S 15 KR 8429/04

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Stuttgart (BWB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 15 KR 8429/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der Künstlersozialabgabe unterliegen auch solche Entgelte, die an ausländische Künstler für nur im Ausland vermarktete künstlerische Leistungen gezahlt werden. Entscheidend ist nur, dass der Vermarkter seinen Sitz im Inland hat.
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. 3. Die Sprungrevision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Höhe der von der Klägerin zu entrichtenden Künstlersozialabgabe.

Gegenstand des Unternehmens der klagenden GmbH mit Sitz in Stuttgart ist die Vermittlung und Organisation von kulturellen Ereignissen (Eintragung ins Handelsregister des AG Schorndorf). Die Klägerin veranstaltet u.a. Konzerte und Ballettaufführungen.

Am 02.01.03 schloss die Klägerin mit "50 Personen `Russisches Nationalballett´, vertreten durch den Direktor des Russischen Nationalballetts, Hrn. S.R.," (als Auftragnehmer bezeichnet), eine "Rahmenvereinbarung über künstlerische Darbietungen" für eine Tournee im Jahre 2003. Diese enthält folgende Vereinbarungen (Bl. 12 der Gerichtsakten): 1. Der Auftragnehmer übernimmt die Durchführung von Darbietungen während 61 Veranstaltungen, die durch den Auftraggeber in Deutschland organisiert und vermarktet werden. Außerdem verpflichtet sich der Auftragnehmer zur Durchführung von Darbietungen während 50 Veranstaltungen anlässlich einer Promotionstour durch Italien. Daneben verpflichtet sich der Auftragnehmer nach Ablauf der Tournee zur Entwicklung der neuen Darbietung "Cinderella". 2. Der Auftragnehmer stellt die Auftrittsbereitschaft des Balletts sicher. Er stellt auch die notwendigen Hilfsmittel wie Kostüme, Bühnendekoration und musikalische Werke. Welche Personen, Gerätschaften, Kostüme und andere Hilfsmittel jeweils eingesetzt werden, obliegt dem Auftragnehmer. 3. Der Auftraggeber schließt mit den jeweils auftretenden Künstlern und den übrigen tätigen Personen für jede Veranstaltung gesonderte Engagementverträge ab und rechnet die Vergütungen direkt mit den jeweils tätigen Künstlern ab. Die Vergütung ist jeweils nach Ende der 61 Vorstellungen in Deutschland abzurechnen und auszuzahlen. Sie gilt die Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen gemäß Punkt 1. dieser Vereinbarung ab und entfällt jeweils zu 43,137% auf die Entwicklung der neuen Darbietung Cinderella. 31,373% auf die Auftritte in Deutschland 25,490% auf die Auftritte in Italien 4. Die Organisation sowie sämtliche Kosten für Transfer, Unterkunft und Verpflegung der mitwirkenden Personen gehen zu lasten des Auftraggebers. Dasselbe gilt für Kosten des Transports und Lagerung der notwendigen Gerätschaften und anderer Hilfsmittel. 5. Anfallende Steuern und vergleichbare Abgaben trägt der Auftragnehmer."

In Umsetzung dieser Vereinbarung zahlte die Klägerin im Jahr 2003 an ihre Vertragspartner Gagen i.H.v. insgesamt EUR 311.100.-; wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 13 der Gerichtsakten Bezug genommen. An "Künstlergagen Inland" zahlte die Klägerin im gleichen Zeitraum EUR 9.165,17 (Bl. 23 der Gerichtsakte).

Mit Schreiben vom 24.02.2004 meldete die Klägerin bei der Beklagten an im Jahr 2003 gezahlten, der Künstlersozialabgabe (im Folgenden KSA) unterliegenden Entgelten insgesamt EUR 320.165.-. Ausgehend von diesen gemeldeten Entgelten und einem Prozentsatz von 3,8% stellte die Beklagte mit Bescheid vom 04.03.2004 die von der Klägerin für 2003 zuzahlende KSA mit EUR 12.170,07 fest.

