L 4 AL 65/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 62 AL 1192/99
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 AL 65/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. Juni 2004 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind für beide Instanzen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten noch um die Höhe des dem Kläger für die Monate Februar bis April 1998 zustehenden Konkursausfallgeldes.

Der 1951 geborene Kläger arbeitete seit 1990 bei der Firma E Logistik Transport GmbH B (im Folgenden E-GmbH) als Kraftfahrer. Der Betriebsrat der Firma vereinbarte unter dem 21. Dezember 1996 mit der Geschäftsleitung der E-GmbH, dass die Kraftfahrer für den Zeitraum vom 01. September bis zum 31. Dezember 1996 auf die ihnen ab dem 01. September 1996 zustehende Tariflohnerhöhung gemäß Bezirkslohntarifvertrag für den Güter- und Umzugsfernverkehr Ost vom 06. August 1996 verzichten. Ab dem 01. Januar 1997 sollte der Kläger einen Anspruch auf den Tariflohn in Höhe von 3.961,31 DM zzgl. einer übertariflichen Zulage in Höhe von 3,69 DM, mithin insgesamt auf 3.965,00 DM haben. Letztgenannten Betrag bezog der Kläger ab dem 01. Januar 1997 als Gesamtbruttolohn. Mit Änderungskündigung vom 30. Juni 1997 senkte die E-GmbH das Gehalt des Klägers auf 3.400,00 DM brutto ab. Der Betriebsrat der E-GmbH hatte dieser Änderungskündigung zugestimmt. Der Kläger erklärte schriftlich sein Einverständnis, das Arbeitsverhältnis zu den geänderten Bedingungen fortzusetzen. Ab dem 01. August 1997 erhielt der Kläger daraufhin nur noch ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 3.400,00 DM. Nachdem die E-GmbH sodann mit Schreiben vom 15. Januar 1998 das Arbeitsverhältnis zum 31. März 1998 gekündigt und zugleich eine Weiterbeschäftigung zu einem Bruttogehalt von monatlich 2.900,00 DM angeboten hatte, erhob der Kläger am 03. Februar 1998 beim Arbeitsgericht Berlin zum Aktenzeichen 42 Ca 3736/98 Kündigungsschutzklage. Zur Begründung gab er im Wesentlichen an, dass der aktuelle Tariflohn für Fernkraftfahrer bei 3.965,00 DM liege und die Kündigung daher sittenwidrig und rechtsunwirksam sei. Unter dem 27. Januar 1998 machte er gegenüber der E-GmbH für die Monate August bis Dezember 1997 jeweils den Differenzbetrag zwischen dem ihm gewährten Lohn in Höhe von 3.400,00 DM und dem Tariflohn in Höhe von 3.965,00 DM, mithin monatlich 565,00 DM und insgesamt 2.825,00 DM geltend. Bezüglich dieser Forderung erweiterte er am 24. Februar 1998 seine Klage. Nachdem die E-GmbH schließlich mit Schreiben vom 18. Februar 1998 das Arbeitsverhältnis unter Hinweis auf die beabsichtigte Einstellung der gesamten Geschäftstätigkeit zum 30. April 1998 gekündigt hatte, wandte sich der Kläger mit seiner Klage auch gegen diese Kündigung. Im Laufe des arbeitsgerichtlichen Verfahrens meldete sich unter dem 02. März 1998 Rechtsanwalt R N als Liquidator der E-GmbH und erklärte: " In Folge der Liquidation hat der ehemalige Geschäftsführer der Beklagten (der E-GmbH) dem Betriebsrat mitgeteilt, dass sämtliche Änderungskündigungen, mithin auch die streitgegenständliche, zurückgenommen werden ... Vorsorglich wird die am 15. Januar 1998 ausgesprochene Änderungskündigung nochmals zurückgenommen." Am 29. April 1998 zeigte er unter Vorlage eines Gesellschaftsbeschlusses vom 20. April 1998, nach dem er mit Wirkung vom selben Tage als Liquidator abberufen worden sei, an, dass er die Arbeitgeberin nicht mehr vertrete. In der öffentlichen Sitzung am 15. Mai 1998 wandte der Kläger sich unter Klagerücknahme im Übrigen nur noch gegen die Kündigung vom 18. Februar 1998. Mit Versäumnisurteil vom selben Tage stellte das Arbeitsgericht Berlin fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die arbeitgeberseitige Kündigung vom 18. Februar 1998 nicht mit Wirkung zum 30. April 1998 aufgelöst worden sei. Das Urteil wurde durch Aushang an der Gerichtstafel vom 26. März 1999 bis zum 12. April 1999 öffentlich zugestellt.

