Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mainz (RPF)
Aktenzeichen
S 2 KA 66/02
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 5 KA 9/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine Sprechstundenbedarfsvereinbarung, worin der Kassenärztlichen Vereinigung die Befugnis zur sachlich-rechnerischen Berichtigung eingeräumt ist, verstößt nicht gegen § 48 Abs 2 BMV-Ä bzw § 44 Abs 2 EKV-Ä.
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 26.10.2005 wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Umstritten ist die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten im Wege der sachlich-rechnerischen Berichtigung vorgenommenen Kürzungen bei dem Sprechstundenbedarf der Klägerin in den Quartalen IV/99, I/00 und II/00 in Höhe von insgesamt 5.366,74 EUR.
Die Klägerin ist eine aus zwei Augenärzten bestehenden Gemeinschaftspraxis. In den genannten Quartalen verordneten die Ärzte im Zusammenhang mit ihrer operativen Tätigkeit als Sprechstundenbedarf Tarivid-, Doxycyclin-, Prednisolon- und Rohypnoltabletten sowie Ciba Vision Blue Farbstofflösung (Farbstoff, der intraoperativ verwendet wird, um die Linsenkapsel besser sichtbar zu machen und Komplikationen Kapselruptur zu vermeiden). Mit Bescheiden vom 26.3.2001 (Quartal IV/99), 25.4.2001 (Quartal I/00) und 28.6.2001 (Quartal II/00) stellte die Beklagte im Wege der sachlich-rechnerischen Richtigstellung fest, dass die genannten Medikamente nicht als Sprechstundenbedarf verordnungsfähig seien. Hinsichtlich der Ciba Vision Blue Farbstofflösung rügte die Beklagte ua die Größenordnung der Lieferung dieser Farbsubstanz; aus der entsprechenden Rezeptkopie betreffend das Quartal IV/99 gehe hervor, dass Vision Blue in der Größenordnung 1 ml 5 Stück verordnet worden sei, während die vorgelegte Versandrechnung fünf Versandeinheiten à 10 x 1 ml als Liefermenge ausweise. Der von der Beklagten festgesetzte Gesamtforderungsbetrag für die streitgegenständlichen Quartale gegenüber der Klägerin belief sich auf insgesamt 5.366,74 EUR (IV/99: 2.566,90 EUR; I/00: 1.061,68 EUR; II/00: 1.738,16 EUR).
Die Beklagte stützte sich hierbei auf die Sprechstundenbedarfsvereinbarung vom 1.7.1995. Dort ist unter V. ua geregelt:
"1. Werden andere als die nach der Sprechstundenbedarfsregelung zulässigen Mittel verordnet, so sind die hierdurch entstehenden Kosten bzw Mehrkosten von der Kassenärztlichen Vereinigung im Wege sachlich-rechnerischer Richtigstellung festzusetzen und vom Vertragsarzt zu erstatten ...
2. Unabhängig von der Durchführung sachlich-rechnerischer Richtigstellungen erfolgt die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnung von Sprechstundenbedarf nach den Bestimmungen der zwischen den Verbänden der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung Pfalz getroffenen Prüfvereinbarung ..."
Mit ihren Widersprüchen gegen die genannten Bescheide machte die Klägerin geltend, die Medikamente seien im Rahmen der operativen Tätigkeit unerlässlich, wobei mit der Verordnung als Sprechstundenbedarf eine Kostenersparnis für die beantragende Krankenkasse und die Versichertengemeinschaft verbunden sei. Hinsichtlich der Farbstofflösung Vision Blue sei die Falschlieferung für die Beklagte ohne weiteres erkennbar gewesen, sodass es unzulässig sei, sie, die Klägerin, in Haftung zu nehmen.
Die Beklagte wies die Widersprüche unter Berücksichtigung einer Stellungnahme der beratenden Apothekerin Dr R durch Widerspruchsbescheide vom 31.1.2002 (zugestellt am 5.2.2002) zurück. Zur Begründung hieß es: Als Sprechstundenbedarf dürften nur diejenigen Arzneimittel verordnet werden, die der Arzt für eine den medizinischen Erfordernissen entsprechende unaufschiebbare Sofortbehandlung in seiner Praxis verfügbar haben müsse. Die als Sprechstundenbedarf verordnungsfähigen Mittel seien in dem Positivkatalog der Anlage 1 zur Sprechstundenbedarfsregelung festgelegt. Die hier in Rede stehenden Medikamente seien Arzneimittel, die nur auf den Namen der jeweiligen Patienten hätten verordnet werden dürfen. Hinsichtlich der Farbstofflösung Ciba Vision Blue sei zweifelhaft, ob sie als Sprechstundenbedarf verordnungsfähig sei. Dessen ungeachtet sei die Beanstandung vor allem hinsichtlich der angelieferten Menge und des dadurch entstandenen Rechnungsbetrages erfolgt.
