Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KR 209/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 5891/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 24. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht u erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte dem Kläger eine Operation zur Resektion einer Weichteilgeschwulst im Bereich des Unterbauches zu bewilligen hat.
Der am 1948 geborene Kläger ist als Rentner der Beklagten im Rahmen der Krankenversicherung der Rentner versichert. Unter Vorlage eines Attestes des Prof. Dr. H. vom 22. April 2005 beantragte er bei der Beklagten die Bewilligung eines operativen Eingriffs, bei dem lipomatös verändertes Gewebe operativ entfernt werden solle. Prof. Dr. H. führte aus, beim Kläger bestehe seit drei bis vier Jahren eine Weichteilgeschwulst im Bereich des Unterbauches, die an Größe zunehme. Der Kläger könne mittlerweile keine Hosen mehr tragen und müsse in Jogginganzügen herumlaufen. Versuche, die Geschwulst mittels diätischer Maßnahmen zu verkleinern, seien ohne Erfolg geblieben. Der Kläger sei bereits im Januar 2005 wegen einer stark beeinträchtigenden diffusen Lipomatose beider Oberarme und der linken Schulter in seiner Klinik, der Donauklinik Neu-Ulm, operiert worden.
Dr. P., Medizinischer Dienst der Krankenkassen Baden-Württemberg (MDK) in G., führte im Gutachten vom 19. Mai 2005 aus, der Kläger erscheine altersentsprechend in gutem Allgemeinzustand. Er sei adipös. Bei einer Körpergröße von 176 cm und dem derzeitigen Körpergewicht von 96 kg betrage der Body-Maß-Index (BMI) 30 kg/m2. Das Gangbild sei sicher und flüssig. Es liege kein Schonhinken vor. Die Gang- und Standversuche seien problemlos durchführbar. Die Extremitäten seien frei beweglich. Das Abdomen sei weich, eindrückbar, ohne Abwehrspannung oder palpable Resistenzen. Es zeige sich ein Hautfettweichteilüberhang bei insgesamt adipöser Bauchdecke, eine lokale Lipomatose lasse sich weder makroskopisch noch palpatorisch nachweisen. Im Stehen zeige sich eine quer verlaufende Falte, welche den Schamhaarbereich nicht überlappe. Der Abstand zwischen Fettschürzenumschlagsfalte und -ansatz betrage im Mittel zwölf cm. Wesentliche Hautveränderungen seien zum Zeitpunkt der Untersuchung nicht nachweisbar. Die Hüftbeugung sei mechanisch nicht behindert. Die Indikation zur Durchführung des operativen Eingriffs könne nicht bestätigt werden. Es bestehe ein Übergewicht von ungefähr. 20 kg, welches sich nicht nur auf die Bauchdecke, sondern anteilig auch auf Oberschenkel und Gesäß verteile. Allein durch Reduktion des Körpergewichts auf Normalgewicht könne eine erhebliche Verminderung der Fettschürze erreicht werden. Ein positiver Einfluss auf das vom Kläger auch geklagte Wirbelsäulenleiden sei ebenfalls wahrscheinlich. Eine erschlaffte Bauchdecke bei Adipositas sei eine Veränderung der Körperform, die keine Gesundheitsstörung bedeute, keine wesentliche Funktionsstörung bedinge und nicht als behandlungsbedürftige Krankheit im versicherungsrechtlichen Sinne anzusehen sei. Die umschriebene Lipomatose sei zum heutigen Zeitpunkt nicht nachweisbar.
Mit Bescheid vom 30. Mai 2005 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme ab. Am 14. Juni 2005 ging bei der Beklagten ein Attest des Facharztes für Orthopädie Dr. K. vom 13. Juni 2005 ein. Er behandle den Kläger seit langem konservativ. Bei ihm bestünden ausgeprägte Lipome, eine bei Männern seltene Erkrankung. Es lägen Lipome paravertebral im Bereich der Brustwirbelsäule am Rücken, an beiden Kniegelenken und im Bereich der Bauchdecke vor. Der Kläger habe starke Wirbelsäulenbeschwerden, die auf die Lipome zurückzuführen seien. Es gehe nicht nur um eine rein kosmetische Operation. Der Kläger legte am 24. Juni 2005 Widerspruch ein. Die Lipomatose sei eine behandlungsbedürftige Erkrankung. Es liege ein vom Leitbild eines gesunden Menschen abweichender Körperzustand vor, der auch ärztlicher Behandlung bedürfe. Es handle sich um Veränderungen im Gewebe, das nichts mit einer Bauchdeckenerschlaffung bei Adipositas zu tun habe. Diese Veränderung habe im Bereich des Unterbauches nun derart an Größe zugenommen, dass das Tragen von Hosen herkömmlicher Art nicht mehr möglich sei. Im Bereich der Hautumschlagfalten würden sich Entzündungen entwickeln. Die lipomatöse Veränderungen setzten sich im Rückenbereich in der Lendenwirbelsäulegegend fort. Dabei sei auch die Beweglichkeit beim Laufen erheblich eingeschränkt. Die Einschätzung des MDK, wonach eine Lipomatose nicht nachzuweisen sei, sei nicht nachzuvollziehen. Prof. Dr. H. gehe zweifelsfrei vom Vorliegen einer Lipomatose aus. Auch Dr. K. habe bestätigt, dass eine behandlungsbedürftige Erkrankung bestehe. Das Wirbelsäulenleiden sei im Übrigen dokumentiert und es verbiete sich, von lediglich geklagten Wirbelsäulenbeschwerden zu sprechen. Dr. O., MDK in Göppingen, führte in seinem Sozialmedizinischen Gutachten vom 13. Juli 2005 nach Untersuchung des Klägers aus, es liege eine adipöse Bauchdecke vor. Es finde sich keine Abwehrspannung und keine Resistenz. Der Hautfettweichteilüberhang im Bereich des unteren Abdomens weise eine Querfalte auf, die den Schamhaarbereich nicht überlappe. Die Hockstellung sei unter Angaben von Wirbelsäulenbeschwerden einnehmbar. Es zeige sich keine fettschürzenbedingte mechanische Einschränkung der Hüftbeugung. Die Haut sei im Bereich der Fettschürzenumschlagsfalte reizlos. Es fänden sich keine Hautindurationen als Folge chronischer Hautirritationen. Im Bereich der Wirbelsäule zeige sich eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung beim Vornüberbeugen. Die Nervenaustrittspunkte im Lumbalbereich seien beidseits druckschmerzhaft. Im Bereich der mittleren Brustwirbelsäule zeige sich oberhalb einer reizlosen Incisionsnarbe eine knapp handtellergroße abgrenzbar tastbare Geschwulst unklarer Ätiologie und Dignität. In diesem Bereich habe vor Jahren eine Geschwulstentfernung stattgefunden. Der BMI liege bei 30,5 kg/m2. Das Übergewicht von ca. 18 kg verteile sich auf den Bereich des Abdomens, der Oberschenkel und des Stamms; dies sei durch eine Reduktion des Körpergewichts zu beeinflussen. Eine schlaffe Bauchdecke bei Adipositas stelle keine Gesundheitsstörung dar und bedinge keine wesentliche Funktionsstörung. Eine behandlungsbedürftige Krankheit im versicherungsrechtlichen Sinne liege nicht vor. Die im Bereich der Brustwirbelsäule umschriebene Veränderung sei abklärungsbedürftig. Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2005 wies der bei Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch des Klägers zurück.
