L 6 SB 4871/06 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 18 SB 6260/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 4871/06 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 8. September 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten sind die Neufeststellung des Grades der Behinderung (GdB) des Antragstellers sowie die gesundheitlichen Voraussetzungen für Nachteilsausgleiche im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes streitig.

Der Antragsgegner stellte zuletzt bei dem 1937 geborenen Antragsteller mit Bescheid vom 8. April 1998 wegen degenerativen Wirbelsäulenveränderungen mit Reizerscheinungen, einer chronischen Dorsalgie, eines chronischen Lumbalsyndroms und einer Tendopathie in der rechten Schulter (Teil-GdB 30), einer Polyarthrose, besonders der Kniegelenke (Teil-GdB 20), einem Bluthochdruck (Teil-GdB 10), funktionellen Herzbeschwerden (Teil-GdB 10), einer depressiven Verstimmung (Teil-GdB 30), einer rezidivierender Gastritits und einer Fettleber (Teil-GdB 10), einer chronischen Kieferhöhlenentzündung und Ohrgeräuschen (Teil-GdB 10) sowie einer Varikosis beidseits und Stauungsbeschwerden (Teil-GdB 20) einen GdB von 60 seit dem 13. September 1997 fest. Dem lagen u. a. die versorgungsärztlichen (vä) Stellungnahmen vom 10. März 1998 und 22. Juli 1997 zu Grunde.

Am 30. Januar 2002 beantragte der Antragsteller die Neufeststellung seines GdB. Der Antragsgegner lehnte den Antrag mit Bescheid vom 4. April 2002 ab. Den hiergegen am 8. April 2002 erhobenen Widerspruch wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2002 zurück. Dabei fand u. a. die vä Stellungnahme vom 20. März 2002 Berücksichtigung.

Am 6. September 2002 beantragte der Antragsteller die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich G (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr). Mit Bescheid vom 18. Oktober 2002 wurde der Antrag abgelehnt. Hiergegen erhob der Antragsteller am 18. November 2002 Widerspruch, welchen der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 7. Februar 2003 zurückwies. Dabei stützte sich der Antragsgegner auf die vä Stellungnahme vom 14. Oktober 2002.

Am 19. August 2003 beantragte der Antragsteller erneut die Neufeststellung seines GdB sowie die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Nachteilsausgleiche G, B (Notwendigkeit ständiger Begleitung) und RF (Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht). Zur Begründung gab er an, die Arthrose seiner Kniegelenke, die Versteifung der Gelenke und die Entzündungen der Ellenbogen- und Schultergelenke hätten sich verschlimmert. Neu aufgetreten seien Bewegungseinschränkungen, Muskelschwund, Hautkrebs, Depressionen und Darmentzündungen. Wegen seiner Hör- und Gleichgewichtsprobleme benötige er die Hilfe einer Begleitung im täglichen Leben.

Der Antragsgegner holte die ärztlichen Befundscheine von Dr. D. vom 25. August 2003, des Hals-Nasen-Ohren(HNO)-Arztes Dr. T. vom 26. August 2003, des Internisten Dr. B. vom 8. September 2003 und des Orthopäden Dr. A. vom 10. September 2003 ein.

In der vä Stellungnahme vom 10. November 2003 wurden als Behinderungen eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und ein Schulter-Arm-Syndrom (Teil-GdB 30), eine Polyarthrose, eine Funktionsbehinderung beider Kniegelenke und eine Funktionsstörung durch eine beidseitige Fußfehlform (Teil-GdB 20), ein Bluthochdruck und funktionelle Kreislaufstörungen (Teil-GdB 10), eine Depression (Teil-GdB 30), eine chronische Magenschleimhautentzündung, eine Fettleber und eine Refluxkrankheit der Speiseröhre (Teil-GdB 10), eine chronische Nebenhöhlenentzündung (Teil-GdB 10), Krampfadern (Teil-GdB 20), eine Hauterkrankung (Teil-GdB 10) sowie eine Funktionsbehinderung beider Ellenbogengelenke (Teil-GdB 10) in Ansatz gebracht, der Gesamt-GdB mit 60 bewertet und ausgeführt, für die Nachteilsausgleiche G, B und RF lägen die Voraussetzungen nicht vor.

