L 1 RA 106/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 19 RA 2512/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 RA 106/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Oktober 2003 und der Bescheid vom 11. April 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. März 2002 werden aufgehoben. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zur Hälfte zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 2. Dezember 2000 (Eingang 5. Dezember 2000) eine Berufsunfähigkeitsrente nach Maßgabe der Voraussetzungen, wie sie für eine berufsbezogene Zuwendung (bbZ) an Ballettmitglieder nach DDR-Recht galten. Er wandte sich gegen die Einstellung dieser Leistung mit Wirkung ab 1. Januar 1992. Daraufhin erteilte die Bahnversicherungsanstalt - als Rechtsvorgängerin der Beklagten – den Bescheid vom 11. April 2001, mit dem sie eine Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit nach den §§ 43/44 Sozialgesetzbuch (SGB) VI ablehnte. Mit dem Widerspruch vom 29. April 2001 stellte der Kläger klar, dass die Bahnversicherungsanstalt über etwas entschieden habe, was er nicht beantragt habe. Es gehe ihm um die rückwirkende Wiederaufnahme der am 31. Dezember 1991 rechtswidrig eingestellten Rentenzahlung aufgrund der bereits 1984 anerkannten Berufsunfähigkeit als Tänzer (bbZ).

Durch Widerspruchsbescheid vom 25. März 2002 wies die Bahnversicherungsanstalt den Widerspruch zurück. Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente nach den Vorschriften des SGB VI.

Mit der Klage zum Sozialgericht (SG) Berlin – Schriftsatz vom 6. April 2002 - verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. Er beantragte die Aufhebung der angefochtenen Bescheide und die Weitergewährung der Berufsunfähigkeitsrente, die er bis zum 31. Dezember 1991 erhielt, ab dem 1. Januar 1992. Im Hinblick auf beabsichtigte Musterverfahren schlug er vor, das Verfahren ruhen zu lassen oder auszusetzen. Nach einer zwischenzeitlichen Klageerweiterung kam der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 24. Oktober 2003 auf den Antrag vom 6. April 2002 zurück und hielt an ihm fest.

Durch Urteil vom 24. Oktober 2003 wies das SG die Klage ab. Es legte den Antrag des Klägers dahin aus, dass er sowohl die Weitergewährung der bis 1991 bezogenen Berufsunfähigkeitsrente als auch eine Berufsunfähigkeitsrente nach dem SGB VI begehre und verneinte für beide Leistungen die gesetzlichen Voraussetzungen. Für die Weitergewährung der alten Rente fehle es an einer Rechtsgrundlage. Der Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente nach dem SGB VI scheitere daran, dass der Kläger nicht berufsunfähig im Sinne des SGB VI sei.

Mit der Berufung stellt der Kläger klar, dass es ihm darum gehe, die Vorentscheidungen aufgehoben und die Berufsunfähigkeitsrente, die er in der DDR und weiter bis 1991 erhalten habe, weiter gewährt zu bekommen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Einzelrichter (Berichterstatter) einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich der Akte des SG – S 19 RA 2512/02) und Beklagtenakten () verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist insoweit begründet, als die angefochtenen Vorentscheidungen aufzuheben waren. Im Übrigen ist sie unbegründet.

Die angefochtenen Bescheide waren deshalb aufzuheben, weil sie eine Leistung abgelehnt haben, die nicht beantragt worden war (vgl. §§ 18 Satz 2 SGB X, 115 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Die Beklagte kann sich demgegenüber nicht auf den für SGB VI – Erwerbsminderungsrenten bestimmten Formularantrag vom 15. Januar 2001 berufen, den auszufüllen sie dem Kläger mit dem Hinweis abverlangte, dies sei zur sachgerechten Entscheidung über den Antrag erforderlich. Nach dem Inhalt des Antrags vom 2. Dezember 2000 war dieses Verlangen nicht sachgerecht. Es konnte deshalb auch nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass der Kläger mit der Ausfüllung des Formularantrags seinen Antrag vom 2. Dezember 2000 erweitern wollte. Jedenfalls mit seinem Widerspruch vom 29. April 2001 stellte der Kläger unmissverständlich klar, dass die Bahnversicherungsanstalt über etwas entschieden habe, was er nicht beantragt habe. Auf den Widerspruch hin hätte mithin der Bescheid vom 11. April 2001 aufgehoben werden müssen.

Dementsprechend hätte auch das SG den Bescheid vom 11. April 2001 und den ihn bestätigenden Widerspruchsbescheid vom 25. März 2002 aufheben müssen. Dabei kann dahinstehen, ob die zwischenzeitliche Klageerweiterung – gerichtet auch auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitsrente nach den Vorschriften des SGB VI – den Mangel des fehlenden Leistungsantrags bei Bescheiderteilung hätte heilen können. Denn der Kläger ist jedenfalls zuletzt wieder auf seinen ursprünglichen Antrag vom 6. April 2002 zurückgekommen. Dieser lässt sich aber nicht dahin auslegen, dass mit ihm auch eine Berufsunfähigkeitsrente nach dem SGB VI beantragt werden sollte. Anderenfalls hätte der Kläger nicht vorschlagen können, das Verfahren – insgesamt – ruhen zu lassen oder auszusetzen. Für einen auch geltend gemachten Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente nach dem SGB VI wäre ein Ruhenlassen oder Aussetzen des Verfahrens widersinnig gewesen. Nach allem hätte das SG insoweit nicht in der Sache entscheiden dürfen.

Das angefochtene SG-Urteil unterliegt aber auch insoweit der Aufhebung, als es über den Anspruch auf Weitergewährung der bis 31. Dezember 1991 bezogenen Berufsunfähigkeitsrente entschieden hat. Denn insoweit fehlt es an einem anfechtbaren Verwaltungsakt (vgl. § 54 Abs.

1 Sozialgerichtsgesetz – SGG -). Über den diesbezüglichen Antrag im Verwaltungsverfahren hat die Beklagte bisher nicht entschieden.

Die Kostenentscheidung nach § 193 SGG entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache. Sie berücksichtigt, dass der Kläger insoweit obsiegt hat, als die angefochtenen Vorentscheidungen aufzuheben waren, insoweit aber erfolglos blieb, als seinem Verpflichtungsantrag nicht zu entsprechen war.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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