Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
20
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 20 SO 4/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 12.10.2006 und Abänderung des Widerspruchsbescheides vom 18.12.2006 verurteilt, der Klägerin weitere Bestattungs- kosten von 579,50 EUR und Inkassokosten von 262,16 EUR, ins- gesamt 841,66 EUR zzgl. Tageszinsen von 0,22 EUR seit dem 08.05.2007 zu zahlen. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt der Beklagte.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Übernahme weiterer Bestattungskosten in Höhe von 579,50 EUR und in diesem Zusammenhang angefallene Inkassokosten. Die Klägerin bezieht für sich und ihre beiden minderjährigen Kindern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Am 06.09.2006 verstarb ihr Ehemann. Seine Bestattung wurde durch ein am Wohnort ansässiges Bestattungsunternehmen durchgeführt. Der Verstorbene wurde im Krematorium I. eingeäschert; seine Asche wurde später verstreut. Das Bestattungsunternehmen listete hierfür gegenüber der Klägerin Kosten in Höhe von 2118,50 EUR auf. Am 06.09.2006 überwies die Mutter des Verstorbenen 150,00 EUR auf das Konto der Klägerin. Am 13.09.2006 fand im Hause der Klägerin die Trauerfeier statt. Dabei spendeten die Trauergäste der Klägerin 120,00 EUR. Diesen Betrag und die von der Mutter des Verstorbenen überwiesenen 150,00 EUR setzte die Klägerin im Rahmen der Trauerfeier und der Bestattung ihres Ehemannes zur Begleichung von Kosten ein, die von der Rechnung des Bestattungsunternehmens nicht erfasst sind.
Am 11.09.2006 beantragte die Klägerin die Übernahme der vom Bestattungsunternehmen geltend gemachten Kosten in Höhe von 2118,50 EUR.
Die Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 12.10.2006 ab unter Hinweis auf andere leistungsfähige und verpflichtete Angehörige.
Dagegen legte die Klägerin am 17.10.2006 Widerspruch ein. Sie teilte mit, dass die weiteren Angehörigen - Mutter, Schwester und Bruder des Verstorbenen - auf Grund ihres Einkommens oder sonstiger Gründe nicht in der Lage bzw. nicht willens seien, die Bestattungskosten zu tragen. Gleichwohl habe ihr die Mutter des Verstorbenen am 10.10.2006 weitere 500,00 EUR überwiesen, die sie sofort zur teilweisen Begleichung der Rechnung des Bestattungsunternehmens eingesetzt habe.
Das Bestattungsunternehmen hatte zwischenzeitlich ein Inkassobüro mit der Eintreibung der Forderung beauftragt. Nach der von der Firma Creditreform erstellten Rechnung vom 09.10.2006 belief sich die Forderung zu diesem Zeitpunkt einschließlich Inkasso-/Nebenforderungen auf 2296,18 EUR.
Durch Widerspruchsbescheid vom 18.12.2006 gab der Beklagte dem Widerspruch teilweise statt. Er verwies nicht mehr auf andere Verpflichtete, sondern erkannte an, dass die Klägerin als Erbin und Ehefrau des Verstorbenen die für seine Bestattung allein Verpflichtete war. Anspruch bestehe jedoch nur auf Übernahme der erforderlichen Bestattungskosten; dies seien lediglich 1539,00 EUR. Nach Abzug von der Mutter des Verstorbenen zur Verfügung gestellten und zur teilweisen Deckung der Bestattungskosten verwandten 500,00 EUR seien noch 1039,00 EUR aus Mitteln der Sozialhilfe zu übernehmen. Wegen der weitergehenden Forderung wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Dagegen hat die Klägerin am 10.01.2007 Klage erhoben. Sie hält die in Rechnung gestellten 2118,50 EUR (zuzüglich der inzwischen angelaufenen Inkassokosten) für die erforderlichen Bestattungskosten: Die Kosten für den Sarg (799,00 EUR) seien dadurch begründet, dass wegen des Übergewichts des Verstorbenen (über 170 kg) eine Sonderanfertigung notwendig gewesen sei; auch für die Einbettung und das Verbrauchsmaterial seien wegen des Gewichts des Verstorbenen höhere Kosten angefallen, als sie nun vom Beklagten ange- setzt würden; Gleiches gelte für die Kosten der Überführung nach I.; hier sei wegen des Gewichts und der Größe des Verstorbenen ein Spezialfahrzeug nach DIN 75081 erforderlich gewesen; die Kosten für die Formalitäten seien in der angegebenen Höhe tatsächlich entstanden und vom Bestattungsunternehmen nicht disponibel gewesen; insofern sei der vom Beklagten vorgenommene Abzug nicht gerechtfertigt. Nach dem Tod ihres Ehemannes habe sie sich in einer Ausnahmesituation befunden; es könne nicht erwartet werden, dass sich jemand, der soeben den Ehemann verloren habe und sich um zwei Kinder kümmern müsse, eine Internet-Recherche zur Ermittlung der günstigen Bestattungsvariante durchführt. Die bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung neben der Bestattungskostenrestforderung von 579,50 EUR angelaufenen Inkassokosten hat die Klägerin mit 262,16 EUR beziffert; künftig kommen Tageszinsen von 0,22 EUR hinzu.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 12.10.2006 und Abänderung des Widerspruchsbe- scheides vom 18.12.2006 zu verurteilen, ihr weitere 841,66 EUR zuzüglich Tageszinsen von 0,22 EUR seit dem 08.05.2007 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er räumt ein, dass ihm zwar keine konkreten Daten über "erforderliche Bestattungskosten" vorlägen. Jedoch gebe es Daten aus dem Internet ("www.volksbestattung.de"); danach gebe es Discounter-Bestattungen bereits ab 569,00 EUR. Erkenntnisse zu den "erforderlichen Bestattungskosten" ergäben sich auch aus Untersuchungen der Stiftung Warentest; danach kämen 1287,00 EUR in Betracht. Im konkreten Fall des Verstorbenen seien dessen Gewicht und Größe bei den Vergleichszahlen im Widerspruchsbescheid berücksichtigt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Klägerin wird durch die angefochtenen Bescheide des Beklagten beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), da sie rechtswidrig sind. