Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 14 KG 2463/01
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 KG 1/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Einer kindergeldrechtlichen Nachbesserung nach Maßgabe des Gesetzes zur Familienförderung vom 22.12.1999 (BGBl. I, S. 2552) für Zeiträume zwischen 1983 und 1995 bedarf es - unabhängig vom Vorliegen der weiteren in diesem Gesetz genannten Voraussetzungen - jedenfalls dann nicht, wenn die entsprechenden Kindergeldbescheide bestandskräftig geworden sind. Auch ein Antrag nach § 44 SGB X kann - bezogen auf die im Gesetz zur Familienförderung vorgesehene Nachbesserung - allenfalls den Eintritt der Bestandskraft für nachfolgende Zeiträume hindern, führt aber mangels entsprechender Vorgaben in den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts aus den Jahren 1990 bis 1998, durch welche die sich aus dem Zusammenwirken der steuerrechtlichen Kinderfreibeträge und des Kindergeldes sich ergebende finanzielle Begünstigungen für bestimmte Zeiträume als verfassungswidrig angesehen worden sind (vgl. z.B. Beschlüsse v. 19.5.1990 - 1 BvL 20/84 u.a., v. 12.6.1990 - 1 BvL 72/86, v. 10.11.1998 - 2 BvL 42/93 u.a.) zu keiner rückwirkenden Besserstellung in Fällen, in denen vor diesem Antrag nach § 44 SGB X bereits die Bestandskraft der ergangenen Kindergeldbescheide eingetreten war (Fortführung von Hessisches LSG, Urt. v. 12.11.2003 - L 6 KG 947/98).
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 26. Januar 2004 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt rückwirkend für die Jahre 1987 bis 1989 höheres Kindergeld aufgrund eines Antrags nach § 44 Sozialgesetzbuch X (SGB X).
Der Kläger war im streitbefangenen Zeitraum beim beklagten Land im Beamtenverhältnis beschäftigt und bezog Vergütung nach Besoldungsgruppe A 16. In diesem Zeitraum hatte der Kläger für seine Kinder H. (geb. 1973) und F. (geb. 1979), die im gemeinsamen Haushalt mit dem Kläger lebten und sich damals beide in Schulausbildung befanden, Anspruch auf Kindergeld. Er bezog dieses Kindergeld nach Maßgabe der seinerzeitigen gesetzlichen Regelungen in Höhe der Sockelbeträge. Die Höhe des monatlichen Kindergeldes wurde vom beklagten Land innerhalb dieses Zeitraums in die jeweiligen Abrechnungsnachweise aufgenommen. Rechtsbehelfe hiergegen wurden vom Kläger für die Dauer des streitbefangenen Zeitraums nicht eingelegt.
Mit Schreiben vom 13. Dezember 1990 beantragte der Kläger bei der für ihn zuständigen zentralen Besoldungsstelle Hessen unter Hinweis auf die "einschlägige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts", ihm rückwirkend ab Januar 1986 ein höheres Kindergeld für seine beiden Söhne zu zahlen. Er erklärte sich gleichzeitig damit einverstanden, die Entscheidung über diesen Antrag bis zu einer gesetzlichen Neuregelung zurückzustellen. Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 31. August 1992 und unter Bezugnahme auf den "Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Mai 1990" um eine Bestätigung seines Antrags vom 13. Dezember 1990 nachsuchte, wurde ihm mit Schreiben vom 16. November 1992 der Eingang des Schreibens vom 13. Dezember 1990 bestätigt. Ihm wurde gleichzeitig mitgeteilt, entsprechend dem gestellten Antrag werde die Entscheidung hierüber bis zu einer gesetzlichen Neuregelung zurückgestellt.
Offenkundiger Anlass für den Antrag des Klägers vom 13. Dezember 1990 waren die Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Mai 1990 (1 BvL 20/84 u.a. = SozR 3-5870 § 10 Nr. 1) sowie vom 12. Juni 1990 (1 BvL 72/86 = FamRZ 1990, S. 965), durch welche die Kindergeldkürzungen nach § 10 Abs. 2 Bundeskindergeldgesetz (BKGG) bzw. die Höhe der Kinderfreibeträge nach § 32 Abs. 8 Einkommensteuergesetz (EStG), jeweils i.d.F. des Haushaltsbegleitgesetzes 1983, in ihrem Zusammenwirken und für bestimmte Fallgestaltungen in der Zeit bis zum 31. Dezember 1985 als mit dem Grundgesetz (GG) für unvereinbar erklärt worden waren. Zur Höhe des Kindergeldes und zur Freistellung des Existenzminimums der Kinder ergingen am 10. November 1998 weitere Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 42/93, 2 BvR 1220/93 und 2 BvR 852/97 u.a. = BVerfGE 99, S. 246 – 268; S. 268 – 273 und S. 273 – 279), die sich u.a. auch auf die durch das Steueränderungsgesetz 1991 vom 24. Juni 1991 (BGBl. I, S. 1322) herbeigeführte Rechtslage bezogen und mit denen insbesondere § 32 Abs. 6 EStG in seiner Anwendung auf die Veranlagungszeiträume 1985, 1987 und 1988 - auch hier im Zusammenwirken mit den Regelungen des Bundeskindergeldgesetzes - für weitere Fallgestaltungen als mit Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG u.a. für unvereinbar erklärt worden ist, weil das in einen fiktiven Kinderfreibetrag umgerechnete Kindergeld, zusammen mit den steuerrechtlichen Kinderfreibeträgen, nicht in allen Fällen ausgereicht habe, um das sächliche Existenzminimum von Kindern steuerfrei zu stellen.
Im Nachgang zu diesen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts erfolgte durch Art. 1 und 2 des Gesetzes zur Familienförderung vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I, S. 2552) u.a. in § 53 EStG eine Neuregelung zur steuerrechtlichen Freistellung des Existenzminimums der Kinder in den Veranlagungszeiträumen 1983 bis 1995, sowie eine darauf bezogene Regelung im Bundeskindergeldgesetz durch Anfügung eines § 21 BKGG. Unter den dort im Einzelnen genannten Voraussetzungen waren steuerrechtliche bzw. kindergeldrechtliche Nachbesserungen für die Jahre 1983 bis 1995 vorgesehen.
