L 4 KR 590/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 804/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 590/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 26. November 2004 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert für beide Rechtszüge wird auf EUR 2.313,12 festgesetzt.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen (GSVB) zuzüglich Säumniszuschlägen für den versicherten Arbeitnehmer V. T. N. (V.N.) im Hinblick auf ein von der Klägerin dem Arbeitnehmer gewährtes Arbeitnehmerdarlehen (gewährter Zinsvorteil und übernommene Steuern).

Der am 1947 in Vietnam geborene V.N. ist bei der Beklagten als Kundendiensttechniker beschäftigt. Er war zunächst, jedenfalls bis zum 31. Dezember 1998, bei der AOK Baden-Württemberg krankenversichert; seitdem besteht eine Krankenversicherung bei der Barmer Ersatzkasse. Die Klägerin gewährte V.N. ein 1987 zugesagtes, dann 1989 mit einer Grundschuld abgesichertes (Grundschuldbrief vom 25. Januar 1998) und am 06. November 1989 ausgezahltes Darlehen über DM 40.000,-. Der Darlehenszinssatz betrug 3,5 vom Hundert (v.H.); die Tilgung erfolgte mit 1,5 v.H. Die Darlehensschuld belief sich am 31. Dezember 1998 auf DM 35.333,33, am 31. Dezember 1999 auf DM 34.517,00, am 31. Dezember 2000 auf DM 33.671,57 und am 31. Dezember 2001 auf DM 32.721,79. Haftungsbescheide des Finanzamts H. (FA) gegen die Klägerin vom 02. März 1999 sowie vom 26. Februar 2002, in denen Steuernachforderungen im Hinblick auf das Arbeitgeberdarlehen an V.N. für die Jahre 1995 bis 2001 geltend gemacht worden waren, sind unanfechtbar geworden.

Am 04. und 05. August 1998 führte die Beklagte nach § 28 b Abs. 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch, die die Zeit von 1994 bis 1997 betraf. Mit Bescheid vom 13. August 1998 (Widerspruchsbescheid vom 17. März 1999) hatte danach die Beklagte GSVB für verschiedene, bei der Klägerin beschäftigte Arbeitnehmer in Höhe von DM 52.849,84 (einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von DM 6.118,00) nachgefordert. In diesem Betrag war aufgrund der Auswertung eines Haftungsbescheids des FA auch eine Nachforderung für V.N. für die Jahre 1991 bis 1994 für den "geldwerten Vorteil Darlehensgewährung aus LSt-Prüfung" enthalten. Mit der am 19. April 1999 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobenen Klage, die zunächst unter dem Aktenzeichen S 2 KR 934/99 geführt worden war, hatte sich die Klägerin auch gegen diese Nachforderung gewandt. Das SG hatte mit Beschluss vom 17. September 2002 das Verfahren, die Nachforderung von GSVB für V.N. betreffend, abgetrennt und unter dem Aktenzeichen S 2 KR 2294/02 geführt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG am 09. Dezember 2003 hatte die Klägerin die Klage, die den Arbeitnehmer V.N. betraf, zurückgenommen.

