L 9 R 5583/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 6343/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 5583/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Rumänische "Subinginer" sind Qualifikationsgruppe 2 der Anlage 13 zum SGB VI zuzuordnen
Das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. November 2005 wird aufgehoben und die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Einstufung von Versicherungszeiten des Klägers in die Qualifikationsgruppen der Anlage 13 zum Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).

Der 1950 in T. (rumänisch: Timisoara), R. geborene Kläger besuchte von 1957 bis 1965 die Volksschule, anschließend bis 1966 das Gymnasium mit Fernunterricht und wechselte danach auf das Industrielyzeum für Bauwesen (ein Fachgymnasium) in T. und schloss seine dortige Ausbildung im Juli 1971 erfolgreich mit dem Bakkalaureats-Diplom, Fachrichtung Zivil- und Industriebauten, ab. Ab 1971 besuchte er in Abendkursen neben seiner Tätigkeit als Bautechniker das Polytechnische Institut in T., eine Fachhochschule, und erwarb 1975 das Diplom eines Subingenieurs der Fachrichtung Zivil- und Industriebauten (Diplomurkunde vom 24.06.1975 und "Adeverinta" Nr.4582 vom 16.Oktober 1984). Beschäftigt war der Kläger vom 21.09.1971 bis 01.07.1975 als Bautechniker beim ISPE (Institut für energetische Studien und Projekte) in T. dabei vom 21.09.1972 bis 01.07.1975 als Projekttechniker, und – beim gleichen Arbeitgeber – vom 01.07.1975 bis 15.10.1984 als Unteringenieur bzw. Subingenieur, auch bezeichnet als Projektingenieur (Adeverinta vom 16.01.1985). Unterbrochen wurde die Beschäftigungszeit durch den vom 01.03.1976 bis 30.09.1976 abgeleisteten Wehrdienst.

Am 15.12.1984 nahm der Kläger seinen ständigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Er ist Inhaber des Vertriebenenausweises "A".

Mit Urkunde des Landes Baden-Württemberg vom 22.03.1985 wurde dem Kläger die Genehmigung erteilt, in der Bundesrepublik Deutschland den akademischen Grad Diplom-Ingenieur (Fachhochschule) - Dipl.- Ing. (FH) - zu führen.

Die Beklagte anerkannte mit Bescheid vom 08.08.1985 die Zeiten vom 01.09.1966 bis Juli 1971 als Fachschulausbildung und die Zeiten vom 21.09.1971 bis 15.10.1984 als Beitragszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) mit Kürzung auf 5/6 und unter Zuordnung der Zeit vom 21.09.1971 bis 31.01.1980 zur Leistungsgruppe 4 und der Zeit vom 01.02.1980 bis 15.10.1984 zur Leistungsgruppe 3 nach der Anlage 1 zum FRG. Auf den Widerspruch des Klägers erging der Abänderungsbescheid vom 28.10.1986, mit dem bereits ab 01.03.1979 eine Zuordnung zur Leistungsgruppe 3 erfolgte. Mit weiterem Bescheid vom 23.01.1987 merkte die Beklagte die Zeit vom 01.08.1973 bis 08.12.1983 als nachgewiesene Beitragszeiten ohne 5/6-Kürzung vor. Anschließend wurde der Widerspruch des Klägers im Übrigen mit Widerspruchsbescheid vom 03.09.1987 zurückgewiesen.

Am 08.01.2003 beantragte der Kläger bei der Beklagten eine Kontenklärung.

Die Beklagte erließ hierauf den Vormerkungsbescheid vom 29.07.2003, in dem sie (u.a.) die Zeit vom 21.09.1971 bis 15.10.1984 der Qualifikationsgruppe 4 zuordnete, mit Unterbrechung durch die Zeit vom 01.03.1976 bis 30.09.1976, in welcher der Kläger seinen Wehrdienst leistete.