Hiergegen erhob die Klägerin am 06.04.04 Widerspruch, zu dessen Begründung sie vortrug, die gemeldeten Entgelte enthielten auch Beträge, die für Auftritte im Ausland, bzw. für die Entwicklung einer neuen Produktion bezahlt worden seien; diese Teilbeträge stellten nicht Vergütungen für die Aufführungen in Deutschland dar und seien daher nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Die für Auftritte in Deutschland gezahlten Gagen beliefen sich insgesamt auf EUR 106.766,57. Auf Nachfragen der Beklagten legte die Klägerin die Rahmenvereinbarung vom 02.01.03 vor. Einer Aufforderung der Beklagten zur Vorlage einer getrennten Aufstellung der Entgelte und der Unterlagen i.S.d. § 28 KSVG kam die Klägerin nicht nach.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26.11.04 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die angefochtene Abrechnung beruhe auf den von der Klägerin angegebenen Entgelten. Zur Bemessungsgrundlage der KSA gehörten auch Vorbereitungshandlungen für die Erbringung einer (späteren) künstlerischen Leistung oder eines künstlerischen Werkes. Die Klägerin sei der Aufforderung einer getrennten Aufstellung der an im Ausland aufgetretenen Künstler nicht nachgekommen. Daher habe der angefochtene Bescheid nicht geändert werden können. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf Bl. 80/83 der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Am 22.12.04 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Stuttgart.

Am 20.03.05 vollstreckte die Beklagte durch Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Hauptzollamtes Heilbronn den Bescheid vom 04.03.04 einschließlich Säumniszuschläge i.H.v. EUR 1.099,70.

Zur Begründung ihrer Klage führt die Klägerin aus, die Zusammenarbeit mit dem Russischen Nationalballett habe im Jahr 2003 drei Aspekte umfasst: die Tournee in Deutschland, die in Italien und die Vorbereitung bzw. Planung einer neuen Aufführung für das folgende Jahr. Diese Vorbereitung habe in Moskau stattgefunden. Entsprechend der Rahmenvereinbarung vom 02.01.03 sei mit jedem Tänzer des Balletts eine gesonderte Vereinbarung über die Vergütung getroffen worden. Vereinbart worden sei jeweils ein Pauschalbetrag für alle drei Aspekte, wobei sich der jeweilige Anteil eines Aspektes an der Vergütung nach den in der Rahmenvereinbarung vom 02.01.03 geregelten Prozentsätzen bestimmte habe. Die Gagen der Künstler hätten sich insgesamt auf EUR 5.100.- täglich belaufen. Bei 61 Auftritten in Deutschland ergebe sich daher eine Gesamtentgeltsumme i.H.v. EUR 311.100.-, wovon EUR 97.601,41 auf die Auftritte in Deutschland entfielen. Zusammen mit den übrigen Gagen für inländische Künstlerauftritte betrage die Bemessungsgrundlage für die KSA EUR 106.766,58. Die von der Klägerin zu zahlende Künstlersozialabgabe belaufe sich daher lediglich auf EUR 4.057,13. Die Entgelte für die im Ausland erbrachten künstlerischen Leistungen dürften nicht in die Bemessungsgrundlage für KSA einbezogen werden. Als Nicht-EU-Ausländer müssten sich die Künstler selbst krankenversichern und dies bei der Einreise nachweisen. Sie müssten, da sie nicht selbst in der Künstlersozialversicherung oder pflichtversichert seien, selbst ihre Krankenversicherung sicherstellen. Ohne Krankenversicherungsnachweise erhielten die keine Einreiseerlaubnis für Deutschland oder Italien. Die Kosten für den Krankenversicherungsschutz werde vom Veranstalter bei der Honorarvereinbarung mit den Künstlern mitberücksichtigt. Die ausländischen Künstler müssten die KSA und ihren eigenen Sozialversicherungsschutz voll bezahlen, hätten aber keinerlei Nutzen von der Künstlersozialversicherung. Die deutschen Künstler könnten daher auch ihre Leistungen billiger anbieten. Dies führe zu einer Diskriminierung ausländischer Künstler. Die Entgelte für die Vorbereitung der neuen Darbietung und die Auftritte in Italien seien keine Kosten, die erbracht würden, um das Werk oder die Leistung im Inland zu erhalten. Mit dem Russischen Nationalballett sei kein Exklusivvertrag geschlossen worden, der Aufführungen des Stückes für andere Veranstalter ausgeschlossen habe. Die von der Klägerin aufgewendeten Kosten seien nicht zwingend erforderlich gewesen, um die Leistung - im Inland - zu erhalten. Das BSG habe in der Entscheidung zu den Ausfallhonoraren das Problem gesehen, dass durch Zwischenschaltung eines ausländischen Vermarkters die Abgabepflicht umgangen werden könne. Dies stelle eine Inländerdiskriminierung dar, die gesetzlich nicht bezweckt sein könne. Jedenfalls zeige diese Umgehungsmöglichkeit deutlich, dass der Gesetzgeber die Abgabepflicht nicht auf alle Vermarkter ausdehnen wolle. Wegen des von der Klägerin vorgelegten Jahresabschlusses zum 31.12.03 wird auf Bl. 14/36 der Gerichtsakte Bezug genommen.