Der Kläger hat am 16. Januar 2006 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Bei ihm liege eine Erkrankung vor. Die diffuse Lipomatose im Bereich des Unterbauches und der Innenschenkel, die Prof. Dr. H. beschreiben habe, habe mit der Erschlaffung der Bauchdecke bei Adipositas nichts zu tun. In seinem Fall bestünden Gewebeveränderungen. Es handle sich um eine Weichteilegeschwulst. Das Tragen von Hosen herkömmlicher Art sei nicht mehr möglich, da sich Entzündungen im Bereich der Hautumschlagfalte entwickelt hätten. Die Beweglichkeit beim Laufen sei erheblich eingeschränkt. Die Einschätzung des MDK, wonach eine Lipomatose weder makroskopisch noch palpatorisch nachzuweisen sei, sei nicht nachvollziehbar. Diese sei vielmehr durch die fachärztliche Stellungnahme des Prof. Dr. H. zweifelsfrei erwiesen. Die Beklagte ist der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten entgegen getreten. Das SG hat die den Kläger behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Dr. K. gab in seiner Stellungnahme vom 27. März 2006 an, in der Umschlagfalte zeige sich eine nässende, entzündlich gerötete Falte. Diese neige zu Infektionen und sei schmerzhaft. Dr. G., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Physiotherapie, legte seiner Auskunft ebenfalls vom 27. März 2006 weitere Unterlagen bei, auf die verwiesen wird. Arzt für Allgemeinmedizin Dr. Ehrhart beschrieb in seiner Auskunft vom 28. März 2006 eine Behandlung hauptsächlich wegen der Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule, aber auch wegen Schmerzen im Bereich von Liposomen an den Oberarmen sowie im Unterbauch und in den Knien. Er empfahl bei einem multimodalen Vorgehen auch eine chirurgische Therapie der Lipome. Prof. Dr. H. beschrieb in seiner Auskunft vom 04. April 2006 eine ausgeprägte progrediente Lipomatose im Sinne einer Fettschürze mit entsprechenden Beschwerden. Es träten Probleme beim Tragen von normaler Kleidung und Entzündungen in der Umschlagfalte am Unterbauch auf. Es liege keine adipöse Veränderung vor. Es handle sich um eine krankhafte Fettgewebswucherung. Deshalb seien diätetische Maßnahmen nicht geeignet, den Befund zu verbessern. Aus plastisch-chirurgischer Sicht sei nur eine operative Entfernung des lipomatösen Gewebes die "Methode der Wahl". Es wurden auch Lichtbilder des Klägers vorgelegt. Ferner hat das SG die Rentenakte S 9 RJ 1766/03 beigezogen.
Das SG hat die Klage durch Urteil vom 24. Oktober 2006 abgewiesen. Die Lipomatose am Unterbauch des Klägers stelle keine körperliche Anomalität dar, die als Krankheit im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung zu werten sei. Eine Krankheit liege nur vor, wenn der Versicherte in seinem Körperfunktionen beeinträchtigt werde oder wenn die kosmetische Abweichung entstellend wirke (BSG vom 13. Juli 2004, B 1 KR 11/04 R9). Beides sei beim Kläger nicht der Fall. Funktionsbeeinträchtigungen seien nicht feststellbar. Eine Entstellung liege nicht vor, weil der Kläger die Fettschürze durch Bekleidung neugierigen Blicken entziehe. Aus der Stellungnahme des Chirurgen Prof. Dr. H. ergebe sich keine Operationsindikation. Dr. K. habe den Kläger bei seiner Begutachtung im Rentenstreitverfahren S 9 RJ 1766/03 untersucht und in seinem darauf erstellten Gutachten eine Fettschürze noch nicht einmal erwähnt. Soweit er in seiner Auskunft vom 27. März 2006 wegen der Infektgefährdung eine operative Abtragung der Fettschürze empfehle, sei dies nicht überzeugend. Es reiche auch eine dermatologische Behandlung aus.
