L 9 SO 5/06

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
9
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 37 SO 228/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 SO 5/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 9b SO 15/07 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Bemerkung
übereinstimmende Erledigungserklärung
in B 8 SO 3/08 R
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 07.02.2006 geändert. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die Aufwendungen für eine Hörhilfe in Höhe von 895,73 Euro zu erstatten. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird auf 895,73 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Kostenerstattung für eine Hörhilfe, die Frau S (S) erhalten hat.

Die Klägerin gewährte der 1995 in die Bundesrepublik Deutschland eingereisten Frau S. (geb. 00.00.1933) bis 31.12.2004 Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) und ab 1.1.2005 Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch 12 - Sozialhilfe - (SGB XII). S. ist nicht Mitglied einer gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung. Die Krankenbehandlung wurde ab 1.1.2004 nach § 264 Absatz 2 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) von der AOK Bochum übernommen. Diese trug im Januar 2004 zunächst auch die Kosten einer Hörhilfe in Höhe von EUR 895,73, deren Erstattung sie mit Leistungsaufstellung vom 18.10.2004 bei der Klägerin geltend machte. Sie wies den Betrag am 26.11.2004 an.

Die Klägerin meldete ihrerseits mit Schreiben vom 16.2.2005 einen Erstattungsanspruch bei dem Beklagten mit der Begründung an, dieser habe die Kosten zu tragen, weil sie Leistungen der Eingliederungshilfe erbracht habe, für die der Beklagte zuständig sei. Der Beklagte lehnte den Erstattungsanspruch mit der Begründung ab, es bestehe hierfür keine Rechtsgrundlage (Schreiben vom 10.3.2005).

Die Klägerin hat am 15.6.2005 Klage erhoben. Sie hat zu deren Begründung vorgetragen, dass den Krankenkassen seit 1.1.2004 nur die Abwicklung der Krankenversorgung übertragen worden sei, so dass es sich bei den Leistungen selbst weiterhin um solche der Krankenhilfe gemäß § 37 BSHG (in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung - im Folgenden a.F.) gehandelt habe. Der örtliche Sozialhilfeträger bediene sich insoweit nach § 264 Absatz 2 SGB V lediglich zur Durchführung dieser Aufgaben Dritter - der Krankenkasse -, deren Aufwendungen zu erstatten seien. Die Zuständigkeitsregelung des § 100 BSHG a.F. sei daher hinsichtlich der Gewährung eines "größeren anderen Hilfsmittels", zu dem das Hörgerät vorliegend zu zählen sei, unberührt geblieben. Für die Versorgung der Behinderten sei damit gemäß § 100 Absatz 1 Nr. 2 BSHG a.F. der überörtliche Träger der Sozialhilfe weiterhin zuständig geblieben. Erstatte somit der örtliche Sozialhilfeträger der Krankenkasse die erbrachten Aufwendungen, für die jedoch gemäß § 100 BSHG a.F. der überörtliche Leistungsträger zuständig gewesen sei, so handele er als unzuständiger Träger und könne gemäß § 105 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) die Erstattung seiner Aufwendungen verlangen.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Erstattungsregelung des § 264 Absatz 7 SGB V stelle als Sonderregelung eine selbstständige Bestimmung des endgültig zur Tragung der Kosten der Krankenversorgung Verpflichteten dar. § 100 BSHG a.F. sei daher nicht anwendbar. Anknüpfungspunkt für die Kostentragung sei danach die den Anspruch auf Krankenversorgung auslösende Sozialhilfeleistung. Die Krankenversorgung habe der Klägerin oblegen, weil sie Sozialhilfe gezahlt habe (§ 264 Abs. 2 SGB V).

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 7.2.2006 abgewiesen. Es hat sich der Auffassung der Beklagten angeschlossen und die Berufung zugelassen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen.

