S 12 KA 995/06

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 995/06
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 32/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Nachweispflichtig für die Qualität eines für Langzeit-elektrokardiographische Untersuchungen benutzten Gerätes ist der Vertragsarzt.
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat der Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Er hat auch die Gerichtskosten zu tragen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Genehmigung zu Langzeit-EKG-Untersuchungen.

Der Kläger ist als Arzt für Innere Medizin zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.

Mit Bescheid vom 29.10.1993 erteilte ihm die Beklagte die Genehmigung zur Abrechnung der Leistungen nach Nr. 606 (Aufzeichnung eines Langzeit-EKG von mindestens 18 Stunden Dauer und patientenbezogene Beurteilung des Befundes) und Nrn. 607/608/609 EBM (computergestützte Auswertung eines aufgezeichneten Langzeit-EKG von mindestens 18 Stunden Dauer). Sie wies ferner darauf hin, die Leistungen könnten nur abgerechnet werden, wenn die apparative Ausstattung den Richtlinien entspreche. Die gemeldeten Geräte erfüllten die Langzeit-EKG-Richtlinien. Ferner wies sie darauf hin, die Nr. 609 EBM könne nur in den Fällen in Ansatz gebracht werden, in denen die Auswertung 2-kanalig am Monitor vorgenommen werde. Im Rahmen einer Qualitätssicherungsmaßnahme stellte die Langzeit-EKG-Kommission fest, dass die vom Kläger gemeldete apparative Ausstattung nicht dem aktuellen Stand der Technik bzw. den Richtlinien für die Durchführung von Maßnahmen zur Qualitätssicherung entspreche. Bei dieser apparativen Ausstattung fehle die simultane Registrierung beider Kanäle, die erforderlich sei. Sie hielt die Einreichung der Originalunterlagen für erforderlich. Unter Datum vom 2.9.2004 forderte daraufhin die Beklagte die Originalunterlagen beim Kläger an, da die eingereichten kopierten Unterlagen für eine Qualitätssicherung aufgrund der schlechten Qualität nicht herangezogen werden könnten. Ferner wies sie auf die Bedenken hinsichtlich der apparativen Ausstattung hin. Unter Datum vom 10.9.2004 teilte der Kläger mit, er drucke auf Umweltpapier zur Dokumentation, die dann wie gewöhnlich im Schrank verschwinde. Daher werde eine Kopie der Unterlagen übersandt, da die Umweltpapier-Originale schlechter zu lesen seien. Die Disketten würden dann wieder gelöscht werden. Er wundere sich ferner über die Beanstandung seiner apparativen Ausstattung, da dies zwei bis drei Jahre zuvor nicht geschehen sei. Die zwei Ableitungen würden simultan aufgezeichnet werden und ließen sich auch am PC darstellen. Mit Bescheid vom 18.11.2004 entzog die Beklagte die mit Bescheid vom 29.10.1993 erteilte Genehmigung zur Abrechnung von Langzeit-EKG-Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung vom Zeitpunkt der Zustellung dieses Bescheides an. Ferner ordnete sie den sofortigen Vollzug des Entzugs an. Zur Begründung führte sie aus, die Kommission habe festgestellt, dass nicht nachvollzogen werden könne, dass das Langzeit-EKG auf dem Monitor sichtbar, aber nicht auf dem Papier ausdruckbar sei. Der Kläger sei verpflichtet, bei der Qualitätskontrolle die entsprechenden Ausdrucke vorzulegen. Gem. der Berufsordnung seien Ausdrucke, Befundungen und Kommentare zehn Jahre aufzubewahren. Die apparative Ausstattung entspreche auch nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik und den Richtlinien, da die Simultanregistrierung beider Kanäle erforderlich sei. Der Entzug sei auch angemessen. Der Kläger sei seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen und nutze eine apparative Ausstattung, die nicht dem technischen Stand entspreche. Die Anordnung des sofortigen Vollzugs sei notwendig, da die konkrete Gefahr bestehe, dass durch die unzureichende Diagnostik