Am 28. Oktober 2003 beantragte der Antragsteller die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich aG (außergewöhnliche Gehbehinderung).

Mit Bescheid vom 23. Dezember 2003 lehnte der Antragsgegner auf der Grundlage der vä Stellungnahme vom 17. Dezember 2003 den Antrag des Antragstellers auf Neufeststellung seines GdB sowie auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Nachteilsausgleiche G, B und RF ab.

Hiergegen erhob der Antragsteller am 8. Januar 2004 Widerspruch. Die Befundberichte seien nicht alle bzw. nicht genügend berücksichtigt worden. Es müssten Gutachten eingeholt werden. Aufgrund einer Coxarthrose und der Hör- und Gleichgewichtsprobleme seien die Nachteilsausgleiche G und B anzuerkennen. Mit Widerspruchsbescheid vom 25. August 2004 wies der Antragsgegner den Widerspruch zurück. Eine wesentliche Änderung sei nicht eingetreten. Zudem seien die Voraussetzungen der Nachteilsausgleiche G, B und RF nicht erfüllt. Der Antragsgegner stützte sich dabei auf die vä Stellungnahme vom 10. Mai 2004.

Am 6. September 2004 erhob der Antragsteller hiergegen Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG). Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, der Antragsgegner habe die von seinen Ärzten gestellten Diagnosen nicht ausreichend berücksichtigt. Die neuesten Röntgenbilder von Dr. A. seien nicht angefordert worden. Sein HNO-Arzt Dr. L. sei nicht befragt worden. Außerdem solle sein Schwerbehindertenausweis zeitlich unbegrenzt ausgestellt werden (S 18 SB 5925/04).

Das SG holte die sachverständigen Zeugenauskünfte von Dr. T., Dr. W., Dr. A., Dr. L., Dr. K., Dr. B., Dr. B., Dr. E., Dr. D., Dr. B., Dr. E., Dr. N., Dr. G., Dr. T., Dr. L. und Dr. K. ein.

Sodann beauftragte das SG Dr. S. mit der Erstellung eines HNO-ärztlichen Fachgutachtens. Der Antragsteller lehnte es ab, sich von Dr. S. begutachten zu lassen. Das SG mache durch den Gutachtensauftrag deutlich, dass es starke Zweifel an der Fachkompetenz von Dr. E. habe. Es falle damit Dr. E. in den Rücken. Das SG wies den Antragsteller auf seine Mitwirkungspflicht hin.

Am 12. Juli 2006 erhob der Antragsteller erneut Klage zum SG. Seit dem Jahre 2003 habe der Antragsgegner dem Antragstellerbegehren nicht abgeholfen. Die vorgelegten Facharztgutachten seien vom Antragsgegner nicht bearbeitetet und Röntgenbilder etc. nicht angefordert worden. Das Grundgesetz besage, dass innerhalb angemessener Zeit abgeholfen werden müsse. Der Antragsgegner müsse innerhalb von 4 Wochen den Fall unter Maßgabe aller medizinischer Sachverhalte abschließen. Der Antragsgegner verstoße gegen das Gleichbehandlungsgesetz und EU-Recht (S 18 SB 5093/06).

Am 21. August 2006 stellte der Antragsteller einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Der Antragsgegner solle verpflichtet werden, die vor 3 Jahren beantragten Nachteilsausgleiche "aG, G, H u. s. w." auf seinem Schwerbehindertenausweis anzubringen und seinen GdB auf mindestens 80 zu erhöhen. Er sei seit Jahren voll erwerbsunfähig. Seine Gesundheitssituation habe sich verschlechtert. Der Antragsgegner ignoriere seit Jahren die Befundberichte und Gutachten. Er werde benachteiligt und von der Teilhabe am Leben ausgeschlossen. Er müsse jeden Monat Verluste beim Finanzamt und im öffentlichen Personennahverkehr hinnehmen.

Der Antragsteller erhob am 23. August 2006 eine weitere Klage zum SG. Sein Neufeststellungsantrag nebst Antrag auf Anerkennung von Nachteilsausgleichen "wie z.B. G, aG, H, RF u. a." sei im Jahr 2003 abgelehnt worden. Seither habe er acht neue Anträge, zuletzt unter dem 6. August 2006, gestellt. Diese Anträge seien bislang unbearbeitet. Es müsse festgestellt werden, inwiefern der Antragsgegner gegen das Recht verstoßen habe (S 18 SB 6376/06).