Den Antrag des Klägers vom 13. Dezember 1990 beschied das beklagte Land am 8. Mai 2001. Der Antrag auf Neufestsetzung des Kindergeldes für die Zeit ab 1986 wurde vom beklagten Land abgelehnt. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2001 zurückgewiesen. Im Widerspruchsbescheid führte das beklagte Land – soweit der im Berufungsverfahren streitbefangene Zeitraum betroffen ist – aus, eine kindergeldrechtliche Nachbesserung nach Maßgabe des Gesetzes zur Familienförderung (a.a.0.) komme im Falle des Klägers nicht in Betracht. Denn die Kindergeldbescheide für die fraglichen Jahre seien bestandskräftig geworden. Die Bestandskraft könne auch nicht nach Maßgabe von § 44 Abs. 1 SGB X beseitigt werden, da diese Bestimmung durch die spezielle Reglung des § 21 BKGG in seiner jetzigen Fassung eingeschränkt worden sei. Eine nachträgliche Korrektur von Kindergeldbescheiden für den Veranlagungszeitraum 1983 bis 1995 sei nach § 21 BKGG nämlich nur dann möglich, wenn die Kindergeldbescheide für den genannten Zeitraum durch Rechtsbehelfe angefochten oder sonst noch nicht bestandskräftig geworden seien. Selbst wenn der Antrag des Klägers vom 13. Dezember 1990 als förmlicher Widerspruch gegen vorangegangene Kindergeldbescheide auszulegen wäre, hätte dieser Rechtsbehelf die Bestandskraft dieser Kindergeldbescheide nicht mehr beseitigen können, weil insoweit selbst unter Berücksichtigung der Jahresfrist des § 66 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Widerspruchsfrist jeweils abgelaufen gewesen sei. Weitergehende Vertrauensschutzaspekte seien nicht zu berücksichtigen. Das Abwarten bis zu einer gesetzlichen Neuregelung sei nicht zu beanstanden gewesen und im Übrigen auch vom Kläger selbst beantragt worden.
Die dagegen erhobenen Klage, in der der Kläger u.a. die Meinung vertrat, sein mit Schreiben vom 13. Dezember 1990 gestellter Antrag auf rückwirkende Nachzahlung von Kindergeld falle nicht unter die Regelungen in Art. 2 Ziff. 9 des Gesetzes zur Familienförderung vom 22. Dezember 1999 (a.a.0.), hat das Sozialgericht Frankfurt am Main durch Gerichtsbescheid vom 26. Januar 2004 abgewiesen. Das Sozialgericht war der Auffassung, die eingetretene Bestandskraft der kindergeldrechtlichen Leistungsbewilligungen stehe einem Anspruch auf höheres Kindergeld entgegen. Zwar habe das Bundesverfassungsgericht in den Beschlüssen vom 10. November 1998 (a.a.0.) festgestellt, dass für die Veranlagungszeiträume ab 1985 bis 1988 die Regelungen zum Familienlastenausgleich und der zu berücksichtigenden Kinderexistenzminima teilweise nicht verfassungsgemäß gewesen seien. Das Bundesverfassungsgericht habe den Gesetzgeber hinsichtlich einer gesetzlichen Neuregelung für zurückliegende Veranlagungs- bzw. Leistungsjahre jedoch lediglich verpflichtet, in den noch nicht bestandskräftig gewordenen Fällen die Benachteiligung der Betroffenen zu beheben. In Umsetzung dieser Vorgaben sehe das Gesetz zur Familienförderung vom 22. Dezember 1999 (a.a.0.) insoweit vor, dass für die vorgenannten Veranlagungszeiträume bestimmte Beträge als Existenzminimum des Kindes steuerfrei zu belassen seien, wenn die Einkommensteuer noch nicht formell bestandskräftig oder hinsichtlich der Höhe der Kinderfreibeträge vorläufig festgesetzt sei. Ergänzend zu diesem einkommensteuerrechtlichen Ausgleich sei durch die Sondervorschrift des § 21 BKGG auch ein kindergeldrechtlicher Ausgleich geschaffen worden, der jedoch lediglich in den Fällen, in denen die Entscheidung über die Höhe des Kindergeldanspruches zwischen 1983 und 1995 noch nicht bestandskräftig geworden sei, einen nachträglichen kindergeldrechtlichen Ausgleich vorsehe, sofern gleichzeitig die Einkommensteuer formell bestandskräftig und hinsichtlich der Höhe der Kinderfreibeträge nicht vorläufig festgesetzt sei. Diese Voraussetzungen seien beim Kläger jedoch nicht gegeben. Insoweit sei nämlich von einer Bestandskraft der Kindergeldbewilligung auszugehen. Hieran vermöge auch der Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X nichts zu ändern. Denn durch eine solche Antragstellung werde die Bestandskraft der ergangenen Bewilligungsbescheide nicht beseitigt.
Gegen das dem Kläger am 5. April 2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 4. Mai 2004 eingegangene Berufung. Der Kläger vertritt die Auffassung, sein Antrag nach § 44 SGB X hebe die Bestandskraft der ergangenen Kindergeldbewilligungen auf. Wäre der Antrag sogleich beschieden worden, hätte er – der Kläger – hiergegen Klage erhoben. Im Klageverfahren hätte das Gericht auf der Basis der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Mai 1990 gemäß Art. 100 Grundgesetz (GG) dem Bundesverfassungsgericht die Frage der Verfassungsmäßigkeit der seinerzeit maßgeblichen kindergeldrechtlichen Regelungen vorlegen müssen. Dass er sich mit dem beklagten Land über das Ruhen des Verfahrens geeinigt habe, entwerte seinen Antrag nach § 44 SGB X nicht. Die eigentliche Bedeutung von § 44 SGB X liege in der Durchbrechung der Bindungswirkung zuvor ergangener Bescheide. Insoweit werde ein rechtlicher Schwebezustand hergestellt, den er – der Kläger – lange vor den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November 1998 bewirkt habe. Ein solchermaßen gestellter Antrag sei anders zu beurteilen, als ein Antrag der erst nachträglich eingereicht werde. Das Gesetz könne nicht rückwirkend eine schon eingetretene gesetzliche Wirkung entziehen. Dies gelte auch für § 21 BKGG in der Fassung des Gesetzes zur Familienförderung vom 22. Dezember 1999. Etwas anderes lasse sich weder aus dem Wortlaut noch aus der Gesetzesbegründung zu § 21 BKGG herleiten. Insoweit habe lediglich sichergestellt werden sollen, dass sowohl steuerrechtlich als auch kindergeldrechtlich eine Nachzahlung möglich würde, jeweils aber nur einmal. Dieses Auslegungsergebnis entspreche auch der Systematik der Sozialrechtsordnung. Wenn der Gesetzgeber in einzelnen Sozialleistungsbereichen die Geltung des § 44 SGB X einschränken oder ausschließen wolle, so bringe er das unmissverständlich zum Ausdruck. Als Beispiel sei auf § 152 Abs. 