Vom 19. März bis 29. April 2002 führte die Beklagte dann bei der Klägerin erneut eine Betriebsprüfung durch, die die Zeit von 1998 bis 2001 betraf. Dabei ergab sich erneut die Gewährung des erwähnten Arbeitgeberdarlehens mit den genannten Konditionen an V.N. Insoweit wertete die Beklagte auch die erwähnten Haftungsbescheide des FA aus. Mit Teil-Bescheid vom 29. April 2002 forderte die Beklagte im Hinblick auf die Betriebsprüfung für die Zeit bis 2001 GSVB in Höhe von EUR 42.730,17 zuzüglich Säumniszuschlägen von EUR 4.749,61 nach. In dieser Gesamtforderung waren auch Beiträge für V.N. für die Zeit vom 01. Januar bis 31. Dezember 1995, vom 01. Juli bis 31. Dezember 1996, vom 01. Januar bis 31. Dezember 1997, vom 01. Januar bis 31. Dezember 1998, vom 01. April bis 31. Dezember 1999, vom 01. Januar bis 31. Dezember 2000 sowie vom 01. Januar bis 31. Dezember 2001 für das Arbeitgeberdarlehen und die übernommenen Steuern in Höhe von EUR 1.751,84 sowie entsprechende Säumniszuschläge darauf enthalten. Dazu wurde ausgeführt, es sei ein zinsgünstiges Darlehen an den Arbeitnehmer gewährt worden. Bei Arbeitgeberdarlehen seien bis zum 31. Dezember 1999 Zinsersparnisse anzunehmen, soweit ein Darlehen im Zeitpunkt der Lohnzahlung noch mehr als DM 5.000,- betrage und der Effektivzins für ein Darlehen 6 v.H. unterschreite. Dabei seien mehrere Darlehen auch dann getrennt zu beurteilen, wenn sie der Finanzierung eines Objekts dienten und dieselbe Laufzeit hätten (Abschnitt 31 Abs. 8 der Lohnsteuer-Richtlinien - LStR - 1996/99). Die 6 v.H. würden für alle Darlehen gelten, auch wenn sie vor 1993 gegeben worden seien. Bei Arbeitgeberdarlehen seien ab 01. Januar 2000 Zinsersparnisse anzunehmen, soweit das Darlehen im Zeitpunkt der Lohnzahlung noch mehr als DM 5.000/2.600,- EUR betrage und der Effektivzins für ein Darlehen 5,5 v.H. unterschreite. Dabei seien mehrere Darlehen auch dann getrennt zu beurteilen, wenn sie der Finanzierung eines Objekts dienten und dieselbe Laufzeit hätten (R 31 Abs. 11 LStR 2000/2002). Die 5,5, v.H. würden für alle Darlehen gelten, auch wenn sie vor 2000 gegeben worden seien. Aus den Zinsvorteilen und den vom Arbeitgeber übernommenen Steuern (geldwerter Vorteil) seien deshalb entsprechende GSVB nachzuentrichten. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin insoweit geltend, hinsichtlich des V.N. müsse berücksichtigt werden, dass er seinerzeit aus Vietnam geflüchtet sei. Sie berufe sich auch auf Verjährung. Auch die Säumniszuschläge seien nicht nachzuvollziehen. V.N. sei ein Vater, der drei Kinder großgezogen und in der Bundesrepublik ein Haus gebaut habe. Es sei nicht nachvollziehbar, warum ein zinsgünstiges Darlehen von der Beklagten gerügt werde, weil der Darlehensgeber einen angemessenen Zins verlangt habe, nämlich einen solchen, der die besonderen Umstände des Arbeitnehmers berücksichtige. Es gelte das Grundgesetz (GG) und die Vertragsfreiheit. Sie verwies ferner darauf, dass nicht nur der Möbelhandel, sondern auch der Kfz-Handel nicht nur zinsgünstige, vielmehr sogar Darlehen ohne Zinsen gewähre. Die Arbeitnehmer hätten somit eine hundertprozentige Zinsersparnis. Es würden dort auch an Mitarbeiter Bargeschenke verteilt. Sie jedoch gebe ihren Mitarbeitern keine kostenlosen Darlehen und auch keine Bargeschenke beim Kauf von Waren. Daher könne die Beklagte ihre Argumentation zum Arbeitgeberdarlehen nicht aufrechterhalten. Die Beklagte sei nicht in der Lage, lückenlos alle Käufer von Kraftfahrzeugen und Elektrogeräten zu