L 16 R 171/07

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 31 R 2757/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 R 171/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 06. Dezember 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Streitig ist die Vormerkung des Bezugs von Eingliederungsgeld (Egg) als Pflichtbeitragszeit.

Der 1953 geborene Kläger ist am 19. März 1990 aus P nach Deutschland eingereist. Anschließend bezog er Leistungen der früheren Bundesanstalt für Arbeit, und zwar u.a. Egg vom 15. Mai 1990 bis zum 26. Februar 1992 (Bewilligungsbescheide vom 30. Januar 2002).

Mit Bescheid vom 23. Juni 2004 stellte die Beklagte gemäß § 149 Abs. 5 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) die in dem dazu erstellten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten fest. Im sich anschließenden Widerspruchsverfahren erteilte sie nach weiteren Ermittlungen bei der Bundesagentur für Arbeit den den Bescheid vom 23. Juni 2004 ersetzenden Bescheid vom 29. Dezember 2004, mit dem sie für die Zeit des Egg-Bezuges vom 15. Mai 1990 bis zum 31. Dezember 1991 eine Anrechnungszeit und für die Egg-Bezugsdauer vom 01. Januar 1992 bis zum 26. Februar 1992 daneben auch eine Pflichtbeitragszeit feststellte. Den Widerspruch des Klägers, mit dem dieser auch die Berücksichtigung einer Pflichtbeitragszeit vom 15. Mai 1990 bis zum 31. Dezember 1991 begehrte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02. Mai 2005 zurück.

Die auf Vormerkung von Pflichtbeitragszeiten für die Zeit vom 15. Mai 1990 bis 31. Dezember 1991 gerichtete Klage hat das Sozialgericht (SG) Berlin mit Urteil vom 06. Dezember 2006 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Vormerkung von Pflichtbeitragszeiten in dem in Rede stehenden Zeitraum vom 15. Mai 1990 bis 31. Dezember 1991 gemäß § 149 Abs. 5 SGB VI i.V.m. § 55 SGB VI. Er habe in diesem Zeitraum Egg bezogen. Nach dem insoweit anwendbaren § 27 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) stellten diese Zeiten keine anrechnungsfähigen Versicherungszeiten dar, für die nach Bundesrecht oder früheren Vorschriften der reichsgesetzlichen Angestelltenversicherung Beiträge wirksam entrichtet worden seien oder als entrichtet gelten würden. Bei dem Bezug von Egg habe es sich vielmehr um Ausfallzeiten nach § 112a AVG gehandelt, für die die damalige Bundesanstalt für Arbeit Beiträge gezahlt habe. Demgemäß sei der hier streitige Zeitraum nach § 252 Abs. 2 SGB VI als Anrechnungszeit zu berücksichtigen. Soweit der Kläger den Bezug von Arbeitslosenhilfe (Alhi) anstelle des Egg geltend mache, stünden dem die bindenden Bewilligungsbescheide vom 30. Januar 2002 entgegen. Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er trägt vor: Während des Bezuges von Egg habe das Arbeitsamt Beiträge entrichtet. Deshalb müssten entsprechende Pflichtbeitragszeiten anerkannt werden, und zwar nicht erst ab 01. Januar 1992. Im Übrigen hätte er seinerzeit statt Egg Arbeitslosengeld oder Alhi bekommen müssen.

Aus dem Vorbringen des Klägers ergibt sich der Antrag,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 06. Dezember 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 29. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Mai 2005 zu verpflichten, für die Zeit vom 15. Mai 1990 bis 31. Dezember 1991 den Tatbestand einer Pflichtbeitragszeit vorzumerken.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.

II.

Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung durch Beschluss zurückweisen können, weil er dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Soweit der Kläger bei verständiger Würdigung seines Begehrens (vgl. § 123 SGG) bereits erstinstanzlich (auch) die Gewährung von Alhi anstelle des im streitigen Zeitraum vom 15. Mai 1990 bis zum 31. Dezember 1991 gewährten Egg geltend gemacht hat und dieses Begehren auch im Berufungsverfahren weiter verfolgt, ist die Klage bereits unzulässig, und zwar schon deshalb, weil die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden eine Verwaltungsentscheidung hierüber als insoweit ohnehin unzuständiger Leistungsträger (vgl. § 368 Abs. 1 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – SGB III) nicht verlautbart hat. Soweit der Kläger im Übrigen seine erstinstanzlich erhobene und zulässige kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 19. März 1997 – 5 RJ 78/05 = SozR 3-2600 § 58 Nr. 12 m.w.N.) auf Vormerkung einer Pflichtbeitragszeit vom 15. Mai 1990 bis zum 31. Dezember 1991 weiter verfolgt, ist diese Klage nicht begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Vormerkung der in Rede stehenden Zeit als Tatbestand einer Pflichtbeitragszeit.

Nach § 149 Abs. 5 Satz 1 SGB VI – die Vorschrift findet gemäß dem am 01. Januar 1992 in Kraft getretenen § 300 SGB VI Anwendung, und zwar unabhängig davon, ob der Sachverhalt, auf den sich der Anspruch gründet, bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes vorgelegen hat (vgl. BSG, Urteil vom 18. April 1996 – 4 RA 18/94 – veröffentlicht in juris) – stellt der Versicherungsträger nach Klärung des Versicherungskontos die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits geklärten Daten, die – wie hier – länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, durch Bescheid fest. Über die Anrechnung und Bewertung der im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten wird hingegen erst bei der Feststellung einer Leistung entschieden (§ 149 Abs. 5 Satz 2 SGB VI).

Die Zeit vom 15. Mai 1990 bis zum 31. Dezember 1991 erfüllt nicht den Tatbestand einer Pflichtbeitragszeit nach § 55 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGB VI. Danach sind Pflichtbeitragszeiten Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge gezahlt worden sind. Pflichtbeitragszeiten sind auch Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten. Für das dem Kläger in dem in Rede stehenden Zeitraum gewährte Egg hat zwar die frühere Bundesanstalt für Arbeit Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nach Maßgabe des § 112a AVG entrichtet. Die letztgenannte Vorschrift war beim Bezug von Egg gemäß § 62a Arbeitsförderungsgesetz (AFG) in der bis zum 31. Dezember 1992 geltenden Fassung gemäß § 62a Abs. 2 AFG entsprechend anzuwenden. Aus dieser Beitragszahlung folgte jedoch nicht die Berücksichtigung als Pflichtbeitragszeit, sondern als Ausfallzeit (vgl. § 112a AVG) bzw. – nach dem ab 01. Januar 1992 geltenden Recht – als Anrechnungszeit gemäß § 252 Abs. 2 SGB VI. Denn § 27 Abs. 1a AVG bestimmte für die Zeit bis zum 31. Dezember 1991, dass Zeiten, für die nach Bundesrecht oder früheren Vorschriften der reichsgesetzlichen Angestelltenversicherung Beiträge wirksam entrichtet sind oder als entrichtet gelten (Beitragzeiten), zwar anrechnungsfähige Versicherungszeiten sind, nicht jedoch die Zeiten nach den §§ 112a und 112b AVG. Die Beklagte hat demgemäß die Zeit vom 15. Mai 1990 bis 31. Dezember 1991 beanstandungsfrei als Anrechnungszeittatbestand vorgemerkt. Erst für die Zeit ab 01. Januar 1992 kam aufgrund von § 3 Nr. 3 SGB VI i.V.m. § 55 Abs. 1 SGB VI die Vormerkung einer Pflichtbeitragszeit in Betracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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