Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 10 U 4804/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 1559/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 23. Februar 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung von Unfallfolgen streitig.
Der 1938 geborene Kläger rutschte am 2. Mai 2002 während seiner bei der Beklagten versicherten Tätigkeit beim Aufbauen eines Gerüstes auf nassem Boden aus und stürzte einen Hang hinunter.
Der Chirurg Dr. F. beschrieb in seinem Durchgangsarztbericht vom 3. Mai 2002 eine Schürfwunde im Bereich des Schädeldaches, eine Risswunde an der linken Ohrmuschel sowie vom Kläger geltend gemachte Beschwerden hauptsächlich im Bereich der oberen Brustwirbelsäule sowie rechts und links paravertebral, hier mit deutlichem Muskelhartspann. In seinem Nachschaubericht vom 14. Mai 2002 beschrieb er einen zögerlichen Rückgang des Beschwerdebildes. In seinen Nachschauberichten vom 14. und 17. Mai 2002 führte Dr. F. aus, jetzt sei auch noch im Bereich der Halswirbelsäule eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung aufgetreten. In seinem Nachschaubericht vom 24. Mai 2002 beschrieb er noch Verhärtungen rechts und links neben der Brustwirbelsäule mit mäßigen Beschwerden.
In ihrem H-Arzt-Bericht vom 23. April 2003 beschrieb die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. F. Kribbelparästhesien an der rechten oberen Extremität. Nach einer magnetresonanztomographischen Untersuchung der Wirbelsäule führte der Neurologe und Psychiater Dr. A. in seinem Arztbrief vom 9. Mai 2003 aus, die Bilddiagnostik zeige erhebliche degenerative Veränderungen und Hinweise auf eine zusätzliche Gefügelockerung in Höhe HW 3/4/5, sodass die vom Kläger geschilderte, sich durch den Unfall verschlechternde Symptomatik mit Nacken- und Hinterkopfschmerzen sowie Missempfindungen im rechten Arm glaubhaft seien. Die beschriebenen Veränderungen seien zwar größtenteils degenerativ bedingt. Es sei jedoch mit erhöhter Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass der Sturz die Beschwerden ausgelöst bzw. verstärkt habe. Prof. Dr. O., Direktor der Klinik für Neurochirurgie des Klinikums der Stadt V.-S., führte in seinem Arztbrief vom 13. Juni 2003 aus, der Kläger habe angegeben, seit mehr als einem halben Jahr an Nackenschmerzen zu leiden, und diagnostizierte eine beginnende cervicale Myelopathie. Kernspintomographisch zeige sich bei HWK 3/4 und 4/5 eine beginnende Spinalkanalstenose. Die ergänzend durchgeführten Halswirbelsäulen-Funktionsaufnahmen zeigten in diesem Bereich ebenfalls eine erhebliche Spondylophythenbildung, jedoch keine zusätzliche segmentale Instabilität.
Die Beklagte holte die Befundberichte von Dr. A. und der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. F. vom 30. September 2003 sowie die Leistungsverzeichnisse der AOK W., der Signal-Iduna-Gruppe und der Süddeutschen Krankenversicherung aG ein und beauftragte Prof. Dr. W. mit der Erstellung eines orthopädischen Gutachtens. Der Gutachter diagnostizierte in seinem Gutachten vom 28. Dezember 2004 bandscheibenbedingte Erkrankungen der Halswirbelsäule mit polysegmentalen schwergradigen chondrotischen und spondylarthrotischen Veränderungen. Da im Durchgangsarztbericht von Dr. F. vom 3. Mai 2005 lediglich eine Schädelprellung mit Hautabschürfungen und eine Risswunde am Kopf und Zerrungen festgestellt worden seien und vermerkt worden sei, der Kläger habe damals an der oberen Brustwirbelsäule Schmerzen angegeben, sei davon auszugehen, dass es bei dem Arbeitsunfall gar nicht zu einer Verletzung der Halswirbelsäule gekommen sei. Aus den am 10. Juni 2003 angefertigten Röntgenaufnahmen folge, dass an der Halswirbelsäule des Klägers schwergradige bandscheibenbedingte degenerative Veränderungen vorhanden seien. Die Röntgenbilder ergäben keinen Hinweis für eine abgelaufene knöcherne Verletzung oder eine discoligamentäre Instabilität. Damit gebe es von der Bildgebung her keinen Hinweis dafür, dass sich der Kläger bei dem Arbeitsunfall eine stärkergradige Verletzung der Halswirbelsäule zugezogen habe. Die vom Kläger angegeben Halswirbelsäulenbeschwerden seien ursächlich auf die an diesem Wirbelsäulenabschnitt eingetretenen schwergradigen Verschleißerscheinungen zurückzuführen.