erfassen, um aus Zinsvorteilen Sozialversicherungsbeiträge zu erheben. Es entstehe dadurch ein strukturelles Erhebungsdefizit und damit eine Belastungsungleichheit ihr gegenüber. Das sei verfassungswidrig. Der Widerspruch blieb erfolglos. Im Widerspruchsbescheid des bei der Beklagten zuständigen Widerspruchsausschusses vom 28. November 2003 wurde dazu ausgeführt, Arbeitslohn seien alle Einnahmen, die den Arbeitnehmern aus dem Beschäftigungsverhältnis zuflössen. Sei die Möglichkeit, dass sowohl ein Mitarbeiter als auch Angehörige unentgeltlich oder verbilligt Ware bezögen oder Dienstleistungen in Anspruch nähmen, ausschließlich durch das Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst und nur hierdurch zu erklären und handle es sich nicht um ein selbständiges Angebot an Dritte, sei dies als Ausfluss der nichtselbstständigen Tätigkeit im Rahmen dieses Beschäftigungsverhältnisses zu versteuern und zu verbeitragen. Im Falle des V.N. sei das zinsgünstige Darlehen Ausfluss aus dem Beschäftigungsverhältnis und stelle somit einen zu berücksichtigenden geldwerten Vorteil dar. Es sei auch Verjährung nicht eingetreten, denn hier sei die dreißigjährige Verjährung angesichts der Lohnsteuerhaftungsbescheide, die ausgewertet worden seien, maßgebend. Auch die Säumniszuschläge seien zu Recht erhoben. Aufgrund der Lohnsteueraußenprüfungen durch das FA sei die Klägerin über die Nachzahlung der Lohnsteuer aufgrund der steuerpflichtigen geldwerten Vorteile in Kenntnis gesetzt worden. Die Auswertung des Lohnsteuer-Prüfungsberichts bezüglich der Sozialversicherung sei jedoch von der Klägerin nicht durchgeführt worden. Deshalb könne eine unverschuldete Unkenntnis nicht angenommen werden.

Am 17. Dezember 2003 erhob die Klägerin Klage beim SG. Das Klageverfahren wurde zunächst unter dem Aktenzeichen S 9 KR 3559/03 geführt. Mit Beschluss vom 17. März 2004 trennte das SG das Verfahren hinsichtlich der hier streitigen Beitragsnachforderung zur Fortführung unter dem Aktenzeichen S 9 KR 804/04 ab und lud mit Beschluss vom 23. März 2004 V.N. (Beigeladener zu 1), die Barmer Ersatzkasse als Einzugsstelle (Beigeladene zu 2) und die AOK Heilbronn (AOK Baden-Württemberg) ebenfalls als Einzugsstelle (Beigeladene zu 3) zu dem Verfahren bei. Die Klägerin machte geltend, die streitige Beitragsnachforderung bestehe nicht. Zinsersparnisse, die ein Arbeitnehmer aufgrund eines Arbeitsverhältnisses erhalte, gehörten zum steuerpflichtigen Arbeitslohn, wenn der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber ein Darlehen zu günstigeren als den marktüblichen Konditionen erhalte. Gewähre ein Arbeitgeber aufgrund des Zinsverhältnisses einem Arbeitnehmer zinsverbilligte Darlehen, gelte grundsätzlich auch hierfür der Rabatt-Freibetrag von EUR 1.224,- pro Jahr. Der Freibetrag sei bei der Feststellung der angeblichen Entgeltdifferenz nicht berücksichtigt worden. Gerade die Beigeladene zu 3), an die die angegriffenen Beiträge für Zinsersparnisse auch abgeführt werden sollten, habe ihre Mitglieder in ihrer Mitgliederzeitschrift darauf hingewiesen, dass der Freibetrag auf Darlehen jeder Art und nicht nur auf verbilligten Warenbezug Anwendung finde. Der Betrag, der nach § 8 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei sei, sei auch beitragsfrei. Eine unterschiedliche Behandlung von Wohnungsbaudarlehen und Warenbezugsdarlehen sei ein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot nach Art. 3 GG. Im Übrigen beurteile die Beklagte den Sachverhalt ausschließlich nach den