L 9 U 393/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 15 U 3122/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 393/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18. Januar 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob beim Kläger eine Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2108 oder 2110 der Anlage zu Berufskrankheitenverordnung (BKV) vorliegt.

Der 1972 geborene Kläger hat vom 1.9.1988 bis 27.2.1992 bei der D. T. AG Fernmeldehandwerker gelernt. Anschließend war der Kläger - unterbrochen durch den Wehrdienst von Januar bis Dezember 1993 - wie folgt bei der D. T. AG beschäftigt: 28.02.1992 bis 03.01.1993 Endstellenmontage 01.01.1994 bis 31.12.1994 Linien- und Zeichenstelle 01.01.1995 bis 31.01.1997 Endstellenmontage 01.02.1997 bis 31.01.1998 Rechnungsstelle 01.10.2001 bis auf weiteres Produktion Technische Infrastruktur (PTI).

Bei anderen Arbeitgebern (D., A., D. I. S., A. T., R. & Sch.) verrichtete der Kläger folgende Tätigkeiten: Februar 1998 Endstellenmontage Mai bis Juni 1998 Verpacken von PC-Kleinteilen Juli 1998 bis April 1999 Inbetriebnahme, Abgleichen, Reparieren April 1999 bis Januar 2001 Inbetriebnahme, Abgleichen, Reparieren Mai 2001 bis September 2001 Inbetriebnahme, Abgleichen, Reparieren.

Die Tätigkeiten im Jahr 1994 und von Februar 1997 bis Januar 1998, Juli 1998 bis April 1999, April 1999 bis Januar 2001 sah der Kläger selbst als leichte Tätigkeiten an, die Tätigkeiten von Mai bis Juni 1998 und von Februar bis September 2001 als leichte bis mittlere Tätigkeiten, während er die Tätigkeiten seit Oktober 2001 bei der P. (Kabelbau) als schwere körperliche Tätigkeit bewertete. Bei den sonstigen Arbeiten handelte es sich nach Angaben des Klägers um mittlere Tätigkeiten.

Seit Juli 2003 traten beim Kläger Rückenbeschwerden auf, deretwegen er vom 8.9. bis 03.10.2003 und vom 17.10.2003 bis 18.1.2004 arbeitsunfähig war. Seitdem arbeitet der Kläger wieder bei der P., wurde aber nur für Schaltarbeiten in Vermittlungsstellen eingesetzt.

Mit Schreiben vom 19.12.2003 teilte die Deutsche Betriebskrankenkasse der Beklagten mit, dass der Kläger wegen einer Bandscheibenverlagerung und einer Lumboischialgie behandelt werde. Sie nehme an, dass es sich dabei um Folgen einer BK handle und melde ihren Erstattungsanspruch an.

Der Kläger gab zu den wirbelsäulenbelastenden Tätigkeiten ab 1.10.2001 an (Angaben vom 21.1.2004), er sei als Monteur für die Störungsbeseitigung im Zugangsnetz der D. zuständig gewesen und habe Schachtdeckel heben, Cu-Kabel umlegen und Notstromaggregate tragen müssen. Die zu handhabenden Lasten in einer Arbeitsschicht stellten sich wie folgt dar: bis 10 kg 10 x 10 bis 15 kg 3 x 15 bis 20 kg 0 x 20 bis 25 kg 1 x mehr als 30 kg 4 bis 5 x, wobei die Lasten von 10 bis 15 kg ca. 20 Meter und von 20 bis 25 kg ca. 10 Meter zu tragen waren. Diese Hebe- und Tragevorgänge seien an ca. 160 (bzw. 140: Tragen) Arbeitstagen angefallen. Außerdem seien an ca. 90 Arbeitstagen Arbeiten in extremer Rumpfbeugehaltung (ca. 20 Minuten pro Arbeitstag; ein Arbeitsvorgang 5 Minuten) durchgeführt worden. Zusätzlich seien Fahrtätigkeiten (Betriebsfahrzeug ca. 200 Minuten pro Arbeitstag an 200 Arbeitstagen) ausgeübt worden, bei denen Ganzkörperschwingungen im Sitzen aufgetreten seien.

