L 4 R 2316/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 R 2564/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 2316/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29. März 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin erhebt Anspruch auf höhere Altersrente.

Die am 1939 geborene Klägerin war nach ihrer Schulausbildung wie folgt beschäftigt: Vom 01. April bis 15. Mai 1956 als Kulturarbeiterin, vom 15. Oktober 1956 bis 28. Februar 1957 und vom 01. Oktober 1957 bis 28. Februar 1959 als Hausgehilfin, vom 19. Oktober 1959 bis 08. März 1963 Arbeiterin, vom 02. April 1963 bis 30. Januar 1965 und vom 26. April 1965 bis 31. Dezember 1967 als Verkäuferin, zuletzt vom 01. April 1968 bis 30. September 1971 als Angestellte. Das letzte Arbeitsverhältnis wurde nach Angaben der Klägerin durch Eigenkündigung beendet. Am 31. Januar 1965 war der einzige Sohn U. geboren worden. Die 1964 geschlossene Ehe wurde im November 1974 geschieden.

Erstmals mit Schreiben vom 21. Dezember 1975 nahm die Klägerin mit der damaligen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, der Rechtsvorgängerin der Beklagten (hier im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet) schriftlichen Kontakt auf und bot die Nachentrichtung freiwilliger Beiträge an. Dies wurde im weiteren dahingehend konkretisiert, dass folgende Monate belegt wurden: Februar, März, Juni bis September 1956, März bis September 1957, März bis September 1959 sowie Oktober 1971 bis Dezember 1972. Vom 20. Juli bis 31. August 1976 nahm die Klägerin an einer von der Beklagten bewilligten stationären Heilbehandlung in der H.-klinik in Z. teil.

Am 30. September 1976 beantragte die Klägerin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Nach Einholung eines psychiatrischen Gutachtens bewilligte die Beklagte zunächst eine erneute stationäre Heilmaßnahme vom 15. Dezember 1977 bis 09. Februar 1978 in der C.-A.-Klinik N./Oldenburg. Nach Auswertung des dortigen Entlassungsberichts wurde durch Bescheid vom 16. Mai 1978 Rente auf Zeit wegen Erwerbsunfähigkeit vom 01. April 1977 bis 28. Februar 1980 aufgrund eines Versicherungsfalls vom 30. September 1976 bewilligt; der Versicherungsverlauf weist außer den mit Pflichtbeiträgen und den nachentrichteten freiwilligen Beiträgen belegten Zeiten noch auf: Schwangerschaft vom 31. Januar bis 25. April 1965, Arbeitslosigkeit vom 13. Januar bis 30. März 1968 und eine pauschale Ausfallzeit von zwei Monaten, weil im Zeitraum vom 22. Dezember 1955 bis 31. Dezember 1956 (13 Monate) nur elf Monate mit Versicherungszeiten belegt waren. Die Zeit von September 1976 bis Dezember 1994 berücksichtigte die Beklagte als Zurechnungszeit. Auf den im Dezember 1979 gestellten Weiterzahlungsantrag bewilligte die Beklagte nach medizinischer Prüfung durch Bescheid vom 14. März 1980 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf unbestimmte Dauer ab 01. März 1980. Neue rentenrechtliche Tatbestände wurden nicht mehr geltend gemacht; neue Bescheide (zuletzt vom 24. August 1993) ergingen lediglich anlässlich von beitragsrechtlichen Änderungen bei der Krankenversicherung.

Im März 2000 beantragte die Klägerin formlos Altersrente für Schwerbehinderte/Erwerbsunfähige ab 01. Januar 2000 und bat vor Bescheiderteilung um Beratung. Durch Bescheid vom 12. September 2000 - teilweise abgeholfen durch Bescheid vom 21. März 2001 - stellte die Beklagte den Versicherungsverlauf fest. Mit dem Widerspruch machte die Klägerin zahlreiche neue rentenrechtliche Tatbestände geltend. Die Widerspruchsstelle der Beklagten erließ den zurückweisen Widerspruchsbescheid vom 06. Juni 2002. Eine zum Sozialgericht (SG) Karlsruhe erhobene Klage (S 14 RA 2344/02) nahm die Klägerin im Oktober 2002 zurück.