LStR. Diese seien jedoch Verwaltungsvorschriften und keine Gesetze. Der darin angesprochene Darlehenszinssatz von 5,5 v.H. gehe an der Lebenswirklichkeit völlig vorbei. Mit den immer schärferen Wettbewerbsbedingungen gehe es einher, dass Firmen, um zu überleben, Kunden und Mitarbeitern Darlehen gewähren müssten, und zwar häufig mit Zinssätzen bis zu 3 v.H. Vielfach würden sogar zinslose Darlehen angeboten. Solche Veränderungen im Umfeld würden von den LStR überhaupt nicht berücksichtigt. Im Übrigen müssten auch die Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden, die Grund für die Darlehensgewährung gewesen seien. Im Falle des Beigeladenen zu 1) seien Beiträge seit 1995 nachgefordert worden, obwohl bei der Außenprüfung im Jahr 1995 keine Beiträge nachgefordert worden seien. Die Beitragsforderungen für die Jahre 1995 bis 1998 seien verjährt, weil ihr Vorsatz nicht vorgehalten werden könne. Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten entgegen und verwies darauf, dass die Klägerin die Klage wegen der Darlehensgewährung im Falle des Beigeladenen zu 1), die beim SG unter dem Aktenzeichen S KR 2294/02 anhängig gewesen sei, am 09. Dezember 2003 zurückgenommen habe. Der Beigeladene zu 1) machte Angaben zu den Umständen der Darlehensgewährung durch die Klägerin. Mit Urteil vom 26. November 2004 wies das SG die Klage ab. Es sei nicht zu beanstanden, wenn sich die Beklagte bei der Bestimmung des Zinsvorteils an der steuerrechtlichen Regelung orientiere. Damit werde im Sinne einer Pauschalregelung der Arbeitgeber bzw. der Arbeitnehmer entlastet, weil grundsätzlich jegliche Zinsersparnis als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt zu bewerten wäre. Auch die von der Klägerin übernommene Lohnsteuer sei als Arbeitentgelt der Beitragsberechnung zu unterwerfen. Es handle sich um die Übernahme einer Leistung, die eigentlich der Arbeitnehmer gegenüber dem Finanzamt zu erbringen hätte. Der von der Klägerin erwähnte Freibetrag nach § 8 Abs. 3 EStG sei nicht zu berücksichtigen, denn diese Regelung gelte nur für Produkte und Dienstleistungen, die ein Arbeitgeber produziere und daneben seinen Arbeitnehmern verbilligt gewähre. Die Klägerin vertreibe jedoch nicht in erster Linie die Vergabe von Darlehen. Auch gegen die Festsetzung von Säumniszuschlägen bestünden keine Bedenken.

Gegen das der Klägerin gegen Empfangsbekenntnis am 07. Februar 2005 zugestellte Urteil hat diese am 14. Februar 2005 schriftlich Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Der Berichterstatter des Senats hat mit Beschlüssen vom 28. Juli und 17. August 2005 noch die Pflegekasse der Beigeladenen zu 2) (Beigeladene zu 4), die Pflegekasse der Beigeladenen zu 3) (Beigeladene zu 5), die Bundesagentur für Arbeit (Beigeladene zu 6) sowie die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (Deutsche Rentenversicherung Bund, Beigeladene zu 7) zu dem Verfahren beigeladen. Die Klägerin trägt vor, das SG habe sich mit ihrem Argument, dass die automatische Übernahme von steuerrechtlichen Regelungen gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße, wenn die besonderen Härten des Einzelfalls unberücksichtigt blieben, nicht auseinandergesetzt. Die ausschließliche Beurteilung des Sachverhalts nach den LStR sei im Hinblick auf die Umstände der Darlehensgewährung an den Beigeladenen zu 1) unangemessen. Diese Richtlinien seien Verwaltungsvorschriften und keine Gesetze. Der darin angesprochene Darlehenszinssatz von 5,5 bzw. jetzt 5. v.H. hinke hinter den