Die Beklagte ließ von Dipl.-Ing. (FH) L. von der Abteilung Prävention - Aufsichtsdienst eine Belastungsanalyse bezüglich der Tätigkeiten bei der D. T. AG erstellen. Dieser führte darin unter dem 5.2.2004 aus, die gesamte berufliche Belastungsdauer der berücksichtigungsfähigen Zeiten (Endstellenmontage und P.) betrage fünf Jahre und fünf Monate und damit weniger als sieben Jahre. Eine ausreichende Hebe- und Tragehäufigkeit pro Arbeitsschicht sei ebenfalls nicht erreicht worden. Die vom Kläger befahrenen Straßen und Flächen entsprächen normalen Verkehrsbedingungen, sodass keine zu berücksichtigenden belastenden Schwingungen aufgetreten seien. Es sei daher davon auszugehen, dass bei den vom Kläger durchgeführten Tätigkeiten die Höhe der Druckbelastungen auf die Bandscheiben der Lendenwirbelsäule nicht für die Entstehung degenerativer Veränderungen ursächlich sein könnten. Die arbeitsbedingten Voraussetzungen für eine BK nach Nr. 2108 oder 2110 lägen nicht vor.

Mit Bescheid vom 25.2.2004 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK nach Nr. 2108 bzw. 2110 der Anlage zu BKV unter Hinweis auf die Belastungs- und Arbeitsplatzanalyse des Technischen Aufsichtsdienstes vom 5.2.2004 ab.

Den Widerspruch vom 10.3.2004, der nicht begründet wurde, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.7.2004 zurück.

Gegen den am 27.7.2004 zugestellten Widerspruchsbescheid erhob der Kläger am 28.7.2004 Klage zum Sozialgericht (SG) Karlsruhe, mit der er die Anerkennung einer Lendenwirbelsäulenerkrankung als BK nach Nr. 2108 oder Nr. 2110 der Anlage zur BKV, hilfsweise wie eine BK nach § 9 Abs. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) VII begehrte. Zur Begründung trug er vor, die Arbeitsplatzuntersuchung gebe seine Tätigkeiten nicht in vollem Umfang wieder. Kabelschachtdeckel seien mit tragbaren Deckelhebern und nicht mit fahrbaren Deckelhebern gehoben worden. Die Belastungsanalyse erfülle nicht die Voraussetzungen, die Literatur und Rechtsprechung hinsichtlich der Tragevorgänge erforderten. Im Übrigen habe die Beklagte nicht geprüft, ob die Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 SGB VII vorlägen.

Das SG hörte Dr. Z., Ärztin für Chirurgie, als sachverständige Zeugin (Auskunft vom 8.10.2004).

Mit Gerichtsbescheid vom 18.1.2005 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte das SG aus, der Kläger habe keinen Anspruch auf Anerkennung seiner Lendenwirbelsäulenerkrankung als BK nach Nr. 2108 oder nach Nr. 2110 der Anlage zur BKV; auch komme eine Anerkennung wie eine BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII nicht in Betracht. Die Anerkennung der BK nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV scheide aus, weil das Merkmal der Langjährigkeit beim Kläger nicht erfüllt sei, da er nicht mindestens 10 Jahre den erforderlichen Belastungen ausgesetzt gewesen sei. Im übrigen sei die Höhe der Druckbelastungen auf die Bandscheiben der Lendenwirbelsäule wegen einer nicht ausreichenden Hebe- und Tragehäufigkeit pro Arbeitsschicht als unkritisch für die Entstehung degenerativer Veränderungen anzusehen. Tätigkeiten mit gefährdenden Ganzkörperschwingungen (BK Nr. 2110 der Anlage zur BKV) seien nicht aufgetreten. Die Anerkennung der Lendenwirbelsäulenbeschwerden wie eine BK komme nicht in Betracht, da diese Erkrankung in der Anlage zur BKV enthalten sei und der Kläger nicht vorgetragen habe, dass die dort bestimmten Einwirkungen/Ursachen nicht vorgelegen hätten.