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) in der bis zum 31. Dezember 1987 gültigen Fassung hinzuweisen, in dem ausdrücklich eine von § 44 Abs. 1 SGB X abweichende Regelung erlassen worden sei. Gleiches gelte für die Einschränkung der Anwendbarkeit von § 44 SGB X in § 330 Sozialgesetzbuch III (SGB III). Auch aus den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November 1998 ergebe sich nichts Gegenteiliges. Zur Frage, wie mit einem Antrag nach § 44 SGB X umzugehen sei, habe sich das Bundesverfassungsgericht nicht geäußert. Weder der Wortlaut des Gesetzes selbst noch die Gesetzesbegründung rechtfertigten es deshalb, einen zulässigen und begründeten Antrag nach § 44 SGB X als wirkungslos oder unbegründet zu behandeln. Bereits im Jahre 1990 habe nämlich festgestanden, dass das ihm - dem Kläger - zugebilligte Kindergeld den Anspruch auf Wahrung des Existenzminimums der Kinder nicht wahre. Diesen Grundrechtsverstoß habe er ordnungsgemäß und formgültig gerügt. Deshalb könne auch dahingestellt bleiben, ob der Gesetzgeber überhaupt befugt sei, einem begründetem Antrag nach § 44 SGB X die Grundlage dadurch zu entziehen, dass durch ein späteres Gesetz der Verwaltung verboten werde, derartige Anträge positiv zu bescheiden. In einem möglichen Klageverfahren hätte bereits damals das Gericht auf der Grundlage der ersten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Mai 1990 eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf die unzureichende Höhe des ihm gewährten Kindergeldes erfolgen müssen. Dass er sich mit einem Ruhen des Verfahrens einverstanden erklärt habe, entwerte seinen Antrag indes nicht.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 26. Januar 2004 sowie den Bescheid des beklagten Landes vom 8. Mai 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2001 aufzuheben und ihm für seine Kinder H. und F. in den Jahren 1987 bis 1989 höheres Kindergeld zu gewähren,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Das beklagte Land beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das beklagte Land hält die sozialgerichtliche Entscheidung für zutreffend.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird im Übrigen auf den gesamten weiteren Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsakten des beklagten Landes (Kindergeldheft und Besoldungsnachweise) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Abs. 1 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Für die Zeit von Januar 1987 bis Dezember 1989 steht dem Kläger für seine Kinder H. und F. kein höheres Kindergeld zu. Für diesen Zeitraum hat die Beklagte den Antrag des Klägers vom 13. Dezember 1990 zu Recht abgelehnt.
Zwar kam es im Gefolge der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November 1998 (a.a.O.) durch das Gesetz zur Familienförderung vom 22. Dezember 1999 (a.a.O.) zu einer gesetzlichen Neuregelung, durch welche die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aufgegriffen worden sind und insoweit eine Neugestaltung des Zusammenwirkens zwischen den Kinderfreibeträgen des Einkommensteuerrechts und dem Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz vorgenommen wurde. Auch der vorliegend umstrittene Zeitraum von 1987 bis 1989 ist von dieser Neuregelung umfasst.
Auf die im Gesetz zur Familienförderung vom 22. Dezember 1999 (a.a.O.) getroffene Neuregelung kann der geltend gemachte Anspruch des Klägers auf ein höheres Kindergeld indes nicht gestützt werden.
Bei dieser Neuregelung ist - den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in seinen Beschlüssen vom 10. November 1998 (a.a.O.) entsprechend, die sich darauf bezogen haben, die Anhebung des steuerrechtlichen Kinderfreibetrags oder aber des Kindergeldes selbst vorzunehmen oder aber auf andere Weise einen verfassungskonformen Ausgleich vorzunehmen - der s t e u e r r e c h t l i c h e n Nachbesserung durch die Anhebung der Kinderfreibeträge für die Veranlagungszeiträume 1983 bis 1995 in § 53 EStG der Vorrang vor einer möglichen kindergeldrechtlichen Nachbesserung eingeräumt worden. Lediglich dann, wenn einerseits die Entscheidungen über die Höhe des Kindergeldes in diesen Zeiträumen nicht formell bestandskräftig geworden sind und g l e i c h - z e i t i g die Festsetzung der Einkommensteuer, bezogen auf die Höhe der Kinderfrei-beträge, in formell bestandskräftiger Weise erfolgt ist, letztere also n i c h t lediglich vorläufig festgesetzt wurden, sowie darüber hinaus das Existenzminimum des Kindes nicht unter der Maßgabe des § 53 EStG n.F. steuerfrei belassen worden ist, kommt aufgrund des durch das Gesetz zur Familienförderung eingefügten § 21 BKGG n.F. eine kindergeldrechtliche Nachbesserung in Betracht.
Ob und inwieweit für den Kläger für die Jahre 1987 bis 1989 eine steuerrechtliche Nachbesserung nach Maßgabe von § 21 BKGG erforderlich war, diese ggf. insoweit bereits erfolgt ist und schon aus diesem Grund die vom Kläger geforderte k i n d e r g e l d - r e c h t l i c h e Nachbesserung von vornherein ausscheidet, kann vorliegend dahingestellt bleiben. Denn für den Zeitraum von 1987 bis 1989 scheitert der Anspruch des Klägers bereits deshalb, weil alle ihn hinsichtlich dieses Zeitraums betreffenden Kindergeldbewilligungen in Bestandskraft erwachsen sind, da sie nicht mit Rechtsbehelfen angegriffen worden sind.
Dies gilt zum einen hinsichtlich der erteilten sog. Besoldungsnachweise, die sich auch auf das Kindergeld bezogen haben und von dem Kläger unbeanstandet geblieben sind. Aber auch hinsichtlich derjenigen Zeiträume, für die keine solchen Besoldungsnachweise vorliegen, weil die Höhe der Bezüge gegenüber der letzten Festsetzung unverändert geblieben war, ist hinsichtlich der Höhe des Kindergeldes Bestandskraft eingetreten, da im Kindergeldrecht auch der Auszahlung des Kindergeldes selbst Verwaltungsaktqualität beigemessen wird (vgl. insoweit BSG, Urt. v. 29.10.1992 –10 RKg 4/92 = SozR 3-1300 § 50 Nr. 13) und auch gegen die jeweilige Auszahlung für die Zeit von 1987 bis 1989 keine Rechtsbehelfe eingelegt wurden. Dies gilt unabhängig davon, dass diesen Bewilligungen keine Rechtsbehelfsbelehrungen beigefügt waren und deshalb für die Einlegung des Widerspruchs die Jahresfrist des § 66 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) maßgeblich gewesen ist. Denn auch innerhalb dieser Jahresfrist sind Rechtsbehelfe tatsächlich nicht eingelegt worden. Selbst wenn der Antrag des Klägers nach § 44 SGB X als ein solcher Rechtsbehelf angesehen werden könnte, konnte dieser noch nicht einmal für den Monat Dezember 1989 zu einer Durchbrechung der Bestandskraft der für diesen Monat erfolgten Kindergeldbewilligung mehr führen, weil die Besoldung der Beamten gemäß § 5 Abs. 3 Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) monatlich im Voraus erfolgt, so dass der erst am 13. Dezember 1990 gestellte Antrag selbst für den fraglichen Monat Dezember 1989 die einjährige Rechtsbehelfsfrist nicht mehr wahren konnte. Schon aus diesen Gründen scheidet nach alledem im Falle des Klägers die kindergeldrechtliche Nachbesserung nach § 21 BKGG aus.