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Übernahme weiterer Kosten für die Bestattung ihres Ehemannes in Höhe von 579,50 EUR zuzüglich der durch die Inanspruchnahme eines Inkassobüros seitens des Bestattungsunternehmens angefallenen und anfallenden Inkassokosten nach § 74 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Diesem Anspruch steht nicht entgegen, dass die Klägerin Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II erhält. Nach der Sonderregelung des § 21 Satz 1 SGB XII sind Personen, die nach dem SGB II leistungsberechtigt sind, lediglich vom Bezug von "Leistungen für den Lebensunterhalt" ausgeschlossen. Dies sind die Leistungen nach dem Dritten Kapitel (§§ 27 bis 40) SGB XII. Der Ausschluss für diese Leistungen ergibt sich auch aus § 5 Abs. 2 Satz 1 SGB II. Der Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten nach § 74 SGB XII findet sich jedoch im Neunten Kapitel (Hilfe in anderen Lebenslagen) des SGB XII und ist daher nicht für Bezieher von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen.
Nach § 74 SGB XII werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. Als Bezieherin von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II kann der Klägerin nicht zugemutet werden, die über die von ihrer Schwiegermutter zur Verfügung gestellten 500,00 EUR und die vom Beklagten bereits anerkannten 1039,00 EUR hinausgehenden Bestattungskosten, die durch die Inanspruchnahme des Bestattungsunternehmens angefallen sind, zu tragen. "Erforderlich" im Sinne des § 74 SGB XII sind nicht nur die vom Beklagten anerkannten 1539,00 EUR, sondern auch die weiteren vom Bestattungsunternehmen in Rechnung gestellten 579,50 EUR.
Erforderliche Kosten einer Bestattung sind die Kosten, die üblicherweise für eine würdige, den örtlichen Gepflogenheiten entsprechende einfache Bestattung anfallen, nicht die Aufwendungen für eine standesgemäße Beerdigung. Angemessenen Wünschen des Verstorbenen bzw. Bestattungsverpflichteten nach einer bestimmten Bestattungsart ist regelmäßig und insbesondere dann zu entsprechen, wenn sie den religiösen Bindungen des Verstorbenen entsprechen. Der Sozialhilfelträger darf nicht generell auf eine etwa kostengünstigere Feuerbestattung oder gar eine anonyme Bestattung verweisen; der Eindruck eines Armenbegräbnisses bzw. Armengrabes ist zu vermeiden. Was örtsüblich und angemessen ist, bestimmt sich in erster Linie nach den einschlägigen friedhofsrechtlichen Bestimmungen, insbesondere nach der jeweiligen maßgeblichen Friedhofssatzung (so: Berlit in LPK-SGB XII, 7. Auflage, § 74 Rn. 12). Der Begriff der "Erforderlichkeit" bezieht sich sowohl auf Art und Umfang der Bestattungsaufwendungen (Leichenschau und -beförderung, Gebühren, Sargträger, Sarg, Kranz und Blumen, das Zurechtmachen der Leiche, die Erstherrichtung der Grabstätte, ein einfacher Grabstein, Einäscherungskosten, Urne usw.) als auch die Höhe der Kosten. Die vom Bestattungsunternehmen erbrachten Leistungen sind ihrer Art nach alle erforderlich gewesen; dies wird vom Beklagten auch nicht bestritten. Soweit er allerdings die Kosten für einzelne Bestattungsaufwendungen für überhöht hält und deshalb gekürzt hat, hält dieser einer Nachprüfung nicht stand. Der Beklagte hat die tatsächlich angefallenen Kosten der Bestattung, wie sie vom Bestattungsunternehmen aufgelistet worden sind, in 7 Positionen zusammengefasst und diesen die von ihm als erforderlich angesehenen Kosten gegenübergestellt:
tats. Kosten erforderl. Kosten Kremierungssarg (Sonderanfertigung für Gewichtsbereich ab 170 kg) 799,00 EUR 600,00 EUR Einbettung und Verbrauchsmaterial für die Verstorbenenversorgung 232,20 EUR 110,00 EUR Nutzung des Klimaraums 75,00 EUR 75,00 EUR Überführung nach I. 299,00 EUR 171,00 EUR Erledigung der Formalitäten 241,30 EUR 111,00 EUR Gebühren 64,00 EUR 64,00 EUR Einäscherung und Aschever- streuung 408,00 EUR 408,00 EUR 2.118,50 EUR 1.539,00 EUR
Der Beklagte hat dabei jedoch nicht erläutert, aus welchen Gründen die von ihm beanstandeten 4 Positionen der Höhe nicht erforderlich gewesen sein sollen bzw. welchen Maßstab er den von ihm als ausreichend erforderlich angesehenen Kostenfaktoren zugrundegelegt hat. Dies wäre bereits deshalb angezeigt gewesen, weil die Klägerin auf das erhebliche Übergewicht und die Größe des Verstorbenen mit daraus resultierenden notwendigen Sondermaßen und -kosten hingewiesen hat, des Weiteren, weil sie glaubhaft dargelegt hat, dass die Kosten für die Formalitäten in Höhe von 241,30 EUR nicht disponibel waren und von dem Bestattungsunternehmen im angefallenen Umfang an sie weitergegeben worden sind. Warum der Beklagte insbesondere diese Position auf einen nicht näher erläuterten Pauschalbetrag von 111,00 EUR kürzt, erschließt sich der Kammer nicht.