Durch Bescheid vom 11. November 2002 bewilligte die Beklagte Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 01. Januar 2000 mit einem monatlichen Nettozahlbetrag (Januar 2003) von EUR 918,50. Mit dem Widerspruch machte die Klägerin erneut wie im vorhergehenden Vormerkungsverfahren geltend, die im Bescheid vom 16. Mai 1978 angerechnete pauschale Ausfallzeit von zwei Monaten habe Bestandsschutz. Bei dem Besuch der Frauenarbeitsschule von Oktober 1955 bis März 1956 habe es sich um eine Fachschule mit Ganztagsunterricht gehandelt. In den Zeiten vom 28. Mai bis 08. Juni 1957, 25. April bis 08. Mai 1960 und 01. März bis 13. März 1963 sei der Bezug von Krankengeld zu berücksichtigen. Die sechs Wochen vor der Geburt ihres Sohnes seien nicht angerechnet. Vom 20. September 1971 bis 31. März 1977 habe Arbeitsunfähigkeit bestanden. Eine Zurechnungszeit von einem Drittel sei für die Zeit vom 01. Januar 1995 bis 31. Dezember 1999 anzurechnen. Es bestehe Bestandsschutz der im Bescheid vom 16. Mai 1978 auf den vollen DM-Betrag aufgerundeten Entgelte und der daraus errechneten Werteinheiten, die höher als die errechneten Entgeltpunkte seien. Die Widerspruchsstelle wies den Widerspruch der Klägerin zurück (Widerspruchsbescheid vom 16. Juni 2003). Wie im Wesentlichen bereits im Widerspruchsbescheid vom 06. Juni 2002 führte sie zur Begründung aus, eine pauschale Anrechnungszeit ergebe sich nicht mehr, weil bei der Ermittlung bzw. Berechnung der pauschalen Anrechnungszeit auf das 17. Lebensjahr abzustellen sei. Frauenarbeitsschulen stellten keine Fachschulausbildung dar. Zudem lägen die begehrten Zeiträume vor Vollendung des 17. Lebensjahres. Zeiten, in denen Versicherte vor dem 01. Januar 1984 arbeitsunfähig geworden seien, würden nur berücksichtigt, wenn sie mindestens einen Kalendermonat andauerten. Die geltend gemachte Anrechnungszeit wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft sei nicht nachgewiesen und eine versicherte Beschäftigung sei auf der Versicherungskarte bis 31. Januar 1965 ausgewiesen. Arbeitsunfähigkeit für die Zeit vom 20. September 1971 bis 31. März 1977 sei nicht nachgewiesen und könne den vorliegenden Unterlagen nicht entnommen werden, sodass eine Anerkennung ausgeschlossen sei. Der Zeitraum vom 20. Juli 1976 bis 31. August 1976 sei keine Anrechnungszeit, weil eine versicherungspflichtige Beschäftigung nicht unterbrochen sei. Eine längere Zurechnungszeit sei nur bei Leistungsfällen und der entsprechenden Rente zu gewähren, wenn sie nach dem 01. Januar 1992 berechnet werde. Die im Bewilligungsbescheid vom 18. (richtig: 16.) Mai 1978 aufgeführten Entgelte seien nach dem damals geltenden Recht zu runden gewesen. Diese Regelung finde seit 01. Januar 1992 keine Anwendung mehr.

