Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 RJ 697/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 R 603/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 15.09.2004 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 31.07.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2002 abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Hinterbliebenenrente.
Der 1946 geborene und bei der Beklagten versichert gewesene H. S. (Versicherter) bezog ab 01.01.1994 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) zunächst auf Zeit bis 30.06.1997 und anschließend auf Dauer. Während eines stationären Aufenthalts im Kreiskrankenhaus K. im Januar/Februar 2001 wurde eine unklare Raumforderung am linken Lungen-Hilus diagnostiziert, die sich als kleinzelliges Bronchial-Carcinom herausstellte. Deswegen wurden am 16.03.2001 der linke Lungen-Oberlappen rezesiert und die Lymphknoten aus dem Lappenspalt und dem aorto-pulmonalen Fenster entfernt. Bis Juli 2001 erfolgten vier Zyklen Chemotherapie. Im Februar 2002 trat eine Neumetastasierung der Schädelkalotte, des BWK 4/LWK 1 und der Leber auf. Weitere Metastasen führten ab 15.04.2002 zum letzten stationären Aufenthalt des Versicherten in der Med. Uniklinik W ... Dort verstarb dieser am 03.05.2002.
Am 27.06.2002 beantragte die Klägerin, die den Versicherten im Rahmen einer Notfalltrauung auf der Station am 29.04.2002 geheiratet hatte, Hinterbliebenenrente, wobei sie geltend machte, es sei der ausdrückliche Wunsch des Versicherten gewesen, die Ehe mit ihr einzugehen. Der Versicherte und sie seien davon ausgegangen, dass nach überstandener schwerer Erkrankung eine dauerhafte Genesung eintreten werde. Zum Zeitpunkt der Eheschließung sei mit einem alsbaldigen Ableben des Versicherten nicht zu rechnen gewesen. Mit Bescheid vom 31.07.2002 und Widerspruchsbescheid vom 18.10.2002 lehnte die Beklagte die Gewährung von Hinterbliebenenrente ab. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die begehrte Rente, da die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert habe. Die tödlichen Folgen einer Krankheit, die im Zeitpunkt der Eheschließung nicht vorhersehbar gewesen seien, seien zwar grundsätzlich Tatbestände, die geeignet seien, die gesetzliche Vermutung der Versorgungsehe zu widerlegen; maßgebend seien jedoch die Umstände des Einzelfalles. Da der Untersuchungsgrundsatz der Beklagten seine Grenze im Bereich der privaten Lebensführung habe, liege es nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast an der Hinterbliebenen selbst, die besonderen Umstände nachzuweisen, die die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe widerlegten. Dieser Beweis sei vorliegend jedoch nicht erbracht worden.
Im anschließenden Klageverfahren hat die Klägerin geltend gemacht, sie habe mit dem Versicherten bereits seit 14 Jahren eheähnlich zusammengelebt. Eine Heirat sei nicht erfolgt, da der Versicherte an Trunk- und Spielsucht gelitten habe. Sie habe ihm in Aussicht gestellt, ihn zu heiraten, sobald er dieses Suchtverhalten überwunden habe. Es sei dann die Eheschließung im Laufe des Jahres 2001 geplant worden. Im Hinblick und in Rücksichtnahme auf die schwere Erkrankung sei die Eheschließung deshalb zunächst verschoben worden. Zum Zeitpunkt der Eheschließung seien der Versicherte und sie davon ausgegangen, dass dieser bald wieder vollständig genesen werde und endlich die lang ersehnte gemeinsame glückliche Zukunft vor ihnen liegen würde, nachdem ärztlicherseits bestätigt worden sei, dass mit einer baldigen Genesung des Versicherten zu rechnen sei.
