rdnr. 45). Die Pauschale sollte insbesondere einen Anreiz bieten, auch Mini-Jobs im Bruttolohnbereich bis 400 EUR aufzunehmen (vgl. BT-Drucks. 15/5446 [neu] S 4 A. Allgemeines). Um mögliche Härten zu vermeiden, sollten Beschäftigte, die aufgrund eines Einkommens oberhalb von 400 EUR sozialversicherungspflichtig sind, daneben die Möglichkeit haben, höhere Beträge, insbesondere bei den mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben nachzuweisen. Der Grundfreibetrag soll bei mehreren Beschäftigungen nur einmal abgesetzt werden (vgl. BT-Drucks. 15/5446 [neu] S. 4 Zu Nummer 2). Zu bedenken ist auch, dass der vom Einkommen abzusetzende Freibetrag nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB II die Werbungskosten mit umfasst, so dass er ggf. im Rahmen der Gewinnermittlung berücksichtigt werden kann. Zweifel begegnet, ob er vom ermittelten Gewinn abzusetzen ist, wenn bei der Gewinnermittlung bereits den Werbungskosten entsprechende Ausgaben als Betriebsausgaben in Abzug gebracht wurden (vgl. hierzu Brühl in: LPK-SGB II, § 11 Rdnr. 82). Dementsprechend enthält § 3 Alg II-V hinsichtlich derjenigen Ausgaben, die zur Erzielung von Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit notwendig sind, keine Regelung mehr. Denn, wenn Betriebsausgaben Selbstständiger von vornherein bei der Gewinnermittlung im Rahmen des § 2 a Alg II-V berücksichtigt werden, kommt jedenfalls eine nochmalige Berücksichtigung dieser Ausgaben über die Regelung in Nr. 5 nicht mehr in Betracht. Eine Doppelberücksichtigung im Rahmen der Pauschale des Absatzes 2 Satz 2 würde zu einer nicht gerechtfertigten Privilegierung selbständig tätiger Hilfebedürftiger führen. Entsprechende Überlegungen ergeben sich hinsichtlich der Anwendbarkeit des Freibetrags des § 30 SGB II auf Einkommen aus selbständiger Tätigkeit, da der Gesetzgeber in seiner Begründung diesen Freibetrag ausschließlich auf den Bruttolohn bezogen hat und auch insoweit u.a. die Aufnahme gering entlohnter Beschäftigungen attraktiver machen wollte (vgl. BT-Drucks 15/5446 [neu] S. 5 Zu Nummer 4).
Diese Fragen können hier jedoch offen bleiben. Denn auch wenn man die genanten Freibeträge zugunsten der Antragstellerin vom zu versteuernden Gewinn absetzt, erscheint es derzeit offen, ob sie den von der Antragsgegnerin für den Zeitraum zugrunde gelegte Bedarf in Höhe von 718,77 EUR (Regelleistung: 345,- EUR plus der von der Antragstellerin angegebenen - hinsichtlich der Erhöhung der Nebenkosten auf 100,- EUR noch nicht nachgewiesenen - Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 373,77 EUR) zzgl. der Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherung nicht aus eigenen Einkommen oder Vermögen decken kann. Der Zuschlag nach § 24 SGB II ist, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht bedarfserhöhend zu berücksichtigen, da er der Natur als Zuschlag entsprechend und nach dem Wortlaut des § 24 SGB II nur soweit zu zahlen ist, als Anspruch auf Alg II besteht (vgl. BT-Drucks 15/5446 [neu] S. 2 und S. 4 Zu Nummer 3; a.A. Thüringer LSG, Beschluss vom 31. Januar 2006 – L 7 AS 770/05 ER -). Ob ein Anspruch auf Leistungen nach § 19 Satz 1 SGB II besteht, hängt zunächst davon ab, ob die von der Antragstellerin im Jahr 2006 aufgewandten Fortbildungskosten in Höhe von 1.896,14 EUR (monatlich 158,01 EUR) im Rahmen der Hilfebedürftigkeitsermittlung