L 12 AL 59/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 80 AL 1690/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 12 AL 59/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Juni 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen den Eintritt einer Sperrzeit von zwölf Wochen und in diesem Zusammenhang gegen den Rückforderungsanspruch der Beklagten.

Der 1951 geborene Kläger hat 1971 eine Lehre als Reproduktionsfotograf und 1973 ein Fachschulstudium zum staatlich geprüften Fototechniker abgeschlossen. Von September 1988 bis Januar 1990 nahm er an einer Umschulung zum Kaufmann der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft teil. Von Juli 1990 bis März 1996 (nach den Angaben des Klägers) bzw. bis November 1994 (nach den Angaben der Beklagten) arbeitete er als Wohnungseigentumsverwalter bei der D AG (BauGrund). In der Zeit von April 1997 bis April 1998 nahm er an einem Fortbildungslehrgang "EDV-, Finanz- und Rechnungswesen" mit der Spezialisierung Bilanzbuchhaltung teil. Von Mai 1998 bis Oktober 1999 stand er in einem geförderten Beschäftigungsverhältnis im Bereich der Hausverwaltung bei der Firma G. Im Übrigen bezog der Kläger mit größeren Unterbrechungen seit 1980 Leistungen der Beklagten. In dem hier relevanten Zeitraum erhielt er Arbeitslosenhilfe in Höhe von 32,09 Euro kalendertäglich bzw. 224,63 Euro wöchentlich auf der Grundlage der Verfügung vom 18. März 2002.

Mit Vermittlungsvorschlag vom 1. Oktober 2002 unterbreitete die Beklagte dem Kläger ein Stellenangebot als Kaufmann der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft bei der K GmbH & Co Verwaltungs KG. Als Anforderungen für die Tätigkeiten waren genannt: Vorbereitung und Durchführung von Eigentümerversammlungen, Beiratsgespräche, Rechnungsprüfung, kaufmännische Betreuung von Instandhaltungsmaßnahmen mit Berufserfahrung WEG-Verwalter. Als Gehalt war ein monatliches Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 1800,00 EUR angegeben. Der Vermittlungsvorschlag enthielt auf der Rückseite eine Rechtsfolgenbelehrung. Wenn der Kläger danach ohne wichtigen Grund das Zustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses durch sein Verhalten verhindere, trete eine Sperrzeit (Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung) ein, die regelmäßig zwölf Wochen dauere und in Härtefällen auf sechs Wochen begrenzt werde.

Mit Datum vom 11. Oktober 2002 bewarb sich der Kläger schriftlich bei der K GmbH und Co. Verwaltungs KG. In der Bewerbung verwies er u.a. darauf, dass er mehrere Jahre bei der D AG tätig gewesen sei, die sich mit der treuhänderischen Verwaltung von Wohnungseigentum und Städtebau beschäftigt habe und er in diesem Zusammenhang Qualifikationen erworben habe, die für die angebotene Stelle sinnvoll seien. Dem Bewerbungsschreiben beigefügt ist ein Lebenslauf, an dessen Ende der Kläger als "Gehaltswunsch" aufführt: "Orientierung am Gehaltstarif der Wohnungswirtschaft entsprechend der Tätigkeit und Position". Auf der Grundlage der schriftlichen Bewerbung erfolgte eine Einladung zum Vorstellungsgespräch am 22. Oktober 2002, bei dem es nicht zu einer Einstellung des Klägers kam. Die K GmbH & Co. Verwaltungs KG teilte der Beklagten mit, dass keine Übereinstimmung beim Lohn/Gehalt erzielt worden sei. Die Forderung des Klägers habe 2800,00 EUR betragen, das Angebot hingegen 1800,00 EUR.

Auf Anfrage der Beklagten zu den unterschiedlichen Gehaltsvorstellungen teilte der Kläger unter dem 16. November 2002 schriftlich mit, dass er das Beschäftigungsangebot nicht abgelehnt, sondern ausdrücklich betont habe, dass er "aus formalen und rechtlichen Gründen nicht ablehnen kann und werde, da (ihm) anderenfalls eine Sperrzeit beim Arbeitsamt droh(e)". Es sei allerdings richtig, dass es bei der Diskussion über die Höhe der Dotierung unterschiedliche Auffassungen gegeben habe. Auf die Frage nach seinem Gehaltswunsch habe er geantwortet, dass er "eine Orientierung am Gehaltstarif der Wohnungswirtschaft bei Anerkennung von zehn Berufsjahren für angebracht halte". Diesen Wunsch habe er auch in der schriftlichen Bewerbung geäußert. Angeboten worden sei ihm nur ein Bruttogehalt von 1800,00 EUR, dies entspreche einem Nettogehalt, welches nur geringfügig über dem Betrag seiner jetzigen Arbeitslosenhilfe liegen würde. Da die Arbeitslosenhilfe nur 53 % seines letzten Nettogehalts ausmache, würde das Angebot der Firma in der Konsequenz bedeuten, dass er sich in Zukunft auf Dauer mit einer quasi Halbierung seiner früheren Nettobezüge begnügen müsse. Er glaube, dass seine Gesprächspartnerin während des Vorstellungstermins offenbar zu der Auffassung gelangt sei, dass er bei einer Einstellung unter diesen Voraussetzungen auf Dauer unzufrieden sein würde, was sich eventuell negativ auf seine Arbeitsmoral und das dortige Betriebsklima auswirken könnte. Er habe während des Gesprächs gleichwohl mehrmals zum Ausdruck gebracht, dass ihm bewusst sei, dass er aufgrund seiner früheren beruflich gehobenen Position und wegen der allgemeinen desolaten Arbeitsmarktsituation mit Abstrichen rechnen müsse, wozu er grundsätzlich bereit sei – insbesondere wenn das Gehaltsangebot entsprechend seiner Ausbildung und seiner beruflichen Erfahrung als fair bezeichnet werden könne. Auch wenn die Gespräche in dieser Ausführlichkeit und Deutlichkeit nicht so weit gingen, so entspreche es doch seiner persönlichen Meinung, dass ein gelernter Kaufmann der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft als Verwalter von erheblichem Immobilienvermögen nicht weniger verdienen sollte, als ein Facharbeiter der gewerblichen Wirtschaft.