Mit Urteil vom 15.09.2004 hat das Sozialgericht Würzburg (SG) die Beklagte verurteilt, der Klägerin die gesetzliche Witwenrente aus der Versicherung des H. S. zu gewähren. Nach dem ersten Anschein könne die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe zwar zutreffen. Es lägen aber ausreichende äußere Umstände vor, die die gesetzliche Vermutung widerlegten. Die Klägerin habe bereits vor der Eheschließung eigene Rentenleistungen in einer Höhe bezogen, die deutlich über dem Sozialhilfebedarf liegen. Bei einer Rentenhöhe von 800,00 EUR monatlich könne grundsätzlich von einer ausreichenden Versorung ausgegangen werden. Hinzu komme, dass die zuletzt vom Versicherten bezogene Rente um mehr als die Hälfte niedriger gewesen sei. Deshalb sei die von der Klägerin zu erwartende Witwenrente im Verhältnis zu ihrer eigenen Versorgung gering. Diese Umstände ließen das mögliche Motiv einer Versorgungsehe deutlich in den Hintergrund treten. Jedenfalls könne nicht mehr angenommen werden, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat gewesen sei, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Schließlich sei auch zu bedenken, dass die Ehegatten vor der Eheschließung bereits 14 Jahre in eheähnlicher Gemeinschaft gelebt hätten. Auch dies lasse für die vom Gesetzgeber gewollte gesetzliche Vermutung nur wenig Raum.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt und im Wesentlichen vorgebracht, dass eine seit Jahren bestehende eheähnliche Gemeinschaft gerade für das Vorliegen einer Versorgungsehe spreche. Bezüglich des Argumentes der ausreichenden Versorgung der Klägerin dränge sich die Frage auf, was genau in diesem Zusammenhang unter einer ausreichenden eigenen Versorgung zu verstehen sei. Es würde nämlich mit dem angefochtenen Urteil durch die Verwendung eines im hiesigen Zusammenhang nicht näher bestimmten Begriffes "ausreichende eigene Versorgung" ein Weg zur Gewährung der Witwenrente in einer übergroßen Anzahl von Fällen führen. Damit werde aber die Absicht des Gesetzgebers gerade verfehlt. Nach ihrer Auffassung müsse es für die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe ausreichen, dass überhaupt eine Versorgung, wenn auch nur als Anspruch dem Grunde nach, entstehe.
Mit Bescheid vom 26.10.2004 führte die Beklagte das angefochtene Urteil aus, wobei sich (im Jahre 2004) eine Hinterbliebenenrente von monatlich 429,69 EUR errechnete. Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 15.09.2004 aufzuheben und die Klage als unbegründet abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie trägt vor, vorliegend sei die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe widerlegt. Sie beziehe eine eigene Rente wegen EU (ab 01.06.2002) in Höhe von monatlich ca. 800,00 EUR. Damit sei von einer ausreichenden eigenen Versorgung auszugehen, da die Grenzen der Sozialhilfe überschritten würden. Werde noch berücksichtigt, dass sie mit dem Versicherten vor der Eheschließung bereits 14 Jahre in eheähnlicher Gemeinschaft gelebt habe, sei dies ein weiterer gravierender Umstand, der geeignet sei, die Vermutung einer Versorgungsehe zu widerlegen. Zu ergänzen sei noch, dass zum Zeitpunkt der Eheschließung der kurzfristige Tod des Versicherten nicht zu erwarten gewesen sei. Sie sei deshalb zum Zeitpunkt der Eheschließung keineswegs von einem baldigen Tod ihres späteren Ehegatten ausgegangen.
Beigezogen zum Verfahren waren neben den Versicherungsunterlagen und den ärztlichen Unterlagen des Versicherten die Rentenunterlagen der Klägerin von der Deutschen Rentenversicherung Unterfranken sowie die ärztlichen Unterlagen der den Versicherten zuletzt behandelnden Ärztin Dr.K ... Wegen der Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestands auf die genannten Unterlagen und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu gegeben haben (§ 124 Abs 2 SGG).
Das Rechtsmittel hat in der Sache auch Erfolg. Auf den Antrag der Beklagten war das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 15.09.2004 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 31.07.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2002 abzuweisen. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Hinterbliebenenrente aus der Versicherung des H. S. , da die gesetzliche Vermutung des § 46 Abs 2a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) nicht widerlegt ist.
Gemäß § 46 Abs 2a SGB VI - gültig vom 01.01.2002 bis 31.12.2004 - haben Witwen oder Witwer keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Unterstellt wird somit die Versorgungsehe nach der Festlegung in der genannten Vorschrift stets, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, der Ehegatte also innerhalb eines Jahres nach der Heirat verstorben ist.
Diese Vorschrift gilt für alle seit dem 01.01.2002 geschlossenen Ehen (vgl § 242a Abs 3 SGB VI) und ist den Regelungen in der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 65 Abs 6 SGB VII), der Kriegsopferversorgung (§ 38 Abs 2 Bundesversorgungsgesetz) sowie der Beamtenversorgung (§ 19 Abs 1 Nr 1 Beamtenversorgungsgesetz) nachgebildet. Deshalb ist die Rechtsprechung zum Begriff "besondere Umstände" in diesen Bestimmungen im Wesentlichen auf § 46 Abs 2a SGB VI übertragbar (vgl Kasseler Kommentar Gürtner § 46 RdNr 46c).
Die genannte Vorschrift begründet mithin die gesetzliche Vermutung, dass bei Tod des Versicherten innerhalb eines Jahres nach der Eheschließung die Erlangung einer Versorgung Ziel der Eheschließung war. Die Ehe zwischen der Klägerin und dem Versicherten hat weniger als ein Jahr gedauert, nämlich vom 29.04.2002 bis 03.05.2002. Die gesetzliche Vermutung des § 46 Abs 2a SGB VI greift also ein.