Mit Bescheid vom 22. März 2005 führte die Beklagte aus, der Arbeitsunfall habe zu einer Schädelprellung, Schürf- und Risswunden sowie Zerrungen geführt. Diese Beschwerden seien am 26. Mai 2002 vollständig abgeheilt gewesen. Die ab 23. April 2003 behandlungsbedürftige bandscheibenbedingte Erkrankung der Halswirbelsäule werde nicht als Unfallfolge anerkannt.
Den hiergegen vom Kläger erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2005 zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 17. November 2005 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG). Mit Gerichtsbescheid vom 23. Februar 2006 wies das SG die Klage ab. Das SG stützte sich auf das Gutachten von Prof. Dr. W ... Objektivierbare Verletzungen als Folge des Arbeitsunfalls seien nicht festgestellt worden und würden auch vom Kläger nicht aufgezeigt. Wesentliche Bedeutung komme deshalb dem Verlauf und den Angaben unmittelbar nach dem Unfall zu. Hauptsächlich seien im Bereich der oberen Brustwirbelsäule lokalisierte Beschwerden angegeben worden. Daraus habe Prof. Dr. W. überzeugend geschlossen, dass es bei dem Arbeitsunfall nicht zu einer Verletzung der Halswirbelsäule gekommen sei. Der davon teilweise abweichenden Einschätzung von Dr. A. sei nicht zu folgen. Ohnehin stimme dieser mit Prof. Dr. W. weitgehend überein, soweit er die Beschwerden als "größtenteils degenerativ bedingt" ansehe. Für seine weitergehende Einschätzung, es sei mit erhöhter Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass der Sturz die Beschwerden "ausgelöst bzw. verstärkt" habe, fehle indes jede Begründung. Sie überzeuge daher nicht.
Gegen das ihm am 1. März 2006 zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 29. März 2006 Berufung eingelegt. Es bleibe festzuhalten, dass bereits bei der am 7. Mai 2002 erfolgten Nachuntersuchung deutliche Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule mit schmerzhaften Bewegungseinschränkungen sowie ein deutlicher Muskelhartspann diagnostiziert worden seien.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 23. Februar 2006 und den Bescheid vom 22. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die bandscheibenbedingte Erkrankung der Halswirbelsäule als Folge des Arbeitsunfalls vom 2. Mai 2002 anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das nervenärztliche Gutachten von Dr. A. vom 26. Oktober 2006 eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt, mit dem Unfallereignis habe die noch immer geklagte Leidensgeschichte mit Wirbelsäulenbeschwerden, die auf erhebliche Veränderungen der mittleren Halswirbelsäule zurückgeführt werden könnten, begonnen. Zusätzlich bestehe offenbar auch eine schmerzhafte Schultersteife und ein beginnendes Karpaltunnelsyndrom. Die Beschwerden seien offensichtlich durch den Sturz ausgelöst worden bzw. zuvor vorhandene, jedoch nicht registrierte Beschwerden seien hierdurch verstärkt worden. Dies bedeute nicht, dass die Erkrankung der Halswirbelsäule überwiegend oder ausschließlich durch den Unfall bedingt sei. Die Beschwerden seien, wenngleich erst etwa ein Jahr später bilddiagnostisch registriert, mit Sicherheit langsam chronisch-progredient und somit als degenerative Erkrankung aufzufassen. Ergänzend hat er ausgeführt, er habe den Kläger niemals in der Auffassung bestätigt oder gar dahingehend beeinflusst, seine chronischen Beschwerden seien durch den Arbeitsunfall hervorgerufen worden. Dass der Kläger seit diesem Zeitpunkt die Symptome registriere und beklage, sei in seinem Arztbrief vom 9. Mai 2003 so ausgedrückt worden und solle auch so verstanden werden, dass der Unfall Beschwerden einer vorher bestehenden degenerativen Wirbelsäulenerkrankung ins Bewusstsein des Klägers getragen habe. Dies schließe er daraus, dass der Kläger jeweils absolut glaubhaft und glaubwürdig seine Beschwerden geschildert habe, zuvor jedoch wegen ähnlicher Beschwerden nie behandelt worden sei.