In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin im Rahmen eines Teilvergleiches die Klage auf den Bescheid vom 04.03.04 und den Widerspruchsbescheid vom 26.11.04 beschränkt.

Die Klägerin beantragt:

1. Der Bescheid der Beklagten vom 04.03.04 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.04 wird in Höhe von EUR 8.112,94 aufgehoben. 2. Die Sprungrevision wird zugelassen.

Die Beklagte beantragt:

1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Sprungrevision wird zugelassen.

Zur Begründung führt sie aus, für die Bemessungsgrundlage der KSA sei eine Unterscheidung zwischen Aufführungen und Proben im In- und im Ausland nicht zulässig. § 25 KSVG erfasse nach seinem Wortlaut einschränkungslos die Entgeltzahlungen an selbständige Künstler, also auch Entgeltzahlungen ins Ausland. Dies ergebe sich auch aus den Motiven zur Gesetzesentstehung. Das Territorialitätsprinzip stehe ebenfalls nicht entgegen, da hierfür eine Anknüpfung an den inländischen Sitz der Klägerin als Vermarkter ausreiche. Wenn das BSG im Urteil zu den Ausfallhonoraren schon entschieden habe, dass die Abgabepflicht des Entgeltes nicht davon abhänge, ob es überhaupt zu einer Verwertung der künstlerischen Leistung komme, könne es erst recht keine Rolle spielen, ob die Verwertung im Ausland stattfinde. In der gleichen Entscheidung habe das BSG auch angemerkt, das Territorialitätsprinzip schließe lediglich die Abgabepflicht des ausländischen Vermarkters aus. Die bisher dieser Rechtsprechung entgegenstehende Praxis der Beklagten werde nun aufgegeben. Wegen der weiteren Begründung wird auf Bl. 41/43 und 48/49 der Gerichtsakten Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht beim örtlich und sachlich zuständigen Sozialgericht Stuttgart erhobene Klage ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.

Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung ist nach dem in der mündlichen Verhandlung geschlossenen Teilvergleich nur noch die Rechtmäßigkeit des Bescheides der Beklagten über die Höhe der von der Klägerin zu zahlende Künstlersozialabgabe für das Jahr 2003. Zurecht hat die Beklagte dabei auch die Entgelte in die Bemessungsgrundlage einbezogen, die die Klägerin an die Künstler für die während der Tournee in Italien erbrachten Leistungen und die in Moskau durchgeführte Entwicklung der neuen Darbietung ("Cinderella") gezahlt hat. Der angefochtene Bescheid und Widerspruchsbescheid sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Bemessungsgrundlage der Künstlersozialabgabe sind nach § 25 Abs. 1 Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG )die Entgelte für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen, die ein nach § 24 Abs. 1 oder 2 Verpflichteter im Rahmen der dort aufgeführten Tätigkeiten im Laufe eines Kalenderjahres an selbständige Künstler oder Publizisten zahlt, auch wenn diese selbst nach dem KSVG nicht versicherungspflichtig sind. Die Klägerin unterliegt der grundsätzlichen Abgabepflicht nach § 24 I, 1 Nr. 3: Theater-, Konzert- und Gastspieldirektionen sowie sonstige Unternehmen, deren wesentlicher Zweck darauf gerichtet ist, für die Aufführung oder Darbietung künstlerischer Werke oder Leistungen zu sorgen. Dies ist auch unstreitig. Die streitigen Honorare stellen Entgelte für künstlerische Leistungen oder Werke dar. Hinsichtlich der Darbietungen während der Italientournee ist dies unstreitig. In Bezug auf die Vorbereitung bzw. Entwicklung der neuen Darbietung ("Cinderella") wendet die Klägerin ein, mit dem Russischen Nationalballett keinen Exklusivvertrag geschlossen zu haben, der Aufführungen des Stückes für andere Veranstalter ausgeschlossen habe. Die von der Klägerin aufgewendeten Kosten seien nicht zwingend erforderlich gewesen, um die Leistung - im Inland - zu erhalten. Nach § 25 Abs. 2 ist Entgelt i.S.d. Abs. 1 alles, was der zur Abgabe Verpflichtete aufwendet, um das Werk oder die Leistung zu erhalten. Eine finale Zielsetzung der Aufwendung ist nach der Entscheidung des BSG (3/12 RK 63/92 a.a.O.) trotz des Wortlautes nicht notwendig. Hier liegt aber sogar eine solche Zielsetzung vor. Denn die Klägerin zahlt die Entgelte für die Entstehung eines Werkes bzw. einer Darbietungsleistung, um das "Endprodukt" zu vermarkten, also zu nutzen. Die künstlerische Leistung umfasst nicht nur die abschließende Darstellung, sonder als notwendigen Teil auch die "Herstellung" des Werkes. Daher kann es auch keine Rolle spielen, ob das Entgelt erst für das fertige Werk unter Einschluss der Kosten für die "Herstellung" gezahlt wird oder aufgeteilt in mehrere Beträge.

Der Einbeziehung der streitigen Entgelte steht nach Überzeugung der Kammer nicht entgegen, dass sie für künstlerische Leistungen gezahlt werden, deren Verwertung ganz oder teilweise im Ausland erfolgt. Nach dem Gesetzeswortlaut umfasst die Abgabepflicht einschränkungslos die Entgeltzahlungen an selbständige Künstler oder Publizisten. Eine Differenzierung nach dem Wohnsitz der Künstler oder dem Ort ihrer Tätigkeit wird nicht vorgenommen. Ausdrücklich sind vielmehr Entgelte in die Bemessungsgrundlage einbezogen, die an nicht nach dem KSVG versicherungspflichtige Künstler gezahlt werden. Daher werden auch Entgelte erfasst, die an im Ausland wohnhafte Künstler gezahlt werden. Das Territorialitätsprinzip des Sozialversicherungsrechts steht dem nicht entgegen (ausführlich hierzu BSG Urteil vom 20.07.1994 - 3/12 RK 63/92 - SozR 3-5425 § 25 Nr. 5). Allein dass die hier betroffenen Künstler im Ausland ansässig sind, führt daher nicht dazu, dass die Entgelte bei der Berechnung der KSA außer Betracht bleiben, was die Klägerin allerdings auch nicht vorträgt.

Das Territorialitätsprinzip steht auch der Einbeziehung solcher Entgelte nicht entgegen, die ein Vermarkter mit Sitz im Geltungsbereich des KSVG an im Ausland ansässige Künstler für künstlerische Werke oder Leistungen zahlt, die im Ausland erbracht und verwertet werden.

