L 7 AL 2238/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AL 1423/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AL 2238/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19. April 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten streitig ist die Weiterbewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) über den 30. Mai 2002 hinaus.

Die am 1960 geborene Klägerin bezog bis 30. Mai 2002 Arbeitslosenhilfe. Im Mai 2002 stellte sie einen Fortzahlungsantrag und gab dazu an, über Sparvermögen in Höhe von 12.139,73 EUR sowie zwei Rentenversicherungen bei der K. Lebensversicherung zu verfügen, die 1996 bzw. 1998 abgeschlossen worden seien. Die Rentenversicherung Nr. ist ein Vertrag mit einem Einmalbeitrag in Höhe von 16.003,44 EUR; der Rückkaufswert beträgt 17.480,37 EUR, zuzüglich Überschussbeteiligung 19.521,906 EUR. Bei der anderen Rentenversicherung, der Rentenversicherung Nr. 5961645, wurde eine fünfjährige Prämienzahlungsdauer vereinbart; bislang wurden 16.563,306 EUR eingezahlt. Deren Rückkaufswert beträgt 16.977,80 EUR, zuzüglich Überschussbeteiligung 18.817,79 EUR. Eine Umwandlung der Versicherungsverträge in zertifizierte Altersversorgungsverträge ist nach einer Auskunft der K. Lebensversicherung an die Klägerin vom 17. September 2004 nicht möglich.

Die Beklagte lehnte den Fortzahlungsantrag mit Bescheid vom 24. Juni 2002 ab und führte zur Begründung aus, die Klägerin verfüge über Vermögen in Höhe von 44.706,46 EUR und sei daher nicht bedürftig. Unter Berücksichtigung eines Freibetrags in Höhe von 21.840 EUR sei ihr die Verwertung der restlichen 22.866,46 EUR zumutbar. Der dagegen erhobene Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 11. März 2004 zurückgewiesen mit der Begründung, die Klägerin habe im Zeitpunkt der Antragstellung über Vermögen von mindestens 44.706, 46 EUR verfügt. Dieses übersteige den Freibetrag in Höhe von 22.360 EUR, wie er sich aus § 1 Abs. 1 Arbeitslosenhilfeverordnung (AlhiV 2002) vom 13. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3734) ergebe (520,- EUR x 43 Lebensjahre).

Am 8. April 2004 hat die Klägerin Klage erhoben mit der Begründung, von den zwei abgeschlossenen Rentenversicherungen könne sie derzeit weder leben noch etwas "abbeißen". Für den Fall, dass sie die beiden privaten Rentenversicherungen angreifen müsste, würde sie im Rentenalter zum Sozialfall. Der Freibetrag sei in letzter Zeit unangemessen drastisch gesenkt worden. Es sei nicht plausibel, wieso die nicht staatliche geförderte Altersvorsorge bei der Frage der Bedürftigkeit bei der Alhi nicht privilegiert werde. Sie habe bei Abschluss der Versicherungsverträge noch gar nichts vom damals noch nicht ins Leben gerufenen Modell "Riester" wissen können. Auch würde sie bei Auflösung der Rentenversicherungen einen erheblichen Verlust erzielen. Im Übrigen könne sie gegenwärtig gar nicht auf dieses Vermögen Zugriff nehmen.

Durch Urteil vom 19. April 2005 hat das SG die Klage abgewiesen mit der Begründung, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Alhi über den 30. Mai 2002 hinaus. Gem. § 190 Abs. l Nr. 5 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) - in der hier anwendbaren Fassung des 3. SGB III-Änderungsgesetzes vom 22.12.1999, BGBl I 2624 - hätten nur bedürftige Arbeitnehmer Anspruch auf Alhi; nicht bedürftig sei ein Arbeitsloser gem. § 193 Abs. 2 SGB III, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen die Erbringung von Alhi nicht gerechtfertigt sei. Welche Vermögenswerte zu berücksichtigen seien, richte sich auf Grund der Ermächtigung in § 206 Nr. 3 SGB III nach der Arbeitslosenhilfe-Verordnung 2002 (AlhiV v. 13. Dezember 2001, BGB1.13734). Im Falle der Klägerin sei es nicht möglich, die bis zu diesem Zeitpunkt geltende Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV 1974) weiterhin anzuwenden. Das Vertrauen in den Fortbestand einer günstigen Rechtslage sei nicht allgemein geschützt. Dem aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Grundsatz des Vertrauensschutzes werde hinreichend durch die Übergangsvorschrift des § 4 AlhiV 2002 Rechnung getragen. Diese Übergangsvorschrift könne im vorliegenden Fall jedoch keine Anwendung finden, da die Klägerin die Gewährung von Alhi für einen neuen Bewilligungsabschnitt begehre.