Diese Vermutung ist allerdings widerlegbar ("es sei denn"). Sie ist widerlegt, wenn besondere Umstände vorliegen, aufgrund derer trotz kurzer Ehedauer die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen (Gesetzesbegründung zu § 46 Abs 2a SGB VI, Bundestagsdrucksache 14/4595 S 44). Besondere Umstände sind nur solche, die eine Versorgungsabsicht eindeutig ausschließen, z.B. weil der Eintritt des Versicherungsfalls im Zeitpunkt der Eheschließung nicht vorausgesehen werden konnte (Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzl. Unfallversicherung § 65 RdNr 25.1; Schleswig-Holsteinisches LSG Urteil vom 07.12.2006 - L 12 R 99/06; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.03.1999 - L 2 U 2125/96 -).
Die Widerlegung der Vermutung erfordert nach § 202 SGG iVm § 292 der Zivilprozessordnung (ZPO) den vollen Beweis des Gegenteils (BSG SozR 3100/28 Nr 5). Der Vollbeweis erfordert zumindest einen der Gewissheit nahen Grad der Wahrscheinlichkeit. Die nur denkbare Möglichkeit reicht nicht aus. Eine Tatsache ist danach bewiesen, wenn alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon oder einen so hohen Grad an Wahrscheinlichkeit zu begründen, dass kein vernünftiger Mensch noch zweifelt (vgl BSG SozR 3-3900 § 15 Nr 3 mwN). Das angefochtene Urteil des SG vom 15.09.2004 könnte mithin nur bestätigt werden, wenn die gerichtliche Sachaufklärung zur vollen Überzeugung des Senats oder zumindest mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit ergeben hätte, dass die Eheschließung zwischen der Klägerin und dem Versicherten nicht allein oder überwiegend der Begründung eines Anspruchs auf Hinterbliebenenversorgung gedient hat.
Diese Überzeugung hat der Senat vorliegend nicht gewinnen können. So sprechen die konkreten Umstände der Eheschließung für eine Versorgungsehe. Die Heirat erfolgte im Wege einer Notfalltrauung in der Universitätsklinik W ... Die stationäre Aufnahme war am 15.04.2002 wegen progredienter Allgemeinzustands-Verschlechterung, Inappetenz, Gewichtsverlusts sowie Übelkeit und Erbrechen bei bekanntem multipel metastasiertem kleinzelligem Bronchial-Carcinom erforderlich geworden. Nach der Aufnahme verschlechterte sich trotz breitester intravenöser-antibiotischer Therapie das klinische und laborchemische Zustandsbild des Versicherten zusehends. Dies ergibt sich aus dem Arztbrief der Medizinischen Universitätsklinik W. vom 13.05.2002. Schließlich starb der Versicherte bereits drei Tage nach der Eheschließung an einem terminalen Herz-Kreislaufversagen bei Tumorkachexie und Sepsis. Dadurch ist auch das Vorbringen der Klägerin widerlegt, der Tod des Versicherten sei zum Zeitpunkt der Eheschließung nicht zu erwarten gewesen. Denn davon kann in Anbetracht der Metastasierungen der Schädelkalotte, BWK 4/LWK 1 und der Leber, weswegen der stationäre Aufenthalt erfolgte, nicht die Rede sein. Im Gegenteil, zum Zeitpunkt der Eheschließung war somit vom Tod des Versicherten in naher Zukunft auszugehen. Die beigezogenen Krankenhausberichte lassen nämlich keinen Zweifel daran, dass zum Zeitpunkt der standesamtlichen Notfalltrauung allen Beteiligten das bevorstehende Ableben des Versicherten bewusst gewesen sein muss. Dafür spricht auch, dass eine standesamtliche Notfalltrauung die lebensgefährliche Erkrankung eines Verlobten sowie die ärztliche Bestätigung voraussetzt, dass die Eheschließung nicht aufgeschoben werden kann (§ 7 Personenstandsgesetz, gültig ab 01.07.1998). Bereits in Anbetracht dieser Umstände ist die Vermutung des § 46 Abs 2a SGB VI nicht widerlegt.