Auf Anfrage der Beklagten teilte die K GmbH & Co. Verwaltungs KG mit Schreiben vom 13. Februar 2003 mit, dass das Bewerbungsgespräch vom 22. Oktober 2002 von geringer Dauer gewesen sei, da der Kläger höhere Gehaltsvorstellungen hatte als für die Besetzung der Stelle vorgesehen waren. Beschäftigt seien vier Vollzeitkaufleute, teilweise seit vielen Jahren, deren Gehälter in der angegebenen Höhe lägen und die auch in anderen Verwaltungsunternehmen durchaus üblich seien. Über die Eignung des Klägers habe man sich, nachdem die Gehaltsfrage nicht habe geklärt werden können, kein Urteil bilden können.

Mit Bescheid vom 14. März 2003 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 23. Oktober 2002 bis 14. Januar 2003 fest und hob die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für diese Zeit auf. Der Kläger habe trotz Belehrung über die Rechtsfolgen das Zustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses vereitelt, indem er überhöhte Gehaltsforderungen gestellt habe. Sein Verhalten habe er damit begründet, dass das ihm angebotene Bruttogehalt von 1800,00 Euro einem Nettogehalt entspreche, welches nur geringfügig über dem Betrag der jetzigen Arbeitslosenhilfe liege, was in der Konsequenz bedeute, dass er sich in Zukunft auf Dauer mit einer Änderung seiner früheren Nettobezüge begnügen müsse. Dies sei jedoch kein wichtiger Grund, denn ausschlaggebend sei, dass die Entlohnung dem ortsüblichen Entgelt für die auszuübende Tätigkeit entspreche. Die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für den genannten Zeitraum sei zurückzunehmen, da der Kläger gewusst habe bzw. hätte wissen müssen, dass der ihm zuerkannte Anspruch wegen Eintritts einer Sperrzeit zum Ruhen gekommen sei. Der Kläger habe die bereits zu Unrecht erhaltene Arbeitslosenhilfe in Höhe von 2.692,20 Euro sowie die gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 309,28 Euro zu erstatten.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch, mit dem er geltend machte, dass er überhaupt keine Forderung an ein bestimmtes Gehalt gestellt, sondern lediglich die Frage nach seinem Gehaltswunsch dahingehend beantwortet habe, dass er eine Orientierung am Gehaltstarif der Wohnungswirtschaft für angebracht halte. Das Gespräch sei auch nicht derart verlaufen, dass ihm zuerst 1.800,00 Euro angeboten wurden und er dann die tarifliche Entlohnung eingefordert habe. Vielmehr habe er schon vor dem Angebot des Gehalts von 1.800,00 Euro mehrmals zum Ausdruck gebracht, dass ihm bewusst sei, dass er aufgrund seiner früheren beruflichen Position und wegen der allgemeinen Arbeitsmarktsituation mit Abstrichen rechnen müsse und dazu auch grundsätzlich bereit sei. Dass ein Gehalt von 1.800,00 EUR nur geringfügig über dem Betrag seiner jetzigen Arbeitslosenhilfe liege, sei im Einstellungsgespräch zwischen ihm und dem Arbeitgeber überhaupt nicht erörtert worden, und er habe auch keinen Anlass gegeben, dass dieser Eindruck erweckt werde. Er habe mit Schreiben vom 16. November 2002 gegenüber der Beklagten lediglich seine privat vertretene Meinung geäußert und unterstreiche die Auffassung, dass nach seiner Auffassung die Flächentarifverträge verbindlich für alle Arbeitsverhältnisse sein sollten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass die angebotene Tätigkeit der Qualifikation des Klägers und die Entlohnung den ortsüblichen Bedingungen entsprochen hätten. Der Tatbestand der Sperrzeit sei erfüllt. Zwar habe der Kläger das Arbeitsangebot nicht ausdrücklich abgelehnt, er habe jedoch durch sein Verhalten gegenüber dem Arbeitgeber das Zustandekommen des Arbeitsverhältnisses vereitelt, ohne einen wichtigen Grund für sein Verhalten zu haben. Die Gehaltsvorstellung des Klägers von 2.800,00 Euro brutto pro Monat sei nicht nur deutlich überhöht, sondern auch unrealistisch und nach der Stellungnahme des potenziellen Arbeitgebers ursächlich für die Nichteinstellung gewesen.

Mit seiner dagegen erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass er bereits am Ende seinen Lebenslaufes beim Gehaltswunsch eine Orientierung am Gehalt der Wohnungswirtschaft benannt und im Lebenslauf seine Tätigkeiten (unter anderem eine zehnjährige Tätigkeit als Teamleiter bzw. Leiter einer Hausverwaltung) aufgeführt habe. Er sei während des Bewerbungsgesprächs nach seinen Gehaltswünschen gefragt worden, die er wiederum am Gehaltstarif der Wohnungswirtschaft orientiert habe. Dabei habe er jedoch zum Ausdruck gebracht, dass ihm bewusst sei, aufgrund der langen Arbeitslosigkeit und der schwierigen Arbeitsmarktsituation mit Abstrichen rechnen zu müssen. Erst am Ende des Gesprächs sei ihm mitgeteilt worden, dass er mit einem Bruttogehalt in Höhe von 1.800,00 EUR rechnen müsse.