Mit der am 1. September 2006 erhobenen Klage zum SG begehrte der Antragsteller je einen rechtsbehelfsfähigen Bescheid auf seine Anträge vom 6. und 19. August 2006. Außerdem solle der Antragsgegner verurteilt werden, bei ihm einen GdB von 85 und die beantragten Nachteilsausgleiche "aG, G, RF u. a." festzustellen. Schließlich müssten sämtliche medizinische Unterlagen an die Landesärztekammer zur Begutachtung übersandt werden (S 18 SB 6578/06).

Mit Beschluss vom 8. September 2006 lehnte das SG den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ab. Der Antrag sei unbegründet, da es an einem Anordnungsgrund fehle. Der Antragsteller habe nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass er zur Vermeidung nicht hinnehmbarer Nachteile auf die sofortige Feststellung eines höheren GdB und der begehrten Nachteilsausgleiche angewiesen sei. Soweit der Antragsteller vortrage, er werde ohne die begehrten Vorteile von der Teilhabe am Leben ausgeschlossen, könne dies im Hinblick auf den ergänzenden Vortrag, er könne die Vorteile beim Finanzamt und beim öffentlichen Personennahverkehr nicht nutzen, nicht nachvollzogen werden. Dem Antragsteller bleibe es unbenommen, Busse und Bahnen (auch mit Begleitung) zu benutzen. Der Nachteil, der dem Antragsteller derzeit entstehe, sei lediglich finanzieller Art. Anhaltspunkte für eine finanzielle Notlage im Sinne einer Gefährdung der Existenzgrundlage lägen keine vor. Zudem könnten Steuerfreibeträge beim Finanzamt rückwirkend geltend gemacht werden, sodass eine vorläufige Feststellung unter diesem Aspekt nicht erforderlich sei. Der Antragsteller könne demnach zumutbar auf das Abwarten einer Entscheidung in der Hauptsache verwiesen werden.

Hiergegen hat der Antragsteller am 18. September 2006 Beschwerde eingelegt.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, bei ihm einen GdB von 80 und die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Nachteilsausgleiche aG, G, H u. s. w. festzustellen.

Mit Bescheid vom 19. September 2006 hat der Antragsgegner den Antrag des Antragstellers auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich aG abgelehnt.

Mit Beschluss vom 26. September 2006 hat das SG die Verfahren S 18 SB 5093/06, S 18 SB 6376/06 und S 18 SB 6578/06 mit dem Verfahren S 18 SB 5925/04 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Mit Urteil vom 26. September 2006 hat das SG die Klagen abgewiesen. Hinsichtlich der Anträge, den Antragsgegner zu verurteilen, innerhalb von 4 Wochen den Fall unter Maßgabe aller medizinischen Sachverhalte abzuschließen, den Antragsgegner zu verurteilen, die Anträge vom 6. und 19. August 2006 zu bescheiden, festzustellen, inwiefern der Antragsgegner gegen das Behindertenrecht, Sozialrecht, die Grundrechte der Verfassung, das EU-Recht und das Antidiskriminierungsgesetz u. a. zum Nachteil des Antragstellers verstoßen habe und die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Nachteilsausgleiche "aG u. a." festzustellen, seien die Klagen bereits unzulässig, im Übrigen unbegründet.

Hiergegen hat der Antragsteller am 28. September 2006 Berufung eingelegt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die Akten des Antragsgegners, des SG sowie des Senats Bezug genommen.

II.

Zu Recht hat das SG den Antrag des Antragstellers auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt.

Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung die für den Rechtsstreit maßgeblichen Rechtsvorschriften zutreffend und umfassend dargestellt und ausgeführt, weshalb im vorliegenden Verfahren ein Anordnungsgrund nicht gegeben ist. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen nach eigener Prüfung unter Verweis auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses zur Vermeidung von Wiederholungen an. Gegenüber der angefochtenen Entscheidung des SG ist eine andere Beurteilung nicht gerechtfertigt.

Die Beschwerde war deshalb zurückzuweisen.

Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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