Gefährdungen für Leib und/oder Leben für die Patienten nicht erkannt werden könnten und somit in Folge auch nicht abgewendet werden könnten. Das dem gegenüberstehende finanzielle Interesse auf Abrechnung der Leistungen sei geringer einzustufen. Seine Untersuchungen ließen nur eine völlig unzureichende Bewertung und Auswertung zu. Hiergegen legte der Kläger am 25.11.2004 Widerspruch ein. Er trug vor, seine apparative Ausstattung entspreche den Richtlinien, und verwies insoweit auf die Herstellergarantie. Er könne auch die Ergebnisse auswerten. Bei ihm habe sich nichts geändert, es solle wohl ein Exempel statuiert werden. Sein finanzielles Interesse könne getrost vergessen werden, denn die Aufwendungen lohnten fast diese Untersuchungen nicht. Die Unterstellung einer Gefährdung von Leib und Leben empfinde er aber als beleidigend. Er hebe seine Befunde 10 Jahre auf, allein die Disketten würden gelöscht werden. Die Beklagte holte einen weiteren Bericht ihrer Langzeit-EKG-Kommission mit Datum vom 02.03.2005 ein. Darin führte diese aus, dass in drei Fällen die eingereichten Kopien von so schlechter Qualität seien, dass die Beurteilung dieser Unterlagen nicht möglich sei. Die Originalunterlagen seien trotz Anforderungen nicht zur Verfügung gestellt worden. Weiterhin könne man nicht nachvollziehen, warum eine simultane 2-kanalige Registrierung am Monitor zwar möglich sei, aber eine entsprechende Dokumentation der EKG- Ableitungen zur Nachvollziehung durch Dritte nicht. Das gemeldete Gerät entspreche nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik. Mit der eingereichten Gewährleistungsgarantie des Herstellers/Lieferanten vom 24.11.2004 werde bestätigt, dass eine kontinuierliche Aufzeichnung über 24 Stunden bei simultaner, mindestens 2-kanaliger EKG-Ableitung möglich sei. Es sei aber nicht nachvollziehbar, warum ein entsprechender Ausdruck nicht zu erstellen sei. Auch wenn der Kläger im kollegialen Gespräch versichert habe, dass die Ableitungen am Monitor sichtbar seien, könnten sie jedoch nicht ausgedruckt werden. Man halte daher an der Maßnahme des Entzugs der Abrechnungsgenehmigung fest. Mit Widerspruchsbescheid vom 03.05.2005 hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen sowie den Antrag auf Aussetzung des Sofortvollzugs abgelehnt. Zur Begründung führte sie aus, nach ihren "Richtlinien für die Durchführung von Maßnahmen zur Qualitätssicherung von Langzeit-EKG-Leistungen" vom 17.10.1989 (i. d. F. vom 25.9.1999) sei festgelegt, dass als Maßnahme der "gänzliche Entzug der Genehmigung zur Abrechnung von Langzeit-EKG-Leistungen" verhängt werden könne, wenn von der Langzeit-EK-Kommission Mängel festgestellt worden seien. In den Richtlinien werde im Einzelnen geregelt, welche Ereignisse dokumentiert werden müssten. Dabei müsse man für eine richtliniengerechte apparatetypische Dokumentation voraussetzen, dass eine qualitativ gute Aufzeichnung vorliege, so dass sie in der Qualitätssicherung auch ausgewertet werden könne. Die von der Kommission festgestellten Mängel habe der Kläger nicht erklären können. Das von ihr ausgestellte Zertifikat habe eine erfolgreiche Qualitätssicherung im Quartal IV/00 betroffen. Aus der Herstellergarantie könne nicht entnommen werden, was sie garantiere bzw. ob der Garantie überhaupt eine Überprüfung zu Grunde gelegen habe. Die Garantieerklärung stamme auch vom November 2004. Die Garantieerklärung stehe auch im Widerspruch zu den vorgelegten Aufzeichnungen. Aus Gründen des Patientenschutzes sei die Anordnung des sofortigen Vollzugs notwendig gewesen. Dem Kläger drohten auch keine irreparablen Folgen. Die hiergegen am 07.06.2005 erhobene Klage beim Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben, das den Rechtsstreit an das Sozialgericht Marburg (Az: S 12 KA 529/05) verwiesen hat, hat der Kläger am 06.01.2006 zurückgenommen.