Das Sozialgericht hat zur weiteren Ermittlung des Sachverhalts Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugin R S, die seitens der K GmbH & Co Verwaltungs KG das Bewerbungsgespräch geführt hat. Sie hat bekundet, dass das Bewerbungsgespräch nur von kurzer Dauer gewesen sei, weil der Kläger gleich nach Eröffnung des Gesprächs gefragt habe, warum nur so wenig bezahlt werde, 5000 DM seien üblich. Daran könne sie sich noch genau erinnern, da oftmals die Beträge noch in DM genannt worden seien. Für sie sei eindeutig zum Ausdruck gekommen, dass der Kläger für das angebotene Gehalt nicht habe arbeiten wollen, weshalb sie das Vorstellungsgespräch beendet habe. Insofern sei es auch nicht dazu gekommen – wie sonst bei Vorstellungsgesprächen üblich –, die Fähigkeiten und Kenntnisse des Bewerbers zu erörtern. Ein Gespräch zur Reduzierung der Gehaltsvorstellung des Klägers sei aus ihrer Sicht nicht möglich gewesen, da der Kläger zum Ausdruck gebracht habe, für das angebotene Geld nicht arbeiten zu wollen. Sie könne sich an das Vorstellungsgespräch mit dem Kläger deshalb so gut erinnern, weil es für sie "einmalig" gewesen sei, was sich auf das Auftreten des Klägers und seine Gehaltsforderungen beziehe.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 29. Juni 2004 die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III lägen vor. Dem Kläger sei ein ausreichend benanntes und zumutbares Arbeitsangebot unterbreitet worden. Das Verhalten des Klägers bei dem Vorstellungsgespräch am 22. Oktober 2002, das von der Zeugin beschrieben worden sei, habe objektiv das Zustandekommen des Arbeitsverhältnisses vereitelt. In erster Linie hat sich das Sozialgericht auf die Aussage der Zeugin bezogen und ergänzend die ersten schriftlichen Auskünfte des Klägers im Anhörungsschreiben vom 16. November 2002 heran gezogen. Dem Kläger sei auch bewusst gewesen, dass er überhöhte Gehaltsforderungen angemeldet habe. Ihm sei bekannt gewesen, dass er nicht einmal fünf Berufsjahre als Kaufmann in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft zurückgelegt habe und selbst bei Vergütung nach dem Vergütungstarif für die Beschäftigten in der Wohnungswirtschaft ein Entgelt für ihn in Höhe von 2.800,00 EUR nicht erzielbar gewesen sei. Gleichwohl habe er seine Vorstellung von 2.800,00 EUR nicht nur als Wunsch, sondern als Forderung zum Ausdruck gebracht, was ein aktives Verhalten des Klägers darstelle, dass für den Arbeitgeber nur den Schluss zugelassen habe, der Kläger wolle die ihm angebotene Arbeit nicht annehmen. Härtegründe lägen nicht vor.

Gegen das ihm am 28. Juli 2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 18. August 2004 erhobene Berufung des Klägers. Der Kläger macht geltend, dass er anlässlich des Vorstellungsgespräches keinen konkreten Betrag genannt, sondern lediglich als Orientierung auf den Gehaltstarifvertrag der Wohnungswirtschaft verwiesen und dabei nicht gewusst habe, wie der Tarifvertrag tatsächlich aussehe. Es sei auch nicht lebensfremd, sich an einem unbekannten Tarifvertrag zu orientieren, da Tarifverträge eine sozial ausgewogene Position für die Arbeitnehmer beinhalteten. Die Zeugenaussage sei nicht überzeugend, da die Zeugin zunächst schriftlich mitgeteilt habe, dass er 2.800,00 Euro gefordert habe und sich in ihrer mündlichen Zeugenaussage nur noch an einen Betrag von 5000,00 DM habe erinnern können.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Juni 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 14. März 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2003 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf das angefochtene Urteil. Der Kläger verfüge nach ihren Unterlagen lediglich über fünf Jahre Berufserfahrung als Kaufmann der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft. Die Gehaltsvorstellungen des Klägers mit seiner Orientierung am Gehaltstarifvertrag seien als überhöht anzusehen, zumal ihm ein konkretes Arbeitsangebot unter Benennung des Gehalts gemacht wurde. Im Übrigen habe eine Prüfung vergleichbarer Fälle ergeben, dass die Verdienstmöglichkeiten im Immobilien- und Hausverwaltungsbereich unterschiedlich ausfielen, es würden auch Arbeitsverträge mit einem Monatsverdienst von ca. 1800 EUR brutto geschlossen. Aufgrund der schlechten Wirtschaftslage innerhalb Berlins sei es nach Auskunft einer Immobilien- und Hausverwaltung in diesem Bereich nicht mehr möglich, ein tarifliches Entgelt zu zahlen.