Der Kläger hat gegen das ihm am 08. November 2006 zugestellte Urteil am 23. November 2006 schriftlich Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen trägt er vor, die Gutachten des MDK seien erstellt worden, ohne dass ihm Gelegenheit eingeräumt worden sei, sich zu seinen Beschwerden mit eigenen Worten zu äußern. Es sei auch fraglich, ob die Ärzte des MDK als Allgemeinmediziner geeignet seien, sich zu ernährungsmedizinischen und plastisch-chirurgischen Fragestellungen gutachterlich zu äußern. Prof. Dr. H. habe das fachlich kompetentere "Gutachten" erstellt. Dieses Gutachten sei vom SG missachtet worden. Dass Dr. K. in seinem orthopädischen Gutachten im Rentenstreitverfahren zu dem Lipom keine Stellung genommen habe, verwundere nicht. Die Wirbelsäulenbeschwerden seien auf die Lipome zurückzuführen. Dies habe der Orthopäde Dr. K. so bestätigt. Damit stehe auch fest, dass es sich insgesamt um eine Krankheit handle, deren Folgen durch die Entfernung der Lipomatose gelindert werden könnten. Er habe seine Ernährung konsequent umgestellt und betreibe regelmäßig, soweit dies seine Gesundheit zulasse, in einem Fitnessstudio Sport. Nach anfänglich großen Erfolgen habe er allerdings seit längerer Zeit kein Gewicht mehr reduzieren können. Die Lipome seien auch durch die Ernährungsumstellung, Diät und Sport nicht zu beseitigen. Das Unterbauchgewebe neige zu Infektionen. Hautärztliche Behandlungen fänden deswegen nicht statt. Es müsse ein orthopädisches, ein ernährungsmedzinisches und ein plastisch-chirurgisches Gutachten erhoben werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 24. Oktober 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 30. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Dezember 2005 aufzuheben und ihm eine stationäre Behandlung zur Entfernung der diffusen Lipomatose im Unterbauch zu verschaffen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte bezieht sich auf die Ausführungen des angegriffenen Urteils. Die Ärzte des MDK hätten die leistungsrechtlichen Voraussetzungen nach den für die gesetzliche Krankenversicherung geltenden Kriterien überprüft. Die Einschätzung des Prof. Dr. H. sei nicht höher zu beurteilen als die des MDK. Dass die Wirbelsäulenbeschwerden auf die diffuse Lipomatose zurückzuführen sein sollten, erscheine zweifelhaft.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten, die Akten des SG und die Akten des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte, nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 30. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Dezember 2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf eine stationäre Behandlung zur Entfernung der diffusen Lipomatose im Unterbauch. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Anspruch des Klägers auf Krankenhausbehandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) setzt voraus, dass die Krankenbehandlung notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Krankenhausbehandlung kommt nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V dann in Betracht, wenn die Aufnahme in ein Krankenhaus nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann.
Beim Kläger liegt hinsichtlich der Lipomatose im Unterbauch, deren operative Entfernung er im Rahmen einer stationären Krankenhausbehandlung begehrt, eine behandlungsbedürftige Krankheit nicht vor. Es fehlt am leistungsauslösenden Versicherungsfall.
Das SGB V enthält zwar keine Definition des Krankheitsbegriffs. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist die Krankheit im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung ein regelwidriger körperlicher oder geistiger Zustand, der entweder Behandlungsbedürftigkeit oder Arbeitsunfähigkeit oder beides zur Folge hat (siehe nur BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 2 m.w.N.; auch schon BSG SozR 2200 § 182 Nrn. 9, 47 und 101). Der krankenversicherungsrechtliche Krankheitsbegriff unterscheidet sich demnach vom rein medizinischen Krankheitsbegriff, wonach Krankheit eine Erkrankung mit bestimmten Symptomen und Ursachen ist. Ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand liegt vor, wenn eine Abweichung vom Leitbild eines gesunden Menschen, der zur Ausübung normaler körperlicher und seelischer Funktionen in der Lage ist, vorliegt (BSG, a.a.O.). Eine Abweichung von der Norm des gesunden Menschen führt zur Regelwidrigkeit des körperlichen, seelischen oder geistigen Zustands. Dabei ist zu beachten, dass lediglich geringfügige Störungen ohne wesentliche funktionelle Beeinträchtigungen nicht ausreichen, vielmehr muss eine erhebliche Abweichung vorliegen. Aus diesem Grund reichen Abweichungen von einer morphologischen Idealnorm, die aber noch befriedigende körperliche und psychische Funktionen zulassen, nicht aus, um einen regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand anzunehmen (BSG SozR Nr. 52 zu § 182 RVO; ausführlich Höfler in Kasseler Kommentar, § 27 SGB V Rdnr. 12 ff.). Behandlungsbedürftigkeit liegt vor, wenn durch den regelwidrigen Gesundheitszustand die körperlichen oder geistigen Funktionen in einem so beträchtlichen Maße eingeschränkt sind, dass ihre Wiederherstellung der Mithilfe des Arztes im Rahmen einer ärztlichen Behandlung bedarf (BSG SozR 2200 § 182 Nr. 47; Höfler, a.a.O., Rdnr. 19).
