L 11 SO 27/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 20 SO 235/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 SO 27/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 8/9b SO 10/07 R
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 20.01.2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Bewilligung der Kosten für eine Mittagsverpflegung während des Aufenthaltes des Klägers in einer teilstationären Einrichtung für den Zeitraum ab dem 01.01.2005.

Der 1976 geborene Kläger ist nach ärztlichem Zeugnis des Gesundheitsamtes beim Landratsamt F. vom 14.03.1997 nicht nur vorübergehend wesentlich seelisch und geistig behindert. Ihm sind neben einem Grad der MdE von 100 vH die Merkzejchen "G", "H" und "RF" zuerkannt. Er steht seit 1997 unter Betreuung.

Der Kläger lebt seit dem 16.09.1997 in der Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) C.-Werkstatt am G. , N ... Bis zum 31.12.2004 übernahm der Beklagte hierfür die Kosten gemäß § 39 Abs 1 und 2 des früheren Bundessozialhilfegesetzes (BSHG). Zuletzt mit Bescheid vom 28.08.2001 bewilligte der Beklagte dem Kläger die ab 01.07.2001 bis auf weiteres anfallenden Kosten für die WfbM C. , N ... Mit weiteren Bescheiden vom 10.09.2003, vom 11.11.2003 und vom 17.11.2004 bewilligte der Beklagte gemäß § 68 BSHG die Kosten der Kurzzeit- bzw. Verhinderungspflege in den Lebenshilfe-Wohnstätten, F ... Ein Kostenbeitrag zu den Kosten des Lebensunterhaltes einschließlich der täglichen Verpflegung wurde vom Kläger nicht erhoben, weil sein Einkommen die maßgebliche Freigrenze nicht übersteige (so Bescheid vom 28.08.2001). Der Verzicht auf einen Kostenbeitrag bei der Übernahme der Kosten der Kurzzeit- bzw. Verhinderungspflege erfolgte unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufes (so Bescheid vom 17.11.2004)

Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 15.02.2005 bewilligte der Beklagte dem Kläger ab dem 01.03.2005 bis auf weiteres die Kosten in der WfbM C. , N. , gemäß § 41 ff Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) i.V.m. §§ 53, 54 SGB XII. Ausdrücklich stellte der Beklagte in diesem Bescheid fest, dass die Kosten des Lebensunterhaltes (Mittagessen) in der WfbM nicht Bestandteil des Entgeltes seien und deshalb ab dem 01.03.2005 nicht mehr übernommen werden. Die Kosten für das Mittagessen seien aus dem eigenen Einkommen des Klägers bzw. vom örtlichen Träger der Sozialhilfe (Beigeladener) im Rahmen der Grundsicherung zu decken.

Den Widerspruch des Klägers wies die Regierung von Mittelfranken mit Widerspruchsbescheid vom 14.10.2005 zurück. Die Kosten des Mittagessens seien seit 01.01.2005 nicht mehr Teil der Eingliederungshilfe, sondern Aufwendungen für den Lebensunterhalt im Rahmen des SGB XII. Hierfür erhalte der Kläger Regelleistungen. Auch die Bestimmung des § 35 SGB XII führe zu keinem anderen Ergebnis. Der notwendige Lebensunterhalt in Einrichtungen entspreche nämlich nach § 35 Abs 2 Satz 2 SGB XII dem Umfang der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach § 42 Satz 1 Nr 1-3 SGB XII. Ein weitere Lebensunterhalt in teilstationären Einrichtungen sei nach § 35 Abs 1 SGB XII nicht anzuerkennen.

Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Nürnberg (SG) mit Urteil vom 20.01.2006 abgewiesen. Der Kläger bekomme die Kosten für das Mittagessen bereits erstattet, wenn auch nicht vom Beklagten, sondern vom Beigeladenen. Dieser gewähre laufende Leistungen nach § 41 SGB XII, die den gesamten Lebensunterhalt des Klägers abdeckten. Die vom Kläger angeführten Zweifel an der Rechts- und Verfassungsmäßigkeit des Art 11 Abs 1 Satz 2 Bayer. Ausführungsgesetz zum Sozialgesetzbuch (AGSGB) teile das Gericht nicht.