Die Beteiligten haben unter dem 2. und 3. Januar 2007 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Halswirbelsäulenerkrankung des Klägers ist nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich durch das Unfallereignis vom 2. Mai 2002 verursacht worden. Daher hat die Beklagte zu Recht diesen Gesundheitsschaden in ihrem Bescheid vom 22. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2005 nicht als Unfallfolge anerkannt und hat das SG zu Recht die hiergegen erhobene Klage mit Gerichtsbescheid vom 23. Februar 2006 abgewiesen.
Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Leistungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, ist grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, ausreichend, aber auch erforderlich (BSG, Urteil vom 30. April 1985 - 2 RU 43/84 - BSGE 58, 80, 82; BSG, Urteil vom 20. Januar 1987 - 2 RU 27/86 - BSGE 61, 127, 129; BSG, Urteil vom 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - HVBG-Info 2000, 2811). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSG, Urteil vom 2. Februar 1978 - 8 RU 66/77 - BSGE 45, 285, 286). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (BSG, Urteil vom 28. Juni 1988 - 2/9b RU 28/87 - BSGE 63, 277, 278). Insoweit ist eine wertende Gegenüberstellung der ursächlichen Faktoren erforderlich (BSG, Urteil vom 29. März 1963 - 2 RU 75/61 - BSGE 19, 52, 53; BSG, Urteil vom 31. Oktober 1969 - 2 RU 40/67 - BSGE 30, 121, 123; BSG, Urteil vom 20. Januar 1977 - 8 RU 52/76 - BSGE 43, 110, 112). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (BSG, Urteil vom 24. Oktober 1957 - 10 RV 945/55 - BSGE 6, 70, 72; BSG, Urteil vom 27. Juni 1991 - 2 RU 31/90 - SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze spricht nach Ansicht des Senats mehr dagegen als dafür, dass die Halswirbelsäulenerkrankung des Klägers wesentlich ursächlich auf das Unfallereignis zurückzuführen ist.
Gegen einen Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis vom 2. Mai 2002 und der bandscheibenbedingten Erkrankung der Halswirbelsäule spricht zunächst der Umstand, dass der Kläger am 3. Mai 2002 gegenüber Dr. F. hauptsächlich Beschwerden im Bereich der oberen Brustwirbelsäule geäußert hat und im Nachschaubericht von Dr. F. vom 24. Mai 2002 die zwischenzeitlich am 7. Mai 2002 geschilderten Beschwerden der Halswirbelsäule nicht mehr aufgeführt worden sind. Auch hat der Kläger in dem von ihm am 25. Mai 2002 ausgefüllten Fragebogen nur eine Kopf- und Rückenverletzung angegeben. Gegen einen Unfallzusammenhang spricht auch die Einschätzung von Dr. A. in seinem Arztbrief vom 9. Mai 2003, wonach am 7. Mai 2003 kernspintomographisch zwar durch den Unfall "ausgelöste", aber größtenteils degenerativ bedingte Veränderungen der Halswirbelsäule beschrieben worden sind. Dr. A. hat hierzu in seinem Gutachten vom 26. Oktober 2006 ausgeführt, dies bedeute nicht, dass die Erkrankungen der Halswirbelsäule überwiegend oder ausschließlich durch den Unfall bedingt seien. Vielmehr seien diese "mit Sicherheit" langsam chronisch progredient und somit als degenerative Erkrankung aufzufassen. Damit hat Dr. A. die Auffassung von Prof. Dr. W. bestätigt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 28. Dezember 2004 die am 10. Juni 2003 angefertigten Röntgenaufnahmen der Halswirbelsäule dahingehend bewertet, dass kein Hinweis für eine abgelaufene knöcherne Verletzung oder eine discoligamentäre Instabilität vorliegt. Prof. Dr. W. hat daher in seinem Gutachten zutreffend den Schluss gezogen, dass von der Bildgebung her kein Hinweis dafür vorliegt, dass sich der Kläger am 2. Mai 2002 eine stärkergradige Verletzung der Halswirbelsäule zugezogen hat und die vom Kläger angegebenen Halswirbelsäulenbeschwerden ursächlich auf die an diesem Wirbelsäulenabschnitt eingetretenen schwergradigen Verschleißerscheinungen zurückzuführen sind.
Nach alledem hat sich der Bescheid vom 22. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2005 als rechtmäßig erwiesen. Das SG hat daher mit Gerichtsbescheid vom 23. Februar 2006 zu Recht die Klage abgewiesen. Die Berufung war somit zurückzuweisen.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung von Unfallfolgen streitig.