Gegen das am 24.2.2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 21.3.2006 eingelegte Berufung der Klägerin. Sie trägt zu deren Begründung im Wesentlichen vor, nach ihrer Auffassung enthalte § 264 SGB V keine gesonderte Zuständigkeitsregelung für die Kosten einer Krankenbehandlung, sondern setze diese voraus und nehme auf diese Bezug, weil sich ein Aufwendungsersatzanspruch stets gegen den für bestimmte Hilfeleistungen zuständigen Träger richte. Anderenfalls würde § 264 SGB V zu der Konsequenz führen, dass der örtliche Träger der Sozialhilfe für alle Hilfevariationen der Krankenhilfe die Kosten zu tragen habe. Die Zuständigkeitsregelungen des BSHG (ab 1.1.2005 des SGB XII) wären damit hinfällig. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei es vorliegend um die Versorgung einer Bedürftigen mit einem größeren Hilfsmittel im Sinne des § 100 Absatz 1 Nr. 2 BSHG a.F. gegangen, so dass dies in der Form der Eingliederungshilfe geschehen und daher der Beklagte leistungszuständig sei. Sie - die Klägerin - sei auf Grund der Ausführungsgesetze zum BSHG/SGB XII lediglich zunächst tätig geworden und habe daher nach § 5 Ausführungsgesetz zum BSHG einen Anspruch auf Kostenersatz. An der sachlichen Zuständigkeitsregelung zwischen dem örtlichen und überörtlichen Sozialhilfeträger im Verhältnis zur Krankenkasse habe § 264 SGB V nichts geändert.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 7.2.2006 abzuändern und den Be- klagten zu verurteilen, ihr Aufwendungen für eine Hörhilfe in Höhe von EUR 895,73 zu erstatten.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ein Anspruch der Klägerin nach § 105 SGB X bestehe nicht, weil sie nicht als "unzuständiger Leistungsträger" in Vorleistung getreten sei. Vielmehr habe die Klägerin ihre Zuständigkeit erkannt und deswegen die Kostenerstattung nach § 264 SGB V durchgeführt. Bei § 264 Absatz 7 SGB V handele es sich um eine abschließende, eine Zuständigkeit regelnde Sondervorschrift gegenüber § 100 BSHG a.F., die den örtlichen Sozialhilfeträger zur Tragung der Kosten einer Krankenbehandlung verpflichte. Die Krankenkasse sei nämlich nicht in der Lage, hinsichtlich der einzelnen Leistungsarten zu differenzieren und danach einen endgültigen zuständigen Leistungs - und Erstattungsträger zu ermitteln. Auch wenn die Klägerin aber als unzuständiger Leistungsträger gehandelt hätte, käme keine Erstattung durch den Beklagten in Betracht, weil nach § 105 Absatz 3 SGB X in Verbindung mit Absatz 1 eine Leistungspflicht gegenüber dem Träger der Sozialhilfe nur von dem Zeitpunkt ab in Betracht käme, von dem an diesem die Leistungsverpflichtung bekannt gewesen sei. Damit sei der zuständige Träger der Sozialhilfe nach dem BSHG nur für die Zukunft erstattungspflichtig. Die Klägerin habe jedoch die Kosten bereits im November 2004 angewiesen, während sie den Erstattungsanspruch erst im Februar 2005 geltend gemacht habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach - und Streitstandes wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze sowie der Verwaltungsakten der Beteiligten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist auf Grund ausdrücklicher Zulassung durch das Sozialgericht zulässig (§ 144 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 SGG). Sie ist auch begründet. Der Beklagte hat die entstandenen Kosten der Hörhilfe für die Bedürftige, Frau S, in Höhe von EUR 895,73 zu erstatten. Der Anspruch der Klägerin ergibt sich aus § 5 Abs. 1 des Gesetzes zur Ausführung des BSHG für das Land Nordrhein-Westfalen (AG-BSHG NRW vom 15.06.1999 - GVBl. S 393) in der Fassung vom 09.05.2000 (GVBl. S. 462) bzw. des gleichlautenden § 5 Abs. 1 des Ausführungsgesetzes zum Sozialgesetzbuch Zwölftes buch (SGB XII) - Sozialhilfe - für das Land Nordrhein-Westfalen (AG-SGB XII NRW) vom 16.12.2004 (GVBl. S 2170) i.V.m. § 91 Abs. 1 SGB X.