Zur Begründung seiner dagegen zum Bayer. Landessozialgericht eingelegten Berufung trägt der Kläger vor, er habe einen bundesgesetzlichen Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Kosten des Mittagessens in der WfbM. Dieser Anspruch erscheine aufgrund landesgesetzlicher Zuständigkeitsregelungen aber nicht mehr realisierbar. Das sei absurd und verfassungswidrig. Die einzig richtige Lösung sei es, den Beklagten zu verpflichten, ab dem 01.01.2005 die Kosten des Mittagessens für den Kläger in Höhe der tatsächlichen Kosten zu übernehmen.

Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des SG Nürnberg vom 20.01.2006 sowie des Bescheides des Beklagten vom 15.02.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Regierung von Mittelfranken vom 14.10.2005 zu verurteilen, ihm ab dem 01.03.2005 die Kosten des Mittagessens in der WfbM C. , N. , zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beigeladene stellt keinen Antrag, weist aber darauf hin, dass in den dem Kläger bewilligten Regelsätzen nach § 28 SGB XII die Kosten für ein tägliches Mittagessen bereits enthalten seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen sowie auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet und sind mit einer Entscheidung durch den Einzelrichter einverstanden.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig, aber nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Bescheid des Beklagten vom 15.02.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Regierung von Mittelfranken vom 14.10.2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Der Berichterstatter konnte gemäß § 155 Abs 3 und 4 SGG anstelle des Senats als Einzelrichter entscheiden, weil die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erteilt haben. Die Beteiligten haben zudem auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 124 Abs 2 SGG).

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Erstattung der Kosten für das tägliche Mittagessen in der WfbM hat. Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 27.06.2006 Az; L 11 SO 19/06).

Demzufolge ist der überörtliche Träger (= Beklagter) gemäß § 97 Abs 1, Abs 2 Satz 1 SGB XII iVm Art 11 Abs 1 Satz 2 AGSGB nicht für die Übernahme der Verpflegungskosten in teilstationären Einrichtungen zuständig. Gemäß § 97 Abs 1 SGB XII ist für die Sozialhilfe sachlich zuständig der örtliche Träger der Sozialhilfe, soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist. Die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe wird nach Landesrecht bestimmt (§ 97 Abs 2 Satz 1 SGB XII). Dabei soll berücksichtigt werden, dass soweit wie möglich für Leistungen im Sinne des § 8 Nr 1 bis 6 jeweils eine einheitliche sachliche Zuständigkeit gegeben ist (§ 97 Abs 2 Satz 2 SGB XII). Die sachliche Zuständigkeit für eine stationäre Leistung umfasst auch die sachliche Zuständigkeit für Leistungen, die gleichzeitig nach anderen Kapiteln (des SGB XII) zu erbringen sind, sowie für eine Leistung nach § 74 (§ 97 Abs 4 SGB XII). Nach Art 11 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst b AGSGB sind, die überörtlichen Träger sachlich zuständig u.a. für alle Hilfen, die in Einrichtungen zur teilstationären Betreuung gewährt werden. Abweichend von Satz 1 sind die überörtlichen Träger nach dem Vierten Kapitel des SGB XII (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) nur dann zuständig, wenn der Leistungsberechtigte zugleich Hilfen einer stationären Einrichtung nach anderen Kapiteln des SGB XII erhält (Art 11 Abs 1 Satz 2 AGSGB).

Der Kläger gehört zu dem Personenkreis, dem nach dem Vierten Kapitel des SGB XII Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gemäß § 41 ff SGB XII iVm § 19 Abs 2 SGB XII zustehen. Gleichzeitig erhält er Leistungen zur Eingliederung im Sinne des § 19 Abs 3 SGB XII iVm § 53 ff SGB XII, § 55 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Er befindet sich in einer teilstationären Einrichtung im Sinne des § 13 Abs 1 SGB XII, nicht aber in einer vollstatiönären (§ 13 Abs 1 Satz 2 SGB XII).