Der Verweis des Beklagten auf "Erfahrungswerte in vergleichbaren Sozialhilfefällen", "Anhaltspunkte vom Vorsitzenden des hier zuständigen Bezirksverbandes Bestattungswesen" und Recherchen im Internet (vgl. Widerspruchsbescheid vom 18.12.2006) sowie Untersuchungen der Stiftung Warentest (vgl. Schriftsatz vom 09.02.2007) lassen erkennen, dass er einzelne Kostenpositionen anhand abstrakter Vergleichswerte auf ihre Erforderlichkeit und auch Angemessenheit (vgl. Schriftsatz vom 04.07.2007: "Die Einzelpositionen wurden angemessener Höhe berücksichtigt.") überprüft hat. Der Bezug auf einen abstrakten Vergleichsmaßstab ist zwar grundsätzlich nicht zu beanstanden, muss aber plausibel sein. Der Beklagte hat nicht nachvollziehbar offengelegt, zu welcher Zeit und auf welcher Grundlage die von ihm im Widerspruchsbescheid dargelegten Vergleichwerte ermittelt worden und wo sie abrufbar sind. "Erfahrungswerte in vergleichbaren Sozialhilfefällen" bilden keinen justiziablen Vergleichmaßstab, wenn die nicht dokumentiert sind. Der Beklagte hat eingeräumt, dass auch vom Vorstand des zuständigen Bezirksverbandes Bestattungswesen keine schriftlichen Daten vorliegen. Soweit sich der Beklagte im gerichtlichen Verfahren auf Untersuchungsergebnisse der Stiftung Warentest berufen hat, spiegeln diese die im Widerspruchsbescheid als erforderlich angesehenen Kostenbeträge nicht wieder.
Die Kammer hält es aber auch für wenig sachgerecht, nur einzelne Kostenpositionen einer Bestatterrechnung auf ihre Erforderlichkeit zu prüfen und ggf. zu kürzen, ohne die Gesamtkosten und die besonderen Umstände, unter denen Bestattungskosten entstehen, zu berücksichtigen. In der konkreten Situation des Ablebens eines Angehörigen kann es zwar möglich sein, aber nicht erwartet werden, Internet-Recherchen durchzuführen, Fachinformationen (Stiftung Warentest) oder Kostenvoranschläge verschiedener Bestattungsunternehmen einzuholen, um eine möglichst kostengünstige Bestattung zu erhalten. Dies gilt umso mehr, wenn dem Betroffenen kein Vergleichsmaßstab zur Verfügung steht. Viele Einzelpositionen einer Bestattung können nach Bestattungsart, -ort und -unternehmen in der Höhe erheblich voneinander abweichen. Die eine Position kann hier teurer, dort billiger sein, eine andere hier billiger und dort teurer, und es kann bei unterschiedlichen Kosten für unterschiedliche Positionen zu einem gleichen Gesamtkostenbetrag kommen. Würde der Sozialhilfeträger eine Bestatterrechnung allein nur auf Einzelpositionen hin überprüfen, käme es regelmäßig in Bezug auf relativ teurere Einzelpositionen zu Kürzungen; diese würden sich aber auch auf die Gesamtkosten nur mindernd auswirken, da bei der Vergleichsberechnung relativ billigere Einzelpositionen ebenso wenig ausgleichend angehoben würden wie ein schon bei der Auswahl der Art der Bestattungsaufwendungen vom Bestattungsverpflichteten gezeigtes Kostenbewusstsein berücksichtigt würde. Dies zeigt der Fall der Klägerin exemplarisch. Sie hat in der mündlichen Verhandlung glaubhaft dargelegt, das Bestattungsunternehmen aufgesucht, auf ihre finanziellen Verhältnisse hingewiesen und um eine preiswerte Bestattung gebeten zu haben. Das Resultat dessen war eine Feuerbestattung und Ascheverstreuung in den benachbarten (preiswerten) Niederlanden mit den vom Bestattungsunternehmen aufgelisteten Kosten von 2118,50 EUR. Dadurch hat die Klägerin sich - und letztlich dem Beklagten - die grundsätzlich als angemessen und erforderlich anerkannten erheblichen Kosten einer Erdbestattung in einem Reihengrab mit Blumenschmuck, Grabkreuz, Grabstein und vor allem den damit verbundenen öffentlich rechtlichen Gebühren erspart. Diese summieren sich bei einer einfachen Bestattung leicht auf mindestens 1000,00 EUR (vgl. Stiftung Warentest, TEST-Spezial-Sonderheft "Bestattung", Oktober 2005, S. 38).