Gem. § l Abs. l Nr. l AlhiV 2002 sei das gesamte verwertbare Vermögen des Arbeitslosen zu berücksichtigen. Nicht als Vermögen zu berücksichtigen sei gem. § l Abs. 3 Nr. 3 AlhiV das nach § 10 a oder dem XI. Abschnitt des Einkommenssteuergesetzes (EStG) geförderte Altersvorsorgevermögen. Für die Bewertung sei gem. § l Abs. 4 Satz l AlhiV der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Alhi gestellt werde. Die Klägerin habe im danach maßgeblichen Zeitpunkt den Freibetrag (vgl. § l Abs. 2 AlhiV) übersteigendes Vermögen gehabt, zum einen Sparvermögen in Höhe von insgesamt 12.139,73 EUR (vgl. Antrag, Seite 288 der Akte der Beklagten) und zum anderen Vermögen in Form des Rückkaufswertes zweier Rentenversicherungen bei der K. Lebensversicherung. Der Rückkaufswert der Rentenversicherung Nr. betrage 17.480,37 EUR, zuzüglich Überschussbeteiligung 19.521,906 EUR. Der Rückkaufswert der Rentenversicherung Nr. 5961645 betrage 16.977,80 EUR, zuzüglich Überschussbeteiligung 18.817,79 EUR. Selbst wenn die Überschussbeteiligung im Rahmen eines Rückverkaufs nicht realisierbar sein sollte, habe die Klägerin damit Vermögen in Höhe von jedenfalls 46.597,90 EUR (= 12.139,73 EUR + 17.480,37 EUR + 16.977,80 EUR) besessen, welches ihren Freibetrag selbst dann übersteige, wenn dieser wie von der Beklagten im Widerspruchsbescheid auf 22.360 EUR festgesetzt werden sollte. Die Rentenversicherungen seien zu ihrem Verkehrswert, d. h. dem Rückkaufswert, verwertbares Vermögen im Sinne von § l Abs. l Satz l AlhiV. Verwertbar seien Vermögensgegenstände, die verkehrsfähig seien. Die Rentenversicherungen hätten einen Rückkaufswert, den die Klägerin durch einen Verkauf an die Versicherungsgesellschaft zeitnah realisieren könne. Diese Rentenversicherungen seien keine "Riester-Produkte" und auch nicht in solche umwandlungsfähig. Damit könnten sie nicht gem. § l Abs. 3 Nr. 3 AlhiV als nach § 10 a oder dem zehnten Abschnitt des Einkommenssteuergesetzes (EStG) gefördertes Altersvorsorgevermögen unberücksichtigt bleiben.

In dieser unterschiedlichen Behandlung liege kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. l GG). Zwar würden "Riester-Renten" bei der Anrechnung von den Freibetrag übersteigendem Vermögen privilegiert. Zwischen staatlich gefördertem Vermögen zur zusätzlichen Altersvorsorge und ausschließlich aus privaten Mitteln angespartem Vermögen bestünden jedoch Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigten. Bei den von der Pflicht zur Verwertung ausgenommenen "Riester-Renten" handele es sich um anerkannte Versorgungsvereinbarungen, bei denen die Zweckbestimmung durch die Zertifizierung sichergestellt wird. Dagegen seien private Versicherungen, auch Rentenversicherungen, nicht an den Zweck der Altersvorsorge gebunden. Der Arbeitslose könne sich die Versicherung gegebenenfalls auch bereits vorher auszahlen lassen oder nach Versicherungsende die ausgezahlte Versicherungssumme anderweitig verwenden. Mit der Freistellung der "Riester-Rente" von der Verwertung werde darüber hinaus im Sinne einer sachlich gebotenen Ausnahme die Zweckbestimmung der staatlichen Fördermittel abgesichert.