Der 1938 geborene Kläger rutschte am 2. Mai 2002 während seiner bei der Beklagten versicherten Tätigkeit beim Aufbauen eines Gerüstes auf nassem Boden aus und stürzte einen Hang hinunter.
Der Chirurg Dr. F. beschrieb in seinem Durchgangsarztbericht vom 3. Mai 2002 eine Schürfwunde im Bereich des Schädeldaches, eine Risswunde an der linken Ohrmuschel sowie vom Kläger geltend gemachte Beschwerden hauptsächlich im Bereich der oberen Brustwirbelsäule sowie rechts und links paravertebral, hier mit deutlichem Muskelhartspann. In seinem Nachschaubericht vom 14. Mai 2002 beschrieb er einen zögerlichen Rückgang des Beschwerdebildes. In seinen Nachschauberichten vom 14. und 17. Mai 2002 führte Dr. F. aus, jetzt sei auch noch im Bereich der Halswirbelsäule eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung aufgetreten. In seinem Nachschaubericht vom 24. Mai 2002 beschrieb er noch Verhärtungen rechts und links neben der Brustwirbelsäule mit mäßigen Beschwerden.
In ihrem H-Arzt-Bericht vom 23. April 2003 beschrieb die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. F. Kribbelparästhesien an der rechten oberen Extremität. Nach einer magnetresonanztomographischen Untersuchung der Wirbelsäule führte der Neurologe und Psychiater Dr. A. in seinem Arztbrief vom 9. Mai 2003 aus, die Bilddiagnostik zeige erhebliche degenerative Veränderungen und Hinweise auf eine zusätzliche Gefügelockerung in Höhe HW 3/4/5, sodass die vom Kläger geschilderte, sich durch den Unfall verschlechternde Symptomatik mit Nacken- und Hinterkopfschmerzen sowie Missempfindungen im rechten Arm glaubhaft seien. Die beschriebenen Veränderungen seien zwar größtenteils degenerativ bedingt. Es sei jedoch mit erhöhter Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass der Sturz die Beschwerden ausgelöst bzw. verstärkt habe. Prof. Dr. O., Direktor der Klinik für Neurochirurgie des Klinikums der Stadt V.-S., führte in seinem Arztbrief vom 13. Juni 2003 aus, der Kläger habe angegeben, seit mehr als einem halben Jahr an Nackenschmerzen zu leiden, und diagnostizierte eine beginnende cervicale Myelopathie. Kernspintomographisch zeige sich bei HWK 3/4 und 4/5 eine beginnende Spinalkanalstenose. Die ergänzend durchgeführten Halswirbelsäulen-Funktionsaufnahmen zeigten in diesem Bereich ebenfalls eine erhebliche Spondylophythenbildung, jedoch keine zusätzliche segmentale Instabilität.
Die Beklagte holte die Befundberichte von Dr. A. und der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. F. vom 30. September 2003 sowie die Leistungsverzeichnisse der AOK W., der Signal-Iduna-Gruppe und der Süddeutschen Krankenversicherung aG ein und beauftragte Prof. Dr. W. mit der Erstellung eines orthopädischen Gutachtens. Der Gutachter diagnostizierte in seinem Gutachten vom 28. Dezember 2004 bandscheibenbedingte Erkrankungen der Halswirbelsäule mit polysegmentalen schwergradigen chondrotischen und spondylarthrotischen Veränderungen. Da im Durchgangsarztbericht von Dr. F. vom 3. Mai 2005 lediglich eine Schädelprellung mit Hautabschürfungen und eine Risswunde am Kopf und Zerrungen festgestellt worden seien und vermerkt worden sei, der Kläger habe damals an der oberen Brustwirbelsäule Schmerzen angegeben, sei davon auszugehen, dass es bei dem Arbeitsunfall gar nicht zu einer Verletzung der Halswirbelsäule gekommen sei. Aus den am 10. Juni 2003 angefertigten Röntgenaufnahmen folge, dass an der Halswirbelsäule des Klägers schwergradige bandscheibenbedingte degenerative Veränderungen vorhanden seien. Die Röntgenbilder ergäben keinen Hinweis für eine abgelaufene knöcherne Verletzung oder eine discoligamentäre Instabilität. Damit gebe es von der Bildgebung her keinen Hinweis dafür, dass sich der Kläger bei dem Arbeitsunfall eine stärkergradige Verletzung der Halswirbelsäule zugezogen habe. Die vom Kläger angegeben Halswirbelsäulenbeschwerden seien ursächlich auf die an diesem Wirbelsäulenabschnitt eingetretenen schwergradigen Verschleißerscheinungen zurückzuführen.