Am 23. Juni 1998 beantragte der Kläger bei der Beklagten Konkursausfallgeld und machte geltend, dass ihm für die Monate Januar und Februar 1998 noch Arbeitsentgelt in Höhe von je 565,00 DM brutto, für März 1998 in Höhe von 920,49 DM brutto (565,00 DM Lohn zzgl. sonstiger Leistungen) sowie für April 1998 in Höhe von 4.945,47 DM brutto (3.965,00 DM Lohn zzgl. sonstiger Leistungen) zustehe. In den von ihm vorgelegten Lohnabrechnungen für die Monate Januar bis März 1998 vom 06. Februar, 09. März und 06. April 1998 war jeweils von einem Gehalt/Lohn in Höhe von 3.400,00 DM ausgegangen worden. Weiter reichte er ein an seine ehemalige Arbeitgeberin gerichtetes Schreiben vom 13. Mai 1998 zu den Akten, in dem er dieser gegenüber noch offene Lohn- und Urlaubsvergütung geltend machte, u.a. unter Hinweis auf den Tarifvertrag und Vergütungsforderungen vom 27. Januar und 31. Januar 1998 für die Monate August 1997 bis April 1998 je 565,00 DM. Zudem gelangte die Durchschrift eines an die E-GmbH gerichteten Schreibens seines Prozessbevollmächtigten vom 29. Juni 1998 zu den Akten, mit dem dieser den Anspruch für April 1998 anmeldete.

Mit Bescheid vom 27. November 1998 lehnte die Beklagte die Gewährung von Konkursausfallgeld mit dem Argument ab, dass keines der gesetzlich vorgesehenen Insolvenzereignisse vorliege. Der hiergegen gerichtete Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 04. März 1999).

Am 18. März 1999 hat der Kläger beim Sozialgericht Berlin Klage erhoben. Im Laufe des Verfahrens hat die Beklagte in Auswertung verschiedener in Parallelverfahren eingeholter Zeugenaussagen und der dort ergangenen Urteile dem Kläger mit Bescheid vom 14. März 2002 ausgehend von einem am 01. Mai 1998 eingetretenen Insolvenzereignis für die Zeit vom 01. bis zum 30. April 1998 Konkursausfallgeld in Höhe von 2.619,76 DM/1.339,46 EUR gewährt. Dabei ist sie von einem Bruttolohnanspruch des Klägers in Höhe von monatlich 3.400,00 DM ausgegangen.

Der Kläger wandte hiergegen ein, dass ihm ein erheblich höherer Anspruch zustehe. Diesen hat er letztlich auf je weitere 565,00 DM für die Monate Februar bis April 1998 beziffert und zugleich beschränkt. In dieser Höhe habe ihm Lohnanspruch zugestanden. Er sei tarifgebunden gewesen, ebenso nach seiner Kenntnis die E-GmbH. Den Differenzbetrag von monatlich 565,00 DM habe er rechtzeitig geltend gemacht. Auch habe er im arbeitsgerichtlichen Verfahren seinen Anspruch auf Zahlung einer monatlichen Vergütung in Höhe von 3.965,00 DM brutto zu keinem Zeitpunkt aufgegeben.

Die Beklagte meinte hingegen, dass das tatsächliche Bestehen eines Anspruchs in dieser Höhe nicht nachgewiesen sei. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren sei durch den damaligen Liquidator der Arbeitgeberin lediglich die Änderungskündigung vom 15. Januar 1998 zurückgenommen worden, sodass der Kläger einen Lohnanspruch in Höhe von 3.400,00 DM gehabt habe. Dass er und seine Arbeitgeberin tarifgebunden gewesen seien, sei nicht nachgewiesen. Im Übrigen seien die entsprechenden Ansprüche nicht tituliert. Zwar habe der Kläger den Differenzbetrag ursprünglich eingeklagt. Im Versäumnisurteil seien entsprechende Ansprüche im fraglichen Zeitraum jedoch nicht bestätigt.