Die Verwertung der berücksichtigten Vermögenswerte sei auch nicht offensichtlich unwirtschaftlich im Sinne von § l Abs. 3 Nr. 6 AlhiV. Offensichtlich unwirtschaftlich sei eine Verwertung nur dann, wenn der dadurch erlangte bzw. zu erzielende Gegenwert in einem (deutlichen) Missverhältnis zum wirklichen Wert des verwerteten bzw. zu verwertenden Vermögensgegenstandes steht oder stehen würde. Umgekehrt sei offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Vermögensverwertung nicht gegeben, wenn das Ergebnis der Verwertung vom wirklichen Wert nur geringfügig abweiche. Vorliegend überstiegen nach eigenem Bekunden der Klägerin die Rückkaufswerte die bis zu diesem Zeitpunkt eingezahlten Beiträge. Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung der Rentenversicherungen folge auch nicht daraus, dass diese zur Alterssicherung bestimmt gewesen seien und diese durch die Verwertung erschwert werden könnte. Den Tatbestand der Berücksichtigungsfreiheit derjenigen Vermögenswerte, die der Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung dienten (§ 6 Abs. 3 Nr. 3 AlhiV 1974), habe der Gesetzgeber aufgegeben, den "Unwirtschaftlichkeits"-Tatbestand dagegen in die AlhiV 2002 übernommen. Erwägungen zur individuellen Zumutbarkeit der Verwertung und zur Billigkeit des Ansinnens, vorhandenes Vermögen zur Abwendung der Bedürftigkeit einzusetzen, seien bei der AlhiV 2002 damit grundsätzlich nicht mehr anzustellen. Selbst wenn die AlhiV als Rechtsgrundlage für das auf den Alhi-Anspruch anzurechnende Vermögen insoweit unzulänglich sein sollte, als sie entgegen den Vorgaben des § 193 Abs. 2 SGB III auf eine Zumutbarkeitsprüfung im Sinne einer allgemeinen Härteklausel (wie sie zuvor in § 6 Abs 3 Satz l AlhiV 1974 enthalten war) verzichte, ergäbe sich im vorliegenden Fall kein anderes Ergebnis. Selbst wenn man davon ausgehe, dass, weil die Alhi eine gegenüber der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) vorrangige Sozialleistung darstelle, auch hierbei zumindest das Vermögen von der Anrechnung freizustellen sei, welches nach den Vermögensanrechnungsvorschriften des BSHG nicht einzusetzen sei, wären die Rentenversicherungen der Klägerin einzusetzendes Vermögen. Denn die Bestimmung des § 88 Abs 3 Satz l BSHG lasse die Verwertung von Vermögen u. a. dann nicht zu, wenn dies für den Betroffenen und seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Eine solche Härte sei im Fall der Klägerin nicht gegeben. Es könne nämlich nicht festgestellt werden, dass die vorzeitige Verwertung ihrer Rentenversicherungen ursächlich dazu führen werde, dass die Klägerin in Zukunft ihre Altersversorgung durch die Inanspruchnahme von ergänzender Hilfe zum Lebensunterhalt werde bestreiten müssen. Zudem könne die im Jahre 1960 geborene Klägerin in Zukunft noch weitere Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung ansammeln und so eine angemessene gesetzliche Altersversorgung erwerben. Zwar sei sie zur Zeit arbeitslos, doch erwerbe sie auch insoweit Anrechnungszeiten nach § 58 Abs. l Satz l Nr. 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI).

Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten durch Empfangsbekenntnis am 27. April 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 25. Mai 2005 Berufung eingelegt, mit welcher sie ihr bisheriges Vorbringen weiter verfolgt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19. April 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 24. Juni 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. März 2004 zu verurteilen, ihr über den 30. Mai 2002 hinaus bis zum 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 und 3 SGG) eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat mangels Bedürftigkeit keinen Anspruch auf Gewährung von Alhi im streitigen Zeitraum (31. Mai 2002 bis 31. Dezember 2004).