Nach Auffassung der Kammer erscheint es daher sachgerecht, die Erforderlichkeit der Bestattungskosten abstrakt an einem Pauschalbetrag zu orientieren, der nach Art der Aufwendungen und Höhe der Kosten angemessen ist. Dadurch ist gewährleistet, dass dem Bestattungsverpflichteten bei der Bestimmung von Art und Höhe der Bestattungsaufwendungen eine dem Einzelfall gerecht werdende Wahlfreiheit verbleibt, die durch den Pauschbetrag nach oben begrenzt ist. Ist dieser Pauschbetrag den in der Region tätigen Bestattungsunternehmen bekannt, können diese den sie aufsuchenden Empfänger von Sozialhilfe und Grundsicherungsleistungen ein adäquates Bestattungsangebot unterbreiten. Dies mag dazu führen, dass die Bestatter ihre Angebote an diesen Pauschbetrag annähern; jedoch gilt dies nicht nur in der Preisskala von unten nach oben, sondern umgekehrt, da sie kaum noch Bestattungsangebote oberhalb dieses Pauschalbetrags dem genannten Personenkreis werde anbieten können.
Bei der Bemessung des Pauschbetrages als Maßstab für erforderliche Bestattungskosten bieten sich verschiedene Möglichkeiten an:
Es können regionale Erhebungen durchgeführt werden, deren Ergebnis unter Berücksichtigung von Pietät und Würde in einen Pauschbetrag für eine ein- fache Bestattung münden. Solche sind der Kammer nicht bekannt und vom Beklagten auch nicht bekannt gemacht worden. Es kann der Bestattungsvorsorgebetrag, der im Rahmen der Vermögens- anrechnung als Schonvermögen nach § 90 Abs. 3 SGB XII anerkannt wird, herangezogen werden (z.Zt. im Kreis Aachen 3.500,00 EUR, im Kreis Düren 2.500,00 EUR). Es können die überregionalen Erhebungen über Bestatterkosten, z. B. die der Stiftung Warentest herangezogen werden. Nach diesen betragen die Gesamtkosten im Trauerfall mindestens 2.460,00 EUR (vgl. Sonderheft "Bestatttung", a.a.O., S. 38).
Die durchschnittlichen Gesamtkosten betragen laut Stiftung Warentest (a.a.O., S. 52,53) für eine einfache Erdbestattung 7.012,00 EUR für eine einfache Feuerbestattung 5.147,00 EUR (für eine anonyme Bestattung immerhin noch 2.217,00 EUR bzw. 2.152,00 EUR !).
Mangels anderer aktueller Vergleichswerte zieht die Kammer im vorliegenden Fall die Daten der Stiftung Warentest heran, die anschaulich und nachvollziehbar sind und dem Erforderlichkeitsbegriff des § 74 SGB XII gerecht werden. Der Vergleich der von der Klägerin an das Bestattungsunternehmen zu zahlenden Gesamtkosten mit den oben dargestellten Vergleichszahlen der Stiftung Warentest offenbart, dass die Kosten von 2.118,50 EUR in jedem Fall darunter liegen. Dadurch ist für die Kammer ausreichend nachgewiesen, dass diese Kosten erforderlich im Sinne des § 74 SGB XII waren, also auch die noch streitigen 579,50 EUR vom Beklagten zu übernehmen sind.
Da die Klägerin als Verpflichtete die vom Bestattungsunternehmen in Rechnung gestellten erforderlichen Kosten der Bestattung nicht zahlen konnte und der Beklagte diese Kosten nicht rechtzeitig akzeptiert bzw. darlehensweise oder unter Widerrrufsvorbehalt übernommen hat, sind Inkassokosten angefallen, die der Beklagte nunmehr ebenfalls als "erforderliche Kosten der Bestattung" nach § 74 SGB XII zu übernehmen hat. Ausweislich der letzten Rechnung des Inkassobüros vom 02.01.2007, in der bereits die von der Klägerin gezahlten 500,00 EUR und die vom Beklagten übernommenen 1.039,00 EUR berücksichtigt sind, betrug die Restforderung am 07.01.2007 insgesamt 815,26 EUR. Nach Abzug der mit der Klage verfolgten restlichen Hauptforderung von 579,50 EUR ergeben sich bis zu diesem Datum Inkassokosten in Höhe von 235,76 EUR. Unter Berücksichtigung von Tageszinsen in Höhe von 0,22 EUR sind in der Zeit vom 08.01. bis 07.05.2007 (120 Tage) weitere 26,40 EUR angefallen, sodass sich die Inkassokosten bis dahin auf insgesamt 262,16 EUR belaufen. Daraus ergibt sich zum 07.05.2007 ein Gesamtbetrag von 841,66 EUR. Hinzukommen laufende Tageszinsen von 0,22 EUR seit dem Tag der Verkündung des Urteils, das heißt, seit dem 08.05.2007. Dementsprechend war der Beklagte zu verurteilen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Übernahme weiterer Bestattungskosten in Höhe von 579,50 EUR und in diesem Zusammenhang angefallene Inkassokosten. Die Klägerin bezieht für sich und ihre beiden minderjährigen Kindern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Am 06.09.2006 verstarb ihr Ehemann. Seine Bestattung wurde durch ein am Wohnort ansässiges Bestattungsunternehmen durchgeführt. Der Verstorbene wurde im Krematorium I. eingeäschert; seine Asche wurde später verstreut. Das Bestattungsunternehmen listete hierfür gegenüber der Klägerin Kosten in Höhe von 2118,50 EUR auf. Am 06.09.2006 überwies die Mutter des Verstorbenen 150,00 EUR auf das Konto der Klägerin. Am 13.09.2006 fand im Hause der Klägerin die Trauerfeier statt. Dabei spendeten die Trauergäste der Klägerin 120,00 EUR. Diesen Betrag und die von der Mutter des Verstorbenen überwiesenen 150,00 EUR setzte die Klägerin im Rahmen der Trauerfeier und der Bestattung ihres Ehemannes zur Begleichung von Kosten ein, die von der Rechnung des Bestattungsunternehmens nicht erfasst sind.