Dieser Ausschluss steht mit der verfassungsrechtlichen Vorgabe aus den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November 1998 (a.a.O.) durchaus im Einklang. Das Bundesverfassungsgericht hat in diesen Entscheidungen nämlich lediglich eine Nachbesserung durch den Gesetzgeber hinsichtlich der noch n i c h t bestandskräftig gewordenen und von diesen Entscheidungen vom Grundsatz her umfassten Fälle gefordert. Auch für das Jahr 1989, für das keine ausdrückliche Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorliegt, das aber - wie auch die nachfolgenden Jahre bis einschließlich 1995 - in die durch das Gesetz zur Familienförderung vom 22. Dezember 1999 (a.a.O.) einbezogen worden ist, konnte sich deshalb die gesetzliche Neuregelung dem entsprechend auf noch nicht bestandskräftig gewordene Fälle beschränken.
Dies hat zur Folge, dass die ursprünglich eingetretene Bestandskraft der erfolgten Kindergeldbewilligungen einem möglichen kindergeldrechtlichen Nachbesserungsanspruch entgegensteht. Auch der bereits im Dezember 1990 gestellte Antrag nach § 44 SGB X ermöglicht eine Einbeziehung des Klägers in die ergangenen Nachbesserungsregelungen nicht.
Nach § 44 SGB X besteht ein Anspruch auf Rücknahme eines bindenden Verwaltungsaktes mit Wirkung für die Vergangenheit, soweit sich im Einzelfall erweist, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind (§ 44 Abs. 1 S. 1 SGB X). Zwar trifft die Auffassung des Klägers zu, wonach durch die Aufhebungsbestimmungen der §§ 44 ff SGG X die materielle Rechtskraft und die Bindungswirkung eines zuvor ergangenen Bescheides eingeschränkt wird. Wenn das Bundesverfassungsgericht allerdings - wie hier - festgestellt hat, dass die einfach-gesetzliche Rechtslage nicht der Verfassung entspricht, sind vorrangig jedoch die darauf bezogenen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts und seine hiermit verbundenen Auflagen an den Gesetzgeber entscheidend für die Klärung der Frage, ob und inwieweit die von ihm getroffene Entscheidung Wirkung für die Vergangenheit hat (BSG, Urt. v. 9.4.03 - B 5 RW 18/02 R = SozR 4-2600 § 307d Nr. 1 m.w.N.).
Unanfechtbare Entscheidungen bleiben insoweit nur dann nicht unberührt, wenn und soweit das Bundesverfassungsgericht oder der Gesetzgeber eine spezielle, von § 79 BVerfGG abweichende Regelung über die Folgen einer Nichtigkeitserklärung trifft (BSG, Urt. v. 20.12.2001 - B 4 RA 6/01 R = SozR 3-8570 § 8 Nr. 7 m.w.N.). Sind solche abweichenden Regelungen dagegen nicht getroffen worden, kommt eine Anwendung von §§ 44 ff SGB X von vornherein nicht in Betracht (BSG a.a.O.). Wird - wie hier - vom Bundesverfassungsgericht "lediglich" die Unvereinbarkeit einer Norm mit dem Grundgesetz festgestellt, kann im Ergebnis nichts anderes gelten. Denn bei dieser Fallgestaltung bleibt die für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärte Norm in ihrem Bestand unberührt, wobei die Aufgabe, die verfassungswidrige Rechtslage zu beseitigen, insoweit grundsätzlich dem Gesetzgeber übertragen wird (Blüggel, Normenkontrollentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und bestandskräftige Verwaltungsakte im Sozialrecht, SGb 2003, S. 507 m.w.N.).
Vorliegend hat das Bundesverfassungsgericht hinsichtlich der geforderten Neuregelungen die bestandskräftig gewordenen Bescheide von der Verpflichtung zur Neuregelung ausgenommen. Es ist damit ausdrücklich dem Grundgedanken des § 79 Abs. 2 S. 1 BVerfGG gefolgt, der dem Grundsatz entspricht, wonach einerseits zwar unanfechtbar gewordene Akte der öffentlichen Gewalt, die auf einer verfassungswidrigen Grundlage zustande gekommen sind, nicht rückwirkend aufgehoben und die nachteiligen Wirkungen, die in der Vergangenheit von ihnen ausgegangen sind, nicht beseitigt werden, andererseits jedoch zukünftige Folgen, die sich aus einer zwangsweisen Durchsetzung verfassungswidriger Entscheidungen ergeben würden, abgewendet werden sollen (BVerfG, Beschluss vom 6.12.2005 - 1 BvR 1905/02= DÖV 2006, S. 299).
Weil zum Zeitpunkt der ursprüngliche Leistungsbewilligung und in der Folgezeit bis zu den genannten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November 1998 (a.a.O.) das seinerzeit maßgebliche Recht i.S.v. § 44 SGB X bei den Kindergeldbewilligungen in - aus damaliger Sicht - zutreffender Weise angewandt worden ist (vgl. auch dazu: Blüggel. a.a.O., m.w.N.), kann nach alledem bei der konkreten, vorliegend vom Bundesverfassungsgericht getroffenen Anordnung § 44 SGB X nicht zum Tragen kommen. Auch dem Umstand, dass der Antrag nach § 44 SGB X bereits v o r den hier maßgeblichen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November 1998 gestellt worden ist, kommt schon deshalb keine Entscheidungserheblichkeit zu, weil jedenfalls schon vor der im Dezember 1990 erfolgten Antragstellung die Bestandskraft der jeweiligen Kindergeldbewilligungen für den vorliegend streitbefangenen Zeitraum von 1987 bis 1989 tatsächlich bereits eingetreten gewesen war.
Wenn - wie dies hier geschehen ist - der Gesetzgeber die ihm vom Bundesverfassungsgericht aufgegebene Ersetzung allein auf die - im vorbeschriebenen Sinne - nicht bestandskräftigen Verwaltungsentscheidungen beschränkt hat, so ist dies hinzunehmen und kann demzufolge einen weitergehenden Leistungsanspruch für die Vergangenheit nicht auslösen. Eines ausdrücklichen Ausschlusses der Anwendung des § 44 SGB X im Gesetz zur Familienförderung, wie ihn der Kläger für erforderlich hält, bedurfte es deshalb nicht. Auch aus den vom Kläger in Bezug genommenen Reglungen des § 152 AFG lässt sich nichts anderes ableiten, weil diejenigen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, die z.B. die am 1. Januar 1982 in Kraft getretene Neufassung des die Anwartschaftszeit für den Bezug von Arbeitslosengeld maßgeblichen § 104 AFG (vgl. BVerfG, Beschluss v. 12.2.1986 - 1 BvL 39/83 = SozR 4100 § 104 Nr. 13) betreffen oder aber z.B. zur sozialrechtlichen Behandlung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt ergangen sind (vgl. insoweit BVerfG, Beschluss v. 11.1.1995 – 1 BvR 892/88 = SozR 3-2200 § 385 Nr. 6) gerade keine entsprechenden Vorgaben in Bezug auf den Umgang mit bereits bestandskräftigen Bescheiden enthalten.