In dieser Einrichtung erhält er Mittagessen. Es wird damit in der Einrichtung gemäS § 35 Abs 1 Satz 1 SGB XII ein Teil des notwendigen Lebensunterhaltes erbracht, wobei dieser tatsächlich erbrachte Lebensunterhalt dem Umfang der Leistungen der Grundsicherung nach § 42 Abs 1 Nrn 1 bis 3 SGB XII entspricht (§ 35 Abs 1 Satz 2 SGB XII). Die Bedeutung dieser Regelung ergibt sich hauptsächlich daraus, dass sie die bisher in § 27 Abs 3 BSHG geregelte Verklammerung von Lebensunterhalt und Hilfen in besonderen Lebenslagen auflöst. Die Hilfe in besonderen Lebenslagen umfasst in den teilstationären oder stationären Einrichtungen nicht mehr den dort gewährten Lebensunterhalt, der vielmehr gesondert festgesetzt und geleistet werden muss. Ziel dieser Trennung ist die Herauslösung der Bestandteile der Komplexleistung im stationären Bereich, um so einerseits die Leistungen zu denjenigen, die ambulant erbracht werden, vergleichbar zu machen. Andererseits kann auf diese Weise dem Gesichtspunkt Rechnung getragen werden, dass der Nachrang der Sozialhilfe und die Selbsthilfemöglichkeiten im Bereich der Deckung des Lebensunterhaltes sich von denen deutlich unterscheiden, die hinsichtlich der Bedarfe bestehen, die durch Leistungen der Hilfe in besonderen Lebenslagen gedeckt werden. Mit der Auflösung der Klammer zwischen Hilfe zum Lebensunterhalt und Hilfe in besonderen Lebenslagen wird der Leistungsberechtigte grundsätzlich in die gleiche Lage versetzt, wie eine Person, die ambulante Leistungen der Hilfe in besonderen Lebenslagen bezieht. Als Resultat soll die leistungsberechtigte Person die Leistungen und deren Kosten im ambulanten sowie im stationären Bereich vergleichen und sich als "Marktkunde" die günstigsten Leistungen auswählen. Für das Verwaltungsverfahren tritt insoweit eine Vereinfachung ein, als der Träger der Sozialhilfe nicht insgesamt in Vorleistung tritt und dann durch komplizierte Ermittlung der zumutbaren Belastung den Nachrang über einen Kostenbeitragsbescheid wieder herstellen muss (sog. Nettoprinzip; so Armborst in LPK-SGB XII § 35 RdNr 1). Hiernach sollen also die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes bzw. der Grundsicherung von den Leistungen zur Eingliederungshilfe unterschieden werden.

Nachdem die Kosten des Lebensunterhaltes zu dem durch die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung abgedeckten Bedarf gehören, die im Vierten Kapitel des SGB XII geregelt sind, ist gemäS § 97 Abs 1 HS 1 SGB XII der örtliche Träger, nicht aber der Beklagte als überörtlicher Träger zuständig. Eine Zuständigkeit des überörtlichen Trägers ergibt sich insbesondere auch nicht aus § 97 Abs 4 SGB XII, denn der Kläger befindet sich nicht in einer stationären Einrichtung. Aber auch auf Grund § 97 Abs 2 Satz 1 SGB XII iVm Art 11 Abs 1 Satz 1 AGSGB ist eine solche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers nicht anzunehmen, denn die überörtlichen Träger sind zwar sachlich zuständig für alle Hilfen in Einrichtungen zur teilstationären Betreuung, für Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII - Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - ist der überörtliche Träger jedoch nur dann zuständig, wenn der Leistungsberechtigte zugleich Hilfen in einer (voll-)stationären Einrichtung nach anderen Kapiteln des SGB XII erhält. Letzteres liegt hier jedoch nicht vor. Der Gesetzgeber hat in diesem Regelungszusammenhang ausdrücklich nur für stationäre Einrichtungen die Zuständigkeit des überörtlichen Trägers auch für Leistungen der Grundsicherung geregelt (vgl Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, § 97 RdNr 32).

