S 60 AL 986/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
60
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 60 AL 986/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Höhe des Insolvenzgeldes bei Kurzarbeit und hierbei insbesondere um die Berücksichtigung des vollständigen Arbeitsentgeltes ohne Kurzarbeit.

Die am 4. März 1950 geborene Klägerin stand ab 1. Januar 1982 in einem Arbeitsverhältnis als EDV-Beraterin. Wegen Zahlungsunfähigkeit wurde das Arbeitsentgelt ab April 2004 nicht mehr gezahlt. Wegen der Vereinbarung von Kurzarbeit wurde für April 2004 Kurzarbeitergeld für 115,20 Stunden in Höhe von 947,46 EUR gezahlt, während Arbeitsentgelt für 22,5 Stunden vom Arbeitgeber nicht bezahlt wurde. Der Arbeitgeber rechnete für April 2004 einen zu zahlenden Nettobetrag von 1.616,12 EUR aus, der abzüglich des gezahlten Kurzarbeitergeldes von 947,46 EUR einen zu zahlenden Restbetrag von 668,66 EUR ergab. Ab 18. Mai 2004 erhielt die Klägerin Arbeitslosengeld im Wege der Gleichwohlgewährung. Am 1. Juli 2004 eröffnete das Amtsgericht Charlottenburg – – das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers.

Auf den Antrag der Klägerin vom 3. Mai 2004 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 9. September 2004 Insolvenzgeld für ausgefallenes Arbeitsentgelt vom 1. April 2004 bis 30. Juni 2004, wobei sie für April 2004 einen Betrag von 668,66 EUR und für Mai und Juni 2004 von jeweils 2.791,16 EUR ansetzte sowie das geleistete Arbeitslosengeld von 1.865,16 EUR absetzte. Den Widerspruch der Klägerin wegen der Höhe des Insolvenzgeldes wies die Beklagte nach Einholung einer Stellungnahme des Insolvenzverwalters mit Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 2005 zurück, der am 21. Februar 2005 zuging.

Mit der am 21. März 2005 eingegangenen Klage verfolgte die Klägerin ihr Begehren auf höheres Insolvenzgeld weiter. Sie trägt vor, das zu berücksichtigende Arbeitsentgelt müsse für April 2004 die gleiche Höhe erreichen wie jeweils für Mai und Juni 2004. Mit der Kurzarbeit habe sie sich nur auf Druck des Arbeitgebers einverstanden erklärt. Ohne ihre Bereitschaft hierzu hätte sie höheres Insolvenzgeld bekommen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides der Agentur für Arbeit Berlin Nord vom 9. Septem- ber 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 2005 zu verurteilen, ihr höheres Insolvenzgeld für ausgefallenes Arbeitsentgelt vom 1. April 2004 bis 30. Juni 2004 unter Berücksichti- gung des vollen Arbeitsentgelts, ohne Kürzung durch die Kurzarbeit für April 2004, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hält die angefochtenen Bescheide aus den Gründen des Vorverfahrens für rechtmäßig. Nach ihrer Auffassung kann über das Insolvenzgeld für April 2004 nur das ausgefallene Arbeitsentgelt gegen Arbeitsleistung, nicht aber die Kurzarbeit ausgeglichen werden.

Der die Klägerin betreffende Insolvenzgeld-Vorgang hat der Kammer vorgelegen und ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die frist- und formgerecht erhobene Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

Der angefochtene Bescheid der Arbeitsagentur vom 9. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 2005 ist rechtmäßig. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf höheres Insolvenzgeld für ausgefallenes Arbeitsentgelt vom 1. April 2004 bis 30. Juni 2004 als in dem angefochtenen Bescheid bewilligt zu, insbesondere nicht die Zugrundelegung eines Arbeitsentgelts für April 2004 ohne Kurzarbeit.

Anspruch auf Insolvenzgeld haben gemäß § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch / Arbeitsförderung – SGB III – Arbeitnehmer, wenn sie im Inland beschäftigt waren, und bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers (Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Das Insolvenzgeld sichert bei Insolvenz des Arbeitgebers den Anspruch des Arbeitnehmers auf im Insolvenzgeldzeitraum tatsächlich erarbeitetes Arbeitsentgelt grundsätzlich in Höhe des Nettoentgelts, so wie es auch der Arbeitgeber hätte zahlen müssen. Insoweit soll der Arbeitnehmer durch die Insolvenz nicht schlechter, aber auch nicht besser gestellt werden (vgl. Niesel, SGB III, 3. A., § 185 Rdnr. 2). Dementsprechend kann für das Insolvenzgeld das Arbeitsentgelt für April 2004 nur insoweit zugrunde gelegt werden, als es durch die Insolvenz ausgefallen ist, nicht jedoch, insoweit es durch die Vereinbarung über Kurzarbeit entfallen ist. Denn bei wirksamer Kurzarbeitsanordnung hat der Arbeitnehmer nur Anspruch auf entsprechend gekürztes Arbeitsentgelt. Der Anspruch auf Kurzarbeit hat als immanente Voraussetzung die wirksame Anordnung der Kurzarbeit, sonst behalten die Arbeitnehmer ihre Entgeltansprüche in voller Höhe wegen Annahmeverzugs weiter. Vereinbart aber der Arbeitgeber mit den Arbeitnehmern die vorübergehende Kürzung der betriebsüblichen normalen Arbeitszeit aufgrund Arbeitsausfalls, begeben sich die Arbeitnehmer dadurch des Anspruchs auf Arbeitsentgelt insoweit. Die Kompensation dieses teilweisen Arbeitsentgeltsausfalls infolge Kurzarbeit erfolgt durch die Gewährung des Kurzarbeitergeldes. Insoweit erfolgt kein vollständiger Ausgleich des ausfallenden Arbeitsentgelts, sondern eine Absenkung, indem gemäß § 178 das Kurzarbeitergeld für Arbeitnehmer, die beim Arbeitslosengeld die Voraussetzungen für den erhöhten Leistungssatz erfüllen würden, 67 %, und für die übrigen Arbeitnehmer 60 % der Nettoentgeltdifferenz im Anspruchszeitraum beträgt. Hieraus folgt, dass die Klägerin die Absenkung ihres Arbeitsentgelts infolge der Kurzarbeit nicht über das Insolvenzgeld ausgleichen kann, da hierfür die Vereinbarung der Kurzarbeit, nicht aber die Insolvenz maßgebend ist. Insoweit erfolgt der Ausgleich lediglich über die Gewährung des Kurzarbeitergeldes. Im Rahmen des Insolvenzgeldes kann daher nur der trotz Kurzarbeit bestehenbleibende Arbeitsentgeltanspruch Berücksichtigung finden, der bei der Klägerin für April 2004 22,5 Stunden umfasste. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte bei der Berechnung des Insolvenzgeldes für April 2004 den errechneten Nettobetrag von 1.616,12 EUR nur abzüglich des geleisteten Kurzarbeitergeldes von 947,48 EUR in Höhe des Differenzbetrages von 668,66 EUR berücksichtigt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz - SGG -. Sie entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache.
Rechtskraft
Aus
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