Die Berufung des Klägers gegen den sozialgerichtlichen Gerichtsbescheid war nach alledem zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 193 SGG.
Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt rückwirkend für die Jahre 1987 bis 1989 höheres Kindergeld aufgrund eines Antrags nach § 44 Sozialgesetzbuch X (SGB X).
Der Kläger war im streitbefangenen Zeitraum beim beklagten Land im Beamtenverhältnis beschäftigt und bezog Vergütung nach Besoldungsgruppe A 16. In diesem Zeitraum hatte der Kläger für seine Kinder H. (geb. 1973) und F. (geb. 1979), die im gemeinsamen Haushalt mit dem Kläger lebten und sich damals beide in Schulausbildung befanden, Anspruch auf Kindergeld. Er bezog dieses Kindergeld nach Maßgabe der seinerzeitigen gesetzlichen Regelungen in Höhe der Sockelbeträge. Die Höhe des monatlichen Kindergeldes wurde vom beklagten Land innerhalb dieses Zeitraums in die jeweiligen Abrechnungsnachweise aufgenommen. Rechtsbehelfe hiergegen wurden vom Kläger für die Dauer des streitbefangenen Zeitraums nicht eingelegt.
Mit Schreiben vom 13. Dezember 1990 beantragte der Kläger bei der für ihn zuständigen zentralen Besoldungsstelle Hessen unter Hinweis auf die "einschlägige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts", ihm rückwirkend ab Januar 1986 ein höheres Kindergeld für seine beiden Söhne zu zahlen. Er erklärte sich gleichzeitig damit einverstanden, die Entscheidung über diesen Antrag bis zu einer gesetzlichen Neuregelung zurückzustellen. Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 31. August 1992 und unter Bezugnahme auf den "Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Mai 1990" um eine Bestätigung seines Antrags vom 13. Dezember 1990 nachsuchte, wurde ihm mit Schreiben vom 16. November 1992 der Eingang des Schreibens vom 13. Dezember 1990 bestätigt. Ihm wurde gleichzeitig mitgeteilt, entsprechend dem gestellten Antrag werde die Entscheidung hierüber bis zu einer gesetzlichen Neuregelung zurückgestellt.
Offenkundiger Anlass für den Antrag des Klägers vom 13. Dezember 1990 waren die Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Mai 1990 (1 BvL 20/84 u.a. = SozR 3-5870 § 10 Nr. 1) sowie vom 12. Juni 1990 (1 BvL 72/86 = FamRZ 1990, S. 965), durch welche die Kindergeldkürzungen nach § 10 Abs. 2 Bundeskindergeldgesetz (BKGG) bzw. die Höhe der Kinderfreibeträge nach § 32 Abs. 8 Einkommensteuergesetz (EStG), jeweils i.d.F. des Haushaltsbegleitgesetzes 1983, in ihrem Zusammenwirken und für bestimmte Fallgestaltungen in der Zeit bis zum 31. Dezember 1985 als mit dem Grundgesetz (GG) für unvereinbar erklärt worden waren. Zur Höhe des Kindergeldes und zur Freistellung des Existenzminimums der Kinder ergingen am 10. November 1998 weitere Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 42/93, 2 BvR 1220/93 und 2 BvR 852/97 u.a. = BVerfGE 99, S. 246 – 268; S. 268 – 273 und S. 273 – 279), die sich u.a. auch auf die durch das Steueränderungsgesetz 1991 vom 24. Juni 1991 (BGBl. I, S. 1322) herbeigeführte Rechtslage bezogen und mit denen insbesondere § 32 Abs. 6 EStG in seiner Anwendung auf die Veranlagungszeiträume 1985, 1987 und 1988 - auch hier im Zusammenwirken mit den Regelungen des Bundeskindergeldgesetzes - für weitere Fallgestaltungen als mit Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG u.a. für unvereinbar erklärt worden ist, weil das in einen fiktiven Kinderfreibetrag umgerechnete Kindergeld, zusammen mit den steuerrechtlichen Kinderfreibeträgen, nicht in allen Fällen ausgereicht habe, um das sächliche Existenzminimum von Kindern steuerfrei zu stellen.
Im Nachgang zu diesen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts erfolgte durch Art. 1 und 2 des Gesetzes zur Familienförderung vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I, S. 2552) u.a. in § 53 EStG eine Neuregelung zur steuerrechtlichen Freistellung des Existenzminimums der Kinder in den Veranlagungszeiträumen 1983 bis 1995, sowie eine darauf bezogene Regelung im Bundeskindergeldgesetz durch Anfügung eines § 21 BKGG. Unter den dort im Einzelnen genannten Voraussetzungen waren steuerrechtliche bzw. kindergeldrechtliche Nachbesserungen für die Jahre 1983 bis 1995 vorgesehen.
Den Antrag des Klägers vom 13. Dezember 1990 beschied das beklagte Land am 8. Mai 2001. Der Antrag auf Neufestsetzung des Kindergeldes für die Zeit ab 1986 wurde vom beklagten Land abgelehnt. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2001 zurückgewiesen. Im Widerspruchsbescheid führte das beklagte Land – soweit der im Berufungsverfahren streitbefangene Zeitraum betroffen ist – aus, eine kindergeldrechtliche Nachbesserung nach Maßgabe des Gesetzes zur Familienförderung (a.a.0.) komme im Falle des Klägers nicht in Betracht. Denn die Kindergeldbescheide für die fraglichen Jahre seien bestandskräftig geworden. Die Bestandskraft könne auch nicht nach Maßgabe von § 44 Abs. 1 SGB X beseitigt werden, da diese Bestimmung durch die spezielle Reglung des § 21 BKGG in seiner jetzigen Fassung eingeschränkt worden sei. Eine nachträgliche Korrektur von Kindergeldbescheiden für den Veranlagungszeitraum 1983 bis 1995 sei nach § 21 BKGG nämlich nur dann möglich, wenn die Kindergeldbescheide für den genannten Zeitraum durch Rechtsbehelfe angefochten oder sonst noch nicht bestandskräftig geworden seien. Selbst wenn der Antrag des Klägers vom 13. Dezember 1990 als förmlicher Widerspruch gegen vorangegangene Kindergeldbescheide auszulegen wäre, hätte dieser Rechtsbehelf die Bestandskraft dieser Kindergeldbescheide nicht mehr beseitigen können, weil insoweit selbst unter Berücksichtigung der Jahresfrist des § 66 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Widerspruchsfrist jeweils abgelaufen gewesen sei. Weitergehende Vertrauensschutzaspekte seien nicht zu berücksichtigen. Das Abwarten bis zu einer gesetzlichen Neuregelung sei nicht zu beanstanden gewesen und im Übrigen auch vom Kläger selbst beantragt worden.