Den am 9.6.2005 gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung lehnte die Kammer mit Beschluss 25.08.2005 (Az: S 12 KA 182/05 ER) ab. Hiergegen erhob der Kläger Beschwerde beim Hessischen Landessozialgericht (Az.: L 4 KA 37/05 ER). Vor dem Landessozialgericht schlossen die Beteiligten am 29.11.2005 folgenden Vergleich:

1. Der Antragsteller wird der Antragsgegnerin eine Herstellergarantie bzgl. des Gerätes für Langzeit-EKG-Untersuchungen nebst fünf Dokumentationen vorlegen, die eine zweikanalige Aufzeichnung über 24 Stunden beinhalten.

2. Die Antragsgegnerin verpflichtet sich, nach Eingang dieser beiden Unterlagen innerhalb von vier Wochen über diesen Antrag zu entscheiden.

3. Die Beteiligten erklären übereinstimmend das einstweilige Anordnungsverfahren in der Hauptsache für erledigt.

Daraufhin reichte der Kläger am 29.01.2006 eine Herstellergarantie und fünf Aufzeichnungen bei der Beklagten ein. Die Langzeit-EKG-Kommission der Beklagten führte in ihrem Bericht vom 08.02.2006 hierzu aus, die Herstellergarantie bestätige ein Auswertegerät Custo disk, in den Auswertedokumentationen erscheine jedoch ein Custo top. Ein Custo disk sei sicherlich aber auch eine Aufnahmeeinheit. Die fünf vorgelegten Beispiele zeigten, dass das System in der Lage sei, 24 Stunden zweikanalig aufzuzeichnen. Die Qualität der Ausdrucke lasse eine exakte Beurteilung der EKG-Untersuchungen nicht zu. Besonders in den Phasen mit vielen Artefakten sei eine Rhythmusstörung mit letzter Sicherheit nicht auszuschließen. Auch seien über längere Abschnitte, trotz zweikanaliger Aufzeichnung, Vorhofpotentiale nicht eindeutig abgrenzbar. Das System zeige eindeutig, dass es nicht in der Lage sei, eine differenzierte Auswertung zu ermöglichen. Insgesamt handele es sich um eine nicht empfehlenswerte Auswerteeinrichtung.

Mit Bescheid vom 01.03.2006 lehnte die Beklagte den im Vergleich vor dem LSG gestellten Antrag auf Erteilung einer Genehmigung unter Wiederholung der Ausführungen der EKG-Kommission ab.

Hiergegen legte der Kläger am 03.03.2006 Widerspruch ein. Er trug vor, die Beklagte halte sich nicht an die vor dem LSG geschlossene Vereinbarung. Soweit die Qualität der Ausdrucke bemängelt werde, müsse ihr bekannt sein, dass die Aufzeichnungen auf einer Diskette vorhanden seien und einem Benutzer jederzeit über den PC deutlich gemacht werden könnten. Die Diskette könne ebenfalls überreicht werden. Der Hinweis, dass das System nicht in der Lage sei, eine differenzierte Auswertung zu ermöglichen, sei sicherlich unsachlich. Das gelte umso mehr, als genau dieses Gerät permanent von Kollegen benutzt werde und hierfür Genehmigungen erteilt werden würden.

Auf Bitte der Beklagten, die Disketten vorzulegen, führte der Kläger aus, nach Ausdruck der Aufzeichnungen würden die Disketten erneut benutzt werden, weshalb er diese für die bereits vorgelegten Fälle nicht einreichen könne. Allerdings könne er an anderen fünf Patienten Aufzeichnungen auf Diskette zur Verfügung stellen. Die Software könne er nicht zur Verfügung stellen, da er diese nur auf seiner Festplatte habe. Er biete aber an, dass die Disketten bei ihm vorgespielt werden könnten. Eine Garantieerklärung des Herstellers habe er allerdings bereits zu den Akten gereicht. Dann reichte er zwei Referenz- EKGs, zweikanalig und auf Umweltpapier ausgedruckt, bei der Beklagten ein. Ferner reichte er eine neue Gewährleistungsgarantie des Herstellers mit geändertem Datum vom 09.03.2006 ein.

Die Langzeit-EKG-Kommission erstellte einen weiteren Bericht (mit Datum vom 07.06.2006), in dem sie nochmals im Einzelnen eine Beurteilung der bereits zuvor eingereichten fünf Dokumentationen vornahm und führte als Ergebnis aus, sie sei nach wie vor eindeutig überzeugt davon, dass das System des Klägers nicht in der Lage sei, eine differenzierte Auswertung zu ermöglichen, wie es heute Standard der neueren Gerätegeneration sei. Insgesamt handele es sich um eine nicht empfehlenswerte Auswertung.