Nach § 36a Satz 1 KSVG finden auf Rechtsbeziehungen zwischen der Künstlersozialkasse und den Versicherten, Zuschussberechtigten und zur Abgabe Verpflichteten die Vorschriften des Sozialgesetzbuchs Anwendung. Damit gilt für die allgemeine Bestimmung des Geltungsbereiches des § 30 SGB I, nach dessen Abs. 1 die Vorschriften dieses Gesetzbuches für alle Personen gelten, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben. § 30 SGB I gilt für alle Personen, also auch für juristische wie die Klägerin, bei denen der Sitz anstelle des Wohnsitzes tritt (Hauck/Haines SGB I § 30 Rn. 6; Peters/Hommel SGB I § 30 Anm. 9; für analoge Anwendung Bley in SozVersGesKomm SGB I § 30 Anm. 2d). Auf die spezielleren Regelungen über den Geltungsbereich der Sozialversicherung nach dem SGB IV kann für die Tätigkeit des zur Abgabe Verpflichteten, also den Vermarkter, nicht abgestellt werden. Die §§ 3 bis 5 und 9 bis 11 SGB IV treffen speziellere Bestimmungen über den Geltungsbereich der Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung. Diese Fragen sind allein bezogen auf den Vermarkter im Rahmen der Abgabepflicht nicht betroffen, weil es nicht um die Frage der Versicherungspflicht oder -berechtigung des Vermarkters geht. Die Vorschriften des KSVG finden auf die Klägerin somit schon wegen ihres Sitzes in der Bundesrepublik Deutschland Anwendung.

Für die Einbeziehung der Entgelte in die Bemessungsgrundlage nach § 25 Abs. 1 KSVG kommt es nicht auf die Versicherungspflicht oder -berechtigung der Künstler an, an die die Entgelte gezahlt werden. Die Abgabepflicht des Vermarkters ist vom Gesetzgeber unabhängig vom Sozialversicherungsstatus des Künstlers geregelt worden. Dies ergibt sich, wie oben ausgeführt, bereits aus dem Wortlaut. Der Gesetzgeber hat insoweit bewusst eine grundsätzliche und das System des KSVG prägende Grundentscheidung getroffen, die von der Versicherungs- und Beitragspflicht im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses abweicht. Das Gesetz schreibt vor, dass die Mittel für die KSV zu einer Hälfte durch Beiträge der Versicherten, zur anderen Hälfte durch die KSA und durch einen Zuschuss des Bundes aufgebracht werden (§ 14 KSVG). Der Bundeszuschuss trägt dem Anteil der "Selbstvermarkter" unter den Künstlern Rechnung, die also ihre Werke ohne Einschaltung eines Vermarkters unmittelbar an den Endabnehmer veräußern. Die KSA (neben dem Bundeszuschuss) soll es ermöglichen, den Beitrag der versicherungspflichtigen Künstler um einen fiktiven Arbeitgeberbeitrag aufzustocken. Dennoch ist die KSA rechtssystematisch nicht wie der Arbeitgeberanteil bei versicherungspflichtiger Beschäftigung ausgestaltet. Sie ist eine "fremdnützige Abgabe": Die Abgabe wird für die Vermarktung einer bestimmten künstlerischen Leistung erhoben, kommt aber nicht direkt und unmittelbar dem Schutz des Künstlers dar, auf dessen Leistung sie erhoben wird. Sie kommt - als Umlage - dem sozialen Schutz aller versicherten Künstler zugute. Ihre Rechtfertigung findet die KSA in der allgemein bestehenden Verantwortung der Vermarkter für die soziale Sicherung der selbständigen Künstler (BVerfG Beschluss vom 08.04.1987 - 2 BvR 909/82 u.a. - SozR 5425 § 1 Nr. 1), die der eines Arbeitgebers für seine Beschäftigten ähnelt. Dies ändert aber nichts daran, dass der KSA der konkrete personale Bezug eines Beschäftigungsverhältnisses fehlt, der den Beitragspflichten eines Arbeitgebers zugrunde liegt. Dies führt zu einer Trennung der Abgabepflicht des Vermarkters von der Versicherungspflicht des Künstlers (BSG a.a.O.; bestätigend BSG Urteil vom 25.10.1995 - 3 RK 11/84 - SozR 3-5425 § 25 Nr. 7). Aus einer Geltung der §§ 3-6, 9-12 SGB IV für den Künstler kann daher nicht folgen, dass die Abgabepflicht vom Wohnort des Künstlers oder vom Ort der Erstellung des Werkes oder der Erbringung der künstlerischen Leistung abhängt.

Das Territorialitätsprinzip führt daher zur Anwendung des § 25 KSVG, wenn der Vermarkter seinen Sitz in der Bundesrepublik Deutschland hat, und erlaubt keine Auslegung des § 25 Abs. 1 dahingehend, dass die gezahlten Entgelte sich auf Künstler oder künstlerische Leistungen mit Inlandsbezug beziehen müssen.