Der Senat hat die Zeugin R S zu dem Bewerbungsgespräch am 23. Oktober 2002 gehört. Hinsichtlich ihrer Aussage wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 15. Mai 2007 Bezug genommen.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die von der Beklagten vorgelegte Leistungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 14. März 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2003, gegen den sich der Kläger mit der Anfechtungsklage wendet. Zutreffend hat die Beklagte wegen der Ablehnung eines zumutbaren und den Regeln einer ordnungsgemäßen Vermittlung entsprechenden Vermittlungsvorschlags ohne einen wichtigen Grundes den Eintritt einer Regelsperrzeit festgestellt, die Leistungsbewilligung insoweit aufgehoben und die gewährten Leistungen einschließlich der entrichteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zurückgefordert.

Nach § 48 Abs.1 Satz 1 und 2 Nr. 4 SGB X i.V.m. § 330 Abs.3 SGB III ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung vom Zeitpunkt einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Wesentlich sind rechtserhebliche Änderungen, die dazu führen, dass die Behörde unter den nach dem Eintritt der Veränderung vorliegenden objektiven Verhältnissen den ergangenen Verwaltungsakt nicht hätte erlassen dürfen. Eine derartige Änderung tritt hinsichtlich eines durch Bescheid zugebilligten Anspruchs auf Arbeitslosengeld ein, wenn der Anspruch gemäß § 144 Abs. 2 Satz 2 SGB III ruht. Dieser Vorschrift zufolge tritt das Ruhen eines noch zustehenden Anspruchs auf Arbeitslosengeld ein, wenn eine Sperrzeit im Sinne des Absatzes 1 der Vorschrift eingetreten ist.

Eine Sperrzeit von regelmäßig 12 Wochen tritt nach § 144 Abs.1 Satz 1 Nr.2 SGB III grundsätzlich ein, wenn der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine vom Arbeitsamt unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Arbeit nicht angenommen oder nicht angetreten hat. Diese Vorschriften für den Anspruch auf Arbeitslosengeld gelten für die Arbeitslosenhilfe entsprechend (§ 198 Abs.1 Satz 2 SGB III). Liegen die Voraussetzungen des § 144 Abs.1 SGB III vor, treten dessen Rechtsfolgen kraft Gesetzes ein, und zwar kalendermäßig, beginnend mit dem Tag nach dem die Sperrzeit begründenden Ereignis (vgl. § 144 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Das Erfordernis eines von der Beklagten zu erlassenden Aufhebungsbescheides besteht allerdings insoweit, als die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe den formellen Rechtsgrund für das Erhalten und Behaltendürfen der bewilligten Leistung bildet. Die Beklagte hat zu Recht die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für den von der Sperrzeit erfassten Zeitraum aufgehoben und die gewährte Arbeitslosenhilfe nebst den Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung zurückgefordert.

Zur Überzeugung des Senats hat der Kläger durch sein Verhalten im Bewerbungsgespräch am 22. Oktober 2002 die ihm von der Beklagten angebotene Beschäftigung nicht angenommen, ohne dass er für sein Verhalten einen wichtigen Grund hatte und obwohl die Tätigkeit hinreichend benannt und ihm zumutbar war sowie das Angebot eine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung enthielt.

Das Beschäftigungsangebot vom 1. Oktober 2002 war hinreichend benannt. Aus dem Vermittlungsvorschlag vom 1. Oktober 2002 ergibt sich, dass eine Stelle für einen Kaufmann der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft zu besetzen war; die konkreten Anforderungen lauteten: Vorbereitung und Durchführung von Eigentümerversammlungen, Beiratsgespräche, Rechnungsprüfung, kaufmännische Betreuung von Instandhaltungsmaßnahmen, mit Berufserfahrung WEG-Verwalter. Das Anforderungsprofil der zu besetzenden Stelle war damit hinreichend konkret beschrieben. Der Kläger hat auch auf dieser Grundlage Kontakt mit der KYFFHÄUSER GmbH & Co Verwaltungs KG durch eine schriftliche Bewerbung aufgenommen und hätte sich über die konkreten Tätigkeiten noch weitergehend informieren können.

Die Beschäftigung war dem Kläger auch zumutbar. Ein Verstoß gegen die Grundsätze sachgerechter Arbeitsvermittlung im Sinne der §§ 35 ff. SGB III ist nicht ersichtlich, zumal sich das Angebot im Rahmen seiner Ausbildung als Kaufmann der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft und seiner bereits früher ausgeübten Tätigkeit bei der hielt. Die angebotene Tätigkeit entsprach damit dem Qualifikationsniveau des Klägers und von ihm bereits verrichteter Arbeiten.