Die beim Kläger vorliegenden Lipome im Unterbauchbereich stellen keine Krankheit im krankenversicherungsrechtlichen Sinn, dar, die hier einer Behandlung mittels des begehrten operativen Eingriffs bedarf. Es handelt sich nicht um eine erhebliche Abweichung von einer morphologischen Idealnorm eines Menschen. Lipome sind gutartige Tumore der Fettgewebszellen, die sich durch ihre oberflächliche Lage, eine gute Abgrenzung und langsames Wachstum auszeichnen. Sie treten meist im Unterhautfettgewebe von Nacken und Rücken, Armen, Bauchmitte und Oberschenkeln auf. Es handelt sich dabei meist um weiche Fettpölsterchen, bei größeren Exemplaren können sie auch eine gelappte Struktur aufweisen (abgerufen unter www.Wikipedia.de, Stichwort Lipom). Beim Kläger sind keine wesentlichen funktionellen Beeinträchtigungen festzustellen. Dr. P. und Dr. O. haben in ihren urkundenbeweislich verwertbaren Gutachten vom 19. Mai und 13. Juli 2005 nach Untersuchung des Klägers dargelegt, dass funktionelle Beeinträchtigungen durch die Lipome im Unterbauchbereich nicht vorliegen. Eine mechanische Behinderung bei der Hüftbeugung haben beide Gutachter nicht feststellen können. Auch andere Funktionsdefizite konnten von den Ärzten nicht erhoben werden. Der Verwertbarkeit dieser Gutachten steht der Vortrag des Klägers, er habe seine Beschwerden nicht ausreichend mit eigenen Worten schildern können, nicht entgegen. Zum einen kommt es für die Frage, ob eine durch einen regelwidrigen Körperzustand verursachte funktionelle Beeinträchtigung regelwidrigen Körperzustand vorliegt, vor allem auf Umfang und Ausmaß von Funktionseinschränkungen an, die von einem Gutachter objektiv festzustellen sind. Zum anderen ergibt sich aus der Anamnese und der Befunddarstellung in beiden Gutachten, dass sehr wohl eine ausreichende und ausführliche Anamnese der Beschwerden des Klägers erhoben worden ist. Demnach lässt sich eine erhebliche funktionelle Beeinträchtigung der körperlichen Fähigkeiten des Klägers nicht feststellen.
Eine solches Funktionsdefizit, das operativ anzugehen wäre, kann auch nicht im Hinblick auf die geltend gemachten Hautreizungen und Hautentzündungen bejaht werden. Hautirritationen oder einen Zustand der Haut, der auf abgelaufene Hautentzündungen schließen lassen könnte, haben die MDK-Gutachter gerade nicht festgestellt.
Auch aus den Äußerungen des Prof. Dr. Hoffmann ergibt sich nicht, dass eine operativ, d.h. plastisch-chirurgisch zu behandelnde Erkrankung vorliegt. Prof. Dr. Hoffmann beschreibt im Attest vom 22. April 2005 eine lipomatöse Fettschürze im Bereich des Unterbauches. Er stellt auf eine entzündliche Rötung der Hautumschlagsfalte ab. Weitere funktionelle Beeinträchtigungen schildert er in dem Attest nicht. In der Auskunft vom 04. April 2006 erwähnt Prof. Dr. H. als entsprechende Beschwerden rezidivierende Entzündungen an der Hautumschlagsfalte im Unterbauch bzw. eine ekzematöse Hautveränderung in der Hautumschlagsfalte. Orthopädische Beschwerden hat er nicht erhoben. Damit beschreibt Prof. Dr. H. keine Krankheit im krankenversicherungsrechtlichen Sinne, die operativ, d.h. plastisch-chirurgisch zu behandeln ist. Hautveränderungen, wobei auch Dr. K. in seiner Auskunft vom 27. März 2006 eine nässende, entzündlich gerötete Fältung erwähnt, sind mit den Mitteln der Dermatologie zu behandeln. Nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat finden jedoch hautärztliche Behandlungen überhaupt nicht statt. Auch die Einschätzung des Dr. K. in seinem Attest vom 13. Juni 2005 ist nicht überzeugend. Der Arzt beschreibt zwar Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers und stellt einen Zusammenhang mit den Lipomen im Unterbauch her. Dieser Zusammenhang ist jedoch nicht nachvollziehbar. Zum einen hat die körperliche Untersuchung des Klägers durch die Ärzte des MDK ergeben, dass ausreichende Beweglichkeit der Wirbelsäule besteht. Lediglich Dr. O. hat beim Kläger eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung beim Vornüberbeugen beschrieben. Ein Zusammenhang mit den Lipomen im Unterbauch ist allerdings nicht feststellbar. Dementsprechend hat Dr. K. gegenüber dem SG in seiner Auskunft vom 27. März 2006 seine Einschätzung, wonach eine operative Entfernung der Lipomatose am Unterbauch erforderlich sei, auch nicht mit orthopädischen Beschwerden des Klägers, sondern ausdrücklich wegen einer Infektgefährdung befürwortet. Die Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers erklären sich im Übrigen entsprechend den Berichten des Dr. G. vom 03. Februar und 27. Mai 2003 auch hinreichend aus den festgestellten degenerativen Wirbelsäulenveränderungen, die zu persistierenden Wurzelreizerscheinungen im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule des Klägers führen. Diese Diagnosen wurden im Übrigen auch durch die Feststellungen des Radiologen Dr. Ha., wie in dessen Arztbrief vom 13. Mai 2003 geschildert, bestätigt. Ein Zusammenhang mit der Fettschürze am Unterbauch wurde auch von dem Radiologen nicht gesehen. Auch das von Prof. Dr. H. in Auskunft vom 04. April 2006 erwähnte Problem des Klägers beim Tragen normaler Kleidung rechtfertigt den Anspruch auf die begehrte Operation nicht. Im Hinblick auf die dem SG von Prof. Dr. H. vorgelegten Lichtbilder vermag auch der Senat nicht festzustellen, dass beim Kläger die Lipomatose am Unterbauch entstellend wirkt. Deswegen besteht auch unter dem Gesichtspunkt einer Entstellung eine Behandlungsbedürftigkeit mittels Operation nicht. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des SG nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen. Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Beklagte die Kosten für die operative Entfernung einer Lipomatose an beiden Oberarmen wegen dort festgestellter Funktionsdefizite getragen hat. Die Erhebung weiterer Gutachten war nicht geboten.