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist zunächst festzuhalten, dass § 264 Absatz 7 SGB V in der Fassung ab 1.1.2004 (durch das Gesetz zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung - GKV - Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003, BGBl I, Seite 2190), nicht regelt, welcher Sozialhilfeträger - der örtliche oder überörtlichen - letztlich zur Tragung der Kosten für einzelne Kranken - und Eingliederungshilfen verpflichtet ist. Die Neufassung des § 264 SGB V bezweckte eine leistungsrechtliche Gleichstellung von Empfängern von Sozialhilfeleistungen nach dem BSHG/SGB XII mit gesetzlich Krankenversicherten, für deren Behandlung die Regelungen und die Steuerungsinstrumente zur Gewährleistung einer zweckmäßigen, wirtschaftlichen und das Maß des medizinisch Notwendigen nicht überschreitenden Versorgung und vor allem der Leistungsrahmen der in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Personen gelten sollen (vgl Begründung BT - Drucksache 15/1525, Seite 140 f, zu Nr. 152 - § 264 SGB V). Der Sozialhilfeträger tritt nur noch als Kostenträger der gewährten Gesundheitsleistungen auf, ist aber im Gegensatz zur Zeit bis 31.12.2003 nicht mehr auch Leistungserbringer (vgl Kostorz/Wahrendorf in ZFSH/SGB 2004,387/394; Zeitler in NDV 2004, 45, 46; Hauck in Hauck/Noftz, SGB V, K § 264 Rn 8). Eine abschließende Zuständigkeitsregelung für die Kostentragung im Rahmen der Gewährung von Sozialhilfeleistungen wird nicht getroffen. Es findet vielmehr nach § 264 Abs. 7 SGB V eine Kostenerstattung zwischen den Krankenkassen und den für die Hilfe zuständigen Trägern der Sozialhilfe statt. In der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 15/1525, S 147) wird von der Erstattung der Aufwendungen nach Absatz 7 zwischen der Krankenkasse und den jeweiligen - Sozialhilfeträgern gesprochen. Entgegen der Auffassung des Beklagten fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten, dass hier im Wege einer "Paketlösung oder Komplettbündelung" nicht nur die Modalitäten der Erbringung von Krankenbehandlungsleistungen für Hilfeempfängern, sondern aus "Vereinfachungs-gründen" die Zuständigkeitsverteilung zwischen den örtlichen und überörtlichen Sozialhilfeträger nach dem BSHG/SGB XII aufgehoben und zu Gunsten des überörtlichen Leistungsträgers beseitigt werden sollte. Es liegt auch auf der Hand, dass dies nicht beabsichtigt sein konnte, weil es gesetzlich den Ländern vorbehalten gewesen ist, das interne Verhältnis zwischen örtlichen und überörtlichen Trägern mit der entsprechenden Kostenzuständigkeit zu regeln. Die Erstattungsregelungen, auf die unten eingegangen wird, würden anderenfalls auch weitgehend überflüssig.

Damit richtet sich ein Erstattungsbegehren zwischen dem örtlichen und überörtlichen Sozialhilfeträger nach den im BSHG/SGB XII und den hierzu erlassenen landesgesetzlichen Regelungen, die als speziellere Vorschriften einschlägig sind (vgl Mergler/Zink, BSHG, Stand August 2004, Einführung in das Kostenerstattungsrecht, Abschnitt 9 BSHG - vor § 103 - Rn 8 - 11 mwN; Bräutigam in Fichtner, BSHG, 2. Auflage 2003, vor § 103 Rn 4 - 12).