Mit seinem hiergegen erhobenen Widerspruch vom 11.08.2003 begehrte der Kläger die Zuordnung der Zeit vom 21.09.1971 bis 30.06.1975 in die Qualifikationsgruppe 2, da der Abschluss des Fachgymnasiums gleichzeitig die Anerkennung als Techniker für Zivil- und Industriebauten bedeutet habe, und der Zeit ab Juli 1975 in die Qualifikationsgruppe 1, da ein Subingenieur in Rumänien dem deutschen Diplomingenieur ( FH ) entsprochen habe. Weiter wandte er sich gegen die Eingruppierung in den Wirtschaftsbereich 12, gegen die im Jahr 1985 vermerkte Beitragshöhe und bat um Überprüfung, ob weitere Zeiten als nachgewiesen anerkannt werden könnten.

Die Beklagte bewertete mit Bescheid vom 13.11.2003 unter Abänderung des Bescheides vom 29.07.2003 die FRG-Zeiten des Klägers wie folgt: 21.09.1971 – 20.09.1972 Qualifikationsgruppe 4, 21.09.1972 – 15.10.1984 Qualifikationsgruppe 2. Ferner wurde eine Entscheidung über den Nachweis von Beitragszeiten und der Zuordnung zum Wirtschaftsbereich getroffen, sowie die Beitragshöhe für das Jahr 1985 berichtigt. Der vom Kläger begehrten Zuordnung zu Qualifikationsgruppe 1 stehe entgegen, dass es sich bei dem Abschluss als Subingenieur nicht um einen Hochschulabschluss im Sinne dieser Qualifikationsgruppe handele, auch wenn der Kläger einen Studiengang an einer Hochschule absolviert habe. Es handele sich um einen Fachschulabschluss. Die früher ergangenen Bescheide, in welchen die in Rumänien zurückgelegten Zeiten noch nach Leistungsgruppen bewertet worden seinen, seien mit dem Bescheid vom 29.07.2003 zu Recht aufgehoben worden, da nach der seit dem 01.01.1992 geltenden gesetzlichen Neuregelung die Grundsätze für die Leistungsgruppen-Bewertung für Zeiten nach 1949 nicht mehr anwendbar seien. Mit dem Bescheid vom 29.07.2003 seien die rumänischen Zeiten mit Qualifikationsgruppen und Wirtschaftsbereichen bewertet worden. Daraus resultiere die Veränderung der FRG-Entgelte im Vergleich zum Jahr 1987. Mit weiterem Abänderungsbescheid vom 01.04.2004 erfolgte die Zuordnung der Beitragszeiten zur Qualifikationsgruppe 2 bereits ab 21.09.1971 sowie der gesamten Beitragszeiten wegen abhängiger Beschäftigung zum Bereich 11 der Anlage 14 zum SGB VI. Eine Zuordnung der Zeit ab Juli 1975 in Qualifikationsgruppe 1 lehnte die Beklagte weiterhin ab.

Danach wies die Beklagte den in Bezug auf die Einstufung in Qualifikationsgruppe 1 ab dem 01.07.1975, der Zuordnung zum Wirtschaftsbereich 01 und der ungekürzten Anrechnung von durch Zeugenaussagen nachgewiesenen Zeiten aufrechterhaltenen Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 27.08.2004 zurück. Die Tätigkeit als Subingenieur sei nicht der Qualifikationsgruppe 1 zuzuordnen. Nach dem Abkommen zwischen der Regierung der DDR und der SR Rumänien über die Äquivalenz der Dokumente der verschiedenen Bildungsstufen und der akademischen Grade vom 10.4.1986 werde das Abschlusszeugnis als Unteringenieur dem Abschlusszeugnis der DDR-Ingenieur- bzw. DDR-Fachschulen als gleichwertig anerkannt. Diese berufliche Qualifikation entspreche somit einer abgeschlossenen Ausbildung im Sinne der Qualifikationsgruppe 2. Auch wenn auf die Verhältnisse in Rumänien abgestellt werde, liege mit einer 3-jährigen (bzw. im Abendstudium 4-jährigen) Ausbildung zum Subingenieur im Vergleich zu der sonst längeren üblichen Studiendauer für den Erwerb eines Abschlusses als Ingenieur lediglich ein verkürztes Sonderstudium bzw. Teilstudium vor.