Die Klägerin erhob gegen den Widerspruchsbescheid, den sie nach ihren Angaben am 27. Juni 2003 bei der Post abgeholt hatte, am 23. Juli 2003 beim SG Karlsruhe Klage. Sie hat weiter geltend gemacht, eine pauschale Ausfallzeit von zwei Monaten ab dem 16. Lebensjahr sei wegen des Bestandsschutzes auch bei der Altersrente zu berücksichtigen. Die Krankheitszeit vom 20. September 1971 bis 31. März 1977 sei als Anrechnungszeit zu berücksichtigen. Die Arbeitsunfähigkeit sei durch ein (von ihr der Beklagten vorgelegtes) nervenärztliches Attest des Neurologen und Psychiaters Dr. H. vom 18. September 2002 und die Bescheinigung der AOK Baden-Württemberg vom 15. April 2003, wonach nach den Mitgliedskarten damals eine Große Psychotherapie durchgeführt worden sei, nachgewiesen. Eine Zurechnungszeit vom 01. Januar 1995 bis 31. Dezember 1999 sei zu einem Drittel anzurechnen. Die im Bescheid vom 16. Mai 1978 auf volle DM-Beträge aufgerundeten Entgelte müssten beibehalten werden. Des Weiteren hat sie nach Einsicht in die Verwaltungsakten der Beklagten für den Zeitraum vom 15. Dezember 1977 bis 09. Februar 1978 die Nachzahlung von Rente, Krankenkassenzuschuss zur freiwilligen Krankenversicherung und Kindergeldzuschuss begehrt

Die Beklagte trat der Klage entgegen.

Das SG erörterte am 04. November 2004 den Sachverhalt mit den Beteiligten und nahm Erklärungen der Schwester der Klägerin - ohne förmliche Zeugenvernehmung - auf. Durch Gerichtsbescheid vom 29. März 2006 wies das SG die Klage ab. Eine pauschale Anrechnungszeit ergebe sich jetzt nicht mehr, da von April bis Dezember 1956 sämtliche Monate mit Beitragszeiten belegt seien. Durchgängige Arbeitsunfähigkeit vom 20. September 1971 bis 31. März 1977 sei nicht nachgewiesen. Die Zeit der medizinischen Rehabilitation vom 20. Juli bis 31. August 1976 sei nicht als Anrechnungszeit anzuerkennen, da sie keine versicherte Beschäftigung unterbrochen habe. Die Zeit vom 01. Januar 1995 bis 31. Dezember 1999 sei nicht als Zurechnungszeit anzuerkennen. Die Zurechnungszeit ende hier noch mit dem vollendeten 55. Lebensjahr. Die Arbeitsentgelte seien nach jetziger Rechtslage nicht mehr nach oben zu runden. Für einen Bestandsschutz fehle es insoweit an einer Rechtsgrundlage. Die Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 15. Dezember 1977 bis 09. "August" (richtig: Februar) 1978 sei nicht Gegenstand der Klage, weil die Klägerin hierzu von der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden nicht beschieden worden sei.

Gegen diesen am 05. April 2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 04. Mai 2006 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Sie hält folgende Einzelpunkte ihres Begehrens aufrecht: Eine durchgängige Krankheitszeit vom 20. September 1971 bis 31. März 1977 sei nachgewiesen. Die pauschale Anrechnungszeit von zwei Monaten ab dem 16. Lebensjahr müsse Bestandsschutz genießen. Ebenso müsse sie in den Genuss der Zurechnungszeit bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres gelangen. Die Werteinheiten des ersten Rentenbescheids vom 16. Mai 1978 müssten ebenso Bestandsschutz genießen. Band 2 der Akten der Beklagten sei unzulässigerweise aufgelöst worden. Die Klägerin hat (nochmals) das Attest des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. vom 18. September 2002 vorgelegt, sie sei seit 06. Juli 1972 in ständiger ambulanter Behandlung gewesen und die Erkrankung müsse schon seit Herbst 1971 zu Arbeitsunfähigkeit geführt haben. Schließlich hat die Klägerin gerügt, zwischen dem Termin vom 04. November 2004 und dem Erlass des angefochtenen Gerichtsbescheids habe ein Richterwechsel stattgefunden.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29. März 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 11. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Juni 2003 zu verurteilen, ihr ab 01. Januar 2000 höhere Altersrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf den angefochtenen Gerichtsbescheid und hält ihre Entscheidungen weiterhin für zutreffend.

Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der Rentenakten (63 221239 S 529) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Die Altersrente der Klägerin ist im streitgegenständlichen Rentenbescheid vom 11. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Juni 2003 zutreffend berechnet worden. Ein Anspruch auf einen höheren Zahlbetrag unter Berücksichtigung der zuletzt noch geltend gemachten Zeiten besteht nicht.

1. Die verfahrensrechtliche Rüge der Klägerin, der Gerichtsbescheid vom 29. März 2006 sei von einem anderen Richter erlassen worden als der Richterin, die den Termin vom 04. November 2004 geleitet hatte, greift nicht durch. Beim Termin vom 04. November 2004 hat es sich nicht um eine dem Urteil zugrunde liegende Verhandlung (vgl. § 129 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) gehandelt, sondern um einen von der damaligen Vorsitzenden zur Vorbereitung der Entscheidung durchgeführten sogenannten Erörterungstermin (vgl. § 106 Abs. 3 Nr. 7 SGG). Die Niederschrift dieses Termins kann in einem späteren Urteil, auch im hier ohne mündliche Verhandlung erlassenen Gerichtsbescheid (vgl. § 105 SGG) verwertet werden. Eine Ausnahme bestünde dann, wenn es für die Entscheidung wesentlich auf den persönlichen Eindruck der Beteiligten ankäme, den der neu übernehmende Richter dann nicht gehabt hätte. Ein solcher Sachverhalt liegt hier aber nicht vor, da es auch für den Berufungssenat aus den nachfolgend dargelegten dargelegten Gründen auf einen persönlichen Eindruck von den Beteiligten nicht wesentlich ankommt. Anlass insbesondere zu einer Zurückverweisung an das SG wegen eines wesentlichen Mangels des Verfahrens (vgl. § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG) besteht nach alledem nicht.

2. Rechtsgrundlage für die Rentenberechnung sind §§ 63 ff. des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI). Gemäß § 66 Abs. 1 SGB VI sind für die Ermittlung des Monatsbetrags der Rente die "persönlichen Entgeltpunkte" zu berechnen. Hierfür gelten die Bestimmungen der §§ 70 ff. SGB VI. Nach diesen Bestimmungen ist die der Klägerin ab 01. Januar 2000 bewilligte Altersrente berechnet. Die von der Klägerin im Berufungsverfahren noch begehrten Punkte sind bei der Berechnung der Altersrente nicht zu berücksichtigen.

2.1. Eine (durchgängige) Anrechnungszeit der Arbeitsunfähigkeit vom 01. Oktober 1971 bis 31. März 1977 ist nicht nachgewiesen.

Anrechnungszeiten sind Zeiten, in denen Versicherte (u. a.) wegen Krankheit arbeitsunfähig gewesen sind oder Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten haben (vgl. § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI). Eine solche Anrechnungszeit ist nur zu berücksichtigen, wenn dadurch eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit unterbrochen ist (vgl. Abs. 2 Satz 1 der Vorschrift).