Die Klägerin kann auch nicht damit gehört werden, der Versorgungsgedanke habe für die Heirat keine wesentliche Rolle gespielt, denn ihre Versorgung sei bereits durch den Bezug ihrer eigenen Rente ausreichend gesichert. Es ist bereits zweifelhaft, ob der angemessene Lebensunterhalt der Klägerin mit der eigenen Erwerbsunfähigkeitsrente - nach Auskunft der Beklagten monatlich ca. 800,00 EUR - sichergestellt wäre. Es handelt sich hierbei um einen Betrag, der nur geringfügig über dem Sozialhilfeniveau liegt (Regelsatz 347,00 EUR zuzüglich Unterkunftskosten - angemessene Kaltmiete und Mietnebenkosten -), so dass vorliegend der Hinterbliebenenrente (430,00 EUR monatlich) eine deutliche wirtschaftliche Bedeutung zukommt (Hessisches LSG Urteil vom 13.12.2006 - L 2 R 220/06). Im Übrigen ist dem Gesetz nicht zu entnehmen, dass die Rechtsvermutung der Versorgungsehe nur bei Witwen/Witwern gelten soll, die ihrerseits überhaupt keine eigene Versorgung haben. Denn auch das Motiv, gegebenenfalls durch die Witwen-/Witwerrente einen höheren Lebensunterhalt zu erhalten, stützt die Rechtsvermutung einer Versorgungsehe (so auch Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 07.05.2006 - L 17 R 2024/05 -).
Die von der Klägerin geltend gemachten Umstände lassen andere Motive zwar durchaus möglich erscheinen, stehen jedoch der Vermutung einer die Begründung eines (zusätzlichen) Anspruchs auf Hinterbliebenenversorgung aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezweckenden Eheschließung nicht mit der zur Führung des Vollbeweises erforderlichen Evidenz entgegen. Die Klägerin hat zwar mit dem Versicherten schon etwa 14 Jahre eheähnlich zusammengelebt. Die Heirat am 29.04.2002 erfolgte zur Überzeugung des Senats aber zum Zweck der Versorgung der Klägerin, denn ein anderer Grund ist für die Eheschließung zu diesem Zeitpunkt gerade im Hinblick auf die lange Bekanntschaft und das bereits seit Jahren bestehende eheähnliche Zusammenleben nicht ersichtlich. Dieses längere Zusammenleben lässt vielmehr den Schluss zu, dass die Klägerin und der Versicherte, die beide geschieden waren, das Zusammenleben ohne Eheschließung als gewählte Lebensform für ausreichend erachteten. Es unterstreicht im Übrigen die Rechtsvermutung, dass es alleiniger oder überwiegender Zweck der Eheschließung war, dem Überlebenden eine Versorgung zu verschaffen (LSG NRW, HV-Info 16/2001, 1454; BayLSG Beschluss vom 05.02.2007 - L 19 B 863/06 R PKH).
Letztlich ist auch das Vorbringen der Klägerin nicht nachvollziehbar, sie habe dem Versicherten eine Eheschließung in Aussicht gestellt, wenn dieser seine Trunk- und Spielsucht überwunden habe. Die Klägerin hat selbst nicht vorgetragen, dass der Versicherte sein Suchtverhalten insbesondere in der Zeit, als ihm das noch möglich gewesen ist, aufgegeben hätte. Aus den Krankenunterlagen ergibt sich vielmehr auch für die Zeit nach der Diagnosestellung des Bronchial-Carcinoms, dass bei ihm neben dem Nikotinabusus weiterhin ein Alkoholabusus vorlag (vgl. Arztbrief der Medizinischen Universitätsklinik W. vom 15.04.2002).
Das Bestehen allein einer Liebesbeziehung und die wiederholte Äußerung von Heiratsabsichten reichen nach dem Urteil des BayLSG vom 23.07.2003 - L 2 U 360/01 -, dem sich der Senat anschließt, für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung des § 46 Abs 2a SGB VI ohnehin nicht aus. Die sich hieraus ergebenden Nachteile hat die Klägerin zu tragen. Denn nach den auch im Rentenversicherungsrecht geltenden Regeln der objektiven Beweislast fallen die Folgen der Nichtfeststellbarkeit einer Tatsache demjenigen Beteiligten zur Last, der aus der Tatsache ein Recht herleiten will. Die Klägerin muss sich folglich so behandeln lassen, als ob sie die gesetzliche Vermutung des § 46 Abs 2a SGB VI nicht widerlegt hat. Bei dieser Sachlage vermag der Senat ein von der Versorgungsabsicht abweichendes Motiv nicht mit der erforderlichen Gewissheit zu erkennen. Die Vorgeschichte lässt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht den Schluss zu, dass die Versorgungsabsicht insgesamt betrachtet nicht überwiegt und sich die Eheschließung als die konsequente Verwirklichung eines schon vor Bekanntwerden der Erkrankung gefassten Heiratsentschlusses darstellt. Ein Anspruch auf Witwenrente gegen die Beklagte steht ihr mithin nicht zu. Das angefochtene Urteil des SG Würzburg war daher aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass die Klägerin nicht obsiegte.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Hinterbliebenenrente.