Mit Widerspruchsbescheid vom 09.10.2006, dem Kläger am 12.10. zugestellt, wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Vorraussetzungen für eine Genehmigung würden sich nicht nach dem vor dem Landessozialgericht geschlossenen Vergleich richten, sondern nach der "Vereinbarung von Qualifikationsvoraussetzungen zur Durchführung von Langzeit-elektrokardiographischen Untersuchungen" vom 12.12.1991. Im Vergleich sei nur vereinbart worden, dass sie über einen Antrag entscheiden müsse. Entscheiden bedeute lediglich, dass der Sachverhalt bewertet und in einem Ergebnis festgehalten werde. Neue Genehmigungsvoraussetzungen hätten nicht aufgestellt werden sollen. Die apparativen Vorraussetzungen nach der Qualitätsvereinbarung seien aber nicht erfüllt. Zwar sei der ursprünglich bemängelte Fehler – fehlende Aufzeichnung einer zweikanaligen EKG-Ableitung – behoben worden, es hätte sich jedoch ein anderer apparativer Mangel herausgestellt. Die Auswertung müsse sicherstellen, dass bestimmte wichtige Ergebnisse erfasst werden. Eine ordnungsgemäße Erfassung liege nur vor, wenn diese wichtigen Ereignisse aufgezeichnet würden und medizinisch zu bewerten seien. Daran fehle es, wenn man nicht erkennen könne, wann ein Artefakt und wann eine diagnostisch relevante Rhythmusstörung vorliege. In diesem Fall erfülle die Langzeit-EKG-Untersuchung nicht ihren diagnostischen Zweck. Die vorgelegten Dokumentationen zeigten, dass das System in der Lage sei, 24 Stunden zweikanalig aufzuzeichnen. Die Qualität der Ausdrucke habe aber eine exakte Beurteilung der Langzeit-EKG-Aufzeichnung nicht zugelassen, da in Phasen besonders für den Artefakt eine Rhythmusstörung nicht mit letzter Sicherheit auszuschließen sei. Trotz zweikanaliger Aufzeichnung seien Vorhofpotenziale nicht eindeutig abgrenzbar. Für die eingereichten Dokumentationen seien Disketten nicht vorgelegt worden. Auf die neu eingereichten weiteren Diskettenaufnahmen komme es nicht an. Die Vorlage der Herstellergarantie reiche nicht aus. Sie gelte nur vorbehaltlich einer Prüfung der Angaben durch die KV. Es gehe um die Überprüfung des konkreten Gerätes. Die Nachreichung von zwei Ausdrucken genüge nicht, da fünf Dokumentationen vorzulegen seien. Zum andern überzeuge die Qualität der Auswertung nicht. Diese zwei Dokumentationen seien einem Kommissionsmitglied zur Prüfung vorgelegt worden. Dieses habe festgestellt, dass die vorgelegten Beispiele qualitativ geringfügig besser bei deutlicherem Ausdruck seien. Die automatische Befundung des Langzeit-EKGs sei durch den Auswerter nicht korrigiert worden. Es läge eine mangelhafte Auswertung vor. Im Fall E. MM. würden ventrikuläre und supraventrikuläre Extrasystolen beschrieben, die jedoch in den Einzelbeispielen nicht dargestellt würden. Die Abschnitte mit partiellem Vollausdruck seien nicht zu verwerten. Im Fall A. BB. würden Artefakte als supraventrikuläre Extrasystolen im Kommentar nicht korrigiert und eine einzelne ventrikuläre Extrasystole im Kommentar als multiforme ventrikuläre Extrasystole ebenfalls nicht korrigiert werden. Der Facharzt für innere Medizin mit dem Schwerpunkt Kardiologie H.-G. YY., Mitglied der Langzeit-EKG-Kommission und zugleich der Vorsitzende, gab unter Datum vom 29.06.2006 eine Stellungnahme hinsichtlich der beiden weiter eingereichten Dokumentationen ab.