Gegen den am 31.1.2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am selben Tage Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und vorgetragen, aus der Äußerung von Dr. Z. ergebe sich, dass er über Arbeitsplatzunzulänglichkeiten geklagt habe. Bei einer Körpergröße von 198 cm und einem Gewicht von 115 kg sei die Bewegungsfreiheit in den tiefen engen Schächten weitgehend eingeschränkt gewesen. Der Bandscheibenvorfall, der zur stationären Behandlung und Operation gezwungen habe, sei wahrscheinlich auf seine Tätigkeit zurückzuführen. Auch könne man nicht grundsätzlich davon ausgehen, dass das Merkmal der Langjährigkeit erst nach 10 Jahren erfüllt sei. Man müsse vielmehr die Zahl der Arbeitstage und der Arbeitsschichten sowie die Regelmäßigkeit und Häufigkeit der belastenden Tätigkeiten pro Schicht feststellen, um zu ermitteln, ob sich daraus nicht die gleiche Belastung ergebe wie bei einer über 10 Jahre dauernden Tätigkeit. Da in seinem Arbeitsbereich keine fahrbaren Handdeckelheber benutzt worden seien und die Kabelschachtdeckel ein Gewicht von 79 bis 174 kg hätten, sei daraus abzuleiten, welche Massen von teilweise über 30 kg pro Person haben bewegt werden müssen. Aus der Belastungsanalyse könne nicht entnommen werden, ob nicht Belastungen aufgetreten seien, die weit über das hinausgingen, was in der Belastungsanalyse angenommen worden sei. Dort werde nämlich nur ausgeführt, dass Lasten von mehr als 30 kg getragen werden mussten. Das SG habe den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18. Januar 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. Februar 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Lendenwirbelsäulenerkrankung als Berufskrankheit Nr. 2108 oder 2110 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung anzuerkennen und im gesetzlichen Umfang zu entschädigen, hilfsweise die Lendenwirbelsäulenerkrankung wie eine Berufskrankheit nach § 9 Abs. 2 SGB VII anzuerkennen und im gesetzlichen Umfang zu entschädigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend und erwidert, das vom Gesetzgeber verlangte Merkmal der Langjährigkeit sei nicht erfüllt. Liege keine langjährige Tätigkeit in extremer Rumpfbeugehaltung bzw. langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten vor, sei eine Berufskrankheit abzulehnen, unabhängig davon, ob der Kläger zum Öffnen der Kabelschachtdeckel fahrbare Deckelheber benutzt habe oder nicht. Im übrigen sei die Arbeitsplatz- und Belastungsanalyse vom 5.2.2004 nach den eigenen Angaben des Klägers sowie den Angaben der Personal- und Einsatzdienststelle des Klägers erstellt worden.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet, da die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden nicht zu Unrecht die Anerkennung von Berufskrankheiten nach Nr. 2108 bzw. 2110 der Anlage zur BKV und die Gewährung von Leistungen abgelehnt hat.

Nach § 9 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Berufskrankheiten Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wurde ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, dass die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind oder wenn sie zur Unterlassung aller Tätigkeiten geführt haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können (Satz 2).

Wie bei einem Arbeitsunfall müssen auch bei einer Berufskrankheit die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen u. a. neben der versicherten Tätigkeit die Dauer und Intensität der schädigenden Einwirkung und die Krankheit gehören, erwiesen sein, während für den ursächlichen Zusammenhang die Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch erforderlich ist (vgl. BSGE 45, 285).

Nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV sind bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung und oder das Wiederauftreten der Krankheit ursächlich waren oder sein können, als Berufskrankheiten anzuerkennen.

Der Senat ist - im Ergebnis ebenso wie das SG - zur Überzeugung gelangt, dass schon die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK Nr. 2108, das langjährige Heben oder Tragen schwerer Lasten bzw. langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, nicht vorliegen. Dies ergibt sich aus den Ermittlungen des Technischen Aufsichtsdienstes der Beklagten, die auf den Angaben des Klägers sowie seines Arbeitgebers beruhen. Seinen Ermittlungen hat Dipl.-Ing. L. die Vorgaben des M.-D.-Dosismodells (MDD) zugrunde gelegt, das nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ein geeigneter Maßstab zur Konkretisierung und Ermittlung der arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK Nr 2108 ist, weil es auf Vorgaben beruht, die ihrerseits wiederum medizinische Erfahrungstatsachen sind, die sich an epidemiologischen Studien über besonders belastete Berufe orientieren (BSG Urt. vom 18.3.2003 - B 2 U 13/02 R - SozR 4-2700 § 9 Nr. 1). Im Beschluss vom 10.1.2005 - B 2 U 331/04 R - in Juris hat das BSG das MDD als ein zumindest derzeit geeignetes Modell zur Konkretisierung der Einwirkungen bei der BK Nr. 2108 bezeichnet, welches nicht auf dem Merkblatt des Ärztlichen Sachverständigenbeirats zur BK Nr. 2108 basiert. Letzteres entspricht nicht mehr dem neuesten medizinisch-wissenschaftlichen Forschungsstand, wenn es u.a. ausführt, dass langjährig bedeute, dass 10 Berufsjahre als die untere Grenze der Dauer der belastenden Tätigkeit zu fordern seien. Dies hat das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid nicht berücksichtigt. Das MDD setzt - basierend auf Erkenntnissen aus epidemiologischen Studien - die Langjährigkeit mit mindestens sieben Jahren an (vgl. BSG Urteil vom 22.6.2004 - B 2 U 22/03 R - in Juris). Zusammen mit den weiteren Vorgaben ist es ein geeignetes Modell, die kritische Belastungsdosis eines Versicherten durch langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten für eine Arbeitsschicht und für das Berufsleben zu ermitteln und in Beziehung zu einem Erkrankungsrisiko zu setzen (BSG aaO).

Nach dem zweistufigen Verfahren des MDD ist im Rahmen einer Vorprüfung abzuklären, ob festgelegte Mindestkriterien erfüllt sind, bei deren Unterschreitung das Risiko einer Gefährdung als unwahrscheinlich angesehen wird. Hierzu gehören vorgegebene Lastgewichtsgrenzen und Hebe- und Tragehäufigkeiten pro Schicht sowie eine Mindestanzahl von belastenden Arbeitsschichten pro Jahr und von Expositionsjahren, in denen derartige Tätigkeiten ausgeübt wurden. Erst beim Erreichen bzw. Überschreiten dieser Mindestkriterien wird in einer Hauptprüfung die Wirbelsäulenbelastung möglichst genau ermittelt und die Belastungsdosis berechnet, die aus den an der Lendenwirbelsäule angreifenden Druckkräften und der zugehörigen Belastungsdauer bestimmt wird. Im Rahmen der Vorprüfung ist festzustellen, ob folgende Mindestkriterien erreicht oder gar überschritten werden: 1. Lastgewichte müssen bei Männern 15 kg erreichen oder überschreiten 2. Pro Arbeitsschicht müssen mindestens 50 Lastenmanipulationen bei Hebe/Tragevorgängen bis Trageentfernungen von maximal 5 Meter oder 30 Lastenmanipulationen bei Hebe/Tragetätigkeiten mit Trageentfernungen deutlich über 5 Meter vorgelegen und/oder Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung müssen eine Mindestdauer von 30 Minuten erreicht haben. 3. Die belastende Tätigkeit muss in der überwiegenden Anzahl der Arbeitsschichten vorgelegen haben. 4. Die gesamte berufliche Belastungsdauer muss mindestens sieben Jahre betragen haben. Sofern ein Kriterium der vier genannten Kriterien nicht erfüllt ist, kann davon ausgegangen werden, dass für die berufliche Tätigkeit die arbeitstechnischen Voraussetzungen im Sinne der BK 2108 nicht erfüllt sind (Hartung u. a., MDD in Arbeitsmedizin, Sozialmedizin, Umweltmedizin 1999 S. 112, 113).