Am 11.09.2006 beantragte die Klägerin die Übernahme der vom Bestattungsunternehmen geltend gemachten Kosten in Höhe von 2118,50 EUR.
Die Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 12.10.2006 ab unter Hinweis auf andere leistungsfähige und verpflichtete Angehörige.
Dagegen legte die Klägerin am 17.10.2006 Widerspruch ein. Sie teilte mit, dass die weiteren Angehörigen - Mutter, Schwester und Bruder des Verstorbenen - auf Grund ihres Einkommens oder sonstiger Gründe nicht in der Lage bzw. nicht willens seien, die Bestattungskosten zu tragen. Gleichwohl habe ihr die Mutter des Verstorbenen am 10.10.2006 weitere 500,00 EUR überwiesen, die sie sofort zur teilweisen Begleichung der Rechnung des Bestattungsunternehmens eingesetzt habe.
Das Bestattungsunternehmen hatte zwischenzeitlich ein Inkassobüro mit der Eintreibung der Forderung beauftragt. Nach der von der Firma Creditreform erstellten Rechnung vom 09.10.2006 belief sich die Forderung zu diesem Zeitpunkt einschließlich Inkasso-/Nebenforderungen auf 2296,18 EUR.
Durch Widerspruchsbescheid vom 18.12.2006 gab der Beklagte dem Widerspruch teilweise statt. Er verwies nicht mehr auf andere Verpflichtete, sondern erkannte an, dass die Klägerin als Erbin und Ehefrau des Verstorbenen die für seine Bestattung allein Verpflichtete war. Anspruch bestehe jedoch nur auf Übernahme der erforderlichen Bestattungskosten; dies seien lediglich 1539,00 EUR. Nach Abzug von der Mutter des Verstorbenen zur Verfügung gestellten und zur teilweisen Deckung der Bestattungskosten verwandten 500,00 EUR seien noch 1039,00 EUR aus Mitteln der Sozialhilfe zu übernehmen. Wegen der weitergehenden Forderung wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Dagegen hat die Klägerin am 10.01.2007 Klage erhoben. Sie hält die in Rechnung gestellten 2118,50 EUR (zuzüglich der inzwischen angelaufenen Inkassokosten) für die erforderlichen Bestattungskosten: Die Kosten für den Sarg (799,00 EUR) seien dadurch begründet, dass wegen des Übergewichts des Verstorbenen (über 170 kg) eine Sonderanfertigung notwendig gewesen sei; auch für die Einbettung und das Verbrauchsmaterial seien wegen des Gewichts des Verstorbenen höhere Kosten angefallen, als sie nun vom Beklagten ange- setzt würden; Gleiches gelte für die Kosten der Überführung nach I.; hier sei wegen des Gewichts und der Größe des Verstorbenen ein Spezialfahrzeug nach DIN 75081 erforderlich gewesen; die Kosten für die Formalitäten seien in der angegebenen Höhe tatsächlich entstanden und vom Bestattungsunternehmen nicht disponibel gewesen; insofern sei der vom Beklagten vorgenommene Abzug nicht gerechtfertigt. Nach dem Tod ihres Ehemannes habe sie sich in einer Ausnahmesituation befunden; es könne nicht erwartet werden, dass sich jemand, der soeben den Ehemann verloren habe und sich um zwei Kinder kümmern müsse, eine Internet-Recherche zur Ermittlung der günstigen Bestattungsvariante durchführt. Die bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung neben der Bestattungskostenrestforderung von 579,50 EUR angelaufenen Inkassokosten hat die Klägerin mit 262,16 EUR beziffert; künftig kommen Tageszinsen von 0,22 EUR hinzu.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 12.10.2006 und Abänderung des Widerspruchsbe- scheides vom 18.12.2006 zu verurteilen, ihr weitere 841,66 EUR zuzüglich Tageszinsen von 0,22 EUR seit dem 08.05.2007 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er räumt ein, dass ihm zwar keine konkreten Daten über "erforderliche Bestattungskosten" vorlägen. Jedoch gebe es Daten aus dem Internet ("www.volksbestattung.de"); danach gebe es Discounter-Bestattungen bereits ab 569,00 EUR. Erkenntnisse zu den "erforderlichen Bestattungskosten" ergäben sich auch aus Untersuchungen der Stiftung Warentest; danach kämen 1287,00 EUR in Betracht. Im konkreten Fall des Verstorbenen seien dessen Gewicht und Größe bei den Vergleichszahlen im Widerspruchsbescheid berücksichtigt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Klägerin wird durch die angefochtenen Bescheide des Beklagten beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), da sie rechtswidrig sind. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Übernahme weiterer Kosten für die Bestattung ihres Ehemannes in Höhe von 579,50 EUR zuzüglich der durch die Inanspruchnahme eines Inkassobüros seitens des Bestattungsunternehmens angefallenen und anfallenden Inkassokosten nach § 74 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Diesem Anspruch steht nicht entgegen, dass die Klägerin Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II erhält. Nach der Sonderregelung des § 21 Satz 1 SGB XII sind Personen, die nach dem SGB II leistungsberechtigt sind, lediglich vom Bezug von "Leistungen für den Lebensunterhalt" ausgeschlossen. Dies sind die Leistungen nach dem Dritten Kapitel (§§ 27 bis 40) SGB XII. Der Ausschluss für diese Leistungen ergibt sich auch aus § 5 Abs. 2 Satz 1 SGB II. Der Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten nach § 74 SGB XII findet sich jedoch im Neunten Kapitel (Hilfe in anderen Lebenslagen) des SGB XII und ist daher nicht für Bezieher von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen.
Nach § 74 SGB XII werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. Als Bezieherin von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II kann der Klägerin nicht zugemutet werden, die über die von ihrer Schwiegermutter zur Verfügung gestellten 500,00 EUR und die vom Beklagten bereits anerkannten 1039,00 EUR hinausgehenden Bestattungskosten, die durch die Inanspruchnahme des Bestattungsunternehmens angefallen sind, zu tragen. "Erforderlich" im Sinne des § 74 SGB XII sind nicht nur die vom Beklagten anerkannten 1539,00 EUR, sondern auch die weiteren vom Bestattungsunternehmen in Rechnung gestellten 579,50 EUR.
Erforderliche Kosten einer Bestattung sind die Kosten, die üblicherweise für eine würdige, den örtlichen Gepflogenheiten entsprechende einfache Bestattung anfallen, nicht die Aufwendungen für eine standesgemäße Beerdigung. Angemessenen Wünschen des Verstorbenen bzw. Bestattungsverpflichteten nach einer bestimmten Bestattungsart ist regelmäßig und insbesondere dann zu entsprechen, wenn sie den religiösen Bindungen des Verstorbenen entsprechen. Der Sozialhilfelträger darf nicht generell auf eine etwa kostengünstigere Feuerbestattung oder gar eine anonyme Bestattung verweisen; der Eindruck eines Armenbegräbnisses bzw. Armengrabes ist zu vermeiden. Was örtsüblich und angemessen ist, bestimmt sich in erster Linie nach den einschlägigen friedhofsrechtlichen Bestimmungen, insbesondere nach der jeweiligen maßgeblichen Friedhofssatzung (so: Berlit in LPK-SGB XII, 7. Auflage, § 74 Rn. 12). Der Begriff der "Erforderlichkeit" bezieht sich sowohl auf Art und Umfang der Bestattungsaufwendungen (Leichenschau und -beförderung, Gebühren, Sargträger, Sarg, Kranz und Blumen, das Zurechtmachen der Leiche, die Erstherrichtung der Grabstätte, ein einfacher Grabstein, Einäscherungskosten, Urne usw.) als auch die Höhe der Kosten. Die vom Bestattungsunternehmen erbrachten Leistungen sind ihrer Art nach alle erforderlich gewesen; dies wird vom Beklagten auch nicht bestritten. Soweit er allerdings die Kosten für einzelne Bestattungsaufwendungen für überhöht hält und deshalb gekürzt hat, hält dieser einer Nachprüfung nicht stand. Der Beklagte hat die tatsächlich angefallenen Kosten der Bestattung, wie sie vom Bestattungsunternehmen aufgelistet worden sind, in 7 Positionen zusammengefasst und diesen die von ihm als erforderlich angesehenen Kosten gegenübergestellt:
tats. Kosten erforderl. Kosten Kremierungssarg (Sonderanfertigung für Gewichtsbereich ab 170 kg) 799,00 EUR 600,00 EUR Einbettung und Verbrauchsmaterial für die Verstorbenenversorgung 232,20 EUR 110,00 EUR Nutzung des Klimaraums 75,00 EUR 75,00 EUR Überführung nach I. 299,00 EUR 171,00 EUR Erledigung der Formalitäten 241,30 EUR 111,00 EUR Gebühren 64,00 EUR 64,00 EUR Einäscherung und Aschever- streuung 408,00 EUR 408,00 EUR 2.118,50 EUR 1.539,00 EUR
Der Beklagte hat dabei jedoch nicht erläutert, aus welchen Gründen die von ihm beanstandeten 4 Positionen der Höhe nicht erforderlich gewesen sein sollen bzw. welchen Maßstab er den von ihm als ausreichend erforderlich angesehenen Kostenfaktoren zugrundegelegt hat. Dies wäre bereits deshalb angezeigt gewesen, weil die Klägerin auf das erhebliche Übergewicht und die Größe des Verstorbenen mit daraus resultierenden notwendigen Sondermaßen und -kosten hingewiesen hat, des Weiteren, weil sie glaubhaft dargelegt hat, dass die Kosten für die Formalitäten in Höhe von 241,30 EUR nicht disponibel waren und von dem Bestattungsunternehmen im angefallenen Umfang an sie weitergegeben worden sind. Warum der Beklagte insbesondere diese Position auf einen nicht näher erläuterten Pauschalbetrag von 111,00 EUR kürzt, erschließt sich der Kammer nicht.