Die Berufung war danach zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht u erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte dem Kläger eine Operation zur Resektion einer Weichteilgeschwulst im Bereich des Unterbauches zu bewilligen hat.
Der am 1948 geborene Kläger ist als Rentner der Beklagten im Rahmen der Krankenversicherung der Rentner versichert. Unter Vorlage eines Attestes des Prof. Dr. H. vom 22. April 2005 beantragte er bei der Beklagten die Bewilligung eines operativen Eingriffs, bei dem lipomatös verändertes Gewebe operativ entfernt werden solle. Prof. Dr. H. führte aus, beim Kläger bestehe seit drei bis vier Jahren eine Weichteilgeschwulst im Bereich des Unterbauches, die an Größe zunehme. Der Kläger könne mittlerweile keine Hosen mehr tragen und müsse in Jogginganzügen herumlaufen. Versuche, die Geschwulst mittels diätischer Maßnahmen zu verkleinern, seien ohne Erfolg geblieben. Der Kläger sei bereits im Januar 2005 wegen einer stark beeinträchtigenden diffusen Lipomatose beider Oberarme und der linken Schulter in seiner Klinik, der Donauklinik Neu-Ulm, operiert worden.
Dr. P., Medizinischer Dienst der Krankenkassen Baden-Württemberg (MDK) in G., führte im Gutachten vom 19. Mai 2005 aus, der Kläger erscheine altersentsprechend in gutem Allgemeinzustand. Er sei adipös. Bei einer Körpergröße von 176 cm und dem derzeitigen Körpergewicht von 96 kg betrage der Body-Maß-Index (BMI) 30 kg/m2. Das Gangbild sei sicher und flüssig. Es liege kein Schonhinken vor. Die Gang- und Standversuche seien problemlos durchführbar. Die Extremitäten seien frei beweglich. Das Abdomen sei weich, eindrückbar, ohne Abwehrspannung oder palpable Resistenzen. Es zeige sich ein Hautfettweichteilüberhang bei insgesamt adipöser Bauchdecke, eine lokale Lipomatose lasse sich weder makroskopisch noch palpatorisch nachweisen. Im Stehen zeige sich eine quer verlaufende Falte, welche den Schamhaarbereich nicht überlappe. Der Abstand zwischen Fettschürzenumschlagsfalte und -ansatz betrage im Mittel zwölf cm. Wesentliche Hautveränderungen seien zum Zeitpunkt der Untersuchung nicht nachweisbar. Die Hüftbeugung sei mechanisch nicht behindert. Die Indikation zur Durchführung des operativen Eingriffs könne nicht bestätigt werden. Es bestehe ein Übergewicht von ungefähr. 20 kg, welches sich nicht nur auf die Bauchdecke, sondern anteilig auch auf Oberschenkel und Gesäß verteile. Allein durch Reduktion des Körpergewichts auf Normalgewicht könne eine erhebliche Verminderung der Fettschürze erreicht werden. Ein positiver Einfluss auf das vom Kläger auch geklagte Wirbelsäulenleiden sei ebenfalls wahrscheinlich. Eine erschlaffte Bauchdecke bei Adipositas sei eine Veränderung der Körperform, die keine Gesundheitsstörung bedeute, keine wesentliche Funktionsstörung bedinge und nicht als behandlungsbedürftige Krankheit im versicherungsrechtlichen Sinne anzusehen sei. Die umschriebene Lipomatose sei zum heutigen Zeitpunkt nicht nachweisbar.
Mit Bescheid vom 30. Mai 2005 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme ab. Am 14. Juni 2005 ging bei der Beklagten ein Attest des Facharztes für Orthopädie Dr. K. vom 13. Juni 2005 ein. Er behandle den Kläger seit langem konservativ. Bei ihm bestünden ausgeprägte Lipome, eine bei Männern seltene Erkrankung. Es lägen Lipome paravertebral im Bereich der Brustwirbelsäule am Rücken, an beiden Kniegelenken und im Bereich der Bauchdecke vor. Der Kläger habe starke Wirbelsäulenbeschwerden, die auf die Lipome zurückzuführen seien. Es gehe nicht nur um eine rein kosmetische Operation. Der Kläger legte am 24. Juni 2005 Widerspruch ein. Die Lipomatose sei eine behandlungsbedürftige Erkrankung. Es liege ein vom Leitbild eines gesunden Menschen abweichender Körperzustand vor, der auch ärztlicher Behandlung bedürfe. Es handle sich um Veränderungen im Gewebe, das nichts mit einer Bauchdeckenerschlaffung bei Adipositas zu tun habe. Diese Veränderung habe im Bereich des Unterbauches nun derart an Größe zugenommen, dass das Tragen von Hosen herkömmlicher Art nicht mehr möglich sei. Im Bereich der Hautumschlagfalten würden sich Entzündungen entwickeln. Die lipomatöse Veränderungen setzten sich im Rückenbereich in der Lendenwirbelsäulegegend fort. Dabei sei auch die Beweglichkeit beim Laufen erheblich eingeschränkt. Die Einschätzung des MDK, wonach eine Lipomatose nicht nachzuweisen sei, sei nicht nachzuvollziehen. Prof. Dr. H. gehe zweifelsfrei vom Vorliegen einer Lipomatose aus. Auch Dr. K. habe bestätigt, dass eine behandlungsbedürftige Erkrankung bestehe. Das Wirbelsäulenleiden sei im Übrigen dokumentiert und es verbiete sich, von lediglich geklagten Wirbelsäulenbeschwerden zu sprechen. Dr. O., MDK in Göppingen, führte in seinem Sozialmedizinischen Gutachten vom 13. Juli 2005 nach Untersuchung des Klägers aus, es liege eine adipöse Bauchdecke vor. Es finde sich keine Abwehrspannung und keine Resistenz. Der Hautfettweichteilüberhang im Bereich des unteren Abdomens weise eine Querfalte auf, die den Schamhaarbereich nicht überlappe. Die Hockstellung sei unter Angaben von Wirbelsäulenbeschwerden einnehmbar. Es zeige sich keine fettschürzenbedingte mechanische Einschränkung der Hüftbeugung. Die Haut sei im Bereich der Fettschürzenumschlagsfalte reizlos. Es fänden sich keine Hautindurationen als Folge chronischer Hautirritationen. Im Bereich der Wirbelsäule zeige sich eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung beim Vornüberbeugen. Die Nervenaustrittspunkte im Lumbalbereich seien beidseits druckschmerzhaft. Im Bereich der mittleren Brustwirbelsäule zeige sich oberhalb einer reizlosen Incisionsnarbe eine knapp handtellergroße abgrenzbar tastbare Geschwulst unklarer Ätiologie und Dignität. In diesem Bereich habe vor Jahren eine Geschwulstentfernung stattgefunden. Der BMI liege bei 30,5 kg/m2. Das Übergewicht von ca. 18 kg verteile sich auf den Bereich des Abdomens, der Oberschenkel und des Stamms; dies sei durch eine Reduktion des Körpergewichts zu beeinflussen. Eine schlaffe Bauchdecke bei Adipositas stelle keine Gesundheitsstörung dar und bedinge keine wesentliche Funktionsstörung. Eine behandlungsbedürftige Krankheit im versicherungsrechtlichen Sinne liege nicht vor. Die im Bereich der Brustwirbelsäule umschriebene Veränderung sei abklärungsbedürftig. Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2005 wies der bei Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch des Klägers zurück.