Der 1946 geborene und bei der Beklagten versichert gewesene H. S. (Versicherter) bezog ab 01.01.1994 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) zunächst auf Zeit bis 30.06.1997 und anschließend auf Dauer. Während eines stationären Aufenthalts im Kreiskrankenhaus K. im Januar/Februar 2001 wurde eine unklare Raumforderung am linken Lungen-Hilus diagnostiziert, die sich als kleinzelliges Bronchial-Carcinom herausstellte. Deswegen wurden am 16.03.2001 der linke Lungen-Oberlappen rezesiert und die Lymphknoten aus dem Lappenspalt und dem aorto-pulmonalen Fenster entfernt. Bis Juli 2001 erfolgten vier Zyklen Chemotherapie. Im Februar 2002 trat eine Neumetastasierung der Schädelkalotte, des BWK 4/LWK 1 und der Leber auf. Weitere Metastasen führten ab 15.04.2002 zum letzten stationären Aufenthalt des Versicherten in der Med. Uniklinik W ... Dort verstarb dieser am 03.05.2002.
Am 27.06.2002 beantragte die Klägerin, die den Versicherten im Rahmen einer Notfalltrauung auf der Station am 29.04.2002 geheiratet hatte, Hinterbliebenenrente, wobei sie geltend machte, es sei der ausdrückliche Wunsch des Versicherten gewesen, die Ehe mit ihr einzugehen. Der Versicherte und sie seien davon ausgegangen, dass nach überstandener schwerer Erkrankung eine dauerhafte Genesung eintreten werde. Zum Zeitpunkt der Eheschließung sei mit einem alsbaldigen Ableben des Versicherten nicht zu rechnen gewesen. Mit Bescheid vom 31.07.2002 und Widerspruchsbescheid vom 18.10.2002 lehnte die Beklagte die Gewährung von Hinterbliebenenrente ab. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die begehrte Rente, da die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert habe. Die tödlichen Folgen einer Krankheit, die im Zeitpunkt der Eheschließung nicht vorhersehbar gewesen seien, seien zwar grundsätzlich Tatbestände, die geeignet seien, die gesetzliche Vermutung der Versorgungsehe zu widerlegen; maßgebend seien jedoch die Umstände des Einzelfalles. Da der Untersuchungsgrundsatz der Beklagten seine Grenze im Bereich der privaten Lebensführung habe, liege es nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast an der Hinterbliebenen selbst, die besonderen Umstände nachzuweisen, die die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe widerlegten. Dieser Beweis sei vorliegend jedoch nicht erbracht worden.
Im anschließenden Klageverfahren hat die Klägerin geltend gemacht, sie habe mit dem Versicherten bereits seit 14 Jahren eheähnlich zusammengelebt. Eine Heirat sei nicht erfolgt, da der Versicherte an Trunk- und Spielsucht gelitten habe. Sie habe ihm in Aussicht gestellt, ihn zu heiraten, sobald er dieses Suchtverhalten überwunden habe. Es sei dann die Eheschließung im Laufe des Jahres 2001 geplant worden. Im Hinblick und in Rücksichtnahme auf die schwere Erkrankung sei die Eheschließung deshalb zunächst verschoben worden. Zum Zeitpunkt der Eheschließung seien der Versicherte und sie davon ausgegangen, dass dieser bald wieder vollständig genesen werde und endlich die lang ersehnte gemeinsame glückliche Zukunft vor ihnen liegen würde, nachdem ärztlicherseits bestätigt worden sei, dass mit einer baldigen Genesung des Versicherten zu rechnen sei.