Mit Urteil vom 23. Juni 2004 hat das Sozialgericht Berlin die Beklagte verurteilt, dem Kläger für die Monate Februar bis April 1998 weiteres Konkursausfallgeld in Höhe von jeweils 565,00 DM brutto zu zahlen. Zur Begründung, auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass dem Kläger Konkursausfallgeld in der genannten Höhe zustehe, da seine Arbeitgeberin ihm weiteres Arbeitsentgelt in dieser Höhe geschuldet habe. Das ursprünglich vereinbarte Bruttoarbeitsentgelt des Klägers habe dem Tarifvertrag entsprechend 3.965,00 DM monatlich betragen. Die Änderungskündigung sei unwirksam geworden, nachdem der Liquidator im arbeitsgerichtlichen Verfahren erklärt habe, dass die gegen den Kläger gerichtete Änderungskündigung zurückgenommen werde. Dementsprechend habe der Kläger auch seine Klage gegen die Änderungskündigung zurückgenommen. Es verbleibe daher bei einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 3.965,00 DM abzüglich des bereits für die Monate Februar und März 1998 gezahlten Arbeitsentgelts in Höhe von 3.400,00 DM bzw. dem für April 1998 bereits gezahlten Konkursausfallgeld.

Gegen dieses ihr am 04. August 2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 30. August 2004 eingelegte Berufung der Beklagten. Zur Begründung macht sie geltend, dass entgegen der Auffassung des Sozialgerichts der ehemalige Liquidator der E-GmbH lediglich die – weitere – Änderungskündigung vom 15. Januar 1998 (Absenkung der regelmäßigen Vergütung auf monatlich 2.900,00 DM) zurückgenommen habe, sodass er einen Lohnanspruch in Höhe von monatlich 3.400,00 DM gehabt habe. Danach sei ihm auch das Konkursausfallgeld bewilligt worden. Weitere Ansprüche seien vom Arbeitgeber nicht bestätigt worden und auch ansonsten nicht nachgewiesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. Juni 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angegriffene Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte, auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Akten des Arbeitsgerichts Berlin zum Aktenzeichen 42 Ca 3736/98 verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegen¬stand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht Berlin bewertet die Sach- und Rechtslage in seinem angegriffenen Urteil nicht zutreffend. Der Bescheid der Beklagte vom 27. November 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04. März 1999, dieser in der Gestalt des Bescheides vom 14. März 2002 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen weitergehenden Anspruch auf Konkursausfallgeld als ihm durch die Beklagte zugesprochen wurde.

Zu Recht ist das Sozialgericht Berlin bei der Prüfung des Anspruchs des Klägers auf Konkursausfallgeld von den Regelungen des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) über das Konkursausfallgeld – konkret: §§ 141a bis 141n AFG – ausgegangen. Denn nach § 430 Abs. 5 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB III) sind diese Bestimmungen in der bis zum 31. Dezem¬ber 1998 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden, wenn das Insolvenzereignis vor dem 01. Januar 1999 eingetreten ist. Dies ist hier der Fall. Aufgrund des insoweit bestandskräftigen Bescheides der Beklagten steht fest, dass es zum Insolvenzereignis – der vollständigen Beendigung der Betriebstätigkeit im Sinne des § 141b Abs. 3 Nr. 2 AFG – am 01. Mai 1998 gekommen ist.

Soweit die Beklagte davon ausgegangen ist, dass der Kläger aufgrund dieses Insolvenzereignisses Anspruch auf Konkursausfallgeld auf der Grundlage eines Bruttoarbeitsentgelts in Höhe von monatlich nur 3.400,00 DM und nicht 3.965,00 DM hat, ist dies nicht zu beanstanden.

