L 24 B 548/06 KR PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 73 KR 2405/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 24 B 548/06 KR PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 20. November 2006 (S 73 KR 2405/06) wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Durchsetzung eines gegen die Beklagte gerichteten Anspruchs auf Kostenerstattung in Höhe von etwa 674,00 EUR.

Auf Antrag des Klägers bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 29. Juni 2005 12,05 EUR Kostenerstattung für eine zahnärztliche Behandlung in U mit einem Rechnungsbetrag von umgerechnet 28,85 EUR und eine augenärztliche Behandlung in S mit einem Betrag von umgerechnet 13,52 EUR. Von dem entsprechenden "deutschen Kassensatz nach EBM" in Höhe von 32,05 EUR zog die Beklagte zweimal die Praxisgebühr in Höhe von 10,00 EUR insgesamt 20,00 EUR ab und überwies dem Kläger 12,05 EUR. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein. Der Kläger hatte zudem bei der Beklagten den Heil- und Kostenplan der Berliner Zahnarztpraxis D/S vom 16. Juni 2005 eingereicht, der Behandlungskosten in Höhe von 722,16 EUR plante. Zu diesem bewilligte die Beklagte unter dem 09. September 2005 einen Festzuschuss in Höhe von 628,20 EUR auf dem entsprechenden Heil- und Kostenplan. Der Kläger ließ die Behandlung nicht von den Zahnärzten in B durchführen, sondern bei einem Zahnarzt in U, wofür ihm 90 000 HFt in Rechnung gestellt worden sind. Die Beklagte ließ den in U gefertigten Zahnersatz durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen MDK bei einer persönlichen Vorstellung des Klägers am 04. Februar 2006 begutachten und erstattete die insoweit entstandenen Zahnarztkosten in voller Höhe von umgerechnet 367,36 EUR. Für die Fahrt zur Untersuchung beim MDK erstattete die Beklagte 4,20 EUR und lehnte im Bescheid vom 21. April 2006 zugleich die Erstattung des vom Kläger beantragten Stundensatzes von 20,00 EUR für Zeitverlust wegen der Untersuchung ab, weil eine derartige Entschädigung gesetzlich nicht vorgesehen sei. Der Kläger hatte zuvor geltend gemacht, der bewilligte Festzuschuss sei in voller Höhe zu erstatten, die zweimalige Praxisgebühr (20,00 EUR) sei nicht in Abzug zu bringen, weil er im selben Quartal bereits die Praxisgebühr für Behandlungen in B entrichtet hatte. Doppelte Praxisgebühren für Arztbesuche im Inland und Ausland im selben Quartal gäbe es nicht.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 2006 hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen: Versicherte zahlten nach §§ 28 Abs. 4 Satz 1, 61 Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch SGB V je Kalendervierteljahr für jede Inanspruchnahme eines an der ambulanten ärztlichen, zahnärztlichen oder psychotherapeutischen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringers, die nicht auf Überweisung aus demselben Kalendervierteljahr erfolge, 10,00 EUR an den Leistungserbringer. Da die Inanspruchnahme des Arztes in U ohne Überweisung erfolgt sei, sei (erneut) eine Zuzahlung in Abzug zu bringen. Zudem sei sowohl nach den Vorschriften der EWG Verordnungen Nr. 574/72 und 1408/71 der Erstattungsbetrag für den Zahnersatz auf die tatsächlich entstandenen Kosten ebenso begrenzt wie nach § 13 Abs. 4 SGB V sich der Erstattungsanspruch nur auf tatsächlich entstandene Kosten richtet. Fahrtkosten für die Untersuchung beim MDK könnten nach § 65 a Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch SGB I erstattet werden, wobei bloßer Zeitverlust nicht entschädigt werden könne.

Gegen den Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 2006 hat der Kläger am 28. Juli 2006 Klage beim Sozialgericht Berlin erhoben und zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Diesen Antrag hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 20. November 2006 abgelehnt: Es fehle die nach § 73 a Sozialgerichtsgesetz SGG in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung ZPO erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht. Dies gelte hinsichtlich der Kosten des Zahnersatzes bereits deshalb, weil eine Erstattung allenfalls in tatsächlicher Höhe in Betracht komme, was sich auch aus § 55 Abs. 2 Satz 1 SGB V ergäbe. Hinsichtlich des Abzuges der Praxisgebühr sei der Begründung des Widerspruchsbescheides zu folgen. Soweit über die Erstattung von Fahrkosten für den Besuch beim MDK Kostenerstattung begehrt werde, sei dies in § 60 a SGB I offensichtlich nicht vorgesehen.

Gegen den ihm am 23. November 2006 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde des Klägers vom 21. Dezember 2006, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat und die es dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt hat (Eingang 28. Dezember 2006). Das Sozialgericht habe die in Ungarn entstandenen Kosten für Zahnersatz bis auf das Zahnarzthonorar weggelassen und mit "so neu geschaffenem Sachverhalt" die Prozesskostenhilfe wegen nicht hinreichender Erfolgsaussicht versagt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dürften die Anforderungen an die Voraussetzungen nach § 114 ZPO nicht überspannt werden. Auf Anfrage des Senats hat der Kläger seinen Anspruch wie folgt beziffert:

Der Kläger verlangt die Erstattung von den in U und in S entstandenen Kosten.