Die dagegen erhobenen Klage, in der der Kläger u.a. die Meinung vertrat, sein mit Schreiben vom 13. Dezember 1990 gestellter Antrag auf rückwirkende Nachzahlung von Kindergeld falle nicht unter die Regelungen in Art. 2 Ziff. 9 des Gesetzes zur Familienförderung vom 22. Dezember 1999 (a.a.0.), hat das Sozialgericht Frankfurt am Main durch Gerichtsbescheid vom 26. Januar 2004 abgewiesen. Das Sozialgericht war der Auffassung, die eingetretene Bestandskraft der kindergeldrechtlichen Leistungsbewilligungen stehe einem Anspruch auf höheres Kindergeld entgegen. Zwar habe das Bundesverfassungsgericht in den Beschlüssen vom 10. November 1998 (a.a.0.) festgestellt, dass für die Veranlagungszeiträume ab 1985 bis 1988 die Regelungen zum Familienlastenausgleich und der zu berücksichtigenden Kinderexistenzminima teilweise nicht verfassungsgemäß gewesen seien. Das Bundesverfassungsgericht habe den Gesetzgeber hinsichtlich einer gesetzlichen Neuregelung für zurückliegende Veranlagungs- bzw. Leistungsjahre jedoch lediglich verpflichtet, in den noch nicht bestandskräftig gewordenen Fällen die Benachteiligung der Betroffenen zu beheben. In Umsetzung dieser Vorgaben sehe das Gesetz zur Familienförderung vom 22. Dezember 1999 (a.a.0.) insoweit vor, dass für die vorgenannten Veranlagungszeiträume bestimmte Beträge als Existenzminimum des Kindes steuerfrei zu belassen seien, wenn die Einkommensteuer noch nicht formell bestandskräftig oder hinsichtlich der Höhe der Kinderfreibeträge vorläufig festgesetzt sei. Ergänzend zu diesem einkommensteuerrechtlichen Ausgleich sei durch die Sondervorschrift des § 21 BKGG auch ein kindergeldrechtlicher Ausgleich geschaffen worden, der jedoch lediglich in den Fällen, in denen die Entscheidung über die Höhe des Kindergeldanspruches zwischen 1983 und 1995 noch nicht bestandskräftig geworden sei, einen nachträglichen kindergeldrechtlichen Ausgleich vorsehe, sofern gleichzeitig die Einkommensteuer formell bestandskräftig und hinsichtlich der Höhe der Kinderfreibeträge nicht vorläufig festgesetzt sei. Diese Voraussetzungen seien beim Kläger jedoch nicht gegeben. Insoweit sei nämlich von einer Bestandskraft der Kindergeldbewilligung auszugehen. Hieran vermöge auch der Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X nichts zu ändern. Denn durch eine solche Antragstellung werde die Bestandskraft der ergangenen Bewilligungsbescheide nicht beseitigt.
Gegen das dem Kläger am 5. April 2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 4. Mai 2004 eingegangene Berufung. Der Kläger vertritt die Auffassung, sein Antrag nach § 44 SGB X hebe die Bestandskraft der ergangenen Kindergeldbewilligungen auf. Wäre der Antrag sogleich beschieden worden, hätte er – der Kläger – hiergegen Klage erhoben. Im Klageverfahren hätte das Gericht auf der Basis der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Mai 1990 gemäß Art. 100 Grundgesetz (GG) dem Bundesverfassungsgericht die Frage der Verfassungsmäßigkeit der seinerzeit maßgeblichen kindergeldrechtlichen Regelungen vorlegen müssen. Dass er sich mit dem beklagten Land über das Ruhen des Verfahrens geeinigt habe, entwerte seinen Antrag nach § 44 SGB X nicht. Die eigentliche Bedeutung von § 44 SGB X liege in der Durchbrechung der Bindungswirkung zuvor ergangener Bescheide. Insoweit werde ein rechtlicher Schwebezustand hergestellt, den er – der Kläger – lange vor den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November 1998 bewirkt habe. Ein solchermaßen gestellter Antrag sei anders zu beurteilen, als ein Antrag der erst nachträglich eingereicht werde. Das Gesetz könne nicht rückwirkend eine schon eingetretene gesetzliche Wirkung entziehen. Dies gelte auch für § 21 BKGG in der Fassung des Gesetzes zur Familienförderung vom 22. Dezember 1999. Etwas anderes lasse sich weder aus dem Wortlaut noch aus der Gesetzesbegründung zu § 21 BKGG herleiten. Insoweit habe lediglich sichergestellt werden sollen, dass sowohl steuerrechtlich als auch kindergeldrechtlich eine Nachzahlung möglich würde, jeweils aber nur einmal. Dieses Auslegungsergebnis entspreche auch der Systematik der Sozialrechtsordnung. Wenn der Gesetzgeber in einzelnen Sozialleistungsbereichen die Geltung des § 44 SGB X einschränken oder ausschließen wolle, so bringe er das unmissverständlich zum Ausdruck. Als Beispiel sei auf § 152 Abs. 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) in der bis zum 31. Dezember 1987 gültigen Fassung hinzuweisen, in dem ausdrücklich eine von § 44 Abs. 1 SGB X abweichende Regelung erlassen worden sei. Gleiches gelte für die Einschränkung der Anwendbarkeit von § 44 SGB X in § 330 Sozialgesetzbuch III (SGB III). Auch aus den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November 1998 ergebe sich nichts Gegenteiliges. Zur Frage, wie mit einem Antrag nach § 44 SGB X umzugehen sei, habe sich das Bundesverfassungsgericht nicht geäußert. Weder der Wortlaut des Gesetzes selbst noch die Gesetzesbegründung rechtfertigten es deshalb, einen zulässigen und begründeten Antrag nach § 44 SGB X als wirkungslos oder unbegründet zu behandeln. Bereits im Jahre 1990 habe nämlich festgestanden, dass das ihm - dem Kläger - zugebilligte Kindergeld den Anspruch auf Wahrung des Existenzminimums der Kinder nicht wahre. Diesen Grundrechtsverstoß habe er ordnungsgemäß und formgültig gerügt. Deshalb könne auch dahingestellt bleiben, ob der Gesetzgeber überhaupt befugt sei, einem begründetem Antrag nach § 44 SGB X die Grundlage dadurch zu entziehen, dass durch ein späteres Gesetz der Verwaltung verboten werde, derartige Anträge positiv zu bescheiden. In einem möglichen Klageverfahren hätte bereits damals das Gericht auf der Grundlage der ersten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Mai 1990 eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf die unzureichende Höhe des ihm gewährten Kindergeldes erfolgen müssen. Dass er sich mit einem Ruhen des Verfahrens einverstanden erklärt habe, entwerte seinen Antrag indes nicht.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 26. Januar 2004 sowie den Bescheid des beklagten Landes vom 8. Mai 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2001 aufzuheben und ihm für seine Kinder H. und F. in den Jahren 1987 bis 1989 höheres Kindergeld zu gewähren,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Das beklagte Land beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das beklagte Land hält die sozialgerichtliche Entscheidung für zutreffend.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird im Übrigen auf den gesamten weiteren Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsakten des beklagten Landes (Kindergeldheft und Besoldungsnachweise) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Abs. 1 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Für die Zeit von Januar 1987 bis Dezember 1989 steht dem Kläger für seine Kinder H. und F. kein höheres Kindergeld zu. Für diesen Zeitraum hat die Beklagte den Antrag des Klägers vom 13. Dezember 1990 zu Recht abgelehnt.