Nach § 141d Abs. 1 Satz 1 AFG ist das Konkursausfallgeld so hoch wie der Teil des um die gesetzlichen Abzüge geminderten Arbeitsentgelts für die letzten der Eröffnung des Konkursverfahrens vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses, den der Arbeitnehmer noch zu beanspruchen hat. § 141b Abs. 2 AFG sieht vor, dass zu den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis gehören, die unabhängig von der Zeit, für die sie geschuldet werden, Masseschulden nach § 59 Abs. 1 Nr. 3 a) der Konkursordnung sein können. Anstelle der in Bezug genommenen oder vorausgesetzten Vorschriften der Konkursordnung gelten schließlich nach § 249c Abs. 21 AFG die Vorschriften der Gesamtvollstreckung, wenn bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers die Gesamtvollstreckungsordnung anzuwenden ist oder im Falle des § 141b Abs. 3 Nr. 2 anzuwenden wäre. Unproblematisch ist damit das dem Kläger für die Monate Februar bis April 1998 zustehende laufende Arbeitsentgelt als Gegenleistung für die Arbeitsleistung bzw. deren Zurverfügungstellung konkursausfallgeldtauglich. Fraglich ist allein, in welcher Höhe ihm dieses zugestanden hat. Da der Arbeitnehmer als Konkursausfallgeld nur das erhalten soll, was ihm durch die Insolvenz verloren ging, setzt der Anspruch voraus, dass es sich um einen durchsetzbaren Lohnanspruch handelt. Davon aber, dass der Kläger für die Monate Februar bis April 1998 gegen seine ehemalige Arbeitgeberin einen durchsetzbaren Lohnanspruch in Höhe von 3965,00 DM gehabt hat, vermochte sich der Senat nicht zu überzeugen.

Die E-GmbH hat für den fraglichen Zeitraum einen entsprechenden Lohnanspruch nicht anerkannt, ist im Gegenteil in ihren Gehaltsabrechnungen bis zuletzt von einem Anspruch auf 3.400,00 DM ausgegangen. Soweit der Kläger meint, dass es sich bei dem geltend gemachten Betrag um den Tariflohn gehandelt habe, den er bis zuletzt aufgrund der unmittelbaren und zwingenden Wirkung eines Tarifvertrages (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Tarifvertragsgesetz –TVG -) habe beanspruchen können, kann der Senat ihm nicht folgen.

Aufgrund der Auskunft des Gemeinsamen Tarifregisters Berlin und Brandenburg vom 14. März 2007 ist davon auszugehen, dass bei der E-GmbH kein Haustarifvertrag existierte. Ebenso wenig galt in dem Betrieb ein für allgemeinverbindlich erklärter Tarifvertrag. Maßgeblich könnten demnach nur die Bezirkslohntarifverträge für den Güter- und Umzugsfernverkehr Ost vom 06. August 1996 sowie 01. August 1998 in Verbindung mit dem Bundes-Manteltarif¬vertrag für den Güter- und Möbelfernverkehr – BMT Fernverkehr – vom 14. Juli 1988 sein. Insoweit bestehen schon Bedenken, ob der Kläger und insbesondere die E-GmbH überhaupt tarifgebunden waren. Dies bedarf jedoch keiner abschließenden Prüfung. Denn selbst wenn beide tarifgebunden gewesen sein sollten, folgte aus der Anwendung der genannten Tarifverträge nicht das Bestehen eines durchsetzbaren Lohnanspruchs in der geltend gemachten Höhe.