Gegen die Ablehnung der Genehmigung hat der Kläger am 03.11.2006 die Klage erhoben. Er trägt vor, die Beklagte erläutere nicht, welche Anknüpfungstatsachen die Zweifel an der Qualität der vorgelegten Ausdrucke begründeten. Hinsichtlich der Behandlungsfälle MM. und BB. sei er hinsichtlich der Beanstandungen nicht angehört worden. Die Einwände seien auch inhaltlich und technisch falsch. Im Fall BB. sei der Einwand, die Artefakte würden in den Kommentaren ebenso wie die einzelnen ventrikulären Extrasystolen nicht erwähnt werden, befremdlich, wenn man bedenke, dass die Kommentare nichts mit dem Gerät zu tun hätten. Soweit die Kommentare unvollständig seien, habe dies nichts mit dem Aufzeichnungsgerät zu tun, sondern mit einer Beurteilung seiner ärztlichen Leistung. Seine qualitative Leistung sei aber nicht Gegenstand des Verfahrens, ob das Gerät die qualitativen Anforderungen der Richtlinien erfülle. Auch die Ausführungen im Fall MM. seien nicht verständlich. Zur Aufzeichnung werde ein Modem mit den persönlichen Werten des betroffenen Patienten aufgenommen und eingespeichert. Sodann werde dieses Modem dem Patienten übergeben, der es nach etwa 24 Stunden bei ihm wieder einreiche. Dieses Modem werde dann EDV-gesteuert ausgewertet und an einem Bildschirm fertig gestellt. Es gebe dann zunächst einen sog. Ausdruck, der sich mit "Zusammenfassung" beschäftige. Hieraus könne jeder Arzt erkennen, ob Besonderheiten bei der Auswertung vorlägen. Der so genannte QRS-Komplex gebe zunächst diejenige Anzahl der Herzfrequenzn wieder, die normal seien. Bevor das Gerät angeschlossen werde, werde ein Muster einer Herzfrequenz gebildet und jedes Mal, wenn im Laufe der 24 Stunden die Herzfrequenz gleich sei, werde es unter dieser Zeile ausgedruckt. Die anderen darunter stehenden Komplexe beschrieben die Abweichungen. Der Arzt müsse dann entscheiden, inwieweit diese Abweichungen erheblich seien, worauf sie beruhten und ob er Maßnahmen ergreife. Aufgezeichnet werde jede einzelne Sekunde. Insbesondere könnten auch die Zeiten mit den Abweichungen aufgerufen werden. Jeder Bildabschnitt könne auch ausgedruckt werden. Es sei daher die Behauptung der Beklagten nicht verständlich, dass die einzelnen Beispiele von dem System nicht dargestellt werden könnten. Er biete an, dem Kommissionsmitglied sein Gerät vor Ort zu zeigen. Die Beklagte mache nicht deutlich, worauf sie die mangelnde differenzierte Auswertung stütze. Er könne sich deshalb nicht mit dem Hersteller auseinandersetzen oder das Gerät nachrüsten.

Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 01.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.10.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die Genehmigung zu Langzeit-EKG-Untersuchungen zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie verweist auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid und führte ergänzend aus, der Kläger erfülle nicht die Voraussetzungen nach der Qualitätssicherungsvereinbarung. Nach dem Vergleich sei sie lediglich zur Neubescheidung nach den geltenden Regelungen verpflichtet. Das rechtliche Gehör sei nicht verletzt, da bereits im Ausgangsbescheid die mangelnde differenzierte Auswertung gerügt worden sei. Materiell scheitere die Genehmigung an den Anforderungen des Abschnitts B 3.2 der Vereinbarung. Sie habe von ihrer Prüfkompetenz bzgl. der apparativen Voraussetzungen nach Abschnitt C.4. letzter Satz Gebrauch gemacht. Neben der mindestens zweikanaligen Aufzeichnung müsse die Auswertung sicherstellen, dass alle wichtigen Ereignisse erfasst werden, woran es hier fehle. Überdies seien die vorgelegten Dokumentationen unvollständig und widersprüchlich. Im Fall GG. sei die Datierung widersprüchlich. Entgegen der im Gerichtsverfahren aufgestellten Behauptung, die EKGs würden elektronisch gespeichert, habe der Kläger im Verwaltungsverfahren eine Vorlage der Disketten abgelehnt, weil diese gelöscht würden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Bescheid vom 01.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.10.2006 ist rechtmäßig. Er war daher nicht aufzuheben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung zu Langzeit-EKG-Untersuchungen.

Maßgeblich für die Erteilung der strittigen Genehmigung ist die Vereinbarung von Qualifikationsvoraussetzungen gemäß § 135 Abs. 2 SGB V zur Durchführung von Langzeit-elektrokardiographischen Untersuchungen vom 12. Dezember 1991 (Anlage zum BMV-Ä/EKV-Ä; im Folgenden abgekürzt als Vb) (hier zitiert nach www.kbv.de/rechtsquellen).

Nach der Klagerücknahme des Klägers im Verfahren mit Az.: S 12 KA 529/09 ist der Entzug seiner Genehmigung bestandskräftig geworden. Von daher bedarf der Kläger einer neuen Genehmigung. Im Vergleich vor dem LSG Hessen ist lediglich die Verpflichtung der Beklagten festgehalten worden, den Kläger über seinen Neuantrag zur Erteilung der Genehmigung zu bescheiden, wobei er fünf Dokumentationen vorzulegen hat. Ferner ist die Überprüfung auf die apparativen Voraussetzungen beschränkt worden.