Auch die Vergütung war zumutbar. Das angebotene Arbeitsentgelt von 1800 EUR monatlich verstieß weder gegen den strafrechtlichen Wuchertatbestand des § 291 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB noch gegen die guten Sitten, § 138 BGB. Ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, das sowohl für den speziellen Straftatbestand als auch den zivilrechtlichen Lohnwucher nach § 138 Abs. 2 BGB und das wucherähnliche Rechtsgeschäft nach § 138 Abs. 1 BGB erforderlich ist (vgl. Bundesarbeitsgericht – BAG – , Urteil vom 23. Mai 2001 - 5 AZR 527/99 - EzA BGB § 138 Nr. 29), liegt nicht vor. Nach der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung ist bei der Prüfung, ob ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt, der Wert der Leistung des Arbeitnehmers nach ihrem objektiven Wert zu beurteilen (BAG, Urteil vom 24.03.2004 - 5 AZR 303/03BAGE 110, 79-89). Ausgangspunkt zur Feststellung des Wertes der Arbeitsleistung sind dabei in der Regel die Tariflöhne des jeweiligen Wirtschaftszweigs. Dies gilt jedenfalls dann, wenn in dem Wirtschaftsgebiet üblicherweise der Tariflohn gezahlt wird. Denn dann kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt nur zu den Tariflohnsätzen gewonnen werden können. Entspricht der Tariflohn nicht der verkehrsüblichen Vergütung, sondern liegt diese unterhalb des Tariflohns, ist zur Ermittlung des Wertes der Arbeitsleistung von dem allgemeinen Lohnniveau im Wirtschaftsgebiet auszugehen (BAG, aaO). In Berlin liegt das arbeitsmarktübliche Gehalt für Grundstücks- und Wohnungswirtschaftskaufleute wegen der schlechten Wirtschaftslage unter dem Tariflohn; auch Arbeitsverträge mit Bruttogehältern von 1800 EUR entsprechen der Üblichkeit. Der Senat folgt insoweit der Stellungnahme der für arbeitsmarktkundliche Fragen sachkundigen Beklagten, die dies auf der Grundlage von Auskünften aus Branchenkreisen mitgeteilt hat. Auch der Umstand, dass nach der Zeugenaussage die KYFFHÄUSER GmbH & Co. Verwaltungs KG allen ihren beschäftigten Kaufleuten der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft Gehälter etwa in der Größenordnung von 1.800 EUR zahlt, bestätigt das übliche geringere Lohnniveau für diese Beschäftigtengruppe. Ausgehend davon handelt es sich bei dem Bruttolohn in dem Beschäftigungsangebot für den Kläger nicht um einen unangemessen niedrigen Lohn, er hält sich vielmehr im üblichen Rahmen.

Ungeachtet dessen stünde jedoch auch bei einer Bezugnahme auf den Tariflohn das angebotene Bruttogehalt nicht in einem auffälligen Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung. Dabei geht der Senat in Anlehnung an arbeitsgerichtliche Rechtsprechung und Schrifttum davon aus, dass die Grenze der Sittenwidrigkeit (erst) bei Löhnen von weniger als zwei Dritteln des Tariflohns erreicht ist (LAG Berlin, Urteil vom 20.2.1998 – 6 SA 145/97; Reinecke NZA 2000 Beilage zu Heft 3 S. 23; Peter ArbuR 1999, 189). Auch der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Fall der strafrechtlichen Beurteilung des Lohnwuchers die tatrichterliche Würdigung des Landgerichts, ein auffälliges Missverhältnis liege bei einem Lohn vor, der 2/3 des Tariflohns betrage, revisionsrechtlich gebilligt (BGH, Urteil vom 22. April 1997 - 1 StR 701/96 - BGHSt 43, 53). Daraus folgt, dass jedenfalls ein Gehalt, das weniger als ein Drittel unter dem Tariflohn liegt, ohne Hinzutreten besonderer Umstände nicht in einem auffälligen Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung steht. Nach dem räumlich und zeitlich einschlägigen Vergütungstarifvertrag für die Beschäftigten in der Wohnungswirtschaft vom 7. März 2002 würde der Kläger mit seinem Tätigkeitsprofil zur Gruppe IV gehören (Tätigkeiten, die in der Regel die persönlichen Fähigkeiten nach der Gruppe III voraussetzen, ergänzt durch Berufserfahrung, Berufsfortbildung oder durch die Aneignung zusätzlicher Kenntnisse in den jeweiligen Sachgebieten und die auf allgemeine Anweisung selbständig erledigt werden; Tätigkeitsbeispiele u.a. qualifizierte/r Wohnungs-/Immobilienverwalter/in). Auch wenn zu Gunsten des Klägers unterstellt wird, dass seine Angaben zur Beschäftigungsdauer bei der BauGrund (von Juli 1990 bis März 1996 – nach Angaben der Beklagten endete dieses Beschäftigungsverhältnis bereits im November 1994) zutreffend sind und zusätzlich noch die Zeit der geförderten Beschäftigung bei der Firma GEO berücksichtigt wird sowie die aufgrund der längeren Arbeitslosigkeit verbundenen Qualifikationsverluste außer Acht gelassen werden, könnten nur knapp sieben Berufsjahre angerechnet werden. Dies entspräche bei der genannten tariflichen Eingruppierung einem Tariflohn für das Jahr 2002 von 2.540,00 EUR monatlich. Selbst danach läge ein "auffälliges Missverhältnis" zwischen Gehalt und Leistung im Sinne der Rechtsprechung bei dem konkret angebotenen Gehalt von 1.800 EUR monatlich nicht vor.

Die Vergütung war dem Kläger auch nach § 121 Abs. 3 Satz 3 SGB III zumutbar. Danach ist vom siebten Monat der Arbeitslosigkeit an dem Arbeitslosen eine Beschäftigung dann nicht zumutbar, wenn das daraus erzielbare Nettoeinkommen unter Berücksichtigung der mit der Beschäftigung zusammenhängenden Aufwendungen niedriger ist als die Arbeitslosenhilfe. Bei einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt von 1800 Euro ist bei Steuerklasse I von einem wöchentlichen Nettoarbeitsentgelt von etwa 270 Euro auszugehen (vgl. das Leistungsentgelt nach der Leistungsentgeltverordnung 2002 in der Leistungsgruppe A). Auch unter Berücksichtigung von wöchentlichen Fahrtkosten in Höhe von 20 Euro – weitere mit der Beschäftigung zusammenhängende Kosten sind nicht ersichtlich – liegt das erzielbare Nettoeinkommen wesentlich über dem Leistungssatz der dem Kläger gewährten Arbeitslosenhilfe in Höhe von 224,63 Euro.