marktüblichen Zinsen für Konsumentenkredite hinterher. Diese seien zu Zinssätzen unter 5 v.H. zu erhalten. Es verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, wenn Arbeitgeberdarlehen nach verschiedenen Kriterien beurteilt würden, je nachdem, welcher Branche der Arbeitgeber angehöre. So würden beispielsweise Darlehen, die Banken an ihre Beschäftigten gewährten, hinsichtlich der Zinsersparnis nach § 8 Abs. 2 und 3 EStG bewertet werden. Wenn Zinsvorteile aus Arbeitgeberdarlehen im Banken- und im Kreditgewerbe oder Warenbezugsvergünstigungen als Sachbezüge im Sinne des § 8 Abs. 2 EStG angesehen werden dürften, was zu einer steuerlichen Begünstigung nach dessen Abs. 3 mit einem jetzigen Rabattfreibetrag von EUR 1.224,- im Kalenderjahr führe, so liege darin eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern, es sei denn, man nehme an, eine Bank produziere Geld, weshalb das Arbeitgeberdarlehen einer Bank an ihre Mitarbeiter einen Sachbezug darstelle. Für eine Differenzierung fehle ein stichhaltiger Grund. Die automatische Übernahme der LStR durch die Beklagte sei von dem Ziel geprägt, den Kassen zu Mehreinkünften zu verhelfen, obwohl dies kein Kriterium des Allgemeinwohls sein dürfte. Den Haftungs- und Nachforderungsbescheid des FA vom 26. Februar 2002 habe sie nur deswegen bestandskräftig werden lassen, weil ihr nicht bekannt gewesen sei, dass die Finanzverwaltung es in einzelnen Branchen zulasse, Zinsvorteile aus Arbeitgeberdarlehen als Sachbezug mit Freibetragsregelung zu deklarieren. Auch sie gewähre einer größeren Zahl von Arbeitnehmern Arbeitgeberdarlehen. Ein Mitarbeiter einer Bank habe weder bei den Konditionen noch bei den Sicherheiten einen leichteren Zugang zu einem Arbeitgeberdarlehen als Mitarbeiter ihrer Firma. Daher bestehe kein Grund für eine Ungleichbehandlung. Es hätten zwischenzeitlich zwei Finanzgerichte (FG) entschieden, dass der von der Finanzverwaltung in R 31 Abs. 11 LStR festgesetzte Zinssatz jedenfalls für Hypothekendarlehen eine steuerverschärfende Verwaltungsvorschrift darstelle, die vom Gesetz nicht gedeckt sei. Sie verweise auf die vorgelegten, allerdings nicht rechtskräftig gewordenen Urteile des FG Hamburg vom 10. Februar 2005 (V 280/01) sowie des FG Köln vom 10. März 2005 (10 K 999/01). Damit sei die Bezugnahme auf die LStR nicht mehr zulässig. Für die steuerrechtliche Privilegierung des an den Beigeladenen zu 1) gewährten Darlehens komme es darauf an, dass dieses bereits 1987 zugesagt worden sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 26. November 2004 aufzuheben und ferner den Bescheid der Beklagten vom 29. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. November 2003 insoweit aufzuheben, als Gesamtsozialversicherungsbeiträge zuzüglich Säumniszuschlägen für den Beigeladenen zu 1) geltend gemacht werden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angegriffene Urteil und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend. Im Falle des Beigeladenen zu 1) beziehe sich der Nachforderungsbetrag auf die Zeit vom 01. Januar 1995 bis 31. Dezember 2001. Es ergebe sich ein Betrag von EUR 1.751,84 als nachzuzahlende Beiträge sowie ein Betrag von EUR 561,28 für Säumniszuschläge. Es sei zwar zutreffend, dass Zinsersparnisse, die den im Bankgewerbe Beschäftigten gewährt würden, nach § 8 Abs. 3 EStG zu bewerten seien. Dies führe jedoch nicht dazu, dass der Berufung stattzugeben sei. Das Darlehen sei nicht mehr steuerrechtlich privilegiert gewesen, weil es erst 1989 ausgezahlt worden sei.