Die Klägerin hat ihr letztes aktives Arbeitsverhältnis als Angestellte bei der Baubeschlagfabrik Gretsch in Leonberg zum 30. September 1971 durch Eigenkündigung aufgegeben. Weder Krankengeld noch eine sonstige Entgeltersatzleistung wurden bis zum ersten Rentenantrag vom September 1976 in Anspruch genommen. Die Klägerin blieb Hausfrau; im November 1974 wurde die Ehe geschieden. Im Rentenantrag hat die Klägerin Erwerbsunfähigkeit wegen "Angst- und Zwangsneurose/Angstzustände" seit Januar 1976 angegeben. In Behandlung wegen dieser Leiden war sie nach dem vorgelegten Attest bei Dr. H. seit Juli 1972. Einschlägige ärztliche Behandlung vor diesem Zeitpunkt hat die Klägerin zwar behauptet, diese vermag der Senat jedoch nicht festzustellen. Auch im Gutachten des Psychotherapeuten Dr. K. vom 24. Juni 1977 ist angegeben, Arbeitsunfähigkeit bestehe seit Juli 1972. In der Anamnese des Gutachtens ist näher ausgeführt, zwar sei die Klägerin schon etwa 1970 "mit Kopfschmerzen und intestinalen Beschwerden erkrankt"; jedoch seien erst etwa Mitte 1972 Angstgefühle von Krankheitswert aufgetreten. Auch im Entlassungsbericht über die Heilmaßnahme in der C.-A.-Klinik N. vom 15. Dezember 1977 bis 09. Februar 1978 ist zur Vorgeschichte vermerkt, 1970 bis 1972 seien "häufig Kopfschmerzen und Übelkeitsgefühle" aufgetreten; Ängste und Zwänge von Krankheitswert hätten dann im letztgenannten Jahr begonnen. Dies habe zur Trennung seitens des Ehemannes im November 1972 geführt. Im Gutachten der Nervenärztin Dr. Bu. vom 02. Februar 1982 ist bei der Anamnese die Angabe der Klägerin wiedergegeben, dass sie die Tätigkeit 1971 besonders deshalb aufgegeben habe, weil der Sohn, der bis dahin bei den Großeltern gelebt und von ihnen betreut worden sei, zur Einschulung angestanden habe und sie sich dann auch nicht mehr habe entschließen können, wieder zu arbeiten. Auch die Leistungen der "Großen Psychotherapie" erfolgten nach dem von der Klägerin vorgelegten Leistungsauszug der zuständigen Krankenkasse erst ab 1975. Auch ein Rentenantrag ist über Jahre hinweg nicht erwogen worden, obwohl nach der vor 1984 geltenden Rechtslage Renten wegen Erwerbsminderung ohne Rücksicht auf die jetzt verlangte Drei-Fünftel-Belegung (vgl. jetzt § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI) zu jedem beliebigen Zeitpunkt hätten in Anspruch genommen werden können. Vielmehr war die Klägerin noch im Dezember 1975 in der Lage, sich in geordneter Form um eine Nachentrichtung freiwilliger Beiträge zu bemühen, ohne gleichzeitig einen Leistungsanspruch geltend zu machen.

Unter diesen Umständen vermag das im Berufungsverfahren erneut vorgelegte Attest des Dr. H. vom 18. September 2002 eine durchgängig seit Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit September 1971 bestehende Arbeitsunfähigkeit nicht überzeugend zu belegen. In den bereits genannten Berichten ist übereinstimmend festgehalten, dass eine offensichtliche Zuspitzung der zuvor bestehenden Beschwerden zum Eintritt in die Behandlung bei Dr. H. im Juli 1972 veranlasst hat. Dennoch ist auch anlässlich der Behandlung durch diesen Arzt ein Rentenantrag nicht erwogen worden. In den Monaten vor dem Beginn der Behandlung bei Dr. H. war immerhin noch von "Ostern bis Juni 1972 stundenweise Arbeit im Metzgereigeschäft" möglich (vgl. Gutachten des Dr. K. vom 24. Juni 1977 und des Dr. H. vom 20. Februar 1980). Nach alledem ist dem Attest vom 18. September 2002, wie bereits das SG zutreffend dargelegt hat, eine tragfähige gutachterliche Umgrenzung des nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit September 1971 durchgängig bestehenden Zustandes nicht überzeugend zu entnehmen. Weitere ärztliche Befunde aus dem damaligen Zeitraum waren nicht zu erlangen.