Der Kläger ist auch ordnungsgemäß über die Rechtsfolgen belehrt worden, die bei einer Ablehnung oder Vereitlung der Anbahnung des Beschäftigungsverhältnisses eintreten. Der von dem Kläger zu den Akten gereichte Vermittlungsvorschlag der Beklagten enthält eine entsprechende – zutreffende – Rechtsfolgenbelehrung.

Schließlich hat der Kläger die Beschäftigung bei der KYFFHÄUSER GmbH & Co Verwaltungs KG durch sein Verhalten beim Bewerbungsgespräch im Rechtssinne abgelehnt. Der Arbeitnehmer soll bei einer Bewerbung sein Interesse an der Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses zum Ausdruck bringen (vgl. BSG, Urteil vom 5. September 2006 - B 7a AL 14/05 R- in juris veröffentlicht). Dies gilt - im Sinne einer Obliegenheit - auch dann, wenn es sich bei der Bewerbung um die bloße Befolgung eines Vermittlungsvorschlags der Agentur für Arbeit handelt. Der Arbeitslose ist in diesem Stadium gehalten, alle Bestrebungen zu unterlassen, die dieser Intention (Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses) nach außen hin erkennbar entgegenlaufen und den Arbeitgeber veranlassen, ihn aus dem Bewerberkreis auszuscheiden. Maßgebend ist insoweit das Gesamtverhalten, das der Arbeitslose in Ansehung des Arbeitsangebots an den Tag legt. Dies gilt nicht nur für die Bewerbung, sondern auch für das Verhalten beim Bewerbungsgespräch. Der Arbeitslose muss sich gegenüber dem potentiellen Arbeitgeber so verhalten, wie dies üblicherweise von einem an einer Arbeitsaufnahme interessierten Arbeitslosen erwartet werden kann. Abzustellen ist hierbei auf den objektiven Empfängerhorizont (des Arbeitgebers). Auf die innere Einstellung des Arbeitslosen, mithin die Frage, ob er das Beschäftigungsangebot tatsächlich zielgerichtet ablehnen wollte, kommt es dagegen nicht an (vgl. BSG, Urteil vom 5. September 2006, aaO).

Das Verhalten des Klägers im Bewerbungsgespräch am 22. Oktober 2002 entsprach nicht dem, was üblicherweise von einem Bewerber erwartet werden kann, der an einer Arbeitsaufnahme interessiert ist. Wenn – wie hier – für die angebotene Stelle bereits im Vermittlungsvorschlag ein konkretes Gehalt genannt ist, kann der potenzielle Arbeitgeber die Kritik an dem vorgesehenen Gehalt als zu gering und die nicht erbetene Äußerung erheblich höherer Gehaltswünsche nur dahin verstehen, dass kein Interesse daran besteht, zu dem angebotenen Gehalt zu arbeiten. Ein derartiges Verhalten ist deshalb geeignet, einen potenziellen Arbeitgeber von einer Stellenbesetzung mit diesem Arbeitnehmer abzuhalten und stellt demzufolge im Sinne des Sperrzeitrechts bereits eine Arbeitsablehnung dar.

Dass der Kläger – jedenfalls aus der Sicht des potenziellen Arbeitgebers – nicht bereit war, zu dem angebotenen Entgelt zu arbeiten, ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus der Aussage der Zeugin S, aber auch aus den eigenen Einlassungen des Klägers. Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin und an der Glaubhaftigkeit ihrer Aussage bestehen für den Senat nicht. Die Zeugin hat unter Strafandrohung sachlich und angemessen die Fragen beantwortet und – anders als der Kläger – kein persönliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits. Sie hat

auch nachvollziehbar erläutert, dass sie, die bisher schon über 50 Bewerbungsgespräche geführt hat, sich an das Bewerbungsgespräch mit dem Kläger noch gut erinnern kann, weil es äußerst ungewöhnlich gewesen ist.

Wie die Zeugin S bereits in der Vernehmung vor dem Sozialgericht bekundet und im Berufungsverfahren bei der Vernehmung am 15. Mai 2007 noch einmal bestätigt hat, hat der Kläger alsbald nach Beginn des Bewerbungsgesprächs die nach seiner Auffassung zu geringe Vergütung kritisiert und gefragt, warum nur so wenig bezahlt werde, 5000 DM seien üblich. Mehrfach und auch auf Vorhalt des Klägers hat die Zeugin ausgesagt, dass sich die ihr genau erinnerlichen 5000 DM, um die es im Bewerbungsgespräch gegangen sei, auf die aktuellen Gehaltsvorstellungen des Klägers und nicht etwa auf das früher erzielte Gehalt bezogen haben. Die Zeugin S hat zudem bekundet, dass sie den Kläger nicht nach seinen Gehaltswünschen gefragt habe, da das Gehalt bereits in dem Stellenangebot angegeben gewesen sei. Aus seinem gesamten Verhalten habe sie den eindeutigen Willen entnommen, nicht bereit zu sein, für 1800 Euro brutto zu arbeiten. Daraus folgt, dass der Kläger von sich aus das Thema des Gehalts angesprochen hat, und zwar in einer äußerst ungewöhnlichen Weise. Wie schon das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat, ist sein Vorbringen, keine Gehaltsforderungen gestellt, sondern nur die Frage nach seinem Gehaltswunsch beantwortet zu haben, durch die Zeugin widerlegt worden. Dem Kläger war bereits bei Erhalt des Vermittlungsvorschlages bekannt, dass das Gehalt bei der KYFFHÄUSER GmbH & Co Verwaltungs KG nicht nach Vereinbarung festgelegt wird, sondern 1800 EUR beträgt. Insofern gab es für die Zeugin, wie von ihr überzeugend dargelegt, keinen Grund, nach dem Gehaltswunsch des Klägers zu fragen. Insgesamt hat die Zeugin glaubhaft bekundet, dass bereits das Verhalten des Klägers im Hinblick auf seine überhöhten Gehaltsvorstellungen für sie Grund genug war, die Stelle nicht mit ihm zu besetzen und das Bewerbungsgespräch nach ungewöhnlich kurzer Zeit abzubrechen.