Der Verweis des Beklagten auf "Erfahrungswerte in vergleichbaren Sozialhilfefällen", "Anhaltspunkte vom Vorsitzenden des hier zuständigen Bezirksverbandes Bestattungswesen" und Recherchen im Internet (vgl. Widerspruchsbescheid vom 18.12.2006) sowie Untersuchungen der Stiftung Warentest (vgl. Schriftsatz vom 09.02.2007) lassen erkennen, dass er einzelne Kostenpositionen anhand abstrakter Vergleichswerte auf ihre Erforderlichkeit und auch Angemessenheit (vgl. Schriftsatz vom 04.07.2007: "Die Einzelpositionen wurden angemessener Höhe berücksichtigt.") überprüft hat. Der Bezug auf einen abstrakten Vergleichsmaßstab ist zwar grundsätzlich nicht zu beanstanden, muss aber plausibel sein. Der Beklagte hat nicht nachvollziehbar offengelegt, zu welcher Zeit und auf welcher Grundlage die von ihm im Widerspruchsbescheid dargelegten Vergleichwerte ermittelt worden und wo sie abrufbar sind. "Erfahrungswerte in vergleichbaren Sozialhilfefällen" bilden keinen justiziablen Vergleichmaßstab, wenn die nicht dokumentiert sind. Der Beklagte hat eingeräumt, dass auch vom Vorstand des zuständigen Bezirksverbandes Bestattungswesen keine schriftlichen Daten vorliegen. Soweit sich der Beklagte im gerichtlichen Verfahren auf Untersuchungsergebnisse der Stiftung Warentest berufen hat, spiegeln diese die im Widerspruchsbescheid als erforderlich angesehenen Kostenbeträge nicht wieder.
Die Kammer hält es aber auch für wenig sachgerecht, nur einzelne Kostenpositionen einer Bestatterrechnung auf ihre Erforderlichkeit zu prüfen und ggf. zu kürzen, ohne die Gesamtkosten und die besonderen Umstände, unter denen Bestattungskosten entstehen, zu berücksichtigen. In der konkreten Situation des Ablebens eines Angehörigen kann es zwar möglich sein, aber nicht erwartet werden, Internet-Recherchen durchzuführen, Fachinformationen (Stiftung Warentest) oder Kostenvoranschläge verschiedener Bestattungsunternehmen einzuholen, um eine möglichst kostengünstige Bestattung zu erhalten. Dies gilt umso mehr, wenn dem Betroffenen kein Vergleichsmaßstab zur Verfügung steht. Viele Einzelpositionen einer Bestattung können nach Bestattungsart, -ort und -unternehmen in der Höhe erheblich voneinander abweichen. Die eine Position kann hier teurer, dort billiger sein, eine andere hier billiger und dort teurer, und es kann bei unterschiedlichen Kosten für unterschiedliche Positionen zu einem gleichen Gesamtkostenbetrag kommen. Würde der Sozialhilfeträger eine Bestatterrechnung allein nur auf Einzelpositionen hin überprüfen, käme es regelmäßig in Bezug auf relativ teurere Einzelpositionen zu Kürzungen; diese würden sich aber auch auf die Gesamtkosten nur mindernd auswirken, da bei der Vergleichsberechnung relativ billigere Einzelpositionen ebenso wenig ausgleichend angehoben würden wie ein schon bei der Auswahl der Art der Bestattungsaufwendungen vom Bestattungsverpflichteten gezeigtes Kostenbewusstsein berücksichtigt würde. Dies zeigt der Fall der Klägerin exemplarisch. Sie hat in der mündlichen Verhandlung glaubhaft dargelegt, das Bestattungsunternehmen aufgesucht, auf ihre finanziellen Verhältnisse hingewiesen und um eine preiswerte Bestattung gebeten zu haben. Das Resultat dessen war eine Feuerbestattung und Ascheverstreuung in den benachbarten (preiswerten) Niederlanden mit den vom Bestattungsunternehmen aufgelisteten Kosten von 2118,50 EUR. Dadurch hat die Klägerin sich - und letztlich dem Beklagten - die grundsätzlich als angemessen und erforderlich anerkannten erheblichen Kosten einer Erdbestattung in einem Reihengrab mit Blumenschmuck, Grabkreuz, Grabstein und vor allem den damit verbundenen öffentlich rechtlichen Gebühren erspart. Diese summieren sich bei einer einfachen Bestattung leicht auf mindestens 1000,00 EUR (vgl. Stiftung Warentest, TEST-Spezial-Sonderheft "Bestattung", Oktober 2005, S. 38).
