L 9 U 414/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 15 U 2102/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 414/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. Dezember 2004 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt eine höhere Verzinsung des Verletztengeldes, eine Auszahlung der vom Verletztengeld zur Renten- und Arbeitslosenversicherung abgeführten Versicherungsbeiträge sowie die Erstattung der Arbeitgeberanteile für die private Kranken- und Pflegeversicherung. Streitig ist jedoch vorrangig, ob die Klage zulässig war.

Mit Urteil vom 28.6.2003 verurteilte das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg (L 1 U 4023/01) die Beklagte, dem Kläger wegen des Arbeitsunfalls (Wegeunfall) vom 22.6.1998 auch vom 29.12.1998 bis 31.3.1999 Verletztengeld zu gewähren.

Auf Veranlassung der Beklagten zahlte die AOK Karlsruhe dem Kläger am 22.12.2003 Verletztengeld für die Zeit vom 29.12.1998 bis 31.3.1999 in Höhe von 5.282,40 EUR aus.

Mit Schreiben vom 5.1.2004 machte der Kläger, vertreten durch den DGB, geltend, es sei versäumt worden, den gutgeschriebenen Betrag in Höhe von 5.282,40 EUR, der nicht aufgeschlüsselt gewesen sei, entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen mit 4% zu verzinsen.

Mit Zinsbescheid vom 20.1.2004 verzinste die Beklagte die Geldleistungen ab 1.3.1999 mit 4%, wobei sie einen Betrag von 986,73 EUR errechnete. Die Verzinsung beginne am 1.3.1999 und ende am 30.11.2003. Verzinst werde im März 1999 ein Betrag von 1.874,- EUR, im April 1999 von 3.578.- EUR und ab Mai 1999 bis November 2003 jeweils ein Betrag von 5.282,40 EUR

Hiergegen legte der Kläger persönlich mit Schreiben vom 22.1.2004, eingegangen bei der Beklagten am 26.1.2004, Widerspruch ein und forderte die Beklagte auf, den gesamten Schriftverkehr über seinen Rechtsbeistand vorzunehmen. Diese Bitte wiederholte er mit Schreiben vom 1.2.2004, eingegangen bei der Beklagten am 3.2.2004.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.4.2004, abgesandt am selben Tag per Einschreiben an den Bevollmächtigten des Klägers (DGB), wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen erhob der Kläger am 28.5.2004 per Fax Klage zum Sozialgericht (SG) Karlsruhe und trug vor, die Beklagte habe das Verletztengeld erst am 22.12.2003 und damit fast vier Monate nach der Urteilsverkündung des LSG ausgezahlt. Er habe mit einer Kontenüberziehung mit über 10% Zinsen das Verletztengeld finanzieren müssen. Die Beklagte habe ihm jedoch nur 4% erstattet, allerdings nicht für die ersten Monate und auch nicht für Dezember 2003. Auch seien keine Zinseszinsen gezahlt worden. Der Berechnung seines Verletztengelds entnehme er, dass während des Bezugs keine Arbeitgeberanteile für die Kranken- und Pflegeversicherung ausgezahlt worden seien; somit seien die Beiträge von ihm allein geleistet worden. Da bereits bei der Berechnung des Verletztengeldes das Nettogehalt zu Grunde gelegt worden sei, verlange er Auszahlung der einbehaltenen Kürzungen für die Renten- und Arbeitslosenversicherung. Auch begehre er die Arbeitgeber-Anteile für die privaten Vorsorgeversicherungen (Kranken- und Pflegeversicherung).

Eine Rückfrage des SG bei der Deutschen Post ergab, dass der Widerspruchsbescheid vom 23.4.2004 dem DGB am 26.4.2004 ausgehändigt worden ist.

Mit Schreiben vom 9.11.2004 wies das SG den Kläger auf die Versäumung der Klagefrist und die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hin.

Mit Gerichtsbescheid vom 23.12.2004 wies das SG die Klage als unzulässig ab, weil die Klagefrist nicht gewahrt sei.

Gegen den dem Kläger am 17.1.2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 1.2.2005 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und vorgetragen, das der Berechnung des Verletztengelds zu Grunde gelegte Nettoentgelt sei schon um die Versicherungsbeiträge für die Arbeitslosen- und Rentenversicherung reduziert worden. Deswegen dürften keine Beiträge zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung vom Verletztengeld mehr abgezogen werden. Auch seien seitens der Beklagten die Arbeitgeberanteile für die private Kranken- und Pflegeversicherung nicht erstattet worden. Mit diesen beiden Punkten, die nicht im Widerspruchsbescheid der Beklagten stünden, habe sich das SG nicht befasst.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. Dezember 2004 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. Januar 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. April 2004 abzuändern, und die Beklagte zu verurteilen, das ihm gewährte Verletztengeld mit mindestens 10 vH zu verzinsen und Zinsenzinsen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der DGB hat mitgeteilt, er habe den Kläger in dem Verfahren betreffend den Widerspruchsbescheid vom 23.4.2004 nicht vertreten. Der fälschlicherweise an ihn zugestellte Widerspruchsbescheid vom 23.4.2004 sei mit Eingangsstempel an den Kläger weitergeleitet worden.