Hiergegen erhob der Kläger am 23.09.2004 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG), mit der er - noch - die Zuordnung der in Rumänien zurückgelegten Beitragszeiten vom 01.07.1975 bis zum 29.02.1976 und (nach dem Wehrdienst) vom 01.10.1976 bis zum 15.10.1984 zur Qualifikationsgruppe 1 begehrte. Zur Begründung trug er vor, nach der gesetzlichen Definition dieser Qualifikationsgruppe gehörten hierzu nicht Teilnehmer an einem verkürzten Sonderstudium, das nicht mit dem Erwerb eines Diploms abgeschlossen werde. Im Umkehrschluss ergebe sich eine Zuordnung zu dieser Qualifikationsgruppe, wenn – wie bei ihm – das verkürzte Sonderstudium mit einem Diplom geendet habe. Auch habe es sich bei seinem Studium nach rumänischem Verständnis um ein Hochschulstudium gehandelt. Nach der Rechtsprechung sei auf die Verhältnisse in den jeweiligen Herkunftsgebieten abzustellen. Dem trat die Beklagte entgegen mit dem Vortrag, bei den rumänischen Studiengängen, die zu einem Abschluss als Subingenieur führten, sei praxisbezogen eine auf wissenschaftlicher Basis beruhende Bildung vermittelt worden für Fachkräfte des mittleren Managements, Baustellenleiter, technologische Leiter und Produktionsorganisatoren in Betrieben. Davon zu unterscheiden seien die wissenschaftlichen Hochschulabschlüsse.

Mit Urteil vom 30.11.2005 gab das SG der Klage statt. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 1 ergebe sich bereits aus Satz 1 der Definition in Anlage 13 zum SGB VI, da der Kläger am Polytechnischen Institut "Traian Vuia", dem auch die Beklagte Hochschulcharakter beimesse, eine berufliche Qualifikation mit Hochschulcharakter, sowie aufgrund eines Staatsexamens ein Diplom erworben habe und er auch eine seiner Ausbildung entsprechende Tätigkeit beitragspflichtig ausgeübt habe. Diesem Ergebnis könne auch nicht das Äquivalenzabkommen entgegen gehalten werden, das mit dem Beitritt der DDR zum Bundesgebiet am 3.10.1990 außer Kraft getreten sei. Abgesehen davon seien nach diesem Abkommen Fachschulabschlüsse zwar grundsätzlich lediglich der Qualifikationsgruppe 2 zuzuordnen; dies gelte hier jedoch nicht, da der Kläger sein Studium an einer technischen Hochschule absolviert habe. Außerdem sei hinsichtlich der formalen Kriterien der Ausbildungsgänge gemäß den Qualifikationsgruppen der Anlage 13 zum SGB VI das qualitative Selbstverständnis der Bildungsgänge im jeweils betroffenen Vertreibungsgebiet maßgebend.

Gegen das am 05.12.2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29.12.2005 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Zur Begründung führt sie aus, nach dem Urteil des BSG vom 12.11.2003, B 8 KN 2/03 R, müsse zwar zunächst von der im Herkunftsgebiet erworbenen beruflichen Ausbildung und Qualifikation unter Beachtung des dort geltenden beruflichen, schulischen und universitären Bildungssystems ausgegangen werden. Sodann müsse jedoch gefragt werden, welcher Qualifikationsgruppe, übertragen auf die Verhältnisse in der DDR nach den Kriterien der dortigen Lohngruppenstatistik, diese berufliche Ausbildung entspreche. Die Beklagte halte weiterhin unter Berücksichtigung des Äquivalenzabkommens die Einstufung nach Ziff. 3 der Definition der Qualifikationsgruppe 2 für zutreffend. Selbst wenn jedoch die Qualifikationsgruppen 1 oder 2 gleichermaßen in Betracht kämen, sei die niedrigere Gruppe maßgebend. Ferner habe in einem Parallelfall der 13. Senat des LSG Baden-Württemberg eine Stellungnahme des Sekretariats der ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland - Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen - eingeholt, welche die Auffassung der Beklagten bestätige.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. November 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend führt er aus, wenn sich nach den Gegebenheiten im Vertreibungsgebiet bereits eine Einstufung in die Qualifikationsgruppe 1 rechtfertige, komme es auf eine Prüfung der Gleichwertigkeit zu dem Ausbildungssystem in der DDR nicht mehr an.