Zwar kam es im Gefolge der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November 1998 (a.a.O.) durch das Gesetz zur Familienförderung vom 22. Dezember 1999 (a.a.O.) zu einer gesetzlichen Neuregelung, durch welche die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aufgegriffen worden sind und insoweit eine Neugestaltung des Zusammenwirkens zwischen den Kinderfreibeträgen des Einkommensteuerrechts und dem Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz vorgenommen wurde. Auch der vorliegend umstrittene Zeitraum von 1987 bis 1989 ist von dieser Neuregelung umfasst.
Auf die im Gesetz zur Familienförderung vom 22. Dezember 1999 (a.a.O.) getroffene Neuregelung kann der geltend gemachte Anspruch des Klägers auf ein höheres Kindergeld indes nicht gestützt werden.
Bei dieser Neuregelung ist - den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in seinen Beschlüssen vom 10. November 1998 (a.a.O.) entsprechend, die sich darauf bezogen haben, die Anhebung des steuerrechtlichen Kinderfreibetrags oder aber des Kindergeldes selbst vorzunehmen oder aber auf andere Weise einen verfassungskonformen Ausgleich vorzunehmen - der s t e u e r r e c h t l i c h e n Nachbesserung durch die Anhebung der Kinderfreibeträge für die Veranlagungszeiträume 1983 bis 1995 in § 53 EStG der Vorrang vor einer möglichen kindergeldrechtlichen Nachbesserung eingeräumt worden. Lediglich dann, wenn einerseits die Entscheidungen über die Höhe des Kindergeldes in diesen Zeiträumen nicht formell bestandskräftig geworden sind und g l e i c h - z e i t i g die Festsetzung der Einkommensteuer, bezogen auf die Höhe der Kinderfrei-beträge, in formell bestandskräftiger Weise erfolgt ist, letztere also n i c h t lediglich vorläufig festgesetzt wurden, sowie darüber hinaus das Existenzminimum des Kindes nicht unter der Maßgabe des § 53 EStG n.F. steuerfrei belassen worden ist, kommt aufgrund des durch das Gesetz zur Familienförderung eingefügten § 21 BKGG n.F. eine kindergeldrechtliche Nachbesserung in Betracht.
Ob und inwieweit für den Kläger für die Jahre 1987 bis 1989 eine steuerrechtliche Nachbesserung nach Maßgabe von § 21 BKGG erforderlich war, diese ggf. insoweit bereits erfolgt ist und schon aus diesem Grund die vom Kläger geforderte k i n d e r g e l d - r e c h t l i c h e Nachbesserung von vornherein ausscheidet, kann vorliegend dahingestellt bleiben. Denn für den Zeitraum von 1987 bis 1989 scheitert der Anspruch des Klägers bereits deshalb, weil alle ihn hinsichtlich dieses Zeitraums betreffenden Kindergeldbewilligungen in Bestandskraft erwachsen sind, da sie nicht mit Rechtsbehelfen angegriffen worden sind.
Dies gilt zum einen hinsichtlich der erteilten sog. Besoldungsnachweise, die sich auch auf das Kindergeld bezogen haben und von dem Kläger unbeanstandet geblieben sind. Aber auch hinsichtlich derjenigen Zeiträume, für die keine solchen Besoldungsnachweise vorliegen, weil die Höhe der Bezüge gegenüber der letzten Festsetzung unverändert geblieben war, ist hinsichtlich der Höhe des Kindergeldes Bestandskraft eingetreten, da im Kindergeldrecht auch der Auszahlung des Kindergeldes selbst Verwaltungsaktqualität beigemessen wird (vgl. insoweit BSG, Urt. v. 29.10.1992 –10 RKg 4/92 = SozR 3-1300 § 50 Nr. 13) und auch gegen die jeweilige Auszahlung für die Zeit von 1987 bis 1989 keine Rechtsbehelfe eingelegt wurden. Dies gilt unabhängig davon, dass diesen Bewilligungen keine Rechtsbehelfsbelehrungen beigefügt waren und deshalb für die Einlegung des Widerspruchs die Jahresfrist des § 66 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) maßgeblich gewesen ist. Denn auch innerhalb dieser Jahresfrist sind Rechtsbehelfe tatsächlich nicht eingelegt worden. Selbst wenn der Antrag des Klägers nach § 44 SGB X als ein solcher Rechtsbehelf angesehen werden könnte, konnte dieser noch nicht einmal für den Monat Dezember 1989 zu einer Durchbrechung der Bestandskraft der für diesen Monat erfolgten Kindergeldbewilligung mehr führen, weil die Besoldung der Beamten gemäß § 5 Abs. 3 Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) monatlich im Voraus erfolgt, so dass der erst am 13. Dezember 1990 gestellte Antrag selbst für den fraglichen Monat Dezember 1989 die einjährige Rechtsbehelfsfrist nicht mehr wahren konnte. Schon aus diesen Gründen scheidet nach alledem im Falle des Klägers die kindergeldrechtliche Nachbesserung nach § 21 BKGG aus.
Dieser Ausschluss steht mit der verfassungsrechtlichen Vorgabe aus den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November 1998 (a.a.O.) durchaus im Einklang. Das Bundesverfassungsgericht hat in diesen Entscheidungen nämlich lediglich eine Nachbesserung durch den Gesetzgeber hinsichtlich der noch n i c h t bestandskräftig gewordenen und von diesen Entscheidungen vom Grundsatz her umfassten Fälle gefordert. Auch für das Jahr 1989, für das keine ausdrückliche Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorliegt, das aber - wie auch die nachfolgenden Jahre bis einschließlich 1995 - in die durch das Gesetz zur Familienförderung vom 22. Dezember 1999 (a.a.O.) einbezogen worden ist, konnte sich deshalb die gesetzliche Neuregelung dem entsprechend auf noch nicht bestandskräftig gewordene Fälle beschränken.