Der Kläger hat unter Vorlage eines Schreiben an das Sozialgericht Karlsruhe vom 31.1.2007 mitgeteilt, er habe in einem weiteren, beim Sozialgericht Karlsruhe anhängig gewesenen Verfahren S 1 U 4572/05 am 10.7.2006 mit der Beklagen einen Vergleich abgeschlossen, welchen diese nicht eingehalten habe. Daher gebe es jetzt dort ein Anschlussverfahren unter dem Aktenzeichen S 1 U 4231/06. Die Beklagte habe ihm nunmehr mit Schreiben vom 15.11.1006 mitgeteilt, dass auf Grund einer korrigierten Zinsabrechnung (Verwaltungsakt vom 31.8.2006) ein Differenzbetrag von 233,65 EUR an Zinsen an ihn ausgezahlt werde.

Der Kläger hat am Termin zur mündlichen Verhandlung am 20.2.2007, über den er ordnungsgemäß benachrichtigt wurde, nicht teilgenommen. Er hat nachträglich das Deckblatt des Widerspruchsbescheids vom 23.4.2004 mit dem Eingangsstempel des DGB (26.4.2004) vorgelegt.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen. Dem Senat haben auch die Akten des Sozialgerichts Karlsruhe S 1 U 4572/05 und S 1 U 4231/06 vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist ausschließlich der Bescheid der Beklagten vom 20.1.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.4.2004, mit welchem die Beklagte die Verzinsung der in diesem Bescheid angegebenen Geldbeträge in dem im Tatbestand dargelegten Umfang vorgenommen hat. Nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 31.8.2006, welchen die Beklagte in Ausführung des im Verfahren S 1 U 4572/05 am 10.7.2006 abgeschlossenen Vergleichs erlassen hat. In dem Vergleich hatte sich die Beklagte verpflichtet, dem Kläger bis zum 31.8.2006 eine Aufstellung über das ihm im Zeitraum vom 4.8.1998 bis zum 31.3.1999 zustehende Verletztengeld einschließlich der geleisteten Zahlungen - unter besonderer Berücksichtigung der Auswirkungen des Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetzes - und einen Bescheid über die Verzinsung der Nachzahlungsbeträge zu erteilen. Wegen des nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenen Bescheides vom 31.8.2006 hat sich der Kläger mit Schriftsatz vom 1.9.2006 (Eingang 4.9.2006) erneut an das Sozialgericht Karlsruhe gewandt, welches das Verfahren nunmehr unter dem Az. S 1 U 4231/06 führt. Dieser Bescheid wurde nicht gemäß §§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Berufungsverfahrens, weil durch den Bescheid vom 31.8.2006 der Bescheid vom 20.1.2004 weder teilweise oder ganz aufgehoben und deshalb auch nicht abgeändert oder ersetzt wurde. Vielmehr wurde durch den Bescheid vom 31.8.2006 die Verzinsung weiterer Verletztengeldzahlungen geregelt.

Die Berufung des Klägers ist sachlich nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, denn das SG hat die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe im Gerichtsbescheid des SG wird Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG i. V. m. § 105 Abs. 3, 1. Hs.).

Ergänzend ist auszuführen, dass die Zustellung des Widerspruchsbescheids vom 23.4.2004 am 26.4.2004 wirksam an den DGB als Bevollmächtigten des Klägers erfolgt ist, weil der Kläger mit Schreiben vom 22.1. und 1.2.2004 ausdrücklich verlangt hatte, dass der gesamten Schriftverkehr über seinen Rechtsbeistand (DGB) vorzunehmen sei.

Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat der Kläger trotz entsprechenden Hinweises des SG nicht vorgetragen, solche sind auch nicht ersichtlich.

Soweit der Kläger rügt, dass sich das SG mit seinem Begehren auf Auszahlung von Beiträgen zur Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie auf Übernahme der Arbeitgeberanteile zur Kranken- und Pflegeversicherung nicht befasst hat, ist zu sagen, dass das SG nicht in der Sache entschieden hat, sondern die Klage schon aus formellen Gründen wegen Fristversäumnis abgewiesen hat. Auch der Senat hatte in diesem Verfahren lediglich darüber zu entscheiden, ob das Sozialgericht die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen hat. Da dies der Fall ist, kann sich auch der Senat in diesem Verfahren nicht mit den materiellen Einwendungen des Klägers in Bezug auf die Höhe der Verletztengeldzahlung und der Zinsberechnung befassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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