Am 4.3.2002 hat die Klägerin Klage erhoben und vorgetragen: Die Tarivid- und Prednisolontabletten würden zur Durchführung oder in zeitlich begrenztem Anschluss an operative Eingriffe verwendet. Hätte man jedem Patienten ein Rezept für die kleinste Packung ausgestellt, hätten in den allermeisten Fällen acht von zehn Tabletten nicht gebraucht werden können und entsorgt werden müssen. Außerdem dürften Mittel, die als Sprechstundenbedarf nicht zulässig seien, erst gar nicht von den Krankenkassen bezahlt werden; die Rezepte müssten unmittelbar an die Apotheke zurückgegeben werden, damit diese sie dem Verursacher bzw Verordner unmittelbar in Rechnung stelle, der dann sofort reagieren könne und nicht erst zwei Jahre später, zumal die Kassen zuvor die als Sprechstundenbedarf verordneten Mittel immer bezahlt hätten. Für Doxycylin-Tabletten gelte ähnliches wie für Tarivid-Tabletten. Rohypnol-Tabletten würden bei besonders unruhigen und nervösen Patienten vor der Operation verabreicht und zwar in einer Dosierung von einer oder einer halben Tablette; hätte man jedem Patienten ein Rezept ausgestellt, hätte sie, die Klägerin, unwirtschaftlich gehandelt. Es wäre verwunderlich, wenn der Farbstoff Vision Blue nicht als Sprechstundenbedarf beziehbar sein solle, während das Beheben von auftretenden Komplikationen, die durch diesen Farbstoff vermieden werden könnten, durch entsprechende Eingriffe mit entsprechender Leistungsziffer bezahlt werden könne. Sie, die Klägerin, habe mit dem Rezept vom 26.11.1999 5 Stück von 1 ml Vision Blue verordnet; wenn die Krankenkassen mehr bezahlten, könne sie hierfür nicht in Regress genommen werden. Erst mit Schreiben vom 31.1.2002 sei ihr mitgeteilt worden, dass die Färbesubstanz auf den Namen des Patienten verordnet werden könne.
Die Beklagte hat vorgetragen: Der unmittelbar vor einer Kataraktoperation erfolgende Einsatz antibiotisch wirkender Medikamente in Form von Tabletten sei nicht nur unüblich, sondern im Hinblick auf allgemeinmedizinische Komplikationen sogar hoch bedenklich. Sachgerecht wäre es, den lokal am Auge anzuwendenden Spüllösungen Antibiotika beizumischen. Auch wäre es sinnvoll und vertretbar, wenn vor einer Kataraktoperation antibiotische Augentropfen auf den Namen des Patienten und zu Lasten der jeweils zuständigen Krankenkasse verordnet würden. Der Einsatz von Cortision (in Form von Prednisolon) nach einer Kataraktoperation in Tablettenform sei ebenfalls unüblich; das Corticoid sollte in Form einer lokalen Tropfen- bzw Salbentherapie verabreicht werden, um im Auge einen hohen Wirkstoffspiegel zu erreichen. Die Gabe eines Beruhigungsmittels vor einer Operation sei durchaus üblich und zulässig; die langwirkenden Rohypnol Tabletten seien hierzu jedoch wegen ihrer langen Halbwertszeit ungeeignet. Die Klägerin hat hierzu ausgeführt, diese Argumentation der Beklagten verstoße gegen ihre Therapiefreiheit.
Durch Urteil vom 26.10.2005 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Aus der Aufgliederung der Sprechbedarfsvereinbarung sei zu folgern, dass ein Mittel dann verordnungsfähig sei, wenn es entweder ausdrücklich in der Anlage aufgenommen worden sei oder wenn es unabhängig davon die begrifflichen Voraussetzungen des Sprechstundenbedarfs erfülle und die Kosten nicht bereits anderweitig abgegolten seien. Ausgehend davon seien die angefochtenen Bescheide rechtmäßig. Es gehöre nicht zu den Tätigkeiten des Vertragsarztes, in größerem Umfang zu Gunsten der Patienten Arzneimittel zu beschaffen; vielmehr solle die Einzelverordnung im Vordergrund stehen. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in seinem Urteil vom 20.10.2004 (B 6 KA 65/03 R) die grundsätzliche Zuständigkeit der KÄV zur sachlich-rechnerischen Honorarberichtigung und zur Festsetzung von Schadensersatzansprüchen wegen unzulässiger Arzneimittelverordnungen, wozu auch die Abwicklung des Sprechstundenbedarfs zu rechnen sei, bejaht. Aus einem Urteil des BSG vom gleichen Tag (B 6 KA 41/03 R) gehe hervor, dass für die Schadensabwicklung auf Grund fehlerhafter Anlieferungen von Arzneimittelverordnungen der verordnende Arzt hafte.