Die Rechtfertigung der KSA wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass sie auf das Entgelt für im Ausland erbrachte Leistungen ausländischer Künstler oder Publizisten erhoben wird. Nach Auffassung der Kammer knüpft die - allgemeine - Verantwortungsbeziehung an die die grundsätzliche Abgabepflicht auslösende Vermarktungstätigkeit i.S.d.§ 24 KSVG an. Im Rahmen des § 25 findet sie ihren Niederschlag lediglich darin, dass die Entgelte nur für künstlerische (oder publizistische) Leistungen erfasst werden und nur soweit sie im Rahmen der die Abgabepflicht auslösende Vermarktungstätigkeit gezahlt werden. Der die Regelungsmacht des deutschen Gesetzgebers auslösende Inlandsbezug ergibt sich, wie ausgeführt, aus dem Sitz des Unternehmers in Deutschland. Die Einbeziehung auch solcher Entgelte wie der hier streitigen entspricht auch dem Zweck des KSVG, insbesondere des § 25 KSVG, eine möglichst breite Finanzierungsbasis für die KSA zu schaffen. In der amtlichen Begründung der Bundesregierung (BT-Drucks. 8/3172) wird hierzu ausgeführt: "Die Künstlersozialabgabe wird als Umlage vor allem von Unternehmern erhoben, deren Unternehmen darauf ausgerichtet sind, ständig Werke und Leistungen selbständiger Künstler und Publizisten gegen Entgelt in Anspruch zu nehmen und daraus Einnahmen zu erzielen. Die Künstlersozialabgabe wird von der Gesamtheit der Entgelte (z.B. Honorare, Gagen, Kaufpreise) berechnet, die der professionelle Vermarkter an Künstler oder Publizisten für Werke oder Leistungen zahlt, die sie in selbständiger Tätigkeit erbracht haben."

Die Klägerin wendet ein, die Regelung des § 25 Abs. 4 KSVG und die danach nicht ausgeschlossene Umgehungsmöglichkeit mache deutlich, dass der Gesetzgeber die Abgabepflicht nicht auf alle Vermarkter ausdehnen wollte. § 25 Abs. 4 KSVG trifft folgende Regelung: Erwirbt ein nach § 24 zur Abgabe Verpflichteter von einer Person, die ihren Wohnsitz oder Sitz nicht im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat, ein künstlerisches oder publizistisches Werk (oder Leistung) eines selbständigen Künstlers oder Publizisten, der zur Zeit der Herstellung des Werkes (oder der Leistung) seinen Wohnsitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes hatte, gilt als Entgelt i.S.d. Abs. 1 auch das Entgelt, das der Künstler oder Publizist aus der Veräußerung seines Werkes (oder Leistung) von dieser Person erhalten hat. Dies gilt nicht, wenn der zur Abgabe Verpflichtete nachweist, dass von dem Entgelt Künstlersozialabgabe gezahlt worden ist oder die Veräußerung mehr als zwei Jahre zurückliegt. Beziehen sich die Geschäfte auf die Leistung eines im Ausland ansässigen Künstlers greift demnach die Regelung des § 25 Abs. 4 nicht. Somit lässt sich die Abgabepflicht vermeiden, wenn der inländische Vermarkter die Leistung nicht vom ausländischen Künstler direkt erwirbt, sondern einen ausländischen Vermarkter zwischenschaltet. Daraus kann aber nicht der Schluss gezogen werden, der Gesetzgeber habe nicht alle Vermarktungs- oder Verwertungsgeschäfte eines inländischen Unternehmers der Abgabepflicht unterwerfen wollen. Der Regelung des § 25 Abs. 4 KSVG ist gerade das Gegenteil zu entnehmen. Sie bezweckt die Erfassung von Vermarktungsgeschäften eines inländischen Unternehmers selbst dann, wenn sie durch Zwischenschaltung eines ausländischen Vermarkters "verschleiert" werden. Der in § 25 Abs. 4 normierte Tatbestand greift einen typisierten Umgehungsfall auf und schließt diesen aus. Für die Geschäfte, an denen ausländische Vermarkter und Künstler beteiligt sind, fehlt es an einem ausreichenden Vermutungstatbestand (vgl. BSG 3/12 RK 63/92 a.a.O.). Es liegt nach gesetzgeberischer Vorstellung gerade kein Vermarktungsgeschäft eines inländischen Vermarkters vor. Nur auf solche bezieht sich aber die Abgabepflicht.