Ausgehend hiervon hat Dipl. Ing. L. zu Recht festgestellt, dass die Mindestvoraussetzungen beim Kläger nicht erfüllt sind. Bei seiner Tätigkeit in der Endstellenmontage (28.2.1992 bis 3.1. 1993; 1.1.1995 bis 31.1.1997) hat der Kläger pro Arbeitsschicht lediglich 10 Hebevorgänge über 15 kg (bzw. 15 Hebevorgänge bei Einbeziehung von Lasten von 10 bis 15 kg) verrichten müssen und 6 (bzw. 9 bei Einbeziehung von Lasten von 10 bis 15 kg) bei seiner Tätigkeit als Monteur (P.) vom 1.10.2001 bis zur Arbeitsunfähigkeit im September 2003. Die Arbeiten in extremer Rumpfbeugehaltung dauerten lediglich 20 Minuten pro Arbeitstag und nicht 30 Minuten und fanden lediglich an 90 und nicht an mindestens 100 Arbeitstagen von 200 Arbeitstagen statt. Die Zeit der belastenden Tätigkeit umfasste auch nicht mindestens 7 Jahre. Da - ausgehend vom MDD - schon nach der Vorprüfung die erforderlichen Mindestvoraussetzungen nicht erfüllt waren, ist nicht zu beanstanden, dass seitens der Beklagten keine Berechnung der Gesamtdosis nach dmn MDD vorgenommen und vom SG auch nicht veranlasst wurde. Da schon die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die BK Nr. 2108 nicht vorlagen, war auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht erforderlich.

Beim Kläger liegen auch nicht die arbeitstechnischen Voraussetzungen für eine BK Nr. 2110 vor. Hierbei handelt es sich um bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjährige, vorwiegend vertikale Einwirkungen von Ganzkörperschwingungen im Sitzen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können. Für den Senat nachvollziehbar hat Dipl. Ing. L. ausgeführt, dass die bei Lastkraftfahrzeugen unter normalen Verkehrsbedingungen bei unterschiedlichen Belastungen, Geschwindigkeiten und gemischten Wegstrecken gemessenen höchsten Schwingungsbelastungen nicht über 13,2 Kr liegen und damit unter dem Grenzwert von 16,2 Kr. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Fahrten des Klägers - vornehmlich zu den Privatkunden seines Arbeitsgebers - unter besonders belastenden Umständen stattfanden. Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, dass für den Kläger Fahrtätigkeiten nicht mehr in Betracht kämen; dies hat auch der Kläger selbst niemals behauptet.

Soweit der Kläger die Anerkennung einer Lendenwirbelsäulenerkrankung wie eine BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII begehrt, war die Klage insoweit schon unzulässig, weil hierüber noch keine Verwaltungsentscheidung der Beklagten vorliegt. Im Verfügungssatz des angefochtenen Bescheides vom 25.2.2004 wird lediglich festgestellt, dass eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 bzw.2110 der Anlage zur BKV nicht vorliegt und daher keine Ansprüche auf Leistungen bestehen. Im übrigen lägen die Voraussetzungen auch nicht vor, wie das SG zutreffend dargelegt hat. Insoweit wird auf die Entscheidungsgründe im Gerichtsbescheid Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Nach alledem ist der angefochtene Gerichtsbescheid im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auch § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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