Gegen dieses ihr am 2.1.2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 25.1.2006 eingelegte Berufung der Klägerin, die vorträgt: Zum Gegenstand der Berufung werde allein die Rechtsfrage gemacht, ob die Beklagte bei der Verordnung nicht verordnungsfähiger Gegenstände des Sprechstundenbedarfs zur Vornahme sachlich-rechnerischer Berichtigungen berechtigt gewesen sei oder ob sich die diesbezügliche Regelung in Ziff V. der Sprechstundenbedarfsvereinbarung vom 1.7.1995 als rechtswidrig erweise. Die Festsetzung von Regressen wegen der Verordnung nicht verordnungsfähigen Sprechstundenbedarfs entspreche inhaltlich der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs in Gestalt der Feststellung eines sog sonstigen Schadens. Es liege kein Fall der sachlich-rechnerischen Berichtigung vor. Letztere beziehe sich inhaltlich zwingend auf eine (zu berichtigende) Honorarforderung des Vertragsarztes. Mittel, die demgegenüber wie die Gegenstände des Sprechstundenbedarfs nicht über den Behandlungsausweis abgerechnet würden und folglich auch nicht Eingang in die vertragsärztliche Honorierung fänden, seien einer sachlich-rechnerischen Berichtigung nicht zugänglich. Dies habe das BSG in seinen beiden Urteilen vom 20.10.2004 (B 6 KA 41/03 R; B 6 KA 65/03 R) klargestellt. Zwar komme nach § 48 Abs 2 Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV Ä) bzw § 44 Abs 2 Bundesmantelvertrag Ärzte/Ersatzkassen (EKV Ä) eine Regressierung der Verordnung von nicht verordnungsfähigem Sprechstundenbedarf durch die KÄV in Betracht, jedoch nur bei Zustimmung des Vertragsarztes, die vorliegend nicht erteilt worden sei. Von diesem bundesmantelvertraglich vorgegebenen Zustimmungserfordernis könnten gesamtvertragliche Vereinbarungen zwischen der KÄV und den einzelnen Kostenträgern nicht dispensieren. Der Vorrang bundesmantelvertraglicher Regelungen sei im Rahmen gesamtvertraglicher Regelungen gemäß § 83 Abs 1 Satz 1 SGB V zu beachten. § 48 Abs 1 BMV Ä beziehe sich inhaltlich auf jedweden von einem Vertragsarzt bei einer Krankenkasse verursachten sonstigen Schaden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 26.10.2005 sowie die Bescheide der Beklagten vom 26.3., 25.4. und 28.6.2001 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 31.1.2002 aufzuheben,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor: Die Zuständigkeit der Prüfgremien für die Wirtschaftlichkeit für die Prüfung des Sprechstundenbedarfs ergebe sich nicht aus dem Urteil des BSG vom 20.10.2004 (B 6 KA 65/03 R). Vorliegend gehe es darum, ob die Mittel als Sprechstundenbedarf oder auf dem Wege über Einzelverordnungen zu beschaffen gewesen seien. Derartige Fallgestaltungen fielen nicht unter § 48 Abs 1 BMV Ä bzw § 44 Abs 1 EKV Ä, denn es gehe nicht um Verordnungen, die aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen seien. Diese Vorschriften begründeten eine alleinige Zuständigkeit der Prüfgremien nur für zwei ganz bestimmte Fälle eines sonstigen durch einen Vertragsarzt verursachten Schadens, nämlich die der unzulässigen Verordnung von aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossenen Leistungen und die der fehlerhaften Ausstellung von Bescheinigungen. Hieraus folge, dass eine bundesmantelvertragliche, also bundesrechtliche Zuständigkeitsregelung für die vorliegend streitigen Fälle nicht gegeben sei. Außerdem sei in diesen Fällen nicht das Wirtschaftlichkeitsgebot im weitesten Sinne betroffen.