Sinn und Zweck der KSA sprechen daher für eine Einbeziehung der streitigen Entgelte.

In der Literatur (Finke/Brachmann/Nordhausen KSVG, 3. Auflage § 24 Rn. 28 ff.) wird die Auffassung vertreten, ein Unternehmer sei dann abgabepflichtig, wenn er die die Abgabepflicht auslösende Tätigkeit im Inland betreibt; wenn auch grundsätzlich der Sitz des Unternehmens maßgeblich sei, entfalle die Abgabepflicht z.B. bei einem (inländischen) Veranstalter künstlerischer Leistungen, der - wie die Klägerin - eine Tournee im Ausland betreue. Der Ort, an dem die unternehmerische Tätigkeit ausgeübt werde, könne für das KSVG analog zu den Regelungen des Umsatzsteuerrechts bestimmt werden, da die Systematik vergleichbar sei. Ebenso wie die Umsatzsteuer das, was ein Unternehmer mit seinem Kunden umsetze, beim Kunden belaste, belaste die KSA das, was ein Künstler mit einem Unternehmer umsetze, beim Unternehmer. Der Veranstalter künstlerischer Leistungen betreibe seine Tätigkeit dort, wo der von ihm bezahlte Künstler im Rahmen einer Veranstaltung tätig werde (analog § 3a Abs. 2 Nr. 3 UStG). Nach dieser Ansicht wären die für die Italientournee gezahlten Entgelte nicht einzubeziehen. Die Entgelte für die in Moskau stattfindende Entwicklung der neuen Darbietung wären hingegen auch nach dieser Auffassung zu berücksichtigen, da sie gezahlt werden, um die Leistung - später auch - in Deutschland nutzen zu können. Diese Auffassung berücksichtigt nach Ansicht der erkennenden Kammer in diesem Zusammenhang nicht ausreichend die Regelung des § 25 Abs. 2 Satz 1 KSVG. Danach ist Entgelt i.S.d. Abs. 1 alles, was der zur Abgabe Verpflichtete aufwendet, um das Werk oder die Leistung zu erhalten. Das Gesetz stellt somit auf den Erwerb der Leistung oder deren Nutzungsmöglichkeit ab, nicht auf die Leistung selbst. Nicht entscheidend ist, ob das Werk oder die Leistung tatsächlich genutzt, also verwertet wird (BSG 3/12 RK 63/92 a.a.O. zu Ausfallhonoraren). Dementsprechend kann das für die Nutzungsmöglichkeit gezahlte Entgelt auch dann nicht von der Abgabepflicht ausgenommen werden, wenn sie tatsächlich, aber im Ausland genutzt wird. Die Nutzungsmöglichkeit entsteht unabhängig von der konkreten Verwertung der Leistung beim Unternehmer, also an dessen Sitz. Nach Auffassung der Kammer liegen des Weiteren auch die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung der Regelungen des Umsatzsteuerrechts nicht vor. Hierfür fehlt es bereits an einer vergleichbaren Interessenlage. Anders als die Umsatzsteuer dient die Künstlersozialabgabe nicht der Finanzierung des allgemeinen Staatshaushaltes. Vielmehr stellt sie eine zweckgebundene Abgabe dar, die allein zur sozialen Sicherung der selbständigen Künstler eingesetzt werden darf und wird. Die besondere Verantwortung des Vermarkters für die Künstler, die bestimmende Rechtfertigung der KSA ist, spielt im Umsatzsteuerrecht keinerlei Rolle. Im Wortlaut des § 25 KSVG findet die Ausgrenzung im Ausland erbrachter Leistungen oder Vermarktungen keine Grundlage. Da der Gesetzgeber aber der KSA nach Zweck und Rechtfertigung eine andere Rolle zugewiesen hat als der - allgemeinen - Umsatzsteuer kann nach Auffassung der erkennenden Kammer im unbeschränkten Wortlaut des § 25 KSVG keine unbeabsichtigte Regelungslücke gesehen werden.