Nach § 190 Abs. 1 Nr. 5 SGB III haben Anspruch auf Alhi Arbeitnehmer, die u. a. bedürftig sind. Nach § 193 Abs. 2 SGB III ist ein Arbeitsloser nicht bedürftig im Sinne des § 190 Abs. 1 Nr. 5 SGB III, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen, das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder das Vermögen einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, die Erbringung von Arbeitslosenhilfe nicht gerechtfertigt ist. Unter welchen gesetzlichen Voraussetzungen dies der Fall ist, konkretisieren im Einzelnen die aufgrund der Ermächtigung in § 206 Nr. 1 SGB III zu beachtenden Vorschriften der AlhiV 2002 vom 13. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3734); diese ist für das Jahr 2002 in der am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Fassung anzuwenden und für den anschließenden Anspruchszeitraum in der am 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Fassung, die sie durch Artikel 11 des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl I S. 4607) erhalten hat.

Hiervon ausgehend ist die Entscheidung des SG, wonach die Klägerin aufgrund ihres den Freibetrag übersteigenden Vermögens nicht bedürftig ist, rechtlich nicht zu beanstanden. Auf die zutreffenden Ausführungen des SG wird der wegen der weiteren Begründung Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Bedürftigkeitsprüfung im Rahmen der Alhi-Bewilligung nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt begrenzt ist. Die Anspruchsvoraussetzung der Bedürftigkeit kann vielmehr während der Dauer der Arbeitslosigkeit wegfallen oder neu eintreten kann, jeweils mit der Folge, dass die Änderung vom Zeitpunkt ihres Eintritts an zu berücksichtigen ist; entscheidend ist jeweils, ob der Lebensunterhalt während des Zeitraums gesichert ist, für den Alhi beansprucht wird (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteile vom 25. März 1999, BSGE 84, 48 , 50 = SozR 3-4220 § 6 Nr. 7, vom 29. März 2001, SozR 3-4100 § 138 Nr. 17, S 91 f. und vom 17. Dezember 2002 - B 7 AL 126/01 R -, RegNr. 25987 (BSG-Intern)). Dies kann im Einzelfall dazu führen, dass sich aufgrund einer zwischenzeitlichen Änderung der Sach- und Rechtslage für einen neuen Bewilligungszeitraum ein niedrigerer oder gar kein Alhi-Anspruch ergibt, wie dies bei der Klägerin aufgrund des Inkrafttretens der AlhiV 2002 mit Wirkung zum 1. Januar 2002 der Fall ist.

Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Neuregelung bestehen jedoch nicht (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 7. Juli 2004 - L 12 (9) AL 220/03 - m.w.N., juris). Der Alhi-Anspruch unterliegt nach ständiger Rechtsprechung des BSG nicht der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG), da es sich nicht um eine aus Beitrags-, sondern aus Steuermitteln finanzierte Leistung handelt ( BSG, Urteil vom 5.11.1998 - B 11 AL 7/98 R -, BSGE 59, 227 , 233 = SozR 4100 § 134 Nr. 29; BSG SozR 3-4100 § 138 Nr. 7; BSGE 73, 10, 17 = SozR 3-4100 § 118 Nr. 4; Urteile vom 25. Juni 1998 - B 7 AL 128/97 R - und - B 7 AL 2/98 R -). Daher geht der aus Steuermitteln finanzierte Alhi-Anspruch nicht, was Voraussetzung für den Eigentumsschutz sozialrechtlicher Rechtspositionen ist, auf eine eigene Leistung der Betroffenen zurück.