Mit Bescheid vom 22. März 2005 führte die Beklagte aus, der Arbeitsunfall habe zu einer Schädelprellung, Schürf- und Risswunden sowie Zerrungen geführt. Diese Beschwerden seien am 26. Mai 2002 vollständig abgeheilt gewesen. Die ab 23. April 2003 behandlungsbedürftige bandscheibenbedingte Erkrankung der Halswirbelsäule werde nicht als Unfallfolge anerkannt.
Den hiergegen vom Kläger erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2005 zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 17. November 2005 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG). Mit Gerichtsbescheid vom 23. Februar 2006 wies das SG die Klage ab. Das SG stützte sich auf das Gutachten von Prof. Dr. W ... Objektivierbare Verletzungen als Folge des Arbeitsunfalls seien nicht festgestellt worden und würden auch vom Kläger nicht aufgezeigt. Wesentliche Bedeutung komme deshalb dem Verlauf und den Angaben unmittelbar nach dem Unfall zu. Hauptsächlich seien im Bereich der oberen Brustwirbelsäule lokalisierte Beschwerden angegeben worden. Daraus habe Prof. Dr. W. überzeugend geschlossen, dass es bei dem Arbeitsunfall nicht zu einer Verletzung der Halswirbelsäule gekommen sei. Der davon teilweise abweichenden Einschätzung von Dr. A. sei nicht zu folgen. Ohnehin stimme dieser mit Prof. Dr. W. weitgehend überein, soweit er die Beschwerden als "größtenteils degenerativ bedingt" ansehe. Für seine weitergehende Einschätzung, es sei mit erhöhter Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass der Sturz die Beschwerden "ausgelöst bzw. verstärkt" habe, fehle indes jede Begründung. Sie überzeuge daher nicht.
Gegen das ihm am 1. März 2006 zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 29. März 2006 Berufung eingelegt. Es bleibe festzuhalten, dass bereits bei der am 7. Mai 2002 erfolgten Nachuntersuchung deutliche Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule mit schmerzhaften Bewegungseinschränkungen sowie ein deutlicher Muskelhartspann diagnostiziert worden seien.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 23. Februar 2006 und den Bescheid vom 22. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die bandscheibenbedingte Erkrankung der Halswirbelsäule als Folge des Arbeitsunfalls vom 2. Mai 2002 anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das nervenärztliche Gutachten von Dr. A. vom 26. Oktober 2006 eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt, mit dem Unfallereignis habe die noch immer geklagte Leidensgeschichte mit Wirbelsäulenbeschwerden, die auf erhebliche Veränderungen der mittleren Halswirbelsäule zurückgeführt werden könnten, begonnen. Zusätzlich bestehe offenbar auch eine schmerzhafte Schultersteife und ein beginnendes Karpaltunnelsyndrom. Die Beschwerden seien offensichtlich durch den Sturz ausgelöst worden bzw. zuvor vorhandene, jedoch nicht registrierte Beschwerden seien hierdurch verstärkt worden. Dies bedeute nicht, dass die Erkrankung der Halswirbelsäule überwiegend oder ausschließlich durch den Unfall bedingt sei. Die Beschwerden seien, wenngleich erst etwa ein Jahr später bilddiagnostisch registriert, mit Sicherheit langsam chronisch-progredient und somit als degenerative Erkrankung aufzufassen. Ergänzend hat er ausgeführt, er habe den Kläger niemals in der Auffassung bestätigt oder gar dahingehend beeinflusst, seine chronischen Beschwerden seien durch den Arbeitsunfall hervorgerufen worden. Dass der Kläger seit diesem Zeitpunkt die Symptome registriere und beklage, sei in seinem Arztbrief vom 9. Mai 2003 so ausgedrückt worden und solle auch so verstanden werden, dass der Unfall Beschwerden einer vorher bestehenden degenerativen Wirbelsäulenerkrankung ins Bewusstsein des Klägers getragen habe. Dies schließe er daraus, dass der Kläger jeweils absolut glaubhaft und glaubwürdig seine Beschwerden geschildert habe, zuvor jedoch wegen ähnlicher Beschwerden nie behandelt worden sei.