Ärztekosten, die in U entstanden sind:

1. Zahnarztkosten von 7 000 Forint = 28,85 Euro 2. Zahnarztkosten von 90 000 Forint = 370,91 Euro 3. 2 x Flug Berlin Budapest Berlin + Öffentliche = 31,98 + 8,40 = 40,38 x 2 = 80,76 Euro 4. 2 x Übernachtung in Budapest à 60,00 Euro = 120,00 Euro Arztkosten, die in S entstanden sind:

1. Honorar der Augenärztin von 1 100 Dinar = 13,52 Euro

Kosten des Vertrauensarztbesuches in B. Wegen Bereitschaft als Dolmetscher und Übersetzer für die ungarische und serbokroatisch Sprachen bei sofortigen Abruf und Einsatz für die Behörden in B und Umland durch die Vermittlung des Dolmetscher und Übersetzerbüros I in B.

1. Abwesenheit von der Bereitschaft, 2 Stunden à 30,00 Euro = 60,00 Euro

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe fehlt die nach § 114 ZPO erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht. Insoweit ist dem Sozialgericht, welches den Antrag im Wesentlichen unter Hinweis auf den Inhalt des angefochtenen Widerspruchsbescheides abgelehnt hat, in vollem Umfang zuzustimmen. Der Senat weist die Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück und sieht insoweit von einer weiteren Begründung ab (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).

Soweit sich der Kläger dagegen wendet, dass für zwei Behandlungen im Ausland jeweils 10,00 EUR Praxisgebühr in Abzug gebracht worden sind, weist der Senat ergänzend darauf hin, dass die Praxisgebühr nach § 28 Abs. 4 SGB V für "jede erste Inanspruchnahme" eines Leistungserbringers, die nicht auf Überweisung erfolgt, zu zahlen ist. Es ist also nicht so, dass die Praxisgebühr nur einmal pro Vierteljahr zu entrichten ist, sondern vielmehr für jede Inanspruchnahme eines neuen Arztes, die nicht auf Überweisung des Arztes erfolgt, an den zuvor die Praxisgebühr entrichtet worden ist. Der dementsprechend vorzunehmende Abzug der Praxisgebühr folgt für den Zahnarztbesuch in Ungarn aus § 13 Abs. 4 SGB V in Verbindung mit den entsprechenden Vorschriften der Satzung der Beklagten (vergl. den Widerspruchsbescheid S. 4 Ziffer III).

Hinsichtlich des Besuchs beim Augenarzt kommt eine Kostenerstattung ohnehin allenfalls nach § 13 Abs. 3 SGB V für den Fall in Betracht, dass die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig hat erbringen können, wobei auch dies grundsätzlich nur bei Behandlungen im Inland gilt. Für das Nicht-EU-Ausland, also wie hier für Serbien, schließt § 18 Abs. 3 SGB V Leistungen grundsätzlich aus und verweist auf den Abschluss einer (privaten) Auslandskrankenversicherung. Sofern der Kläger also meint, er hätte einen ihm nach dem fortgeltenden deutsch-jugoslawischen Abkommen zustehenden Sachleistungsanspruch nicht durchsetzen können, hätte er sich insoweit privat krankenversichern müssen. Wenn die Beklagte dennoch eine Kostenerstattung – nach Abzug der Praxisgebühr – entsprechend § 13 Abs. 4 SGB V wie in EU-Staaten vorgenommen hat, ist der Kläger dadurch jedenfalls nicht rechtswidrig benachteiligt.

Soweit der Kläger Flug-, Fahrt- und Übernachtungskosten für die Reise nach B geltend macht, wo er die zahnärztlichen Leistungen in Anspruch genommen hat, gibt es dafür keine Rechtsgrundlage. Insoweit käme allenfalls § 60 Abs. 1 Satz 3 SGB V in Betracht, wonach Fahrtkosten zu einer ambulanten Behandlung nur nach vorheriger Genehmigung in besonderen Ausnahmefällen, die der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 SGB V festgelegt hat, übernommen werden können. Unabhängig davon, dass die Beklagte die vorherige Genehmigung nicht erteilt hat, wäre diese nach § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB V nur im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen in Betracht gekommen (§ 60 Abs. 1 Satz 1 SGB V; § 8 Abs. 1 der Krankentransport-Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 SGB V - Bundesanzeiger 2004, Nr. 18, Seite 1342). Davon kann vorliegend keine Rede sein, denn die ambulante zahnärztliche Behandlung hätte wie bereits der Heil- und Kostenplan der Berliner Zahnarztpraxis D zeigt ohne weiteres in B vorgenommen werden können.

Da der Kläger Ansprüche geltend macht, für die es keine gesetzliche Grundlage gibt, kann von einer "Überspannung" der Anforderungen an die Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe kaum gesprochen werden.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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