Im Hinblick auf 3,69 DM pro Monat ergibt sich dies schon daraus, dass es sich insoweit um eine übertarifliche Zulage gehandelt haben dürfte, von der die E-GmbH abweichen konnte. Denn in der - auf dem Bezirkslohntarifvertrages für den Güter- und Umzugsfernverkehr Ost vom 06. August 1996 beruhenden - Vereinbarung zwischen der E-GmbH und deren Betriebsrat bzgl. des Tariflohnverzichtes für die Zeit vom September bis Dezember 1996 wird der dem Kläger ab Januar 1997 zustehende Tariflohn mit 3.961,31 DM angegeben. Bei weiteren 3,69 DM soll es sich um eine übertarifliche Zulage handeln. Diese Beträge gelten für den hier streitgegenständlichen Zeitraum weiter, da der genannte Bezirkslohntarifvertrag vom 06. August 1996 eine Laufzeit bis zum 31. März 1998 hatte. Für April 1998 ergibt sich ein entsprechender Lohnanspruch aus § 2 Nr. 1 des Bezirkslohntarifvertrages für den Güter- und Umzugsfernverkehr Ost vom 01. August 1998, wonach für die Zeit vom 01. April bis zum 30. November 1998 die Regelungen aus dem bisherigen Tarifvertrag fortgalten. Von diesem übertariflichen Lohnbestandteil konnte die E-GmbH mit ihrer Änderungskündigung vom Juni 1997 abweichen, zumal der Kläger gegen die damalige Änderungskündigung nichts unternommen, sich im Gegenteil sogar mit der Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses zu den geänderten Arbeitsbedingungen einverstanden erklärt hat. Soweit das Sozialgericht Berlin schließlich davon ausgegangen ist, dass der zwischenzeitliche Liquidator der E-GmbH, Rechtsanwalt N, diese Änderungskündigung zurückgenommen habe, vermag der Senat diese Einschätzung nicht zu teilen. Nach dem Wortlaut der im Tatbestand wiedergegebenen Erklärung bestehen für ihn – wie im Übrigen nach dem schriftsätzlichen Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren offenbar auch für die Klägervertreter - keine Zweifel, dass sich die Rücknahme lediglich auf die Änderungskündigung vom 15. Januar 1998 bezog. Es ging damit allein um die weitere Lohnreduzierung auf 2.900,00 DM.

Letztlich ist dies jedoch auch ohne wesentliche Bedeutung. Denn auch soweit es sich bei den von dem Kläger monatlich noch geltend gemachten 565,00 DM um Tariflohn gehandelt hat, bestehen ganz erhebliche, letztlich zu Lasten des Klägers gehende Zweifel, ob es sich insoweit um einen gegen seine Arbeitgeberin (noch) durchsetzbaren Anspruch handelt. Der Senat sieht es nicht als sicher an, dass der Kläger die höheren Lohnansprüche für die Monate Februar bis April 1998 – wie er behauptet - rechtzeitig geltend gemacht hat. § 22 BMT Fernverkehr vom 14. Juli 1988 sieht in seinem Absatz 3 vor, dass "alle übrigen" (mithin auch Lohn-)Ansprüche aus dem Tarifvertrag oder dem Einzelarbeitsvertrag binnen drei Monaten nach ihrer Entstehung, im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses spätestens einen Monat nach Arbeitsvertragsende, schriftlich oder mündlich unter Zeugen geltend zu machen sind. Gemäß Absatz 4 ist nach Ablauf der angeführten Fristen beiderseits die Geltendmachung dieser Ansprüche ausgeschlossen, es sei denn, dass sie vorher schriftlich oder mündlich unter Zeugen geltend gemacht worden sind. Der Kläger hat im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens seine Klage lediglich auf die höheren Lohnansprüche für die Zeit bis August 1997 erweitert und auch diesen Anspruch schließlich nicht bis zum Ende verfolgt. Vielmehr hat sein Prozessbevollmächtigter darauf verzichtet, diesbezüglich in der Verhandlung einen Antrag zu stellen, sodass auch kein stattgebendes Urteil ergehen konnte. Die hier relevanten Lohnansprüche für Februar bis April 1998 sind bis zur mündlichen Verhandlung am 15. Mai 1998 überhaupt nicht thematisiert worden. Die Forderung ist damit zu keinem Zeitpunkt tituliert worden. Der Kläger hat vielmehr lediglich im Zusammenhang mit seiner Antragstellung bei der Beklagten ein an die E-GmbH gerichtetes Schreiben vom 13. Mai 1998 vorgelegt, in dem er die Ansprüche auch für Februar bis April 1998 geltend gemacht hat. Es liegen jedoch keinerlei Nachweise darüber vor, ob dieses Schreiben tatsächlich abgesandt wurde, geschweige denn der E-GmbH auch zugegangen ist. Gleiches gilt für das Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 29. Juni 1998 bzgl. des Anspruches für April 1998. Der Senat vermochte sich vor diesem Hintergrund nicht davon zu überzeugen, dass der Kläger einen ihm ggfs. nach dem Tarifvertrag zustehenden Lohnanspruch rechtzeitig geltend gemacht hat. Der Anspruch wäre damit gegen die Arbeitgeberin nicht durchsetzbar und kann dementsprechend auch nicht erfolgreich gegenüber der Beklagten geltend gemacht werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil ein Grund hierfür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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