Die Beigeladene schließt sich dem Antrag der Beklagten an und trägt vor: Eine Zuständigkeitsregelung für Fälle, in denen die Verordnungsweise nicht wegen Unwirtschaftlichkeit, sondern aus anderen Gründen zu beanstanden sei, enthalte der BMV Ä nicht. Diese Regelungslücke hätten die Parteien des Gesamtvertrages mit der Sprechstundenbedarfsregelung schließen dürfen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakte verwiesen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die nach §§ 143 f, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG – zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Die Beklagte war für die getroffene Entscheidung über die Festsetzung der von der Klägerin zu erstattenden Kosten, betreffend den Sprechstundenbedarf zuständig. Dies ergibt sich aus der zwischen der Beklagten und den Landesverbänden der Krankenkassen abgeschlossenen Sprechstundenbedarfsvereinbarung vom 1.7.1995. Danach ist der Beklagten in V. die Befugnis zur Durchführung einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung eingeräumt. Diese Regelung verstößt nicht gegen § 48 Abs 1 BMV Ä bzw § 44 Abs 1 EKV Ä (so im Ergebnis auch Sächsisches LSG 26.1.2005 L 1 KA 30/02). Nach diesen Vorschriften wird der durch einen Vertragsarzt verursachte Schaden, der einer Krankenkasse aus der unzulässigen Verordnung von Leistungen, die aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind, oder aus der fehlerhaften Ausstellung von Bescheinigungen entsteht, durch die Prüfungseinrichtungen nach § 106 SGB V festgestellt; nach § 48 Abs 2 BMV Ä bzw § 44 Abs 2 EKV Ä kann mit Zustimmung des Vertragsarztes der Schadensersatzanspruch auch durch die KÄV festgestellt und im Wege der Aufrechnung gegen den Honoraranspruch erfüllt werden. In Bezug auf Sprechstundenbedarf, der nicht als solcher verordnet werden durfte, geht es aber nicht um die Geltendmachung eines "sonstigen Schadens" iSd § 48 Abs 1 BMV Ä bzw § 44 Abs 2 EKV Ä. Es handelt sich nicht um einen Schaden aus der unzulässigen Verordnung von Leistungen, die aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind. Vielmehr sind die betreffenden Arzneimittel grundsätzlich verordnungsfähig; zweifelhaft ist nur, ob sie im Einzelfall und zwar als Sprechstundenbedarf verordnet werden durften. Dieser rechtlichen Beurteilung steht das Urteil des BSG vom 20.10.2004 (B 6 KA 65/03 R, juris Rn 21) nicht entgegen, wo lediglich zu entscheiden war, ob die unzutreffende Verteilung des Sprechstundenbedarfs auf die Primärkassen und Ersatzkassen ein sonstiger Schaden ist.
Der angefochtene Bescheid ist auch im Übrigen rechtmäßig. Die sachlich-rechnerische Richtigstellung findet nach V. 1 der Sprechstundenbedarfsvereinbarung vom 1.7.1995 statt, wenn andere als die nach der Sprechstundenbedarfsvereinbarung zulässigen Mittel verordnet werden. Dies war vorliegend der Fall. Zwar sind in der Anlage 1 Nr 5 zur Sprechstundenbedarfsvereinbarung als zulässige Mittel des Sprechstundenbedarfs ua "Arzneimittel zur Vorbereitung, Durchführung oder im zeitlich begrenzten Anschluss an diagnostische oder therapeutische Eingriffe, soweit nicht mit der Gebühr für die Leistung abgegolten" genannt. Dies genügte aber nicht, um die Mittel als Sprechstundenbedarf zu verordnen. Erforderlich war nach I. 1. der Sprechstundenbedarfsvereinbarung zusätzlich, dass sie zur Durchführung der Operationen benötigt wurden. Im Rahmen einer sachlich-rechnerischen Berichtigung sind Leistungen beanstandungsfähig, die sich in offensichtlichem Widerspruch zum Stand der medizinischen Erkenntnisse befinden; auf seine Therapiefreiheit kann sich der Arzt in diesem Fall nicht berufen (BSG 5.2.2003 B 6 KA 15/02 R, SozR 4 2500 § 95 Nr 1). So war es vorliegend. Wie die Beklagte dargelegt hat und was von der Klägerin im Berufungsverfahren nicht mehr bestritten wird, stand die orale Verabreichung der Antibiotika (Tarivid, Doxycyclin), des Cortison (Prednison) sowie der Rohypnoltabletten eindeutig im Widerspruch zu den medizinischen Erfordernissen.
Die Beklagte war auch zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung hinsichtlich des Medikaments Vision Blue berechtigt. Das Vision Blue war nicht als Sprechstundenbedarf verordnungsfähig. Nach Anlage 1 Nr 5 zur Sprechstundenbedarfsvereinbarung sind nur solche Arzneimittel als Sprechstundenbedarf verordnungsfähig, deren Packungsinhalt bei "mehr als einem Anspruchsberechtigten anzuwenden ist". Die Anwendung des Inhalts einer einzigen Packung des Vision Blue für mehrere Patienten entsprach jedoch nicht der gebotenen Verfahrensweise, worauf die Beteiligten im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat hingewiesen wurden. Das Vision Blue wird nämlich bei Kataraktoperationen nur in so wenigen Ausnahmefällen verwendet, dass eine Verwendung einer Packung für mehrere Patienten nicht sachgerecht ist (vgl die sich in der Akte der Beklagten befindlichen Stellungnahmen der Apothekerinnen R und Dr R ). Bei dieser Sachlage widersprach die Verordnung des Vision Blue als Sprechstundenbedarf den Vorgaben der Sprechstundenbedarfsvereinbarung. Es steht dem Vertragsarzt nicht frei, Materialien oder Arzneimittel, die nach den einschlägigen Regelungen der Sprechstundenbedarfs-Vereinbarungen patientenbezogen verordnet werden müssen, über Sprechstundenbedarf zu verordnen (BSG 31.5.2006 B 6 KA 10/06 B, juris).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache zugelassen (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Die Frage, ob die hier in Rede stehende Sprechstundenbedarfsvereinbarung im Widerspruch zu den Regelungen von § 48 Abs 2 BMV Ä bzw § 44 Abs 2 EKV Ä steht, ist von grundsätzlicher Bedeutung.
2. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Umstritten ist die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten im Wege der sachlich-rechnerischen Berichtigung vorgenommenen Kürzungen bei dem Sprechstundenbedarf der Klägerin in den Quartalen IV/99, I/00 und II/00 in Höhe von insgesamt 5.366,74 EUR.
Die Klägerin ist eine aus zwei Augenärzten bestehenden Gemeinschaftspraxis. In den genannten Quartalen verordneten die Ärzte im Zusammenhang mit ihrer operativen Tätigkeit als Sprechstundenbedarf Tarivid-, Doxycyclin-, Prednisolon- und Rohypnoltabletten sowie Ciba Vision Blue Farbstofflösung (Farbstoff, der intraoperativ verwendet wird, um die Linsenkapsel besser sichtbar zu machen und Komplikationen Kapselruptur zu vermeiden). Mit Bescheiden vom 26.3.2001 (Quartal IV/99), 25.4.2001 (Quartal I/00) und 28.6.2001 (Quartal II/00) stellte die Beklagte im Wege der sachlich-rechnerischen Richtigstellung fest, dass die genannten Medikamente nicht als Sprechstundenbedarf verordnungsfähig seien. Hinsichtlich der Ciba Vision Blue Farbstofflösung rügte die Beklagte ua die Größenordnung der Lieferung dieser Farbsubstanz; aus der entsprechenden Rezeptkopie betreffend das Quartal IV/99 gehe hervor, dass Vision Blue in der Größenordnung 1 ml 5 Stück verordnet worden sei, während die vorgelegte Versandrechnung fünf Versandeinheiten à 10 x 1 ml als Liefermenge ausweise. Der von der Beklagten festgesetzte Gesamtforderungsbetrag für die streitgegenständlichen Quartale gegenüber der Klägerin belief sich auf insgesamt 5.366,74 EUR (IV/99: 2.566,90 EUR; I/00: 1.061,68 EUR; II/00: 1.738,16 EUR).
Die Beklagte stützte sich hierbei auf die Sprechstundenbedarfsvereinbarung vom 1.7.1995. Dort ist unter V. ua geregelt:
"1. Werden andere als die nach der Sprechstundenbedarfsregelung zulässigen Mittel verordnet, so sind die hierdurch entstehenden Kosten bzw Mehrkosten von der Kassenärztlichen Vereinigung im Wege sachlich-rechnerischer Richtigstellung festzusetzen und vom Vertragsarzt zu erstatten ...
2. Unabhängig von der Durchführung sachlich-rechnerischer Richtigstellungen erfolgt die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnung von Sprechstundenbedarf nach den Bestimmungen der zwischen den Verbänden der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung Pfalz getroffenen Prüfvereinbarung ..."
Mit ihren Widersprüchen gegen die genannten Bescheide machte die Klägerin geltend, die Medikamente seien im Rahmen der operativen Tätigkeit unerlässlich, wobei mit der Verordnung als Sprechstundenbedarf eine Kostenersparnis für die beantragende Krankenkasse und die Versichertengemeinschaft verbunden sei. Hinsichtlich der Farbstofflösung Vision Blue sei die Falschlieferung für die Beklagte ohne weiteres erkennbar gewesen, sodass es unzulässig sei, sie, die Klägerin, in Haftung zu nehmen.
Die Beklagte wies die Widersprüche unter Berücksichtigung einer Stellungnahme der beratenden Apothekerin Dr R durch Widerspruchsbescheide vom 31.1.2002 (zugestellt am 5.2.2002) zurück. Zur Begründung hieß es: Als Sprechstundenbedarf dürften nur diejenigen Arzneimittel verordnet werden, die der Arzt für eine den medizinischen Erfordernissen entsprechende unaufschiebbare Sofortbehandlung in seiner Praxis verfügbar haben müsse. Die als Sprechstundenbedarf verordnungsfähigen Mittel seien in dem Positivkatalog der Anlage 1 zur Sprechstundenbedarfsregelung festgelegt. Die hier in Rede stehenden Medikamente seien Arzneimittel, die nur auf den Namen der jeweiligen Patienten hätten verordnet werden dürfen. Hinsichtlich der Farbstofflösung Ciba Vision Blue sei zweifelhaft, ob sie als Sprechstundenbedarf verordnungsfähig sei. Dessen ungeachtet sei die Beanstandung vor allem hinsichtlich der angelieferten Menge und des dadurch entstandenen Rechnungsbetrages erfolgt.
