L 11 R 6439/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 2055/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 6439/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 23. November 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Der 1949 geborene Kläger verfügt über keine abgeschlossene Berufsausbildung. Er hat mit längeren Unterbrechungen, u.a. zwischen Juli 1984 und Oktober 1991, verschiedene ungelernte bzw. angelernte Tätigkeiten verrichtet, zuletzt war er als Bauhelfer versicherungspflichtig beschäftigt. Zwischen Februar 1996 und März 1999 war er arbeitslos. Im Anschluss daran war er bis Juni 2002 inhaftiert. In der Zeit vom 10.06. bis 31.07.2002 war er erneut arbeitslos und bezog Leistungen der Agentur für Arbeit. Nach einem Auslandsaufenthalt von August 2002 bis 09.09.2004 ist er seit 10.09.2004 erneut in Haft.

Den ersten Rentenantrag des Klägers vom Februar 2000 lehnte die Beklagte gestützt auf ein Gutachten der Regierungsmedizinaldirektorin Dr. W. von der Ärztlichen Untersuchungsstelle in R. und eine Stellungnahme des Dr. S. vom Ärztlichen Prüfdienst mit Bescheid vom 25.05.2000 ab. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 28.08.2000 zurückgewiesen. Die vom Kläger dagegen erhobene Klage, die beim Sozialgericht Konstanz (SG) unter dem Aktenzeichen S 8 RJ 1927/00 geführt wurde, wurde nach Einholung sachverständiger Zeugenauskünfte und eines orthopädischen Gutachtens des Dr. S. mit Gerichtsbescheid vom 05.09.2001 abgewiesen. Mit Urteil vom 19.03.2002 wies das Landessozialgericht Baden-Württemberg die Berufung zurück, da der Kläger weder berufs- noch erwerbsunfähig sei (L 9 RJ 3860/01).

Am 05.04.2006 stellte der Kläger erneut einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung, den er damit begründete, dass er sich seit 1990 wegen eines Bandscheibenschadens und eines Achillessehnenrisses links und rechts für erwerbsgemindert halte.

Mit Bescheid vom 12.04.2006 lehnte die Beklagte den Rentenantrag wegen fehlender versicherungsrechtlicher Voraussetzungen ab. Im maßgeblichen Zeitraum vom 27.03.2001 bis 26.03.2006 seien nur zwei Kalendermonate mit entsprechenden Beiträgen belegt. Vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung sei auch nicht jeder Monat mit rentenrechtlich zu berücksichtigenden Zeiten gespeichert und die Erwerbsminderung sei nicht vor dem 01.01.1984 eingetreten.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, den er damit begründete, dass er die Mindestbeitragszeit erreicht habe. Zwischen dem 27.03.2001 und 09.06.2002 und erneut seit 10.09.2004 sei er in Haft. Vom 01.08.2002 bis 09.09.2004 habe er sich im Ausland aufgehalten. Er habe dort weder gearbeitet noch Beiträge abgeführt. Krank sei er durch Risse der Achillessehnen, Bandscheibenschäden und einen Halswirbelsäulenschaden sowie starke Kopfschmerzen mit Schlafstörungen.

Die Beklagte befragte hierauf noch die Allgemeine Ortskrankenkasse A.-O. (AOK) nach den Versicherungs- und Krankheitszeiten des Klägers. Danach war der Kläger nach Februar 2000 nur noch zwischen dem 10.06. und 31.07.2002 versichert.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19.07.2006 wies die Beklagte sodann den Widerspruch zurück. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien nicht erfüllt.

Mit seiner dagegen erneut zum SG erhobenen Klage verfolgte der Kläger sein Begehren weiter.

Mit Gerichtsbescheid vom 23.11.2006 wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es im wesentlichen aus, es könne dahinstehen, ob der Kläger derzeit erwerbsgemindert sei, da jedenfalls die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Rentenanspruch bei ihm nicht erfüllt seien. Es fehle an der Erfüllung der sogenannten 3/5-Belegung des § 43 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Der Kläger habe seit April 1999 nur die zwei Monate seiner Arbeitslosigkeit im Juni und Juli 2002 als Beitragszeiten. Damit fehlten drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Leistungsfalles. Gestützt auf die Akten des vorangegangenen Gerichtsverfahrens könne eine relevante Erwerbsminderung beim Kläger (wenn überhaupt) frühestens im April 2002 oder später eingetreten sein. Zu diesem Zeitpunkt seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Eine Verlängerung des maßgeblichen Fünfjahreszeitraums durch Anrechnungs- oder andere in § 43 Abs. 4 SGB VI genannte Zeiten sei nicht ersichtlich.