2.2. Ein Anspruch auf Übernahme der pauschalen Ausfallzeit (jetzt: Anrechnungszeit) von zwei Monaten aus der vor Inkrafttreten des SGB VI seit 01. April 1977 geleisteten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit besteht nicht.

Gemäß § 253 Abs. 1 Satz 1 SGB VI in der Fassung des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes vom 25. September 1996, BGBl. I S. 1461, ist Anrechnungszeit für die Zeit vor dem 01. Januar 1957 mindestens die volle Anzahl an Monaten, die sich ergibt, wenn (1.) der Zeitraum vom Kalendermonat, für den der erste Pflichtbeitrag gezahlt ist, spätestens vom Kalendermonat, in den der Tag nach der Vollendung des 17. Lebensjahres des Versicherten fällt, bis zum Kalendermonat, für den der letzte Pflichtbeitrag vor dem 01. Januar 1957 gezahlt worden ist, ermittelt wird (Gesamtzeit), (2.) die Gesamtzeit um die auf sie entfallenden mit Beiträgen und Ersatzzeiten belegten Kalendermonate zur Ermittlung der verbleibenden Zeit gemindert wird (Gesamtlücke). Da die Klägerin einen (höheren) Anspruch auf Rente ab 01. Januar 2000 geltend gemacht, ist nach § 300 SGB VI diese Regelung bei der Berechnung der Altersrente der Klägerin zu berücksichtigen.

Bereits das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass durch die zitierte Gesetzesänderung bei der Berechnung von Gesamtzeit und Gesamtlücke an die Stelle des 16. Lebensjahres das 17. getreten ist. Dies hat zur Folge, dass, nachdem für die Klägerin (erstmals) von April bis Mai 1956 und von Oktober bis Dezember 1956 Pflichtbeiträge entrichtet worden sind und sie die Monate Februar bis März 1956 und Juni bis September 1956 mit freiwilligen Beiträgen belegt hat, die früher für die Monate Dezember 1955 (Vollendung des 16. Lebensjahres) und Januar 1956 verbleibende Lücke nicht mehr besteht. Vertrauensschutz in das Weiterbestehen einzelner rentenrechtlicher Elemente wie die pauschalen Anrechnungszeiten besteht nicht, weil für die neue Rente - hier die Altersrente - mindestens die bisherigen persönlichen Entgeltpunkte der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zugrunde gelegt werden (vgl. § 88 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen insoweit nicht.

2.3. Deshalb sind auch die für den Rentenbezug vor 1992 maßgeblichen Werteinheiten zutreffend in Entgeltpunkte gemäß SGB VI umgerechnet worden. Früher geltende Rundungsvorschriften enthält das SGB VI insoweit nicht mehr.

2.4. Die gemäß § 59 SGB VI jetzt bis zum 60. Lebensjahr laufende Zurechnungszeit (vor 1992 bis zum 55. Lebensjahr) kommt im Fall der Klägerin nicht in Betracht, da, wie das SG richtig dargelegt hat, diese rentenrechtliche Zeit nur bei Renten wegen Erwerbsminderung oder wegen Todes, nicht jedoch bei - wie im Falle der Klägerin - einer Altersrente berücksichtigt wird, um bei einem Rentenbeginn in jüngeren Jahren aus Gründen des sozialen Ausgleichs eine sonst zu niedrige Rentenanwartschaft aufzubessern. Die Klägerin, die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach den bis 31. Dezember 1991 geltenden Rechtsvorschriften mit Zurechnungszeit bis zum 55. Lebensjahr bezogen hat, kann zwar nach den bereits zitierten Regelungen die Übernahme der sich hieraus ergebenden persönlichen Entgeltpunkte beanspruchen, nicht jedoch den sich aus der Neuregelung ergebenden Vorteil, weil allein aus Anlass des Inkrafttretens des SGB VI keine Neuberechnung erfolgt (vgl. § 306 Abs. 1 SGB VI); eine Sonderregelung insoweit besteht nicht. Auch dies kann verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe zur Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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