nach §§ 9, 11 SGB II von den Einnahmen abzusetzen sind. Gegen Letzteres spricht bereits, dass die Antragstellerin, die die Ausbildung nach der Beantragung von Alg II aufgenommen hat, verpflichtet ist, ihre eigenen Mittel zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts einzusetzen, bevor sie die grundsätzlich subsidiäre staatliche Hilfe in Anspruch nehmen kann. Entsprechendes gilt für den von der Antragstellerin begehrten Zuschuss zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung. Ein solcher käme hinsichtlich der Rentenversicherung hier ohnehin nicht in Betracht. Auch hinsichtlich der Kranken- und Pflegeversicherung bestehen neben der ungeklärten Einkommens- und Vermögenssituation insoweit weitere Zweifel. Die Antragstellerin, die zunächst nach Ende des Bezugs von Alg I in der Zeit vom 31. Oktober 2005 bis zum 31. Dezember 2005 über ihren Ehemann, M. Z., F. bei der BKK familienversichert war, hat sich nach der Beantragung von Leistungen nach dem SGB II ab dem 1. Januar 2006 aus eigener Entscheidung aus der vorrangigen (vgl. § 5 Abs. 2a SGB V) Familienversicherung begeben. Ob sie dies im Hinblick darauf getan hat, dass sie bereits beabsichtigte, wie sie dies am 14. Februar 2007 getan hat, für das Jahr 2006 dem Antrag ihres getrennt lebenden Ehemannes auf Abzug der ihr gewährten Unterhaltsleistungen als Sonderausgaben zuzustimmen, ist unerheblich. Diese Erklärung, die für die getrennt lebenden Ehegatten zu einer Steuerersparnis geführt hat, kann die freiwillige Aufgabe der Familienversicherung bei vorliegender Bedürftigkeit nicht rechtfertigen und dürfte keinen Anspruch auf aus Steuermitteln finanzierte subsidiäre Leistungen begründen. Es ist auch nicht glaubhaft gemacht, dass sie seit November 2006 nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V keinen Anspruch mehr auf Familienversicherung hätte. Von einer hauptberuflichen selbständigen Erwerbstätigkeit im Sinne dieser Vorschrift ist dann zu sprechen, wenn die selbständige Tätigkeit hinsichtlich der Lebensführung des Betroffenen von einer zeitlichen und wirtschaftlichen Bedeutung ist. Es ist fraglich, ob dies bei Selbständigen, die, wie die Antragstellerin, über einen längeren Zeitraum hinweg keine oder nur so geringe Einkünfte erzielen können, so dass sie für nicht unbeträchtliche Zeit auf die Inanspruchnahme sonstiger Mittel zur Deckung ihres Lebensunterhaltes angewiesen sind, der Fall ist (vgl. LSG Berlin, Urteil vom 19. März 2003 - L 9 KR 157/02 -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24. August 2004 - L 11 KR 4196/03 – zu § 5 Abs. 5 SGB V).
Die angesprochenen Fragen bedürfen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes keiner abschließenden Klärung, da die begehrte Anordnung nicht ergehen kann, weil die der Antragstellerin möglichen Aufwendungen für Fortbildung u.ä. der Annahme eines glaubhaft gemachten Anordnungsgrundes entgegenstehen, zumal die Unterhalts- und Vermögenssituation nicht ausreichend glaubhaft gemacht ist (vgl. unten 2.).
Schließlich ist damit hinsichtlich der begehrten Leistung nach § 16 SGB II bereits fraglich, ob überhaupt ein Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung besteht, da Zweifel an der Hilfebedürftigkeit gegeben sind. Ob für den Fall des Leistungsbezugs eine Ermessensreduzierung anzunehmen wäre, bedarf keiner abschließenden Klärung.