Mit seiner dagegen am 13.12.2006 eingelegten Berufung macht der Kläger geltend, dass seine Gesundheit rapide abnehme. Zur Unterstützung seines Begehrens hat er Arztbriefe des Internisten und Lungenfacharztes Dr. W. und des Orthopäden Dr. Z. vorgelegt.

Der Kläger beantragt - sinngemäß -,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 23. November 2006 sowie den Bescheid vom 12. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juli 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab Antragstellung Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass sich aus der Berufungsbegründung keine neuen Gesichtspunkte ergeben, die eine Änderung ihres bisherigen Standpunktes zuließen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten und die Vorprozessakten S 8 RJ 1927/00 und L 9 RJ 3860/01 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 151 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung und insbesondere die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sind im Gerichtsbescheid des SG und in den Bescheiden der Beklagten zutreffend zitiert. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG verwiesen.

Danach ist ohne Zweifel beim Kläger die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von fünf Jahren (vgl. § 50 Abs.1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI) unter Bezugnahme auf den in der Verwaltungsakte befindlichen Versicherungsverlauf vom 12.04.2006 zu bejahen.

Neben der Erfüllung der Wartezeit ist für einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 2 SGB VI jedoch erforderlich, dass in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Leistungsfalls drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vorhanden sind. Bei einem angenommenen Eintritt des Leistungsfalles zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung am 05.04.2006 müssten demzufolge im maßgeblichen Zeitraum vom 05.04.2001 bis 04.04.2006 (dem Tag vor Eingang des Leistungsantrags bei der Beklagten) 36 Kalendermonate mit Beiträgen in der Rentenversicherung belegt sein. In diesem Zeitraum sind jedoch statt der erforderlichen 36 Monate nur zwei Monate mit Beitragszeiten gespeichert. Anhaltspunkte für eine Verlängerung des maßgeblichen Fünfjahreszeitraums durch Anrechnungs- oder andere rentenmaßgebliche Zeiten sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist die Zeit der Strafhaft weder eine Beitragszeit nach § 55 SGB VI noch eine Anrechnungszeit nach § 58 SGB VI oder eine Ersatzzeit nach § 250 SGB VI (vgl. Urteil des Landessozialgerichts Bremen vom 14.12.1995 - L 2 J 25/95). Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sind auch nicht bei Zugrundelegung des vom Kläger im Antrag genannten Eintritts der Erwerbsminderung im Jahr 1990 erfüllt, nachdem die Monate zwischen Juli 1984 und Oktober 1991 nicht mit Versicherungszeiten belegt sind. Dasselbe gilt auch - wie vom SG ausgeführt - bei Annahme des Eintritts des Versicherungsfalls nach Beendigung des vorangegangenen Gerichtsverfahrens im April 2002.

Da vorliegend ausweislich des Versicherungsverlaufs letztmals am 17.03.1999 für die davorliegende Zeit im Fünfjahreszeitraum 36 Kalendermonate mit Pflichtbeitragszeiten belegt sind, müsste der Versicherungsfall spätestens am 31.03.1999 eingetreten sein. Der Eintritt des Versicherungsfalls spätestens an diesem Datum, für den der Kläger, nachdem es sich um eine für ihn anspruchsbegründende Tatsache handelt, beweispflichtig ist, ist auf der Grundlage der im Vorverfahren eingeholten Gutachten und sachverständigen Zeugenauskünfte indessen nicht belegt. Sowohl Dr. W. als auch Dr. S. hielten den Kläger im Mai 2000 bzw. Juli 2001 für imstande, vollschichtig leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Der Rentenantrag des Klägers aus dem Jahr 2000 wurde deshalb sowohl vom SG als auch vom Landessozialgericht Baden-Württemberg abgewiesen. Hinweise darauf, dass der Gesundheitszustand des Klägers im März 1999 schlechter war, gibt es nicht.

Auch unter den Voraussetzungen des § 241 Abs. 2 SGB VI steht dem Kläger eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht zu. Insoweit fehlt es bereits daran, dass der Kläger ausweislich des Versicherungsverlaufs vor dem 01.01.1984 keine Versicherungszeiten von mehr als fünf Jahren zurückgelegt hat.

Die Berufung des Klägers konnte daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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