Die Beteiligten haben schriftsätzlich ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - entscheidet, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung ist auch begründet. Das SG hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, die Zeiten vom 01.07.1975 bis zum 29.02.1976 und vom 01.10.1976 bis zum 15.10.1984 der Qualifikationsgruppe 1 der Anlage 13 zum SGB VI zuzuordnen. Der mit der Klage angefochtene Bescheid vom 29.07.2003, abgeändert durch die Bescheide vom 13.11.2003 und 01.04.2004, die gem. § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden sind, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.08.2004, sind hinsichtlich der allein streitgegenständlichen Zuordnung der Beschäftigungszeiten des Klägers als Subingenieur zur Qualifikationsgruppe 2 zutreffend. Die Voraussetzungen der vom Kläger begehrten Qualifikationsgruppe 1 sind nicht erfüllt.

Gem. § 149 Abs. 5 Satz 1 und 2 SGB VI stellt der Rentenversicherungsträger nach Klärung des Versicherungskontos die im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten durch Bescheid fest. Bei Änderungen der dem Feststellungsbescheid zugrunde liegenden Vorschriften ist der Feststellungsbescheid durch einen neuen Feststellungsbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden.

Der Senat entnimmt dem insoweit auch nicht vom Kläger angegriffenen Bescheid der Beklagten vom 13.11.2003, dass die Beklagte die noch dem vor dem 01.01.1992 geltenden Recht ergangenen Vormerkungsbescheide (zuletzt der Bescheid vom 23.01.1987 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides 03.09.1987) durch den in den Akten lediglich in Form der Datenerfassung vorhandenen Bescheid vom 29.07.2003 aufgehoben hat. In jenen Bescheiden waren nach dem damals geltenden § 22 FRG dem Kläger aufgrund von Einstufungen in Leistungsgruppen fiktive Durchschnittsverdienste vergleichbarer Beschäftigungen im Bundesgebiet zugeordnet worden.

Seit dem 01. Januar 1992 gelten nicht mehr die zuvor in den Anlagen zum FRG aufgeführten Leistungsgruppen, vielmehr werden die einzusetzenden Arbeitsverdienste – die der Festsetzung der Entgeltpunkte dienen – auf der Basis der Einkommensverhältnisse im Beitrittsgebiet ermittelt (§ 22 Abs. 1 S.1 FRG in der ab 01. Januar 1992 und seit dem im Wesentlichen unverändert geltenden Fassung durch Art. 20 Buchstabe b iVm Art. 42 Abs.1 des Renten- Überleitungsgesetzes - RÜG – vom 25. Juli 1991). Hiernach sollte die Bewertung nicht mehr auf der Grundlage der Einkommensverhältnisse im alten Bundesgebiet erfolgen, sondern auf derjenigen in der früheren DDR, anknüpfend an die dortigen Beschäftigungs- und Wirtschaftsstrukturen. An die Stelle der Leistungsgruppen treten seither die Qualifikationsgruppen der Anlage 13 zum SGB VI mit den in Anlage 14 ausgewiesenen nach Wirtschaftsbereichen unterteilten Durchschnittsverdiensten. Dies folgt aus der Verweisung in § 22 Abs. 1 S. 1 FRG auf § 256 b SGB VI.

Da der Kläger zwar noch vor dem 01. Juli 1990 ins Bundesgebiet übersiedelte, jedoch keinen Rentenanspruch vor dem 01. Januar 1996 hatte, kommt ihm auch kein Übergangsrecht zugute (vgl. Art. 6 § 4 Abs. 3 S.3 Fremdrenten- und Auslandsrenten- Neuregelungsgesetz – FANG). Vielmehr ist in seinem Fall das Fremdrentengesetz uneingeschränkt anzuwenden.