Die Beteiligten haben unter dem 2. und 3. Januar 2007 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Halswirbelsäulenerkrankung des Klägers ist nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich durch das Unfallereignis vom 2. Mai 2002 verursacht worden. Daher hat die Beklagte zu Recht diesen Gesundheitsschaden in ihrem Bescheid vom 22. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2005 nicht als Unfallfolge anerkannt und hat das SG zu Recht die hiergegen erhobene Klage mit Gerichtsbescheid vom 23. Februar 2006 abgewiesen.
Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Leistungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, ist grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, ausreichend, aber auch erforderlich (BSG, Urteil vom 30. April 1985 - 2 RU 43/84 - BSGE 58, 80, 82; BSG, Urteil vom 20. Januar 1987 - 2 RU 27/86 - BSGE 61, 127, 129; BSG, Urteil vom 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - HVBG-Info 2000, 2811). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSG, Urteil vom 2. Februar 1978 - 8 RU 66/77 - BSGE 45, 285, 286). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (BSG, Urteil vom 28. Juni 1988 - 2/9b RU 28/87 - BSGE 63, 277, 278). Insoweit ist eine wertende Gegenüberstellung der ursächlichen Faktoren erforderlich (BSG, Urteil vom 29. März 1963 - 2 RU 75/61 - BSGE 19, 52, 53; BSG, Urteil vom 31. Oktober 1969 - 2 RU 40/67 - BSGE 30, 121, 123; BSG, Urteil vom 20. Januar 1977 - 8 RU 52/76 - BSGE 43, 110, 112). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (BSG, Urteil vom 24. Oktober 1957 - 10 RV 945/55 - BSGE 6, 70, 72; BSG, Urteil vom 27. Juni 1991 - 2 RU 31/90 - SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze spricht nach Ansicht des Senats mehr dagegen als dafür, dass die Halswirbelsäulenerkrankung des Klägers wesentlich ursächlich auf das Unfallereignis zurückzuführen ist.
Gegen einen Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis vom 2. Mai 2002 und der bandscheibenbedingten Erkrankung der Halswirbelsäule spricht zunächst der Umstand, dass der Kläger am 3. Mai 2002 gegenüber Dr. F. hauptsächlich Beschwerden im Bereich der oberen Brustwirbelsäule geäußert hat und im Nachschaubericht von Dr. F. vom 24. Mai 2002 die zwischenzeitlich am 7. Mai 2002 geschilderten Beschwerden der Halswirbelsäule nicht mehr aufgeführt worden sind. Auch hat der Kläger in dem von ihm am 25. Mai 2002 ausgefüllten Fragebogen nur eine Kopf- und Rückenverletzung angegeben. Gegen einen Unfallzusammenhang spricht auch die Einschätzung von Dr. A. in seinem Arztbrief vom 9. Mai 2003, wonach am 7. Mai 2003 kernspintomographisch zwar durch den Unfall "ausgelöste", aber größtenteils degenerativ bedingte Veränderungen der Halswirbelsäule beschrieben worden sind. Dr. A. hat hierzu in seinem Gutachten vom 26. Oktober 2006 ausgeführt, dies bedeute nicht, dass die Erkrankungen der Halswirbelsäule überwiegend oder ausschließlich durch den Unfall bedingt seien. Vielmehr seien diese "mit Sicherheit" langsam chronisch progredient und somit als degenerative Erkrankung aufzufassen. Damit hat Dr. A. die Auffassung von Prof. Dr. W. bestätigt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 28. Dezember 2004 die am 10. Juni 2003 angefertigten Röntgenaufnahmen der Halswirbelsäule dahingehend bewertet, dass kein Hinweis für eine abgelaufene knöcherne Verletzung oder eine discoligamentäre Instabilität vorliegt. Prof. Dr. W. hat daher in seinem Gutachten zutreffend den Schluss gezogen, dass von der Bildgebung her kein Hinweis dafür vorliegt, dass sich der Kläger am 2. Mai 2002 eine stärkergradige Verletzung der Halswirbelsäule zugezogen hat und die vom Kläger angegebenen Halswirbelsäulenbeschwerden ursächlich auf die an diesem Wirbelsäulenabschnitt eingetretenen schwergradigen Verschleißerscheinungen zurückzuführen sind.
Nach alledem hat sich der Bescheid vom 22. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2005 als rechtmäßig erwiesen. Das SG hat daher mit Gerichtsbescheid vom 23. Februar 2006 zu Recht die Klage abgewiesen. Die Berufung war somit zurückzuweisen.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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