Der Senat braucht bei deren Anwendung nicht die Frage zu entscheiden, ob die bis 31.12.2004 geltende Rechtslage des BSHG oder diejenige ab 1.1.2005 des SGB XII mit den entsprechenden Landesgesetzen anzuwenden ist. Diese Zweifelsfrage ergibt sich vorliegend daraus, dass die Kosten noch im Jahr 2004 entstanden und von der Klägerin der Krankenkasse erstattet worden sind, die Klägerin ihrerseits den Erstattungsanspruch gegenüber dem Beklagten als überörtlichen Sozialhilfeträger erst im Jahr 2005 geltend gemacht hat. Welches Recht auf den vorliegenden Fall anzuwenden ist, kann dahinstehen, weil bis 31.12.2004 (BSHG) und ab 1.1.2005 (SGB XII) letztlich inhaltlich dasselbe materielle Recht für die Frage einer Kostenerstattung zwischen dem örtlichen und überörtlichen Sozialhilfeträger nach dem BSHG und SGB XII gegolten hat. Es handelt sich hierbei bis zum 31.12.2004 um §§ 99, 100 BSHG in Verbindung mit dem Landesrecht NRW - § 5 Abs. 1 AG-BSHG NRW und § 2 Abs. 1 Nr. 1 und der Verordnung zur Ausführung des BSHG (AV - BSHG vom 15.6.1999 (GVBl NRW Seite 386) in der Fassung der Verordnung vom 20.6.2003 (GVBl NRW Seite 320). Für die Zeit ab 1.1.2005 findet § 97 SGB XII in Verbindung mit § 5 Absatz 1 und § 2 Abs. 1 Nr. 4 und der Ausführungsverordnung zum Sozialgesetzbuch 12. Buch (SGB XII) - Sozialhilfe - des Landes NRW (AV - SGB XII NRW/GVBl Seite 2171).

Von diesen Vorschriften ausgehend hat die Klägerin einen Anspruch auf Ersatz der Hörgerätkosten für die Hilfebedürftige, Frau S. Die Klägerin ist zunächst als örtlicher Sozialhilfeträger, der Frau S zu versorgen hatte, auf Leistung in Anspruch genommen worden, so dass er als örtlicher Träger die notwendigen Maßnahmen zu treffen und die geltend gemachten Kosten zu zahlen hatte. Zu diesem Zeitpunkt ist offen gewesen - wie der vorliegende Rechtsstreit und die Auffassung des Beklagten zeigen -, ob der überörtliche oder der örtliche Träger sachlich zur Leistungserbringung verpflichtet gewesen ist (§§ 5 Absatz 1, 4 Absatz 1 AG - BSHG NRW/AG - SGB XII NRW). Die Klägerin hat somit nach §§ 5 Absatz 1 AG - BSHG/SGB XII NRW in entsprechender Anwendung des § 91 Absatz 1 Satz 1 und 2 sowie des Absatz 3 SGB X einen Anspruch auf Erstattung ihrer Aufwendungen geltend machen können. Ihr Begehren ist nach den vorgenannten Rechtsgrundlagen auch begründet.