Die Klägerin kann auch aus dem Sozialstaatsprinzip ( Art. 20 Abs. 1 GG ) keinen Rechtsanspruch auf einen Mindestbetrag an Alhi herleiten. Das Sozialstaatsprinzip gewährt als solches keinen Anspruch auf eine bestimmte soziale Regelung oder einen Mindestbetrag an Alhi ( BSGE 55, 115 , 120 = SozR 1500 § 162 Nr. 17; BSGE 73, 10 , 18 mwN = SozR 3-4100 § 118 Nr. 4). Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn - wie hier - eine aufgrund der geänderten Gesetzeslage gebotene Vermögensanrechnung zum vollständigen Fortfall eines - zuvor bestehenden - Anspruchs führt. Dem Gesetzgeber steht vielmehr im Rahmen des Sozialstaatsprinzips ein weiter Gestaltungsspielraum zu, wie er Sozialleistungen gewähren und ausgestalten will ( BVerfGE 69, 272 , 314 = SozR 2200 § 165 Nr. 81; BVerfGE 82, 60 , 80 = SozR 3-5870 § 10 Nr. 1; BVerfGE 94, 241 , 263 = SozR 3-2200 § 1255a Nr. 5; Urteile vom 25. Juni 1998 - B 7 AL 128/97 R - und - B 7 AL 2/98 R -). Nach der Rechtsprechung des BSG gewährleistet bei Fortfall des Anspruchs auf Alhi, welcher Elemente einer Fürsorgeleistung enthält, das sodann zustehende Recht auf Sozialhilfeleistungen grundsätzlich einen angemessenen Ausgleich, zumal Bezieher von Alhi mit entwertenden Eingriffen in ihre Ansprüche aus übergeordneten öffentlichen Interessen rechnen müssten (BSG, Urteil vom 12. November 1981 - 7 RAr 51/80 - DBlR § 134 Nr. 2710a; BSGE 59, 157 , 161 f = SozR 1300 § 45 Nr. 19; BSGE 59, 227 , 231 = SozR 4100 § 134 Nr. 29; SozR 3-4100 § 242q Nr. 1).

Schließlich kann in der getroffenen Regelung des § 1 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 3 AlhiV 2002, welche die sog. Riester-Renten gegenüber anderen Altersvorsorgerenten privilegiert, indem auch der den Freibetrag übersteigende Teil nicht eingesetzt zu werden braucht, kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG erkannt werden. Diese Regelung ist vom beschriebenen weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Gewährung und Ausgestaltung von Sozialleistungen gedeckt. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, bestehen zwischen staatlich gefördertem Vermögen zur zusätzlichen Altersvorsorge und ausschließlich aus privaten Mitteln angespartem Vermögen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen. "Riesterprodukte" nach dem Altersvermögensgesetz sind grundsätzlich zertifiziert und ihre Zweckbestimmung zur Altersvorsorge wird öffentlich-rechtlich überwacht, sodass der Verordnungsgeber nicht gehindert war, die Regelung des § 1 Abs. 3 Nr. 3 AlhiV 2002 zu treffen (BSG, Urteil vom 9. Dezember 2004 - B 7 AL 30/04 R -, SozR 4-4300 § 193 Nr. 2). Demgegenüber sind private Lebensversicherungen nicht an den Zweck der Altersvorsorge gebunden. Sie versichern zunächst das Risiko des Todesfalles. Dienen sie darüber hinaus - wie hier - der Vermögensbildung, können sie zwar vom Arbeitslosen zu einer angemessenen Altersvorsorge verwandt werden. Diese Verwendung zur Altersvorsorge ist aber nicht zwingend. Der Arbeitslose kann sich die Lebensversicherung auch bereits vorher auszahlen lassen oder nach Versicherungsende die ausgezahlte Versicherungssumme anderweitig verwenden. Mit der Freistellung der "Riester-Rente" von der Verwertung wird darüber hinaus im Sinne einer sachlich gebotenen Ausnahme die Zweckbestimmung der staatlichen Fördermittel abgesichert (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; vgl. auch LSG Berlin, Urteil vom 2. September 2003 - L 6 AL 16/03 - juris).