Dies hat zur Folge, dass die ursprünglich eingetretene Bestandskraft der erfolgten Kindergeldbewilligungen einem möglichen kindergeldrechtlichen Nachbesserungsanspruch entgegensteht. Auch der bereits im Dezember 1990 gestellte Antrag nach § 44 SGB X ermöglicht eine Einbeziehung des Klägers in die ergangenen Nachbesserungsregelungen nicht.
Nach § 44 SGB X besteht ein Anspruch auf Rücknahme eines bindenden Verwaltungsaktes mit Wirkung für die Vergangenheit, soweit sich im Einzelfall erweist, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind (§ 44 Abs. 1 S. 1 SGB X). Zwar trifft die Auffassung des Klägers zu, wonach durch die Aufhebungsbestimmungen der §§ 44 ff SGG X die materielle Rechtskraft und die Bindungswirkung eines zuvor ergangenen Bescheides eingeschränkt wird. Wenn das Bundesverfassungsgericht allerdings - wie hier - festgestellt hat, dass die einfach-gesetzliche Rechtslage nicht der Verfassung entspricht, sind vorrangig jedoch die darauf bezogenen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts und seine hiermit verbundenen Auflagen an den Gesetzgeber entscheidend für die Klärung der Frage, ob und inwieweit die von ihm getroffene Entscheidung Wirkung für die Vergangenheit hat (BSG, Urt. v. 9.4.03 - B 5 RW 18/02 R = SozR 4-2600 § 307d Nr. 1 m.w.N.).
Unanfechtbare Entscheidungen bleiben insoweit nur dann nicht unberührt, wenn und soweit das Bundesverfassungsgericht oder der Gesetzgeber eine spezielle, von § 79 BVerfGG abweichende Regelung über die Folgen einer Nichtigkeitserklärung trifft (BSG, Urt. v. 20.12.2001 - B 4 RA 6/01 R = SozR 3-8570 § 8 Nr. 7 m.w.N.). Sind solche abweichenden Regelungen dagegen nicht getroffen worden, kommt eine Anwendung von §§ 44 ff SGB X von vornherein nicht in Betracht (BSG a.a.O.). Wird - wie hier - vom Bundesverfassungsgericht "lediglich" die Unvereinbarkeit einer Norm mit dem Grundgesetz festgestellt, kann im Ergebnis nichts anderes gelten. Denn bei dieser Fallgestaltung bleibt die für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärte Norm in ihrem Bestand unberührt, wobei die Aufgabe, die verfassungswidrige Rechtslage zu beseitigen, insoweit grundsätzlich dem Gesetzgeber übertragen wird (Blüggel, Normenkontrollentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und bestandskräftige Verwaltungsakte im Sozialrecht, SGb 2003, S. 507 m.w.N.).
Vorliegend hat das Bundesverfassungsgericht hinsichtlich der geforderten Neuregelungen die bestandskräftig gewordenen Bescheide von der Verpflichtung zur Neuregelung ausgenommen. Es ist damit ausdrücklich dem Grundgedanken des § 79 Abs. 2 S. 1 BVerfGG gefolgt, der dem Grundsatz entspricht, wonach einerseits zwar unanfechtbar gewordene Akte der öffentlichen Gewalt, die auf einer verfassungswidrigen Grundlage zustande gekommen sind, nicht rückwirkend aufgehoben und die nachteiligen Wirkungen, die in der Vergangenheit von ihnen ausgegangen sind, nicht beseitigt werden, andererseits jedoch zukünftige Folgen, die sich aus einer zwangsweisen Durchsetzung verfassungswidriger Entscheidungen ergeben würden, abgewendet werden sollen (BVerfG, Beschluss vom 6.12.2005 - 1 BvR 1905/02= DÖV 2006, S. 299).
Weil zum Zeitpunkt der ursprüngliche Leistungsbewilligung und in der Folgezeit bis zu den genannten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November 1998 (a.a.O.) das seinerzeit maßgebliche Recht i.S.v. § 44 SGB X bei den Kindergeldbewilligungen in - aus damaliger Sicht - zutreffender Weise angewandt worden ist (vgl. auch dazu: Blüggel. a.a.O., m.w.N.), kann nach alledem bei der konkreten, vorliegend vom Bundesverfassungsgericht getroffenen Anordnung § 44 SGB X nicht zum Tragen kommen. Auch dem Umstand, dass der Antrag nach § 44 SGB X bereits v o r den hier maßgeblichen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November 1998 gestellt worden ist, kommt schon deshalb keine Entscheidungserheblichkeit zu, weil jedenfalls schon vor der im Dezember 1990 erfolgten Antragstellung die Bestandskraft der jeweiligen Kindergeldbewilligungen für den vorliegend streitbefangenen Zeitraum von 1987 bis 1989 tatsächlich bereits eingetreten gewesen war.
Wenn - wie dies hier geschehen ist - der Gesetzgeber die ihm vom Bundesverfassungsgericht aufgegebene Ersetzung allein auf die - im vorbeschriebenen Sinne - nicht bestandskräftigen Verwaltungsentscheidungen beschränkt hat, so ist dies hinzunehmen und kann demzufolge einen weitergehenden Leistungsanspruch für die Vergangenheit nicht auslösen. Eines ausdrücklichen Ausschlusses der Anwendung des § 44 SGB X im Gesetz zur Familienförderung, wie ihn der Kläger für erforderlich hält, bedurfte es deshalb nicht. Auch aus den vom Kläger in Bezug genommenen Reglungen des § 152 AFG lässt sich nichts anderes ableiten, weil diejenigen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, die z.B. die am 1. Januar 1982 in Kraft getretene Neufassung des die Anwartschaftszeit für den Bezug von Arbeitslosengeld maßgeblichen § 104 AFG (vgl. BVerfG, Beschluss v. 12.2.1986 - 1 BvL 39/83 = SozR 4100 § 104 Nr. 13) betreffen oder aber z.B. zur sozialrechtlichen Behandlung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt ergangen sind (vgl. insoweit BVerfG, Beschluss v. 11.1.1995 – 1 BvR 892/88 = SozR 3-2200 § 385 Nr. 6) gerade keine entsprechenden Vorgaben in Bezug auf den Umgang mit bereits bestandskräftigen Bescheiden enthalten.
Die Berufung des Klägers gegen den sozialgerichtlichen Gerichtsbescheid war nach alledem zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 193 SGG.
Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
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