Mit Urteil vom 15.09.2004 hat das Sozialgericht Würzburg (SG) die Beklagte verurteilt, der Klägerin die gesetzliche Witwenrente aus der Versicherung des H. S. zu gewähren. Nach dem ersten Anschein könne die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe zwar zutreffen. Es lägen aber ausreichende äußere Umstände vor, die die gesetzliche Vermutung widerlegten. Die Klägerin habe bereits vor der Eheschließung eigene Rentenleistungen in einer Höhe bezogen, die deutlich über dem Sozialhilfebedarf liegen. Bei einer Rentenhöhe von 800,00 EUR monatlich könne grundsätzlich von einer ausreichenden Versorung ausgegangen werden. Hinzu komme, dass die zuletzt vom Versicherten bezogene Rente um mehr als die Hälfte niedriger gewesen sei. Deshalb sei die von der Klägerin zu erwartende Witwenrente im Verhältnis zu ihrer eigenen Versorgung gering. Diese Umstände ließen das mögliche Motiv einer Versorgungsehe deutlich in den Hintergrund treten. Jedenfalls könne nicht mehr angenommen werden, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat gewesen sei, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Schließlich sei auch zu bedenken, dass die Ehegatten vor der Eheschließung bereits 14 Jahre in eheähnlicher Gemeinschaft gelebt hätten. Auch dies lasse für die vom Gesetzgeber gewollte gesetzliche Vermutung nur wenig Raum.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt und im Wesentlichen vorgebracht, dass eine seit Jahren bestehende eheähnliche Gemeinschaft gerade für das Vorliegen einer Versorgungsehe spreche. Bezüglich des Argumentes der ausreichenden Versorgung der Klägerin dränge sich die Frage auf, was genau in diesem Zusammenhang unter einer ausreichenden eigenen Versorgung zu verstehen sei. Es würde nämlich mit dem angefochtenen Urteil durch die Verwendung eines im hiesigen Zusammenhang nicht näher bestimmten Begriffes "ausreichende eigene Versorgung" ein Weg zur Gewährung der Witwenrente in einer übergroßen Anzahl von Fällen führen. Damit werde aber die Absicht des Gesetzgebers gerade verfehlt. Nach ihrer Auffassung müsse es für die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe ausreichen, dass überhaupt eine Versorgung, wenn auch nur als Anspruch dem Grunde nach, entstehe.
Mit Bescheid vom 26.10.2004 führte die Beklagte das angefochtene Urteil aus, wobei sich (im Jahre 2004) eine Hinterbliebenenrente von monatlich 429,69 EUR errechnete. Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 15.09.2004 aufzuheben und die Klage als unbegründet abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie trägt vor, vorliegend sei die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe widerlegt. Sie beziehe eine eigene Rente wegen EU (ab 01.06.2002) in Höhe von monatlich ca. 800,00 EUR. Damit sei von einer ausreichenden eigenen Versorgung auszugehen, da die Grenzen der Sozialhilfe überschritten würden. Werde noch berücksichtigt, dass sie mit dem Versicherten vor der Eheschließung bereits 14 Jahre in eheähnlicher Gemeinschaft gelebt habe, sei dies ein weiterer gravierender Umstand, der geeignet sei, die Vermutung einer Versorgungsehe zu widerlegen. Zu ergänzen sei noch, dass zum Zeitpunkt der Eheschließung der kurzfristige Tod des Versicherten nicht zu erwarten gewesen sei. Sie sei deshalb zum Zeitpunkt der Eheschließung keineswegs von einem baldigen Tod ihres späteren Ehegatten ausgegangen.
Beigezogen zum Verfahren waren neben den Versicherungsunterlagen und den ärztlichen Unterlagen des Versicherten die Rentenunterlagen der Klägerin von der Deutschen Rentenversicherung Unterfranken sowie die ärztlichen Unterlagen der den Versicherten zuletzt behandelnden Ärztin Dr.K ... Wegen der Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestands auf die genannten Unterlagen und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu gegeben haben (§ 124 Abs 2 SGG).
Das Rechtsmittel hat in der Sache auch Erfolg. Auf den Antrag der Beklagten war das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 15.09.2004 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 31.07.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2002 abzuweisen. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Hinterbliebenenrente aus der Versicherung des H. S. , da die gesetzliche Vermutung des § 46 Abs 2a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) nicht widerlegt ist.
Gemäß § 46 Abs 2a SGB VI - gültig vom 01.01.2002 bis 31.12.2004 - haben Witwen oder Witwer keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Unterstellt wird somit die Versorgungsehe nach der Festlegung in der genannten Vorschrift stets, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, der Ehegatte also innerhalb eines Jahres nach der Heirat verstorben ist.
Diese Vorschrift gilt für alle seit dem 01.01.2002 geschlossenen Ehen (vgl § 242a Abs 3 SGB VI) und ist den Regelungen in der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 65 Abs 6 SGB VII), der Kriegsopferversorgung (§ 38 Abs 2 Bundesversorgungsgesetz) sowie der Beamtenversorgung (§ 19 Abs 1 Nr 1 Beamtenversorgungsgesetz) nachgebildet. Deshalb ist die Rechtsprechung zum Begriff "besondere Umstände" in diesen Bestimmungen im Wesentlichen auf § 46 Abs 2a SGB VI übertragbar (vgl Kasseler Kommentar Gürtner § 46 RdNr 46c).
Die genannte Vorschrift begründet mithin die gesetzliche Vermutung, dass bei Tod des Versicherten innerhalb eines Jahres nach der Eheschließung die Erlangung einer Versorgung Ziel der Eheschließung war. Die Ehe zwischen der Klägerin und dem Versicherten hat weniger als ein Jahr gedauert, nämlich vom 29.04.2002 bis 03.05.2002. Die gesetzliche Vermutung des § 46 Abs 2a SGB VI greift also ein.