Der Kläger hat am 16. Januar 2006 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Bei ihm liege eine Erkrankung vor. Die diffuse Lipomatose im Bereich des Unterbauches und der Innenschenkel, die Prof. Dr. H. beschreiben habe, habe mit der Erschlaffung der Bauchdecke bei Adipositas nichts zu tun. In seinem Fall bestünden Gewebeveränderungen. Es handle sich um eine Weichteilegeschwulst. Das Tragen von Hosen herkömmlicher Art sei nicht mehr möglich, da sich Entzündungen im Bereich der Hautumschlagfalte entwickelt hätten. Die Beweglichkeit beim Laufen sei erheblich eingeschränkt. Die Einschätzung des MDK, wonach eine Lipomatose weder makroskopisch noch palpatorisch nachzuweisen sei, sei nicht nachvollziehbar. Diese sei vielmehr durch die fachärztliche Stellungnahme des Prof. Dr. H. zweifelsfrei erwiesen. Die Beklagte ist der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten entgegen getreten. Das SG hat die den Kläger behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Dr. K. gab in seiner Stellungnahme vom 27. März 2006 an, in der Umschlagfalte zeige sich eine nässende, entzündlich gerötete Falte. Diese neige zu Infektionen und sei schmerzhaft. Dr. G., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Physiotherapie, legte seiner Auskunft ebenfalls vom 27. März 2006 weitere Unterlagen bei, auf die verwiesen wird. Arzt für Allgemeinmedizin Dr. Ehrhart beschrieb in seiner Auskunft vom 28. März 2006 eine Behandlung hauptsächlich wegen der Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule, aber auch wegen Schmerzen im Bereich von Liposomen an den Oberarmen sowie im Unterbauch und in den Knien. Er empfahl bei einem multimodalen Vorgehen auch eine chirurgische Therapie der Lipome. Prof. Dr. H. beschrieb in seiner Auskunft vom 04. April 2006 eine ausgeprägte progrediente Lipomatose im Sinne einer Fettschürze mit entsprechenden Beschwerden. Es träten Probleme beim Tragen von normaler Kleidung und Entzündungen in der Umschlagfalte am Unterbauch auf. Es liege keine adipöse Veränderung vor. Es handle sich um eine krankhafte Fettgewebswucherung. Deshalb seien diätetische Maßnahmen nicht geeignet, den Befund zu verbessern. Aus plastisch-chirurgischer Sicht sei nur eine operative Entfernung des lipomatösen Gewebes die "Methode der Wahl". Es wurden auch Lichtbilder des Klägers vorgelegt. Ferner hat das SG die Rentenakte S 9 RJ 1766/03 beigezogen.
Das SG hat die Klage durch Urteil vom 24. Oktober 2006 abgewiesen. Die Lipomatose am Unterbauch des Klägers stelle keine körperliche Anomalität dar, die als Krankheit im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung zu werten sei. Eine Krankheit liege nur vor, wenn der Versicherte in seinem Körperfunktionen beeinträchtigt werde oder wenn die kosmetische Abweichung entstellend wirke (BSG vom 13. Juli 2004, B 1 KR 11/04 R9). Beides sei beim Kläger nicht der Fall. Funktionsbeeinträchtigungen seien nicht feststellbar. Eine Entstellung liege nicht vor, weil der Kläger die Fettschürze durch Bekleidung neugierigen Blicken entziehe. Aus der Stellungnahme des Chirurgen Prof. Dr. H. ergebe sich keine Operationsindikation. Dr. K. habe den Kläger bei seiner Begutachtung im Rentenstreitverfahren S 9 RJ 1766/03 untersucht und in seinem darauf erstellten Gutachten eine Fettschürze noch nicht einmal erwähnt. Soweit er in seiner Auskunft vom 27. März 2006 wegen der Infektgefährdung eine operative Abtragung der Fettschürze empfehle, sei dies nicht überzeugend. Es reiche auch eine dermatologische Behandlung aus.