Die Beschäftigung des Klägers vom 01.07.1975 bis zum 29.02.1976 und vom 01.10.1976 bis zum 15.10.1984 in R. ist nach Satz 1 der Anlage 13 zum SGB VI nicht der Qualifikationsgruppe 1 zuzuordnen.

Nach dieser Vorschrift sind Versicherte in eine der aufgeführten Qualifikationsgruppen einzustufen, wenn sie deren Qualifikationsmerkmale erfüllen und eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt haben. Die gesetzliche Einstufung knüpft somit an zwei Voraussetzungen an, nämlich (1.) an die Erfüllung von benannten (formellen) Qualifikationsmerkmalen und (2.) an die tatsächliche Ausübung einer den Qualifikationsmerkmalen entsprechenden Tätigkeit. Die Qualifikationsmerkmale werden in den nachfolgenden Qualifikationsgruppen umschrieben (vgl. Urteil des BSG vom 14.05.2003, B 4 RA 26/02 R in SozR 4-2600 § 256b Nr. 1). Kennzeichnend für die 5 Qualifikationsgruppen ist, dass unter Zugrundelegung formaler Kriterien (formaler Ausbildungsabschluss) eine Stufung von Berufsbildung vorgenommen wird. Die Qualifikationsgruppen spiegeln die Berufswelt der ehemaligen DDR wider und orientieren sich an den Richtlinien der früheren staatlichen Zentralverwaltung für Statistik für die Einstufung einer Beschäftigung in die dortigen 5 Qualifikationsgruppen (vgl. Urteil des BSG vom 12.11.2003 - SozR 4-5050 § 22 Nr. 3 - unter Hinweis auf das Statistische Jahrbuch der DDR 1989, Seite 110 f ).

Zwar spricht § 22 Abs.1 FRG in der Fassung des RÜG von einer unmittelbaren Anwendung des § 256 b Abs. 1 S. 1 erster Halbsatz SGB VI und damit auch der Qualifikationsgruppenmerkmale der Anlage 13 zum SGB VI. Mit Blick auf Sachverhalte in Vertreibungsgebieten kann letztlich aber nur eine analoge Anwendung erfolgen. Das BSG hat daher im Urteil vom 12.11.2003 aaO sowie schon zuvor im Urteil vom 14.05.2003 (SozR 4-2600 § 256b Nr. 1) ausgeführt, dass ausgehend von der im Herkunftsgebiet erworbenen beruflichen Ausbildung und Qualifikation unter Beachtung des dort geltenden beruflichen, schulischen und universitären Bildungssystems zu ermitteln ist, welcher Qualifikationsgruppe – übertragen auf die Verhältnisse der DDR – nach den Kriterien der Lohngruppenstatistik der DDR diese berufliche Ausbildung und Qualifikation materiell entspricht.

Nach diesem Maßstab erfüllt der Kläger die Qualifikationsmerkmale der Qualifikationsgruppe 1 nicht. Zur Qualifikationsgruppe 1 gehören Hochschulabsolventen. Dies sind 1. Personen, die in Form eines Direkt-, Fern-, Abend- oder externen Studiums an einer Universität, Hochschule, Ingenieurhochschule, Akademie oder an einem Institut mit Hochschulcharakter ein Diplom erworben oder ein Staatsexamen abgelegt haben, 2. Personen, denen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen oder wissenschaftlicher Leistungen ein wissenschaftlicher Grad oder Titel zuerkannt worden ist (z.B. Attestation im Bereich Volksbildung, Dr. h.c., Professor) und 3. Inhaber gleichwertiger Abschlusszeugnisse staatlich anerkannter höherer Schulen und Universitäten. Hierzu zählen nicht Teilnehmer an einem verkürzten Sonderstudium (z.B. Teilstudium), das nicht mit dem Erwerb eines Diploms oder Staatsexamens abschloss. Zur Qualifikationsgruppe 2 gehören Fachschulabsolventen. Das sind, soweit hier einschlägig, 1. Personen, die an einer Ingenieur- oder Fachschule in einer beliebigen Studienform oder extern den Fachschulabschluss entsprechend den geltenden Rechtsvorschriften erworben haben und denen eine Berufsbezeichnung der Fachschulausbildung erteilt worden ist. 3. Personen, die in staatlich anerkannten mittleren und höheren Fachschulen außerhalb des Beitrittsgebiets eine Ausbildung abgeschlossen haben, die der Anforderung des Fachschulabschlusses im Beitrittsgebiet entsprach und ein entsprechendes Zeugnis besitzen. Hierbei ist die Bezugnahme auf die Gegebenheiten der DDR so zu verstehen, dass beim Vergleich mit der DDR das qualitative Selbstverständnis der Bildungsgänge im jeweils betroffenen Vertreibungsgebiet zu prüfen ist (vgl. Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 07.10.2003, L 13 RA 4254/00, juris-Dok.).