Diese Vermutung ist allerdings widerlegbar ("es sei denn"). Sie ist widerlegt, wenn besondere Umstände vorliegen, aufgrund derer trotz kurzer Ehedauer die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen (Gesetzesbegründung zu § 46 Abs 2a SGB VI, Bundestagsdrucksache 14/4595 S 44). Besondere Umstände sind nur solche, die eine Versorgungsabsicht eindeutig ausschließen, z.B. weil der Eintritt des Versicherungsfalls im Zeitpunkt der Eheschließung nicht vorausgesehen werden konnte (Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzl. Unfallversicherung § 65 RdNr 25.1; Schleswig-Holsteinisches LSG Urteil vom 07.12.2006 - L 12 R 99/06; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.03.1999 - L 2 U 2125/96 -).
Die Widerlegung der Vermutung erfordert nach § 202 SGG iVm § 292 der Zivilprozessordnung (ZPO) den vollen Beweis des Gegenteils (BSG SozR 3100/28 Nr 5). Der Vollbeweis erfordert zumindest einen der Gewissheit nahen Grad der Wahrscheinlichkeit. Die nur denkbare Möglichkeit reicht nicht aus. Eine Tatsache ist danach bewiesen, wenn alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon oder einen so hohen Grad an Wahrscheinlichkeit zu begründen, dass kein vernünftiger Mensch noch zweifelt (vgl BSG SozR 3-3900 § 15 Nr 3 mwN). Das angefochtene Urteil des SG vom 15.09.2004 könnte mithin nur bestätigt werden, wenn die gerichtliche Sachaufklärung zur vollen Überzeugung des Senats oder zumindest mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit ergeben hätte, dass die Eheschließung zwischen der Klägerin und dem Versicherten nicht allein oder überwiegend der Begründung eines Anspruchs auf Hinterbliebenenversorgung gedient hat.
Diese Überzeugung hat der Senat vorliegend nicht gewinnen können. So sprechen die konkreten Umstände der Eheschließung für eine Versorgungsehe. Die Heirat erfolgte im Wege einer Notfalltrauung in der Universitätsklinik W ... Die stationäre Aufnahme war am 15.04.2002 wegen progredienter Allgemeinzustands-Verschlechterung, Inappetenz, Gewichtsverlusts sowie Übelkeit und Erbrechen bei bekanntem multipel metastasiertem kleinzelligem Bronchial-Carcinom erforderlich geworden. Nach der Aufnahme verschlechterte sich trotz breitester intravenöser-antibiotischer Therapie das klinische und laborchemische Zustandsbild des Versicherten zusehends. Dies ergibt sich aus dem Arztbrief der Medizinischen Universitätsklinik W. vom 13.05.2002. Schließlich starb der Versicherte bereits drei Tage nach der Eheschließung an einem terminalen Herz-Kreislaufversagen bei Tumorkachexie und Sepsis. Dadurch ist auch das Vorbringen der Klägerin widerlegt, der Tod des Versicherten sei zum Zeitpunkt der Eheschließung nicht zu erwarten gewesen. Denn davon kann in Anbetracht der Metastasierungen der Schädelkalotte, BWK 4/LWK 1 und der Leber, weswegen der stationäre Aufenthalt erfolgte, nicht die Rede sein. Im Gegenteil, zum Zeitpunkt der Eheschließung war somit vom Tod des Versicherten in naher Zukunft auszugehen. Die beigezogenen Krankenhausberichte lassen nämlich keinen Zweifel daran, dass zum Zeitpunkt der standesamtlichen Notfalltrauung allen Beteiligten das bevorstehende Ableben des Versicherten bewusst gewesen sein muss. Dafür spricht auch, dass eine standesamtliche Notfalltrauung die lebensgefährliche Erkrankung eines Verlobten sowie die ärztliche Bestätigung voraussetzt, dass die Eheschließung nicht aufgeschoben werden kann (§ 7 Personenstandsgesetz, gültig ab 01.07.1998). Bereits in Anbetracht dieser Umstände ist die Vermutung des § 46 Abs 2a SGB VI nicht widerlegt.
