L 9 B 46/07 AS ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 45 AS 24/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 B 46/07 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 30.01.2007 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 08.03.2007), ist unbegründet.

Der Senat verweist zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss, denen er sich nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage anschließt, § 142 Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senates, dass in einem auf die Gewährung laufender Leistungen für die Unterkunft gerichteten Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ein Anordnungsgrund in der Regel nur dann angenommen werden kann, wenn der Antragstellerin/dem Antragsteller ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach Ablauf des nächstfolgenden Fälligkeitszeitpunktes für die Zahlung des Mietzinses ernsthaft die Kündigung oder die Räumungsklage und damit die Wohnungslosigkeit droht (vgl. u.a. Beschlüsse vom 13.12.2006 - L 9 B 43/06 SO ER, vom 15.11.2006 - L 9 B 37/06 AS ER und vom 10.08.2006 - L 9 B 82/06 AS ER; so auch bereits OVG NW, NWVBl. 1995, 140 ff.). Es kann offen bleiben, ob dies bereits deshalb zu verneinen ist, weil die Antragstellerin nach wie vor bei ihrer Mutter wohnen könnte. Jedenfalls fehlt es an dieser Voraussetzung auch im Hinblick auf die neue Wohnung in der X Strasse. Die Antragstellerin hat vielmehr noch im Beschwerdeverfahren bekräftigt, dass sie derzeit mit den Mietzahlungen nicht in Verzug ist.

Der Senat sieht hier auch keine Besonderheiten, die es rechtfertigen würden, von diesem Grundsatz abzurücken. Dass es der Antragstellerin unzumutbar war, weiterhin mit ihrer Mutter zusammen in der bisherigen - 80 qm großen - 3-Zimmer-Wohnung in der I-straße Nr. 0 zu wohnen und ein Umzug zum 01.10.2006 objektiv zwingend erforderlich war, ist nicht glaubhaft gemacht. Die hierzu vorgelegte Bescheinigung der Erziehungsberatungsstelle des Caritas-Verbandes weist eine psychologische Beratung im Frühjahr 2005 aus. Es wird als "sinnvoll" erachtet, dass die Antragstellerin den mütterlichen Haushalt verläßt. Hierauf kann eine besondere Dringlichkeit für den Umzug etwa 1 ½ Jahre später nicht gestützt werden. Die Antragsgegnerin hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die im Antragsverfahren vorgelegte Bescheinigung des Psychotherapeuten Erdmann nicht hinreichend substantiiert ist. Zwar bescheinigt er, dass Mutter und Tochter seit dem 19.10.2005 bei ihm in Behandlung sind und ihnen geraten wurde, sich zu trennen. Konkrete Gesichtspunkte, die diese Bewertung stützen und insbesondere nachvollziehbar machen könnten, warum ein Auszug zum 01.10.2006 angezeigt war, werden jedoch nicht dargelegt. Dabei ist bereits nicht ohne weiteres einsichtig, warum die bisherige Wohnung angesichts ihrer Größe nicht zumindest vorübergehend eine räumliche Trennung erlaubt. Der Antragsgegnerin ist darin zuzustimmen, dass das nach außen dokumentierte Zusammenwirken der Antragstellerin und ihrer Mutter in diesem Verfahren eine Zerrüttung des Verhältnisses zweifelhaft erscheinen lässt. Schließlich belegt die Bescheinigung der Waldorfschule vom 24.01.2007 lediglich Schulschwierigkeiten der Antragstellerin, ohne deren Ursachen zu benennen.

Gegen die Annahme einer besonderen Eilbedürftigkeit streitet hier auch der Umstand, dass die Antragstellerin nicht offen gelegt hat, wovon sie bislang ihre Mietzahlungen bestritten hat. Sie hat nicht nur ihr Einverständnis zur Einholung einer Auskunft beim Vermieter nach einer Rücksprache mit ihrer Mutter widerrufen, sie hat auch die von der Antragsgegnerin angeforderten Kontoauszüge bzw. einen Beleg über einen Dauerauftrag nicht vorgelegt. Berechtigt bereits dies zu Zweifeln an ihrer Bedürftigkeit, werden diese verstärkt durch den Umstand, dass die Antragsgegnerin zunächst angegeben hat, die Kaution in Höhe von 525,- Euro sei vom Vater einer Freundin entrichtet worden - an dessen Namen sie sich nicht erinnert - , später jedoch eine Bescheinigung ihrer Mutter vorgelegt hat, wonach diese die Kaution übernommen hat. Die Mutter der Antragstellerin verfügte nach dem von ihr vorgelegten Steuerbescheid für 2005 über äußerst geringfügiges Einkommen, gleichzeitig zahlt sie aber nach den Angaben der Antragstellerin das Schulgeld für die Waldorfschule. Da sie seit dem 01.08.2006 einer selbständigen Tätigkeit nachgeht, erscheint es nicht ausgeschlossen, dass die Antragstellerin Unterhaltsansprüche gegen ihre Mutter realisieren kann. Auch unter Einbeziehung der geringen Summen, die ihr nach ihrem Vortrag Mitschüler darlehensweise überlassen haben, kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin ihren Lebensunterhalt einschließlich der Kosten der Unterkunft von einer Unterhaltszahlung in Höhe von 200,- Euro und Kindergeld in Höhe von 154,- Euro bestritten hat.

Deutlich gegen die Eilbedürftigkeit spricht auch das Verhalten der Antragstellerin im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. So wurde ihr mit Schreiben vom 30.11.2006 ein Schriftsatz der Antragsgegnerin zur Stellungnahme binnen einer Woche übersandt, auf den sie nach wiederholten Erinnerungen erst am 09.01.2007 erwidert hat. Der Bevollmächtigte berief sich darauf, dass die Antragstellerin "in den Wochen über die Weihnachtstage" krank gewesen sei, was zum Einen nicht belegt ist und zum Anderen den langen Zeitintervall nur teilweise erklärt. Die Antragstellerin hat auch gegen den ihr am 08.02.2007 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts erst am 07.03.2007 Beschwerde eingelegt. Bei dieser nicht eben besonders zügigen Prozessführung und unter Berücksichtigung der übrigen Gesamtumstände sieht der Senat keine Veranlassung, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzuweichen.

Es kann daher offen bleiben, ob ein Anspruch der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin nicht gem. § 7 Abs. 5 SGB II bereits daran scheitert, dass sie eine nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) förderungsfähige Ausbildung absolviert. Da es sich bei der Waldorfschule um eine allgemein bildende Ersatzschule i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 3 BAföG handeln dürfte (vgl. Ramsauer/Stallbaum/Sternal, BAföG, 4. Aufl. 2005, § 2 Rdnr. 39), könnte die Ausbildung dem Grunde nach gefördert werden. Ob die Betroffene konkret einen Anspruch oder etwa - wie hier - im Hinblick auf § 2 Abs. 1a Nr. 1 BAföG nicht hat, ist demgegenüber unerheblich (vgl. Beschlüsse des Senats vom 13.06.2006 - L 9 B 34/06 AS ER und vom 26.07.2005 - L 9 B 41/05 AS ER; Spellbrink, in: Eicher/Spellbrink, SGB II 1. Aufl. 2005, § 7 Rdnr. 43).

Aus den genannten Gründen war auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung abzuweisen, § 73 a i.V.m. § 114 ZPO.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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