Der Kläger hat gegen das ihm am 08. November 2006 zugestellte Urteil am 23. November 2006 schriftlich Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen trägt er vor, die Gutachten des MDK seien erstellt worden, ohne dass ihm Gelegenheit eingeräumt worden sei, sich zu seinen Beschwerden mit eigenen Worten zu äußern. Es sei auch fraglich, ob die Ärzte des MDK als Allgemeinmediziner geeignet seien, sich zu ernährungsmedizinischen und plastisch-chirurgischen Fragestellungen gutachterlich zu äußern. Prof. Dr. H. habe das fachlich kompetentere "Gutachten" erstellt. Dieses Gutachten sei vom SG missachtet worden. Dass Dr. K. in seinem orthopädischen Gutachten im Rentenstreitverfahren zu dem Lipom keine Stellung genommen habe, verwundere nicht. Die Wirbelsäulenbeschwerden seien auf die Lipome zurückzuführen. Dies habe der Orthopäde Dr. K. so bestätigt. Damit stehe auch fest, dass es sich insgesamt um eine Krankheit handle, deren Folgen durch die Entfernung der Lipomatose gelindert werden könnten. Er habe seine Ernährung konsequent umgestellt und betreibe regelmäßig, soweit dies seine Gesundheit zulasse, in einem Fitnessstudio Sport. Nach anfänglich großen Erfolgen habe er allerdings seit längerer Zeit kein Gewicht mehr reduzieren können. Die Lipome seien auch durch die Ernährungsumstellung, Diät und Sport nicht zu beseitigen. Das Unterbauchgewebe neige zu Infektionen. Hautärztliche Behandlungen fänden deswegen nicht statt. Es müsse ein orthopädisches, ein ernährungsmedzinisches und ein plastisch-chirurgisches Gutachten erhoben werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 24. Oktober 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 30. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Dezember 2005 aufzuheben und ihm eine stationäre Behandlung zur Entfernung der diffusen Lipomatose im Unterbauch zu verschaffen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte bezieht sich auf die Ausführungen des angegriffenen Urteils. Die Ärzte des MDK hätten die leistungsrechtlichen Voraussetzungen nach den für die gesetzliche Krankenversicherung geltenden Kriterien überprüft. Die Einschätzung des Prof. Dr. H. sei nicht höher zu beurteilen als die des MDK. Dass die Wirbelsäulenbeschwerden auf die diffuse Lipomatose zurückzuführen sein sollten, erscheine zweifelhaft.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten, die Akten des SG und die Akten des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte, nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 30. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Dezember 2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf eine stationäre Behandlung zur Entfernung der diffusen Lipomatose im Unterbauch. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Anspruch des Klägers auf Krankenhausbehandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) setzt voraus, dass die Krankenbehandlung notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Krankenhausbehandlung kommt nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V dann in Betracht, wenn die Aufnahme in ein Krankenhaus nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann.
Beim Kläger liegt hinsichtlich der Lipomatose im Unterbauch, deren operative Entfernung er im Rahmen einer stationären Krankenhausbehandlung begehrt, eine behandlungsbedürftige Krankheit nicht vor. Es fehlt am leistungsauslösenden Versicherungsfall.
Das SGB V enthält zwar keine Definition des Krankheitsbegriffs. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist die Krankheit im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung ein regelwidriger körperlicher oder geistiger Zustand, der entweder Behandlungsbedürftigkeit oder Arbeitsunfähigkeit oder beides zur Folge hat (siehe nur BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 2 m.w.N.; auch schon BSG SozR 2200 § 182 Nrn. 9, 47 und 101). Der krankenversicherungsrechtliche Krankheitsbegriff unterscheidet sich demnach vom rein medizinischen Krankheitsbegriff, wonach Krankheit eine Erkrankung mit bestimmten Symptomen und Ursachen ist. Ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand liegt vor, wenn eine Abweichung vom Leitbild eines gesunden Menschen, der zur Ausübung normaler körperlicher und seelischer Funktionen in der Lage ist, vorliegt (BSG, a.a.O.). Eine Abweichung von der Norm des gesunden Menschen führt zur Regelwidrigkeit des körperlichen, seelischen oder geistigen Zustands. Dabei ist zu beachten, dass lediglich geringfügige Störungen ohne wesentliche funktionelle Beeinträchtigungen nicht ausreichen, vielmehr muss eine erhebliche Abweichung vorliegen. Aus diesem Grund reichen Abweichungen von einer morphologischen Idealnorm, die aber noch befriedigende körperliche und psychische Funktionen zulassen, nicht aus, um einen regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand anzunehmen (BSG SozR Nr. 52 zu § 182 RVO; ausführlich Höfler in Kasseler Kommentar, § 27 SGB V Rdnr. 12 ff.). Behandlungsbedürftigkeit liegt vor, wenn durch den regelwidrigen Gesundheitszustand die körperlichen oder geistigen Funktionen in einem so beträchtlichen Maße eingeschränkt sind, dass ihre Wiederherstellung der Mithilfe des Arztes im Rahmen einer ärztlichen Behandlung bedarf (BSG SozR 2200 § 182 Nr. 47; Höfler, a.a.O., Rdnr. 19).