Das rumänische Bildungssystem der Nachkriegszeit weist folgende abgrenzbare Stufen auf: Hochschulausbildung (reguläres Studium von 4 bis 6 Jahren), eingeschränkte Hochschulausbildung (verkürzte Dauer von 3 Jahren, bspw. Subingenieure, Lehrer), mittlere Berusfbildung (Ausbildung von Technikern und Meistern), berufliche Grundbildung (qualifizierter Arbeiter) und einfache Berufsbildung (Vermittlung eines Anlernniveaus durch Absolvierung von Qualifikationskursen) – vgl. Urteil des Hess. LSG vom 23.05.2003, L 13 RJ 1086/00, juris-Dok., unter Hinweis auf Müller, "Die Qual mit den Qualifikationsgruppen", in DAngVers 1999, S.354 ff. Das rumänische Bildungswesen kannte daher ein eigenständiges Berufsniveau der verkürzten, stärker berufsorientierten Hochschulausbildung, nämlich die Ebene des Studiums für Subingenieure, bauleitende Architekten etc. (vgl. Urteil des Bayr. LSG vom 11.09.2003, L 14 RA 3/03, juris-Dok.). Dass die Ausbildung zum Subingenieur in Rumänien nicht der dortigen Qualifikation eines Ingenieurs entspricht, welche durch ein reguläres fünf- bis fünfeinhalb Jahre dauerndes Studium zu erreichen war, ergibt sich auch aus der von der Beklagten vorgelegten Auskunft des Sekretariats der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland vom 08.01.2007. Danach wurden die 1968/1969 eingeführten Kurzstudiengänge mit der Berufsbezeichnung Unteringenieur (Subingenieur), die mit einer Diplomprüfung (diploma de subinginer) abschlossen, speziell mit dem Ziel eingerichtet, Personen für eine mittlere technische Position zwischen den voll qualifizierten Ingenieuren und den Technikern bzw. Meistern auszubilden. Für die Unteringenieure gab es keine Möglichkeit eines Aufbaustudiums hin zur Qualifikation eines Ingenieurs.

Ausgehend von dieser in Rumänien durchlaufenen beruflichen Ausbildung und Qualifikation hat der Kläger kein Diplom im Sinne der Nr. 1 der Qualifikationsgruppe 1 erworben. Auch wenn der Kläger nicht zu dem Personenkreis der Teilnehmer an einem verkürzten Sonderstudium (z.B. Teilstudium), das nicht mit dem Erwerb eines Diploms oder Staatsexamens abschloss, gehört (letzter Satz der Umschreibung der Qualifikationsmerkmale der Qualifikationsgruppe 1), ist hieraus nicht im Umkehrschluss zu folgern, dass er deshalb zu dem von Nr. 1 erfassten Personenkreis der Hochschul- und Ingenieurhochschulabsolventen mit regulärem 4- bis 6-jährigem Studium zählt. Entsprechend den Verhältnissen in der ehemaligen DDR, in der eine dem heutigen deutschen Fachhochschulbereich entsprechende Qualifikationsebene nicht existierte, muss in Fällen wie dem vorliegenden nach Hoch- oder Fachschulabschluss unterschieden werden mit der Folge, dass der Kläger trotz seines Studiums an einer Hochschule wegen des eingeschränkten Studienganges im Rahmen der Qualifikationsgruppen der Anlage 13 zutreffend in die den Fachschulbereich umfassende Qualifikationsgruppe 2 eingestuft ist ( vgl. insoweit auch das Urteil des Bayr. LSG vom 11.09.2003, aaO.).