Soweit der Kläger nunmehr im Gerichtsverfahren angibt, er habe überhaupt nicht von sich aus über das Gehalt gesprochen und nur auf Nachfrage gegen Ende des Bewerbungsgesprächs seinen "Wunsch" an der Orientierung des Gehaltes am Tarifvertrag der Wohnungswirtschaft –ohne Bezugnahme auf die Anerkennung von 10 Berufsjahren- zum Ausdruck gebracht habe, hält der Senat dies nicht für glaubhaft. Der Kläger selbst hat im Rahmen seiner Anhörung gegenüber der Beklagten im November 2002 schriftlich angegeben, gesagt zu haben, er halte "eine Orientierung am Gehaltstarif der Wohnungswirtschaft bei Anerkennung von zehn Berufsjahren für angebracht". Dies entspricht nach dem einschlägigen Tarifvertrag einem Gehalt von 2.860 Euro. Wie das Sozialgerecht zutreffend ausgeführt hat, ist das Vorbringen des Klägers, nicht gewusst zu haben, wie der Tarifvertrag tatsächlich ausgesehen hat, gleichwohl aber die Gehaltsvorstellung daran festgemacht zu haben, lebensfremd, zumal er selbst einräumt, dass es beim Bewerbungsgespräch unterschiedliche Auffassungen über die "Höhe der Dotierung" gab, er also nach seinem eigenen Vortrag gewusst haben musste, dass nach dem Tarifvertrag (zumal nach 10 Berufsjahren) ein deutlich höheres Gehalt vorgesehen war. Zudem hatte der Kläger noch bis in das Berufungsverfahren hinein fälschlich geleugnet, dass der Vermittlungsvorschlag bereits einen Betrag des vorgesehenen Gehaltes genannt habe. Schließlich ergibt sich aus der eigenen Einlassung des Klägers, er habe noch nach dem Bewerbungsgespräch Erkundigungen über die Höhe von Fördergeldern der Beklagten für seine Einstellung einholen wollen (und zwar nicht zur Entlastung des potenziellen Arbeitgebers, sondern damit dieser ihm ein entsprechend höheres Gehalt zahle), dass die Zeugin mit Recht davon ausgehen durfte und ausgegangen war, er sei nicht bereit, zu dem angebotenen Gehalt zu arbeiten.

Der Kläger konnte auch individuell erkennen, dass sein Verhalten im Hinblick auf seine Gehaltsforderungen unangemessen war und er damit rechnen musste, deswegen nicht eingestellt zu werden. Im Rahmen der subjektiven Vorwerfbarkeit reicht leichte Fahrlässigkeit aus (vgl. BSG, Urteil vom 5. September 2006, aaO). Er wusste auch aufgrund des Vermittlungsvorschlags, dass für die angebotene Stelle ein bestimmtes Gehalt bereits arbeitgeberseits vorgegeben war. Sollte er das Vermittlungsangebot nicht sorgfältig gelesen und gemeint haben, die Höhe des Gehalts sei (noch) auszuhandeln, so wäre ihm bereits dies vorzuwerfen. Hat er den Vermittlungsvorschlag der Beklagten hingegen sorgfältig gelesen, so musste es sich ihm aufdrängen, dass die Forderung nach deutlich höherem Gehalt als angeboten zur Nichteinstellung führen wird. Denn an die intellektuelle Einsichtsfähigkeit des Klägers können zumindest mittlere Anforderungen gestellt werden. Der Kläger hat mehrere Ausbildungen durchlaufen, ein Studium an einer höheren Fachschule abgeschlossen und war in einem verantwortungsvollen Beruf tätig. Seine schriftlichen Bewerbungsunterlagen zeigen, dass er in der Lage ist, sich gewandt auszudrücken und angemessen zu äußern. Die schriftliche Bewerbung zeigt weiter, dass er subjektiv in der Lage war, sich auf das Anforderungsprofil der angebotenen Stelle einzulassen und eine ansprechende Bewerbung auch aus der Sicht des potenziellen Arbeitgebers zu verfassen. Auch nach dem subjektiven Eindruck, den der Senat in der mündlichen Verhandlung von dem Kläger gewonnen hat, weiß der Kläger genau, wie man sich angemessen und sozial adäquat verhält. Es muss ihm daher auch subjektiv bewusst gewesen sein, dass sein unangemessenes Verhalten bei der Gehaltsfrage anlässlich des Vorstellungsgesprächs zur Nichteinstellung führen kann, und er hat diese Folge (zumindest) willentlich in Kauf genommen. Dafür spricht auch seine schriftliche Aussage gegenüber der Beklagten im Schreiben vom 16. November 2002, ausdrücklich gegenüber dem potenziellen Arbeitgeber betont zu haben, dass er das Beschäftigungsangebot "aus formalen und rechtlichen Gründen nicht ablehnen" könne und werde, da ihm andernfalls "eine Sperrzeit beim Arbeitsamt" drohe. Auch diese Äußerung lässt nur den Schluss zu, dass er kein Interesse an der angebotenen Stelle (zu den gegebenen Bedingungen) hatte und sich lediglich zur Vermeidung leistungsrechtlicher Nachteile beworben hat.