Die Beigeladene zu 7) trägt - ohne (wie auch die übrigen Beteiligten) einen Antrag zu stellen -vor, das SG habe zutreffend entschieden. Gemäß § 14 SGB IV seien Arbeitsentgelt alle Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen bestehe oder ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt würden. Auch der hier gewährte Zinsvorteil durch das Arbeitgeberdarlehen sei daher Arbeitsentgelt. Die Höhe des erlangten Vorteils müsse in pauschalierender Weise festgestellt werden, da unbekannt sei, welcher Marktzins bei Nichteintritt des Arbeitgebers hätte gezahlt werden müssen. Hierbei habe die Beklagte einen Beurteilungsspielraum gehabt, der zulässiger Weise auch durch die steuerrechtliche Pauschalierung habe ausgefüllt werden können. Eine entsprechende Regelung sei in § 6 der Sachbezugsverordnung (SachBezV) für sonstige Sachbezüge enthalten.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten, die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die weitere Akte des SG S 2 KR 2294/02 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 29. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. November 2003 war in diesem Verfahren nur insoweit zu überprüfen, als die Beklagte GSVB für den Beigeladenen zu 1) für den gewährten Zinsvorteil und die dafür übernommenen Steuern in Höhe von EUR 1.751,84 für die Jahre 1995 bis 2001 nacherhoben und Säumniszuschläge in Höhe von EUR 561,28 gefordert hat. Insoweit ist der angegriffene Bescheid rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Gesamtsozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt sind nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung und in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Arbeitsentgelt sind auch Entgeltanteile, die durch Entgeltumwandlung nach § 1 Abs. 2 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung für betriebliche Altersversorgung in den Durchführungswegen Direktzusage und Unterstützungskasse verwendet werden (Satz 2). Nach Satz 3 der Vorschrift gelten steuerfreie Aufwandsentschädigungen und die in § 3 Nr. 26 EStG genannten steuerfreien Einnahmen nicht als Arbeitsentgelt. Daraus ergibt sich die Verknüpfung mit dem Steuerrecht. Insoweit gehören zu den entsprechenden Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Ein Vorteil wird dann für eine Beschäftigung gewährt, wenn er durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst ist. Das ist dann der Fall, wenn der Vorteil nur deshalb gewährt wird, weil der Zurechnungsempfänger Arbeitnehmer dieses Arbeitgebers ist, der Vorteil also mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird, und wenn sich die Leistung des Arbeitgebers im weitesten Sinne als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - u.a. Urteil vom 19. Oktober 2001 - VI R 131/00). Aufgrund der Verordnungsermächtigung des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 SGB IV, wobei eine möglichst weitgehende Übereinstimmung mit den Regelungen des Steuerrechts sicherzustellen ist (Satz 2), hat der Gesetzgeber die SachBezV vom 19. Dezember 1994, BGBl. I S. 3849, zuletzt geändert durch Verordnung vom 16. Dezember 2005, BGBl. I S. 3493, erlassen. Nach § 6 Abs. 2 dieser Verordnung ist, wenn Sachbezüge, die nicht von den §§ 1 bis 4 erfasst werden, wozu beispielsweise auch zinsverbilligte Darlehen gehören, verbilligt zur Verfügung gestellt werden, als Wert der Unterschiedsbetrag zwischen dem vereinbarten Preis und dem Wert nach Abs. 1, d.h. der um die üblichen Preisnachlässe verminderte übliche Endpreis am Abgabeort, anzusetzen.