Dies widerspricht auch nicht der Regelung des § 97 Abs 2 Satz 2 SGB XII, nach der das Landesrecht soweit wie möglich eine einheitliche Zuständigkeit bestimmen soll. Aus der Wortwahl des Gesetzgebers "soll berücksichtigt werden" ergibt sich nicht, dass auf eine solche einheitliche Zuständigkeit künftig nur in atypischen Fällen verzichtet werden darf, wie die Verwendung des Begriffes "soll" nahe legt. Die Regelung verlangt lediglich, dass dies berücksichtigt werden soll, nicht auch, dass die Zuständigkeit so geregelt werden muss. Sie ordnet damit nicht an, dass dies zu geschehen hat, sondern "regt an, bei künftigen Regelungen der sachlichen Zuständigkeit durch die Länder die genannten Ziele zu berücksichtigen" (Gesetzesbegründung BT-Drs 15/1514, S 67). Ob der Landesgesetzgeber dieser Anregung folgt, entscheidet er, ohne in irgendeiner Form an die Vorstellung des Bundesgesetzgebers gebunden zu sein (so Schoch in LPK-SGB XII, § 97 Rdnr 9). Der Landesgesetzgeber hat dies bei Erlass des AGSGB berücksichtigt und bei stationären Ein- richtungen eine einheitliche Zuständigkeit bestimmt. Bei teil-stationären Einrichtungen ist diese einheitliche Zuständigkeit jedoch nicht - unbedingt - für erforderlich gehalten worden, wobei diese Entscheidung des Landesgesetzgebers bereits deswegen als nachvollziehbar erscheint, weil beim Aufenthalt in teilstationären Einrichtungen Leistungen der Grundsicherung auch außerhalb der Einrichtung anfallen. Eine andere Auslegung des Art 11 Abs 1 Satz 2 AGSGB ist auf Grund des klaren Wortlautes dieser Regelung nicht möglich, zumal der Bundesgesetzgeber hinsichtlich der Zuständigkeit auch zwischen stationären und teilstationären Einrichtungen unterscheidet (vgl § 97 Abs 4 SGB XII).

Für die in teilstationären Einrichtungen erbrachte Verpflegung ist der überörtliche Träger zudem nicht gemäß § 92 Abs 1 SGB XII vorleistungspflichtig. Diese Verpflichtung gilt nämlich nicht mit Blick auf die Leistungen für den Lebensunterhalt. Der - zwar etwas unklare - Wortlaut der Regelung stellt erkennbar auf Leistungen ab, die infolge einer Behinderung erforderlich werden. Das sind die Leistungen der Eingliederungshilfe. Zusätzlich sind auch bei stationären Leistungen nach der neuen Systematik des Gesetzes die Leistungen für den Lebensunterhalt nicht Bestandteil der Eingliederungshilfeleistungen sondern in dem § 35 SGB XII gesondert geregelt. Schließlich verweist auch § 92 Abs 1 SGB XII nur auf § 19 Abs 3 SGB XII und damit auch nur auf die dort genannten Leistungen. Die Leistungsberechtigung zur Hilfe zum Lebensunterhalt ist hingegen Gegenstand des § 19 Abs 1 SGB XII, auf den § 92 Abs 1 SGB XII aber nicht verweist (vgl Bieritz-Harder in LPK-SGB XII, § 92 RdNr 8, Lücking in Hauck/Noftz, SGB XII, § 92 RdNr 8) Dies gilt ebenso bei einer Leistungsberechtigung nach § 19 Abs 2 SGB XII. Auch auf diesen wird im § 92 Abs 1 SGB XII nicht verwiesen.