Die Klägerin ist als örtlicher Träger der Sozialhilfe nach § 99 BSHG/§ 97 Abs. 1 SGB XII für die Sozialhilfe insoweit sachlich zuständig, als nicht der überörtliche Träger zuständig ist. Hier besteht die Zuständigkeit des Beklagten als überörtlichen Träger sowohl nach § 100 Absatz 1 Nr. 2 BSHG in Verbindung mit § 81 Absatz 1 Nr. 3 BSHG und § 1 Absatz 1 der Verordnung zur Durchführung des § 81 Absatz 1 Nr. 3 (vom 12.5.1975 - BGBl. I Seite 1109/BGBl III FNA 2170 - 1 - 16 in der Fassung des Gesetzes vom 21.12.2000 (BGBl I Seite 1983) BSHG und nach § 2 Absatz 1 Nr. 1 AV BSHG NRW, weil die Hilfebedürftige, Frau S., das Hörgerät als Behinderte erhalten hat und dieses wegen des Überschreitens des Anschaffungspreises von EUR 180,- als "größeres anderes Hilfsmittel" anzusehen ist (ab 1.1.2005: § 97 Absatz 1 und Absatz 2 Satz 1 SGB XII in Verbindung mit § 2 Absatz 1 Nr. 4 AV - SGB XII NRW), so dass es eine Leistung der Eingliederungshilfe nach §§ 40 BSHG/54 SGB XII darstellt. Dass bei der hilfebedürftigen Frau S eine wesentliche Behinderung vorgelegen hatte und sie somit im Sinn der §§ 39 Absatz 1 BSHG/53 Abs. 1 SGB XII Behinderte gewesen ist , ergibt sich aus § 1 Nr. 5 der Verordnung nach § 47 des BSHG/nach § 60 des 12. Buches SGB (Eingliederungshilfe - Verordnung) vom 1.2.1975 (BGBl I 433) in der Fassung vom 19.6.2001 (BGBl 1046) und 27.12.2003 (BGBl I 3022, 3 1059) - BGBl III/FNA 2170 - 1 - 6, weil zu Gunsten des dort genannten Personenkreises die Wesentlichkeit der Behinderung stets unwiderlegbar vermutet wird (vgl Wahrendorf, aaO, § 53 SGB XII Rn 9; Mensinger in Fichtner, aaO, § 39 BSHG Rn 4).

Es trifft zwar zu, dass die gesetzliche Krankenkasse nach §§ 27 Absatz 1 Satz 2 Nr. 3, § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V sowohl für Behinderte als auch für Nichtbehinderte einheitlich in ihrer Zuständigkeit die Versorgung mit einem derartigen Hilfsmittel als Kranken-behandlung erbringt. Gleichwohl stellt das Hörgerät vorliegend deswegen nicht eine vom örtlichen Träger zu tragende Hilfeleistung bei Krankheit im Sinne der §§ 37 ff BSHG/48 ff SGB XII dar, weil das Recht der Sozialhilfe zwischen einer Leistungserbringung für Nichtbehinderte und für Behinderte - Krankenhilfe/Eingliederung - in den genannten Bestimmungen differenziert. Hieraus ergibt sich, dass die Eingliederungsbestimmungen bei Erfüllung ihrer Voraussetzungen als speziellere Normen der Krankenhilfe vorgehen, zumal die Eingliederungshilfe die umfassendere Hilfeleistung darstellt (vgl Beschluss OVG Hamburg vom 17.11.1995 –Bs IV 210/95, FEVS 46, 480 ff. ; Wahrendorf, aaO, § 48 SGB XII Rn 8; Mergler/Zink, aaO, Rn 34; Wenzel in Fichtner, aaO, § 37 Rn 8). Frau S. hat somit einen Anspruch auf Versorgung mit einem Hörgerät im Rahmen der Eingliederungs-hilfe, so dass der Beklagte als überörtlicher Träger letztlich sachlich verpflichtet ist, diese Aufwendungen zu tragen und der Klägerin der geltend gemachte Aufwendungsersatz nach § 5 Absatz 1 AG - BSHG/SGB XII i.V.m. § 91 Abs. 1 SGB X zusteht.

Da die Klägerin somit bereits nach den Vorschriften des BSHG/SGB XII sowie der hierzu ergangenen Ausführungsgesetze/-verordnungen einen Anspruch auf Erstattung der von ihr verauslagten Kosten für das Hörgerät der Frau S hat, lässt es der Senat offen, ob darüber hinaus auch ein Erstattungsanspruch nach § 105 SGB X in Betracht hätte kommen können.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193, 197a SGG.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen nach § 160 Absatz 2 SGG nicht vorliegen.

Der Streitwert wird entsprechend dem wirtschaftlichen Wert des geltend gemachten Anspruchs auf EUR 895,73 festgesetzt (§ 197 a SGG, 63 Absatz 1, 52 GKG).
Rechtskraft
Aus
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