Die Beklagte ist zuständig für die Erteilung der strittigen Genehmigung.

Der Antrag auf Durchführung und Abrechnung Langzeit-elektrokardiographischer Untersuchungen ist bei der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung zu stellen. Dem Antrag sind die erforderlichen Zeugnisse und Bescheinigungen über das Vorliegen der fachlichen Voraussetzungen nach Abschnitt A sowie der apparativen Voraussetzungen nach Abschnitt B beizufügen. Der Nachweis der Berechtigung zum Führen der Gebietsbezeichnung "Arzt für Innere Medizin" gilt als Nachweis der fachlichen Voraussetzungen nach Abschnitt A. Eine Gewährleistungsgarantie des Herstellers, dass das verwendete Gerät den in Abschnitt B genannten Voraussetzungen entspricht, gilt - vorbehaltlich einer Prüfung der Angaben durch die Kassenärztliche Vereinigung - als Nachweis der apparativen Voraussetzungen nach Abschnitt B. Über die Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von Langzeit-EKGUntersuchungen entscheidet die Kassenärztliche Vereinigung (C.4 und 5. Satz 1 Vb).

Allein die Vorlage einer Herstellergarantie schließt eine Überprüfung des Gerätes nicht aus, da der Kassenärztliche Vereinigung eine Prüfung der Angaben gerade vorbehalten bleibt. Zudem diente gerade der vor dem LSG Hessen abgeschlossene Vergleich der Überprüfung des konkret verwendeten Apparates.

Langzeit-EKG-Untersuchungen dürfen nach B. 3 Vb in der kassenärztlichen/vertragsärztlichen Versorgung nur mit solchen Geräten durchgeführt werden, die den nachfolgend genannten Voraussetzungen entsprechen:

3.1 Die Geräte müssen eine kontinuierliche Aufzeichnung über 24 Stunden bei simultaner, mindestens 2-kanaliger EKG-Ableitung gewährleisten.

3.2 Die kontinuierliche oder diskontinuierliche Auswertung muss sicherstellen, dass alle wichtigen Ereignisse erfasst werden. Als wichtige Ereignisse gelten:
- Asystolie über 2,0 sec. Dauer,
- supraventrikuläre Tachykardie,
- Vorhofflimmern,
- Vorhofflattern,
- ventrikuläre Extrasystolen,
- höhergradige tachykarde ventrikuläre Rhythmusstörungen,
- Kammertachykardie,
- Kammerflattern,
- Kammerflimmern.

3.3 Der im Auswertesystem verfügbare Dokumentationsspeicher muss gewährleisten, dass auch bei gehäuft auftretenden Ereignissen eine in quantitativer Hinsicht korrekte Beurteilung möglich ist.

Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat der Kläger bisher nicht nachgewiesen. Es fehlt am Nachweis, dass alle wichtigen Ereignisse erfasst werden. Insofern wird auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid, insb. Blatt 88-90 der Verwaltungsakte, verwiesen (§ 136 Abs. 3 SGG).

Ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass sie sich mit ihrer Fachkunde aufgrund der Besetzung mit zwei Ärzten, von denen einer selbst EKG-Untersuchungen durchführt, von der Mangelhaftigkeit der, vom Kläger selbst ausgesuchten und vorgelegten Dokumentationen überzeugen konnte. Bei sämtlichen fünf Dokumentationen war weitgehend durchgängig der Vorhof nicht erkennbar. Nachweispflichtig für die Qualität des von ihm benutzten Gerätes ist aber der Kläger. Dieser Nachweis ist nicht erbracht worden. Insofern handelt es sich auch nicht um eine Frage der persönlichen Qualifikation. Dahinstehen kann auch die Frage, in welcher Weise eine ordnungsgemäße Dokumentation nachgewiesen werden kann, da der Kläger auch nicht die digitalen Aufzeichnungen vorgelegt hat. Es ist auch nicht Aufgabe der Beklagten, im Einzelnen zu erläutern, auf welche Weise der Fehler behoben werden kann. Verantwortlich für die Qualität des Geräts ist allein der Vertragsarzt, ggf. hat er sich hierüber mit dem Hersteller bzw. Verkäufer auseinanderzusetzen.

Im Ergebnis war die Klage daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Rechtskraft
Aus
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