Am 4.3.2002 hat die Klägerin Klage erhoben und vorgetragen: Die Tarivid- und Prednisolontabletten würden zur Durchführung oder in zeitlich begrenztem Anschluss an operative Eingriffe verwendet. Hätte man jedem Patienten ein Rezept für die kleinste Packung ausgestellt, hätten in den allermeisten Fällen acht von zehn Tabletten nicht gebraucht werden können und entsorgt werden müssen. Außerdem dürften Mittel, die als Sprechstundenbedarf nicht zulässig seien, erst gar nicht von den Krankenkassen bezahlt werden; die Rezepte müssten unmittelbar an die Apotheke zurückgegeben werden, damit diese sie dem Verursacher bzw Verordner unmittelbar in Rechnung stelle, der dann sofort reagieren könne und nicht erst zwei Jahre später, zumal die Kassen zuvor die als Sprechstundenbedarf verordneten Mittel immer bezahlt hätten. Für Doxycylin-Tabletten gelte ähnliches wie für Tarivid-Tabletten. Rohypnol-Tabletten würden bei besonders unruhigen und nervösen Patienten vor der Operation verabreicht und zwar in einer Dosierung von einer oder einer halben Tablette; hätte man jedem Patienten ein Rezept ausgestellt, hätte sie, die Klägerin, unwirtschaftlich gehandelt. Es wäre verwunderlich, wenn der Farbstoff Vision Blue nicht als Sprechstundenbedarf beziehbar sein solle, während das Beheben von auftretenden Komplikationen, die durch diesen Farbstoff vermieden werden könnten, durch entsprechende Eingriffe mit entsprechender Leistungsziffer bezahlt werden könne. Sie, die Klägerin, habe mit dem Rezept vom 26.11.1999 5 Stück von 1 ml Vision Blue verordnet; wenn die Krankenkassen mehr bezahlten, könne sie hierfür nicht in Regress genommen werden. Erst mit Schreiben vom 31.1.2002 sei ihr mitgeteilt worden, dass die Färbesubstanz auf den Namen des Patienten verordnet werden könne.
Die Beklagte hat vorgetragen: Der unmittelbar vor einer Kataraktoperation erfolgende Einsatz antibiotisch wirkender Medikamente in Form von Tabletten sei nicht nur unüblich, sondern im Hinblick auf allgemeinmedizinische Komplikationen sogar hoch bedenklich. Sachgerecht wäre es, den lokal am Auge anzuwendenden Spüllösungen Antibiotika beizumischen. Auch wäre es sinnvoll und vertretbar, wenn vor einer Kataraktoperation antibiotische Augentropfen auf den Namen des Patienten und zu Lasten der jeweils zuständigen Krankenkasse verordnet würden. Der Einsatz von Cortision (in Form von Prednisolon) nach einer Kataraktoperation in Tablettenform sei ebenfalls unüblich; das Corticoid sollte in Form einer lokalen Tropfen- bzw Salbentherapie verabreicht werden, um im Auge einen hohen Wirkstoffspiegel zu erreichen. Die Gabe eines Beruhigungsmittels vor einer Operation sei durchaus üblich und zulässig; die langwirkenden Rohypnol Tabletten seien hierzu jedoch wegen ihrer langen Halbwertszeit ungeeignet. Die Klägerin hat hierzu ausgeführt, diese Argumentation der Beklagten verstoße gegen ihre Therapiefreiheit.
Durch Urteil vom 26.10.2005 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Aus der Aufgliederung der Sprechbedarfsvereinbarung sei zu folgern, dass ein Mittel dann verordnungsfähig sei, wenn es entweder ausdrücklich in der Anlage aufgenommen worden sei oder wenn es unabhängig davon die begrifflichen Voraussetzungen des Sprechstundenbedarfs erfülle und die Kosten nicht bereits anderweitig abgegolten seien. Ausgehend davon seien die angefochtenen Bescheide rechtmäßig. Es gehöre nicht zu den Tätigkeiten des Vertragsarztes, in größerem Umfang zu Gunsten der Patienten Arzneimittel zu beschaffen; vielmehr solle die Einzelverordnung im Vordergrund stehen. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in seinem Urteil vom 20.10.2004 (B 6 KA 65/03 R) die grundsätzliche Zuständigkeit der KÄV zur sachlich-rechnerischen Honorarberichtigung und zur Festsetzung von Schadensersatzansprüchen wegen unzulässiger Arzneimittelverordnungen, wozu auch die Abwicklung des Sprechstundenbedarfs zu rechnen sei, bejaht. Aus einem Urteil des BSG vom gleichen Tag (B 6 KA 41/03 R) gehe hervor, dass für die Schadensabwicklung auf Grund fehlerhafter Anlieferungen von Arzneimittelverordnungen der verordnende Arzt hafte.