Im sogenannten Äquivalenzabkommen zwischen der DDR und Rumänien vom 10.04.1986 war daher der in einem solchen dreijährigen Kurzstudium erworbene Abschluss zum Subingenieur (übersetzt: Unteringenieur) einem Ingenieur- bzw. Fachschulabschluss in der DDR gleichgestellt, während eine Vergleichbarkeit von rumänischen Hochschulabschlüssen mit denen der DDR nur bei den nicht verkürzten, mindestens vierjährigen Ausbildungsgängen gegeben war (vgl. Urteil des Bayr. LSG vom 11.09.2003, aaO). Das Äquivalenzabkommen ist zwar heute nicht mehr gültig. Dennoch kann es für die vom Gesetzgeber angeordnete Beurteilung von damaligen Bildungsabschlüssen entsprechend den Verhältnissen in der DDR zur Auslegung mit herangezogen werden.

Umgekehrt, da ohne Bezug zu den Verhältnissen in der DDR, kommt den Gleichwertigkeitsbestimmungen des bundesdeutschen Rechts und der darauf beruhenden Genehmigung der Führung des rumänischen Grades "Subinginer" in der Form "Dipl.-Ing.(FH)" für die hier vorzunehmende Einstufung in Qualifikationsgruppen keine Bedeutung zu.

Der hier zu entscheidende Fall unterscheidet sich übrigens von dem Sachverhalt, welcher dem Urteil des LSG Baden- Württemberg vom 07.10.2003, aaO, zugrunde lag. Danach war das Studium für das Lehramt für die Mittelstufe an allgemeinbildenden Schulen mit einer Studiendauer von anfänglich zwei und dann drei Jahren an dem der Universität angeschlossenen Pädagogischen Institut nach rumänischem Verständnis als Hochschulstudium zu bewerten. Hiermit korrespondierte, dass in der DDR ein beruflicher Einsatz möglich gewesen wäre, bei welchem im Vergleich mit den Studiengängen der DDR die nur dreijährige Dauer als wesentliche Qualifikationvoraussetzung vernachlässigt worden wäre. Demgegenüber handelte es sich bei der Ausbildung zum Subingenieur nach rumänischem Verständnis um eine gegenüber der regulären Ingenieurausbildung verkürzte Ausbildung, die einen beruflichen Einsatz als Ingenieur grundsätzlich nicht ermöglichte und die auch übertragen auf die Verhältnisse der DDR nicht als Hochschulausbildung zu bewerten ist.

Der Kläger erfüllt auch nicht die Voraussetzungen des Satzes 2 der Definition der Qualifikationsgruppen der Anlage 13 zum SGB VI. Danach sind Versicherte, die aufgrund langjähriger Berufserfahrung Fähigkeiten erworben haben, die üblicherweise denen von Versicherten einer höheren Qualifikationsgruppe entsprechen, in diese Qualifikationsgruppe einzustufen. Der Kläger hat ausweislich der Adeverinta vom 16.01.1985 in R. fortwährend eine seiner Ausbildung als Subingenieur entsprechende Tätigkeit ausgeübt. Er hat auch nicht vorgetragen, als Ingenieur eingesetzt gewesen zu sein. Nach der bereits erwähnten Auskunft der Ständigen Konferenz der Kultusminister vom 08.01.2007 wäre bei dem in Rumänien in den 70iger Jahren herrschenden Mangel an mittlerem Fachpersonal ein Zugang zu Ingenieurstellen mit einer Unteringenieurausbildung auch nur schwer vorstellbar gewesen.

Daher war auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30.11.2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, weil er der Frage, welche Anforderungen an die Qualifikationsmerkmale für die Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 1 der Anlage 13 zum SGB VI zu stellen sind, grundsätzliche Bedeutung beimisst.
Rechtskraft
Aus
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