Die Klägerin kann auch nicht mit Erfolg einwenden, die Künstler seien einer Doppelbelastung ausgesetzt. Sie trägt vor, die russischen Künstler müssten, da sie nicht selbst in der Künstlersozialversicherung oder pflichtversichert seien, selbst ihre Krankenversicherung sicherstellen. Ohne Krankenversicherungsnachweise erhielten die keine Einreiseerlaubnis für Deutschland oder Italien. Die Kosten für den Krankenversicherungsschutz werde vom Veranstalter bei der Honorarvereinbarung mit den Künstlern mitberücksichtigt. Die ausländischen Künstler müssten die KSA und ihren eigenen Sozialversicherungsschutz voll bezahlen, hätten aber keinerlei Nutzen von der Künstlersozialversicherung. Die deutschen Künstler könnten daher auch ihre Leistungen billiger anbieten. Dies führe zu einer Diskriminierung ausländischer Künstler. Wie bereits das BSG (3/12 RK 63/92 a.a.O.) entschieden hatte, trifft dieser Einwand nicht zu. Die mittelbare zusätzliche Belastung des Künstlers durch die Abgabepflicht des Vermarkters will das KSVG hinnehmen. Denn die Abgabe wird auch für Entgelte an deutsche Künstler erhoben, die nicht nach dem KSVG versichert sind. Auch diese sind entweder anderweitig pflicht- oder freiwillig versichert oder decken privat die nach den KSVG versicherten Risiken ab. Sie werden deshalb ebenso wie der ausländische Künstler belastet. Eine Diskriminierung der ausländischen Künstler liegt daher insoweit nicht vor. Eine direkte Belastung der Künstler durch die KSA kommt schon rechtlich nicht in Betracht. Die Abwälzung der KSA auf den Künstler ist nach § 36a Satz 2 KSVG i.V.m. § 32 SGB I unzulässig (hierzu BSG 3 RK 11/94 a.a.O.).

Auf die Frage einer Doppelbelastung der Klägerin selbst ist nicht einzugehen. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, für die hier streitigen Entgelte im Ausland einer entsprechenden Abgabepflicht unterworfen worden zu sein.

Das Gericht kann offenlassen, ob allein der Umstand, dass die Italientournee in einem EU-Mitgliedstaat stattfand, einen ausreichenden Bezugspunkt für die Anwendbarkeit von EU-Recht bietet. Denn nach der Rechtsprechung des EuGH verstößt die allein an den Sitz des Vermarkters anknüpfende Abgabepflicht nicht gegen EU-Recht (EuGH Urteil vom 08.03.01 - Rs. C-68/99 - SozR 3-5425 § 25 Nr. 14).

Die unbegründete Klage war daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.

Das Gericht lässt die Sprungrevision gem. § 161 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu. Die Frage, ob Entgelte der Abgabepflicht unterliegen, die für künstlerische Leistungen erbracht werden, deren tatsächliche Vermarktung nicht im Geltungsbereichs des KSVG erfolgt, ist nach Ansicht der Kammer in den oben genannten Urteilen des BSG und auch sonst nicht obergerichtlich entschieden, bislang also nicht höchstrichterlich geklärt. Den zitierten Entscheidungen ist nicht zu entnehmen, dass sie sich auf Künstler beziehen, die im Ausland für den inländischen Vermarkter auftreten. Der Rechtssache kommt auch allgemeine Bedeutung zu, da sie einen nicht unbedeutenden Personenkreis betrifft. Folgen ergeben sich nicht nur für die zur Abgabe Verpflichteten nach § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KSVG, sondern für jede Vermarktungstätigkeit, die nicht im Inland erfolgt, z.B. Veröffentlichung von Schriften nur im Ausland oder Übersetzungen von Bedienungsanleitungen für den ausländischen Markt.
Rechtskraft
Aus
Saved