Danach hat die Beklagte zu Recht den Zinsvorteil des zinsverbilligten Arbeitgeberdarlehens für den Beigeladenen zu 1) sowie dann auch die dafür übernommene Steuer als gesamtsozialversicherungspflichtig berücksichtigt. Im Falle des Beigeladenen zu 1) hat die Klägerin mit Schreiben vom 24. September 1987 die Auszahlung eines Darlehens in Höhe von DM 40.000,00 für den Bau eines Hauses für die Familie des Beigeladenen zu 1) zugesagt. Darin war als ursprünglicher Zinssatz ein solcher von 3 v.H. vereinbart, wobei als marktüblicher Zins ein solcher von 7,5 v.H. genannt wurde. Dieses Darlehen sollte durch eine Grundschuld, an dritter Stelle einzutragen, gesichert werden. Sobald der Grundschuldbrief vorgelegt und der Baufortschritt durch Fotos nachgewiesen würde, sollte danach das Darlehen ausgezahlt werden. Die Grundschuld wurde dann an der zweiten Stelle eingetragen (vgl. Grundschuldbrief vom 25. Januar 1989). Daraufhin wurde schließlich von der Klägerin für den Beigeladenen zu 1) das Darlehen am 06. November 1989 an die Bauen und Wohnen GmbH ausgezahlt. Nachdem die Grundschuld später an die vierte Stelle gerückt war, wurde der Zinssatz auf 3,5 v.H. erhöht. Zu Recht hat die Beklagte den Zinsvorteil unter Berücksichtigung der LStR 1996/1999 bzw. 2000/2002 berechnet, zumal das zurückzuzahlende Darlehen in der streitigen Zeit von 1995 bis 2001 noch mehr als DM 5.000,00 betrug. Nach den LStR wurden bis 31. Dezember 1999 zu versteuernde Zinsersparnisse angenommen, soweit der Effektivzins für ein Darlehen 6 v.H. unterschritt, was auch für vor 1993 gegebene Darlehen galt. Ab 01. Januar 2000 galt dies, wenn der Effektivzins für ein Darlehen 5,5 v.H. unterschritt, was ebenfalls auch für vor 2000 gegebene Darlehen galt. Die Heranziehung dieser Werte von 6 v.H. bis 1999 und von 5,5 v.H. ab 2000 als ortsüblicher Abgabepreis ist nicht zu beanstanden. Insoweit handelt es sich bei dem Zinssatz von 3,5 v.H., der jedenfalls 1989 mit dem Beigeladenen zu 1) vereinbart wurde, nicht um einen marktgerechten Zinssatz. Ob der vereinbarte Zinssatz einer marktgerechten Verzinsung entspricht, ist nach den Verhältnissen des Abschlusszeitpunkts des Darlehens zu bestimmen. Soweit die Klägerin unter Hinweis auf die Entscheidungen des FG Hamburg und des FG Köln für Hypothekendarlehen annimmt, dass bei im Jahre 1999 gewährten Darlehen der übliche Endpreis bei 4,80 bzw. 4,99 v.H. gelegen habe, weshalb der Wert von 6 v.H., der in den LStR 1996/1999 typisierend für den üblichen Endpreis angesetzt ist, für die Bestimmung des sozialversicherungsrechtlichen Vorteils nicht maßgebend sei, verkennt sie, dass hier auf den üblichen Endpreis des Jahres 1989 abzustellen ist; die Klägerin hat im Schreiben vom 24. September 1987 selbst den marktüblichen Zins mit 7,5 v.H. beziffert. Die Klägerin hat auch im Anwaltschreiben vom 09. Februar 2006 als Untergrenze für Hypothekenbankkredite im Jahre 1995 noch einen Zinssatz von 6,79 v.H., genannt, der also über dem typisierten Wert von 6 v.H. liegt. Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass sich der von der Klägerin für 1987 angegebene Zinssatz von 7,5 v.H. danach bis 1989 wesentlich vermindert hätte. Soweit also die Beklagte pauschalierend auf den Zinssatz von 6 v.H. bzw. 5,5 v.H. als marktüblichen Zinssatz abgestellt hat, ist diese typisierende Bezugnahme auf die LStR nicht zu Ungunsten der Klägerin erfolgt.