Ob der örtliche Träger an den Betroffenen zunächst Leistungen zu erbringen hat, ist vorliegend nicht zu entscheiden, zumal der örtliche Träger im Rahmen dieses Verfahrens nicht zur Leistung verurteilt werden kann (§ 75 Abs 5 SGG in der bis 31.07.2006 geltenden Fassung). Der vorliegende Fall bietet auch keinen Anhaltspunkt, von dieser ständigen Rechtsprechung des Senats im Einzelfall abzuweichen.

Als Rechtsgrundlage für eine (hilfsweise) Verurteilung des bei-geladenen Sozialhilfeträgers käme lediglich § 75 Abs 4 SGG in Betracht. Der Landkreis F. als "beigeladener Sozialhilfeträger" fällt aber nicht in den Anwendungsbereich des § 75 Abs 5 SGG, der als Ausnahmevorschrift hier auch nicht entsprechend anwendbar ist. Die Frage, ob - bei Zuständigkeit der Sozialgerichte für die Entscheidung über Sozialhilfesachen ab dem 01.01.2005 - auch eine denkbare Verurteilung des Sozialhilfeträgers in analoger Anwendung des § 75 Abs 5 SGG in Betracht kommt, hat das BSG in seiner Entscheidung vom 26.10.2004, Az: B 7 AL 16/04 R, offen gelassen. Der Senat ist aber der Auffassung, dass § 75 Abs 5 SGG nicht analog anwendbar ist (vgl. dazu auch: Binder, SGG, § 75 Rdnr 14; Henning, SGG, § 75 Rdnr 45; siehe dazu auch: Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG, § 75 Rdnr 18). Das ergibt sich zum einen bereits aus dem Ausnahmecharakter der Vorschrift (vgl. dazu: BayLSG vom 20.10.2005, Az. L 4 Kr 181/02). Richtig ist - insoweit tritt der Senat den Überlegungen des Schleswig-Holsteinischen LSG im Beschluss vom 09.11.2005 (Az: L 9 B 268/05 SO ER) bei - dass es nach der Übernahme der Zuständigkeiten der Sozialgerichtsbarkeit für Streitigkeiten nach dem SGB II und dem SGB XII sinnvoll wäre, die im Gesetz aufgeführte Möglichkeit der Verpflichtung des Beigeladenen auch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes auf den Sozialhilfeträger zu erstrecken. Dem entgegen hat der Gesetzgeber aber durch das 7.Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (7.SGGÄndG) vom 09.12.2004 (BGBl I S 3302) eine Vielzahl von Vorschriften des SGG im Hinblick auf die Übernahme der Zuständigkeiten für das SGB XII geändert, nicht aber § 75 Abs 5 SGG. Weder der Begründung zum Gesetzesentwurf zum 7.SGGÄndG noch den sonstigen Materialien kann eine planwidrige Regelungslücke entnommen werden, die eine analoge Heranziehung der Vorschrift in der vorliegenden Fallgestaltung angezeigt erscheinen ließe. Der Sozialhilfeträger gehört auch nicht zum Kreis derer, die der Gesetzgeber beim Erlass des § 75 Abs 5 SGG im Auge hatte, so dass die Frage, ob § 75 Abs 5 SGG an sich einer analogen Anwendung zugänglich ist, sich hier nicht entscheidungserheblich stellt. Diese Auffassung wird gestützt durch das SGB II-Fortentwicklungsgesetz, das in seinem Art 8 eine entsprechende Änderung in § 75 Abs 2, 5 SGG enthält, die zum 01.08.2006 in Kraft tritt.

Nach alledem ist die Berufung unbegründet und zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil im Wesentlichen landesrechtliche Normen inmitten stehen. Die Frage der Verurteilung des beigeladenen Sozialhilfeträgers gemäß § 75 Abs 5 SGG ist zwischenzeitlich durch das SGB II-Fortentwicklungsgesetz geklärt.
Rechtskraft
Aus
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