Die Klägerin kann auch nicht damit gehört werden, der Versorgungsgedanke habe für die Heirat keine wesentliche Rolle gespielt, denn ihre Versorgung sei bereits durch den Bezug ihrer eigenen Rente ausreichend gesichert. Es ist bereits zweifelhaft, ob der angemessene Lebensunterhalt der Klägerin mit der eigenen Erwerbsunfähigkeitsrente - nach Auskunft der Beklagten monatlich ca. 800,00 EUR - sichergestellt wäre. Es handelt sich hierbei um einen Betrag, der nur geringfügig über dem Sozialhilfeniveau liegt (Regelsatz 347,00 EUR zuzüglich Unterkunftskosten - angemessene Kaltmiete und Mietnebenkosten -), so dass vorliegend der Hinterbliebenenrente (430,00 EUR monatlich) eine deutliche wirtschaftliche Bedeutung zukommt (Hessisches LSG Urteil vom 13.12.2006 - L 2 R 220/06). Im Übrigen ist dem Gesetz nicht zu entnehmen, dass die Rechtsvermutung der Versorgungsehe nur bei Witwen/Witwern gelten soll, die ihrerseits überhaupt keine eigene Versorgung haben. Denn auch das Motiv, gegebenenfalls durch die Witwen-/Witwerrente einen höheren Lebensunterhalt zu erhalten, stützt die Rechtsvermutung einer Versorgungsehe (so auch Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 07.05.2006 - L 17 R 2024/05 -).
Die von der Klägerin geltend gemachten Umstände lassen andere Motive zwar durchaus möglich erscheinen, stehen jedoch der Vermutung einer die Begründung eines (zusätzlichen) Anspruchs auf Hinterbliebenenversorgung aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezweckenden Eheschließung nicht mit der zur Führung des Vollbeweises erforderlichen Evidenz entgegen. Die Klägerin hat zwar mit dem Versicherten schon etwa 14 Jahre eheähnlich zusammengelebt. Die Heirat am 29.04.2002 erfolgte zur Überzeugung des Senats aber zum Zweck der Versorgung der Klägerin, denn ein anderer Grund ist für die Eheschließung zu diesem Zeitpunkt gerade im Hinblick auf die lange Bekanntschaft und das bereits seit Jahren bestehende eheähnliche Zusammenleben nicht ersichtlich. Dieses längere Zusammenleben lässt vielmehr den Schluss zu, dass die Klägerin und der Versicherte, die beide geschieden waren, das Zusammenleben ohne Eheschließung als gewählte Lebensform für ausreichend erachteten. Es unterstreicht im Übrigen die Rechtsvermutung, dass es alleiniger oder überwiegender Zweck der Eheschließung war, dem Überlebenden eine Versorgung zu verschaffen (LSG NRW, HV-Info 16/2001, 1454; BayLSG Beschluss vom 05.02.2007 - L 19 B 863/06 R PKH).
Letztlich ist auch das Vorbringen der Klägerin nicht nachvollziehbar, sie habe dem Versicherten eine Eheschließung in Aussicht gestellt, wenn dieser seine Trunk- und Spielsucht überwunden habe. Die Klägerin hat selbst nicht vorgetragen, dass der Versicherte sein Suchtverhalten insbesondere in der Zeit, als ihm das noch möglich gewesen ist, aufgegeben hätte. Aus den Krankenunterlagen ergibt sich vielmehr auch für die Zeit nach der Diagnosestellung des Bronchial-Carcinoms, dass bei ihm neben dem Nikotinabusus weiterhin ein Alkoholabusus vorlag (vgl. Arztbrief der Medizinischen Universitätsklinik W. vom 15.04.2002).
Das Bestehen allein einer Liebesbeziehung und die wiederholte Äußerung von Heiratsabsichten reichen nach dem Urteil des BayLSG vom 23.07.2003 - L 2 U 360/01 -, dem sich der Senat anschließt, für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung des § 46 Abs 2a SGB VI ohnehin nicht aus. Die sich hieraus ergebenden Nachteile hat die Klägerin zu tragen. Denn nach den auch im Rentenversicherungsrecht geltenden Regeln der objektiven Beweislast fallen die Folgen der Nichtfeststellbarkeit einer Tatsache demjenigen Beteiligten zur Last, der aus der Tatsache ein Recht herleiten will. Die Klägerin muss sich folglich so behandeln lassen, als ob sie die gesetzliche Vermutung des § 46 Abs 2a SGB VI nicht widerlegt hat. Bei dieser Sachlage vermag der Senat ein von der Versorgungsabsicht abweichendes Motiv nicht mit der erforderlichen Gewissheit zu erkennen. Die Vorgeschichte lässt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht den Schluss zu, dass die Versorgungsabsicht insgesamt betrachtet nicht überwiegt und sich die Eheschließung als die konsequente Verwirklichung eines schon vor Bekanntwerden der Erkrankung gefassten Heiratsentschlusses darstellt. Ein Anspruch auf Witwenrente gegen die Beklagte steht ihr mithin nicht zu. Das angefochtene Urteil des SG Würzburg war daher aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass die Klägerin nicht obsiegte.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
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