2. Ein Anordnungsgrund ist, wenn Leistungen nach § 19 Satz 1 SGB II begehrt werden, nicht schon immer dann gegeben, wenn ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht ist, oder, wie hier, sein Bestehen offen ist. Vielmehr ist nach den obigen Grundsätzen Voraussetzung, dass dem Antragsteller schwere schlechthin unzumutbare Nachteile entstünden, wenn er auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens verwiesen würde. Nach diesem Maßstab sind bei der Prüfung des Anordnungsgrundes zunächst Freibeträge außer Betracht zu lassen, die lediglich Anreize für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bieten sollen und nicht der Existenzsicherung im engeren Sinne dienen. Zu Letzteren dürften die Pauschale des § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II und die Regelung des § 30 SGB II gehören. Denn § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II ist ein neu eingeführter Grundfreibetrag für Erwerbstätige, mit dem zusammen mit dem neugefassten weiteren Freibetrag nach Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 30 die Hinzuverdienstmöglichkeiten der Bezieher von Alg II "deutlich" erhöht werden sollten (BT-Drucks. 15/5446 S. 4). Die Regelung im Rahmen des § 11 Abs. 2 SGB II ist allerdings irreführend, weil es bei § 11 SGB II um die Ermittlung der Hilfebedürftigkeit geht (vgl. auch § 9 Abs. 1 SGB II). Weiterhin ist bei der Prüfung des Anordnungsgrundes, unabhängig davon, ob die Fortbildungskosten der Antragstellerin im Rahmen der Hilfebedürftigkeitsermittlung nach §§ 9, 11 SGB II von den Einnahmen abzusetzen sind, zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin in der Lage war und ist, diese Kosten aufzuwenden. Weiterhin hat die Antragstellerin Kursgebühren für Aqua Fitness in Höhe von 101,- EUR getragen. Selbst wenn sie hierfür zur Überbrückung Darlehen aufgenommen haben sollte, was sie nicht glaubhaft gemacht hat, handelt es sich um keine unabweisbaren, ihren Bedarf erhöhenden Ausgaben. Damit war die Sicherung ihrer Existenz nicht unmittelbar gefährdet und ist auch weder glaubhaft gemacht noch ersichtlich, dass im Zeitpunkt dieser Entscheidung eine solche Gefährdung zu erwarten ist.
Hinzukommt, dass die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht hat, dass ihr Unterhaltsanspruch gegenüber ihrem Ehemann M. Z., von dem sie getrennt lebt, nicht in bedarfsdeckender Höhe besteht. Die Antragstellerin, die zum Zeitpunkt der Trennung (1. September 2005) zeitlich begrenzt Arbeitslosengeld I erhielt, hat weder das maßgebliche Nettoeinkommen ihres Ehemannes (2370, EUR) noch den von diesem als gemeinsame Verpflichtungen (810,- EUR Miete) abgesetzten Betrag glaubhaft gemacht. Dem Ehemann der Antragstellerin, die die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht beantragt hat, bliebe nach seinen Berechnungen vom 20. November 2005 nach Abzug der Miete selbst lediglich ein monatlicher Betrag in Höhe vom 830,- EUR. Unabhängig davon, dass die fehlende Glaubhaftmachung im Verfahren der einstweiligen Anordnung zu ihren Lasten geht, ist nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin, die nun angekündigt hat, durch die sie in ihrer Scheidungs- und Unterhaltsangelegenheit vertretende Rechtsanwältin Auskunft von ihren Ehemann zu fordern, diese Auskünfte bisher nicht hat erhalten können. Ebenso ist bisher nicht glaubhaft gemacht, dass kein - mit dem Ehemann gemeinsam erworbenes - Vermögen vorhanden ist.
Aus den gleichen Gründen fehlt es damit auch hinsichtlich der von ihr begehrten vorläufigen Renten-, Pflege- und Krankenversicherung schon an der Geltendmachung eines Anordnungsgrundes.
Schließlich ist auch hinsichtlich der begehrten Leistung nach § 16 SGB II ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht oder ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (vgl. § 177 SGG).
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