Nach Auffassung der Kammer erscheint es daher sachgerecht, die Erforderlichkeit der Bestattungskosten abstrakt an einem Pauschalbetrag zu orientieren, der nach Art der Aufwendungen und Höhe der Kosten angemessen ist. Dadurch ist gewährleistet, dass dem Bestattungsverpflichteten bei der Bestimmung von Art und Höhe der Bestattungsaufwendungen eine dem Einzelfall gerecht werdende Wahlfreiheit verbleibt, die durch den Pauschbetrag nach oben begrenzt ist. Ist dieser Pauschbetrag den in der Region tätigen Bestattungsunternehmen bekannt, können diese den sie aufsuchenden Empfänger von Sozialhilfe und Grundsicherungsleistungen ein adäquates Bestattungsangebot unterbreiten. Dies mag dazu führen, dass die Bestatter ihre Angebote an diesen Pauschbetrag annähern; jedoch gilt dies nicht nur in der Preisskala von unten nach oben, sondern umgekehrt, da sie kaum noch Bestattungsangebote oberhalb dieses Pauschalbetrags dem genannten Personenkreis werde anbieten können.
Bei der Bemessung des Pauschbetrages als Maßstab für erforderliche Bestattungskosten bieten sich verschiedene Möglichkeiten an:
Es können regionale Erhebungen durchgeführt werden, deren Ergebnis unter Berücksichtigung von Pietät und Würde in einen Pauschbetrag für eine ein- fache Bestattung münden. Solche sind der Kammer nicht bekannt und vom Beklagten auch nicht bekannt gemacht worden. Es kann der Bestattungsvorsorgebetrag, der im Rahmen der Vermögens- anrechnung als Schonvermögen nach § 90 Abs. 3 SGB XII anerkannt wird, herangezogen werden (z.Zt. im Kreis Aachen 3.500,00 EUR, im Kreis Düren 2.500,00 EUR). Es können die überregionalen Erhebungen über Bestatterkosten, z. B. die der Stiftung Warentest herangezogen werden. Nach diesen betragen die Gesamtkosten im Trauerfall mindestens 2.460,00 EUR (vgl. Sonderheft "Bestatttung", a.a.O., S. 38).
Die durchschnittlichen Gesamtkosten betragen laut Stiftung Warentest (a.a.O., S. 52,53) für eine einfache Erdbestattung 7.012,00 EUR für eine einfache Feuerbestattung 5.147,00 EUR (für eine anonyme Bestattung immerhin noch 2.217,00 EUR bzw. 2.152,00 EUR !).
Mangels anderer aktueller Vergleichswerte zieht die Kammer im vorliegenden Fall die Daten der Stiftung Warentest heran, die anschaulich und nachvollziehbar sind und dem Erforderlichkeitsbegriff des § 74 SGB XII gerecht werden. Der Vergleich der von der Klägerin an das Bestattungsunternehmen zu zahlenden Gesamtkosten mit den oben dargestellten Vergleichszahlen der Stiftung Warentest offenbart, dass die Kosten von 2.118,50 EUR in jedem Fall darunter liegen. Dadurch ist für die Kammer ausreichend nachgewiesen, dass diese Kosten erforderlich im Sinne des § 74 SGB XII waren, also auch die noch streitigen 579,50 EUR vom Beklagten zu übernehmen sind.
Da die Klägerin als Verpflichtete die vom Bestattungsunternehmen in Rechnung gestellten erforderlichen Kosten der Bestattung nicht zahlen konnte und der Beklagte diese Kosten nicht rechtzeitig akzeptiert bzw. darlehensweise oder unter Widerrrufsvorbehalt übernommen hat, sind Inkassokosten angefallen, die der Beklagte nunmehr ebenfalls als "erforderliche Kosten der Bestattung" nach § 74 SGB XII zu übernehmen hat. Ausweislich der letzten Rechnung des Inkassobüros vom 02.01.2007, in der bereits die von der Klägerin gezahlten 500,00 EUR und die vom Beklagten übernommenen 1.039,00 EUR berücksichtigt sind, betrug die Restforderung am 07.01.2007 insgesamt 815,26 EUR. Nach Abzug der mit der Klage verfolgten restlichen Hauptforderung von 579,50 EUR ergeben sich bis zu diesem Datum Inkassokosten in Höhe von 235,76 EUR. Unter Berücksichtigung von Tageszinsen in Höhe von 0,22 EUR sind in der Zeit vom 08.01. bis 07.05.2007 (120 Tage) weitere 26,40 EUR angefallen, sodass sich die Inkassokosten bis dahin auf insgesamt 262,16 EUR belaufen. Daraus ergibt sich zum 07.05.2007 ein Gesamtbetrag von 841,66 EUR. Hinzukommen laufende Tageszinsen von 0,22 EUR seit dem Tag der Verkündung des Urteils, das heißt, seit dem 08.05.2007. Dementsprechend war der Beklagte zu verurteilen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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