Die beim Kläger vorliegenden Lipome im Unterbauchbereich stellen keine Krankheit im krankenversicherungsrechtlichen Sinn, dar, die hier einer Behandlung mittels des begehrten operativen Eingriffs bedarf. Es handelt sich nicht um eine erhebliche Abweichung von einer morphologischen Idealnorm eines Menschen. Lipome sind gutartige Tumore der Fettgewebszellen, die sich durch ihre oberflächliche Lage, eine gute Abgrenzung und langsames Wachstum auszeichnen. Sie treten meist im Unterhautfettgewebe von Nacken und Rücken, Armen, Bauchmitte und Oberschenkeln auf. Es handelt sich dabei meist um weiche Fettpölsterchen, bei größeren Exemplaren können sie auch eine gelappte Struktur aufweisen (abgerufen unter www.Wikipedia.de, Stichwort Lipom). Beim Kläger sind keine wesentlichen funktionellen Beeinträchtigungen festzustellen. Dr. P. und Dr. O. haben in ihren urkundenbeweislich verwertbaren Gutachten vom 19. Mai und 13. Juli 2005 nach Untersuchung des Klägers dargelegt, dass funktionelle Beeinträchtigungen durch die Lipome im Unterbauchbereich nicht vorliegen. Eine mechanische Behinderung bei der Hüftbeugung haben beide Gutachter nicht feststellen können. Auch andere Funktionsdefizite konnten von den Ärzten nicht erhoben werden. Der Verwertbarkeit dieser Gutachten steht der Vortrag des Klägers, er habe seine Beschwerden nicht ausreichend mit eigenen Worten schildern können, nicht entgegen. Zum einen kommt es für die Frage, ob eine durch einen regelwidrigen Körperzustand verursachte funktionelle Beeinträchtigung regelwidrigen Körperzustand vorliegt, vor allem auf Umfang und Ausmaß von Funktionseinschränkungen an, die von einem Gutachter objektiv festzustellen sind. Zum anderen ergibt sich aus der Anamnese und der Befunddarstellung in beiden Gutachten, dass sehr wohl eine ausreichende und ausführliche Anamnese der Beschwerden des Klägers erhoben worden ist. Demnach lässt sich eine erhebliche funktionelle Beeinträchtigung der körperlichen Fähigkeiten des Klägers nicht feststellen.
Eine solches Funktionsdefizit, das operativ anzugehen wäre, kann auch nicht im Hinblick auf die geltend gemachten Hautreizungen und Hautentzündungen bejaht werden. Hautirritationen oder einen Zustand der Haut, der auf abgelaufene Hautentzündungen schließen lassen könnte, haben die MDK-Gutachter gerade nicht festgestellt.
Auch aus den Äußerungen des Prof. Dr. Hoffmann ergibt sich nicht, dass eine operativ, d.h. plastisch-chirurgisch zu behandelnde Erkrankung vorliegt. Prof. Dr. Hoffmann beschreibt im Attest vom 22. April 2005 eine lipomatöse Fettschürze im Bereich des Unterbauches. Er stellt auf eine entzündliche Rötung der Hautumschlagsfalte ab. Weitere funktionelle Beeinträchtigungen schildert er in dem Attest nicht. In der Auskunft vom 04. April 2006 erwähnt Prof. Dr. H. als entsprechende Beschwerden rezidivierende Entzündungen an der Hautumschlagsfalte im Unterbauch bzw. eine ekzematöse Hautveränderung in der Hautumschlagsfalte. Orthopädische Beschwerden hat er nicht erhoben. Damit beschreibt Prof. Dr. H. keine Krankheit im krankenversicherungsrechtlichen Sinne, die operativ, d.h. plastisch-chirurgisch zu behandeln ist. Hautveränderungen, wobei auch Dr. K. in seiner Auskunft vom 27. März 2006 eine nässende, entzündlich gerötete Fältung erwähnt, sind mit den Mitteln der Dermatologie zu behandeln. Nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat finden jedoch hautärztliche Behandlungen überhaupt nicht statt. Auch die Einschätzung des Dr. K. in seinem Attest vom 13. Juni 2005 ist nicht überzeugend. Der Arzt beschreibt zwar Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers und stellt einen Zusammenhang mit den Lipomen im Unterbauch her. Dieser Zusammenhang ist jedoch nicht nachvollziehbar. Zum einen hat die körperliche Untersuchung des Klägers durch die Ärzte des MDK ergeben, dass ausreichende Beweglichkeit der Wirbelsäule besteht. Lediglich Dr. O. hat beim Kläger eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung beim Vornüberbeugen beschrieben. Ein Zusammenhang mit den Lipomen im Unterbauch ist allerdings nicht feststellbar. Dementsprechend hat Dr. K. gegenüber dem SG in seiner Auskunft vom 27. März 2006 seine Einschätzung, wonach eine operative Entfernung der Lipomatose am Unterbauch erforderlich sei, auch nicht mit orthopädischen Beschwerden des Klägers, sondern ausdrücklich wegen einer Infektgefährdung befürwortet. Die Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers erklären sich im Übrigen entsprechend den Berichten des Dr. G. vom 03. Februar und 27. Mai 2003 auch hinreichend aus den festgestellten degenerativen Wirbelsäulenveränderungen, die zu persistierenden Wurzelreizerscheinungen im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule des Klägers führen. Diese Diagnosen wurden im Übrigen auch durch die Feststellungen des Radiologen Dr. Ha., wie in dessen Arztbrief vom 13. Mai 2003 geschildert, bestätigt. Ein Zusammenhang mit der Fettschürze am Unterbauch wurde auch von dem Radiologen nicht gesehen. Auch das von Prof. Dr. H. in Auskunft vom 04. April 2006 erwähnte Problem des Klägers beim Tragen normaler Kleidung rechtfertigt den Anspruch auf die begehrte Operation nicht. Im Hinblick auf die dem SG von Prof. Dr. H. vorgelegten Lichtbilder vermag auch der Senat nicht festzustellen, dass beim Kläger die Lipomatose am Unterbauch entstellend wirkt. Deswegen besteht auch unter dem Gesichtspunkt einer Entstellung eine Behandlungsbedürftigkeit mittels Operation nicht. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des SG nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen. Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Beklagte die Kosten für die operative Entfernung einer Lipomatose an beiden Oberarmen wegen dort festgestellter Funktionsdefizite getragen hat. Die Erhebung weiterer Gutachten war nicht geboten.
Die Berufung war danach zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
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