Entgegen der Ansicht der Klägerin war auch nicht die Steuerfreiheit und damit die Sozialversicherungsfreiheit im Hinblick auf die bis 31. Dezember 1988 geltende Regelung des § 3 Nr. 68 EStG 1987 anzunehmen. Danach waren steuerfrei "Zinsersparnisse bei einem unverzinslichen oder zinsverbilligten Arbeitgeberdarlehen sowie Zinszuschüsse des Arbeitgebers, wenn die Darlehen mit der Errichtung oder dem Erwerb einer eigen genutzten Wohnung in einem im Inland gelegenen Gebäude zusammenhängen, soweit die Zinsersparnisse und Zinszuschüsse insgesamt zweitausend Deutsche Mark im Kalenderjahr nicht übersteigen. Zinsersparnisse sind anzunehmen, soweit der Zinssatz für das Darlehen 4 v.H. unterschreitet. Den Zinszuschüssen stehen die aus einer öffentlichen Kasse gezahlten Aufwendungszuschüsse gleich". Nach § 52 Abs. 2c des Steuerreformgesetzes 1990 vom 25. Juli 1988, BGBl. I 1988 S. 1093, war insoweit bestimmt: § 3 Nr. 68 EStG 1987 in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 1987 (BGBl. I S. 657) ist vorbehaltlich des Satzes 2 letztmals für das Kalenderjahr 1988 anzuwenden. Die Vorschrift ist für die Kalenderjahre 1989 bis 2000 weiter anzuwenden auf Zinsersparnisse und Zinszuschüsse bei Darlehen, die der Arbeitnehmer vor dem 01. Januar 1989 erhalten hat, soweit die Vorteile nicht über die im Kalenderjahr 1988 gewährten Vorteile hinausgehen (vgl. auch LStR 1993 Abschnitt 28 Abs. 13). Diese Übergangsregelung war jedoch im Falle des Beigeladenen zu 1), wobei auch das FA diese Regelung in den von der Beklagten ausgewerteten, unanfechtbar gewordenen Haftungsbescheiden nicht herangezogen hat, nicht anwendbar, weil der Beigeladene zu 1) das Darlehen erst 1989 durch Auszahlung erhalten hat. Maßgebend ist der Zeitpunkt der Auszahlung, nicht jedoch der der Darlehenszusage, zumal dem Beigeladenen zu 1) 1988 auch noch kein Vorteil gewährt wurde. Da mithin der Gesetzgeber selbst die Steuervergünstigung für bestimmte Arbeitgeberdarlehen, die erst nach 1988 gewährt worden sind, abgeschafft hat, kann sich die Klägerin hier nicht darauf berufen, dass im Falle des Beigeladenen zu 1) soziale Gründe für die Darlehensgewährung berücksichtigt werden müssten. Die Klägerin kann auch, wie das SG zutreffend dargelegt hat, die Steuerfreiheit und damit die Sozialversicherungsfreiheit nicht aus § 8 Abs. 3 EStG herleiten. Mag sie aus sozialen Gründen nicht nur vereinzelt zinsgünstige Darlehen an Arbeitnehmer vergeben haben, handelt es sich bei solchen Darlehen doch nicht um Waren oder Dienstleistungen, die vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht werden, für die dann ein Steuervorteil nach § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG bestehen würde. Diesen Steuerfreibetrag vermag die Klägerin bzw. der Beigeladene zu 1) bei der Vergabe von Darlehen nicht in Anspruch zu nehmen.

Damit hat die Beklagte zu Recht die GSVB in der geforderten Höhe von EUR 1.751,84 nachgefordert, wobei die Beklagte auch zutreffend dargelegt hat, dass im Hinblick auf das Eingreifen der dreißigjährigen Verjährung hier die GSVB nicht verjährt waren.

Auch die Säumniszuschläge sind nach § 24 SGB IV zutreffend mit EUR 561,28 berechnet worden. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 5. Juli 2005 (Blatt 72 der LSG-Akte) vorgelegte Berechnung (Blatt 85 und 96 der LSG-Akte).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts für beide Rechtszüge beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. den §§ 1 Nr. 4, 63 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, 52 Abs. 1 und 3, 47 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Dabei sind auch die Säumniszuschläge nach § 24 SGB IV mit einzuberechnen, denn es handelt sich nicht um Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten im Sinne des § 43 GKG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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