Gegen dieses ihr am 2.1.2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 25.1.2006 eingelegte Berufung der Klägerin, die vorträgt: Zum Gegenstand der Berufung werde allein die Rechtsfrage gemacht, ob die Beklagte bei der Verordnung nicht verordnungsfähiger Gegenstände des Sprechstundenbedarfs zur Vornahme sachlich-rechnerischer Berichtigungen berechtigt gewesen sei oder ob sich die diesbezügliche Regelung in Ziff V. der Sprechstundenbedarfsvereinbarung vom 1.7.1995 als rechtswidrig erweise. Die Festsetzung von Regressen wegen der Verordnung nicht verordnungsfähigen Sprechstundenbedarfs entspreche inhaltlich der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs in Gestalt der Feststellung eines sog sonstigen Schadens. Es liege kein Fall der sachlich-rechnerischen Berichtigung vor. Letztere beziehe sich inhaltlich zwingend auf eine (zu berichtigende) Honorarforderung des Vertragsarztes. Mittel, die demgegenüber wie die Gegenstände des Sprechstundenbedarfs nicht über den Behandlungsausweis abgerechnet würden und folglich auch nicht Eingang in die vertragsärztliche Honorierung fänden, seien einer sachlich-rechnerischen Berichtigung nicht zugänglich. Dies habe das BSG in seinen beiden Urteilen vom 20.10.2004 (B 6 KA 41/03 R; B 6 KA 65/03 R) klargestellt. Zwar komme nach § 48 Abs 2 Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV Ä) bzw § 44 Abs 2 Bundesmantelvertrag Ärzte/Ersatzkassen (EKV Ä) eine Regressierung der Verordnung von nicht verordnungsfähigem Sprechstundenbedarf durch die KÄV in Betracht, jedoch nur bei Zustimmung des Vertragsarztes, die vorliegend nicht erteilt worden sei. Von diesem bundesmantelvertraglich vorgegebenen Zustimmungserfordernis könnten gesamtvertragliche Vereinbarungen zwischen der KÄV und den einzelnen Kostenträgern nicht dispensieren. Der Vorrang bundesmantelvertraglicher Regelungen sei im Rahmen gesamtvertraglicher Regelungen gemäß § 83 Abs 1 Satz 1 SGB V zu beachten. § 48 Abs 1 BMV Ä beziehe sich inhaltlich auf jedweden von einem Vertragsarzt bei einer Krankenkasse verursachten sonstigen Schaden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 26.10.2005 sowie die Bescheide der Beklagten vom 26.3., 25.4. und 28.6.2001 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 31.1.2002 aufzuheben,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor: Die Zuständigkeit der Prüfgremien für die Wirtschaftlichkeit für die Prüfung des Sprechstundenbedarfs ergebe sich nicht aus dem Urteil des BSG vom 20.10.2004 (B 6 KA 65/03 R). Vorliegend gehe es darum, ob die Mittel als Sprechstundenbedarf oder auf dem Wege über Einzelverordnungen zu beschaffen gewesen seien. Derartige Fallgestaltungen fielen nicht unter § 48 Abs 1 BMV Ä bzw § 44 Abs 1 EKV Ä, denn es gehe nicht um Verordnungen, die aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen seien. Diese Vorschriften begründeten eine alleinige Zuständigkeit der Prüfgremien nur für zwei ganz bestimmte Fälle eines sonstigen durch einen Vertragsarzt verursachten Schadens, nämlich die der unzulässigen Verordnung von aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossenen Leistungen und die der fehlerhaften Ausstellung von Bescheinigungen. Hieraus folge, dass eine bundesmantelvertragliche, also bundesrechtliche Zuständigkeitsregelung für die vorliegend streitigen Fälle nicht gegeben sei. Außerdem sei in diesen Fällen nicht das Wirtschaftlichkeitsgebot im weitesten Sinne betroffen.
Die Beigeladene schließt sich dem Antrag der Beklagten an und trägt vor: Eine Zuständigkeitsregelung für Fälle, in denen die Verordnungsweise nicht wegen Unwirtschaftlichkeit, sondern aus anderen Gründen zu beanstanden sei, enthalte der BMV Ä nicht. Diese Regelungslücke hätten die Parteien des Gesamtvertrages mit der Sprechstundenbedarfsregelung schließen dürfen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakte verwiesen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die nach §§ 143 f, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG – zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Die Beklagte war für die getroffene Entscheidung über die Festsetzung der von der Klägerin zu erstattenden Kosten, betreffend den Sprechstundenbedarf zuständig. Dies ergibt sich aus der zwischen der Beklagten und den Landesverbänden der Krankenkassen abgeschlossenen Sprechstundenbedarfsvereinbarung vom 1.7.1995. Danach ist der Beklagten in V. die Befugnis zur Durchführung einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung eingeräumt. Diese Regelung verstößt nicht gegen § 48 Abs 1 BMV Ä bzw § 44 Abs 1 EKV Ä (so im Ergebnis auch Sächsisches LSG 26.1.2005 L 1 KA 30/02). Nach diesen Vorschriften wird der durch einen Vertragsarzt verursachte Schaden, der einer Krankenkasse aus der unzulässigen Verordnung von Leistungen, die aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind, oder aus der fehlerhaften Ausstellung von Bescheinigungen entsteht, durch die Prüfungseinrichtungen nach § 106 SGB V festgestellt; nach § 48 Abs 2 BMV Ä bzw § 44 Abs 2 EKV Ä kann mit Zustimmung des Vertragsarztes der Schadensersatzanspruch auch durch die KÄV festgestellt und im Wege der Aufrechnung gegen den Honoraranspruch erfüllt werden. In Bezug auf Sprechstundenbedarf, der nicht als solcher verordnet werden durfte, geht es aber nicht um die Geltendmachung eines "sonstigen Schadens" iSd § 48 Abs 1 BMV Ä bzw § 44 Abs 2 EKV Ä. Es handelt sich nicht um einen Schaden aus der unzulässigen Verordnung von Leistungen, die aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind. Vielmehr sind die betreffenden Arzneimittel grundsätzlich verordnungsfähig; zweifelhaft ist nur, ob sie im Einzelfall und zwar als Sprechstundenbedarf verordnet werden durften. Dieser rechtlichen Beurteilung steht das Urteil des BSG vom 20.10.2004 (B 6 KA 65/03 R, juris Rn 21) nicht entgegen, wo lediglich zu entscheiden war, ob die unzutreffende Verteilung des Sprechstundenbedarfs auf die Primärkassen und Ersatzkassen ein sonstiger Schaden ist.