Eine abweichende Beurteilung folgt auch nicht aus dem Berufungsvorbringen, die Klägerin habe im Vertrauen auf den Fortbestand der früher geltenden Regelung - und entsprechend den politischen Empfehlungen - private Altersvorsorge betrieben, in welche nun eingegriffen werde, indem sie gezwungen werde, ihre Rentenversicherungen aufzulösen und vom Erlös ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Denn ein solches Vertrauen in den Fortbestand gesetzlicher Regelungen ist grundsätzlich nicht geschützt; dies gilt auch für den Fortbestand von Vermögensfreigrenzen beim Bezug von Alhi. Beim Inkrafttreten der AlhiV 2002 handelt es sich um eine sog. unechte Rückwirkung, bei welcher auf einen noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt für die Zukunft zum Nachteil des Betroffenen eingewirkt wurde. Eine solche unechte Rückwirkung ist grundsätzlich auch unter dem Aspekt des Vertrauensschutzes verfassungsrechtlich zulässig, da es keinen allgemeinen Anspruch auf den Fortbestand einer bestimmten Regelung gibt, es sei denn, dass der Betroffene mit dem gesetzlichen Eingriff nicht zu rechnen brauchte und diesen nicht bei seinen Dispositionen berücksichtigen konnte oder sein Vertrauen schutzwürdiger als das mit dem Erlass der Regelung verfolgte Anliegen ist. Hiervon kann jedoch in Bezug auf die (differenzierende) Regelung über das verwertbare Vermögen aus den dargestellten Gründen nicht ausgegangen werden. Der Senat vermag daher nicht zu erkennen, dass der gesetzgeberische Wertungs- und Gestaltungsspielraums durch die in § 1 Abs. 1, 2 und 3 Nr. 3 AlhiV in gleichheitswidriger oder sonst rechtswidriger Weise überschritten worden wäre (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).

Die Entscheidung des SG ist auch insoweit nicht zu beanstanden, als dieses die offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung der Rentenversicherung der Klägerin verneint hat. Offensichtliche Unwirtschaftlichkeit i. S. von § 1 Abs. 3 Nr. 6 AlhiV 2002 liegt nicht vor, soweit die Rückkaufswerte der Kapitallebensversicherungen die eingezahlte Summe der Beiträge übersteigen (vgl. BSG, Urteile vom 25. April 2002 - B 11 AL 69/01 R = DBlR 4750a, AFG/§ 137, vom 25. Mai 2005 - B 11a/11 AL 51/04 R - = SozR 4-4220 § 6 Nr. 2, vom 14. September 2005 - B 11a/11 AL 71/04 R- = SozR 4-4300 § 193 Nr. 9 und vom 13. September 2006 - B 11a AL 53/05 R - juris). Hiervon ausgehend lässt sich eine Unwirtschaftlichkeit in diesem Sinne nicht feststellen, denn ausweislich der im Verfahren vor dem SG vorgelegten Schreiben der K. Versicherung vom 21. September 2004 (Bl. 24 und 27 der SG-Akte) liegt der Rückkaufswert bei beiden Versicherungen über der Summe der jeweils eingezahlten Beiträge.

Die mit der Berufung nicht dezidiert angegriffenen Ausführungen des SG zum Nichtvorliegen einer besonderen Härte im Einzelfall bei einer Vermögensverwertung unterliegen ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken (zur Unvereinbarkeit des Fehlens einer allgemeinen Härteklausel in der AlhiV 2002 mit der Ermächtigungsgrundlage in § 206 Nr. 1 , § 193 Abs. 2 SGB III und zur entsprechenden Anwendung von § 12 Abs. 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), vgl. BSG , Urteile vom 13. Dezember 2004 - B 7 AL 30/04 R - SozR 4-4300 § 193 Nr. 2, vom 14. September 2005, a.a.O. und vom 13. September 2006, a.a.O.). Denn auch unter Berücksichtigung eines zusätzlichen Freibetrags für Altersvorsorgevermögen entsprechend der jetzt geltenden Regelung des § 12 Abs. 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Zweites Buch ergeben sich keine hinreichenden Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Härtefalles bei der Klägerin.

Schließlich vermag der Senat auch nicht festzustellen, dass bei der Klägerin innerhalb des streitgegenständlichen Zeitraums, z. B. durch Verbrauch eines bestimmten Vermögenswerts, Bedürftigkeit gemäß § 190 Abs. 1 Nr. 5 SGB III später eingetreten ist. Denn sie war während des gesamten streitbefangenen Zeitraums in der Lage, ihren Lebensunterhalts zu bestreiten, ohne auf die genannten Versicherungen bei der K. Lebensversicherung zurückzugreifen bzw. diese (teilweise) kapitalisieren zu müssen. War aber ihr (einzusetzendes) Vermögen noch bis (mindestens) Ende 2004 vorhanden, so verblieb es bis dahin bei ihrer fehlenden Bedürftigkeit.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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