Zu bejahen ist auch der kausale Zusammenhang zwischen dem Verhalten des Klägers und der Verlängerung der Dauer der Arbeitslosigkeit. Dabei ist kein Kausalitätsnachweis dahingehend erforderlich, dass der Arbeitgeber den Arbeitslosen bei Erfüllung des von ihm geforderten Verhaltens auch tatsächlich eingestellt hätte; ausreichend ist grundsätzlich, dass der Arbeitslose nach seinen Vorkenntnissen für die angebotene Arbeit in Betracht kommt (BSG, Urteil vom 5. September 2006, aaO). Dies ist vorliegend der Fall. Der Kläger kam aufgrund seiner Qualifikation und seiner einschlägigen beruflichen Erfahrung für die zu besetzende Stelle in Betracht, was auch die Einladung zum Bewerbungsgespräch zeigt.

Für das Verhalten des Klägers lag auch kein wichtiger Grund vor. Ob ein wichtiger Grund für die Ablehnung eines Arbeitsangebots besteht, ist unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Sperrzeitregelung zu beurteilen. Diese beruht auf dem Grundgedanken, dass sich die Versichertengemeinschaft gegen Risikofälle wehren muss, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat oder an deren Behebung er unbegründet nicht mithilft; eine Sperrzeit soll nur dann nicht eintreten, wenn dem Arbeitslosen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten nicht zugemutet werden kann. Geboten ist somit eine Einzelfallprüfung. Ob dem Arbeitslosen wegen Unzumutbarkeit der angebotenen Arbeit ein wichtiger Grund für sein Verhalten zur Seite steht, richtet sich nach den gesetzlichen Regelungen zur Arbeitsvermittlung (§§ 35, 36 SGB III) und zur Zumutbarkeit einer Beschäftigung (BSG, Urteil vom 8. November 2001 – B 11 AL 31/01 R). Wie oben ausgeführt, war das Vermittlungsangebot dem Kläger sowohl von der Art der Tätigkeit, als auch von der Vergütung her zumutbar. Zwar können berechtigte Wünsche hinsichtlich der Arbeitsbedingungen und der Entlohnung auch einen wichtigen Grund für eine Arbeitsablehnung darstellen. Wenn wie vorliegend die ortsübliche Entlohnung deutlich unter dem Tariflohn liegt, stellt das Einfordern einer tariflichen Entlohnung eine überzogene Lohnforderung dar. Es liegt auch keine besondere Härte vor, die eine Herabsetzung der Sperrzeit rechtfertigen würde. Nach § 144 Abs. 3 SGB III können nur die "für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen" zu der Annahme einer besonderen Härte führen, so dass außerhalb des Sperrzeittatbestandes liegende Umstände grundsätzlich keine Berücksichtigung finden (BSG, Urteil vom 29. November 1988 - 11/7 RAr 91/87 - SozR 4100 § 119 Nr. 34). Die allgemeine Härteklausel entzieht sich grundsätzlich einer generalisierenden Betrachtung; vielmehr ist eine Bewertung der Gesamtumstände des Einzelfalls vorzunehmen (vgl. BSG, Urteil vom 26. März 1998 - B 11 AL 49/97 R - SozR 3-4100 § 119 Nr. 14). Solche besonderen Umstände sind hier nicht erkennbar und auch nicht vorgetragen. Insbesondere ist angesichts der offenkundigen Gewandtheit des Klägers, seiner mündlich und schriftlich dokumentierten Ausdrucksfähigkeit, seiner beruflichen Qualifikation und Erfahrung nicht erkennbar, dass er irrtümlich hätte berechtigt davon ausgehen dürfen, sein Verhalten anlässlich des Bewerbungsgesprächs – und seine Gehaltsforderung – seien angemessen.

Ist demgemäß eine Sperrzeit eingetreten, ist die entsprechende Feststellung durch die Beklagte nicht zu beanstanden. Im Hinblick auf den kalendermäßigen Ablauf geht die Beklagte mit Recht von dem Bewerbungsgespräch am 22. Oktober 2002 als dem die Sperrzeit begründenden Ereignis aus, in dem der Kläger das unangemessene Verhalten gezeigt und damit im Rechtssinne die Arbeit abgelehnt hat. Zutreffend hat sie daher eine Sperrzeit für die Zeit vom 23. Oktober 2002 bis zum 14. Januar 2003 festgestellt.

Die Aufhebung der zugrunde liegenden Bewilligung von Arbeitslosenhilfe erfolgte gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 4 SGB X im Hinblick auf das wegen der Sperrzeit eingetretene Ruhen des Leistungsanspruchs zu Recht, da es dem Kläger aufgrund der Rechtsfolgenbelehrung auf der Rückseite des schriftlichen Vermittlungsvorschlages zumindest bekannt sein musste.

Gemäß § 50 SGB X ist der aufgrund der Aufhebung der Leistungsbewilligung überzahlte Betrag zu erstatten. Der Erstattungsbetrag ist zutreffend errechnet.

Die Verpflichtung zur Erstattung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung folgt aus § 335 Abs.1 SGB III.

Da das Urteil des Sozialgerichts und die angefochtenen Bescheide nach allem nicht zu beanstanden sind, konnte die Berufung keinen Erfolg haben.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das Ergebnis des Rechtsstreites in der Hauptsache.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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