Der angefochtene Bescheid ist auch im Übrigen rechtmäßig. Die sachlich-rechnerische Richtigstellung findet nach V. 1 der Sprechstundenbedarfsvereinbarung vom 1.7.1995 statt, wenn andere als die nach der Sprechstundenbedarfsvereinbarung zulässigen Mittel verordnet werden. Dies war vorliegend der Fall. Zwar sind in der Anlage 1 Nr 5 zur Sprechstundenbedarfsvereinbarung als zulässige Mittel des Sprechstundenbedarfs ua "Arzneimittel zur Vorbereitung, Durchführung oder im zeitlich begrenzten Anschluss an diagnostische oder therapeutische Eingriffe, soweit nicht mit der Gebühr für die Leistung abgegolten" genannt. Dies genügte aber nicht, um die Mittel als Sprechstundenbedarf zu verordnen. Erforderlich war nach I. 1. der Sprechstundenbedarfsvereinbarung zusätzlich, dass sie zur Durchführung der Operationen benötigt wurden. Im Rahmen einer sachlich-rechnerischen Berichtigung sind Leistungen beanstandungsfähig, die sich in offensichtlichem Widerspruch zum Stand der medizinischen Erkenntnisse befinden; auf seine Therapiefreiheit kann sich der Arzt in diesem Fall nicht berufen (BSG 5.2.2003 B 6 KA 15/02 R, SozR 4 2500 § 95 Nr 1). So war es vorliegend. Wie die Beklagte dargelegt hat und was von der Klägerin im Berufungsverfahren nicht mehr bestritten wird, stand die orale Verabreichung der Antibiotika (Tarivid, Doxycyclin), des Cortison (Prednison) sowie der Rohypnoltabletten eindeutig im Widerspruch zu den medizinischen Erfordernissen.
Die Beklagte war auch zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung hinsichtlich des Medikaments Vision Blue berechtigt. Das Vision Blue war nicht als Sprechstundenbedarf verordnungsfähig. Nach Anlage 1 Nr 5 zur Sprechstundenbedarfsvereinbarung sind nur solche Arzneimittel als Sprechstundenbedarf verordnungsfähig, deren Packungsinhalt bei "mehr als einem Anspruchsberechtigten anzuwenden ist". Die Anwendung des Inhalts einer einzigen Packung des Vision Blue für mehrere Patienten entsprach jedoch nicht der gebotenen Verfahrensweise, worauf die Beteiligten im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat hingewiesen wurden. Das Vision Blue wird nämlich bei Kataraktoperationen nur in so wenigen Ausnahmefällen verwendet, dass eine Verwendung einer Packung für mehrere Patienten nicht sachgerecht ist (vgl die sich in der Akte der Beklagten befindlichen Stellungnahmen der Apothekerinnen R und Dr R ). Bei dieser Sachlage widersprach die Verordnung des Vision Blue als Sprechstundenbedarf den Vorgaben der Sprechstundenbedarfsvereinbarung. Es steht dem Vertragsarzt nicht frei, Materialien oder Arzneimittel, die nach den einschlägigen Regelungen der Sprechstundenbedarfs-Vereinbarungen patientenbezogen verordnet werden müssen, über Sprechstundenbedarf zu verordnen (BSG 31.5.2006 B 6 KA 10/06 B, juris).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache zugelassen (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Die Frage, ob die hier in Rede stehende Sprechstundenbedarfsvereinbarung im Widerspruch zu den Regelungen von § 48 Abs 2 BMV Ä bzw § 44 Abs 2 EKV Ä steht, ist von grundsätzlicher Bedeutung.
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