L 4 KR 4365/04

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 4151/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 4365/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. August 2004 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird für das Klageverfahren S 5 KR 4151/03 auf EUR 370.393,59 und für das Berufungsverfahren L 4 KR 4365/04 auf EUR 291.498,68 festgesetzt.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin für die Zeit von 1998 bis 2001 Gesamtsozialversicherungsbeiträge (GSVB) für beitragspflichtige Zusatzversorgungsbeiträge, die sie für ihre Beschäftigten an die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) gezahlt hat, in Höhe von EUR 291.498,68 nachzuentrichten hat.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine gemeinnützige GmbH (früher eingetragener Verein), die von fünf Selbsthilfevereinen gegründet wurde. Sie ist Trägerin von Diensten und Einrichtungen der Behindertenhilfe in Baden-Württemberg. Die Klägerin hatte 1997 464, 1998 459, 1999 445, 2000 459 und 2001 - ohne Beschäftigte am Standort Schömberg - 346 Beschäftigte. In den Arbeitsverträgen der Mitarbeiter der Klägerin, die jeweils unter Eingruppierung in eine Vergütungs-Gruppe des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT) eingestellt waren, war vorgesehen, dass "sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT vom 23.02.1961 in der jeweils geltenden Fassung und den diesen ergänzenden, verändernden oder ersetzenden tarifvertraglichen Vereinbarungen, soweit dieser Vertrag nichts anderweitiges bestimmt". Ausgenommen war die Anwendung der §§ 6, 20, 36 Abs. 1, 39, 40, 62 bis 65 und 69 bzw. der §§ 6, 20, 40, 62 bis 65 und 69 BAT. Zwischen der Klägerin und der VBL wurde am 23. März/19. Juni 1990 gemäß §§ 19 und 20 der Satzung der VBL eine Beteiligungsvereinbarung dahingehend geschlossen, dass mit Wirkung vom 01. Januar 1990 (Inkrafttreten der Vereinbarung) alle an diesem Tag bei der Klägerin beschäftigten und nach diesem Tag in das Beschäftigungsverhältnis bei ihr eintretenden Arbeitnehmer (einschließlich Auszubildende) bei der VBL zu versichern waren, die nach dem Tarifvertrag über die Versorgung der Arbeitnehmer des Bundes und der Länder sowie von Arbeitnehmern kommunaler Verwaltungen und Betriebe zu versichern gewesen wären. Insoweit wurden für die Arbeitnehmer der Klägerin an die VBL Beiträge entrichtet. Hinsichtlich dieser Beiträge führte die Klägerin ab 01. Januar 1996 eine Pauschalbesteuerung nach § 40b des Einkommensteuergesetzes (EStG), wonach Zusatzversorgungsbeiträge je Arbeitnehmer bis zu einem Höchstbetrag von DM 3.408,00 im Kalenderjahr mit einem Steuersatz von 20 vom Hundert (v.H.) pauschal versteuert werden konnten, durch. Über den Höchstbetrag von DM 3.408,00 hinausgehende Beiträge wurden jeweils vom Arbeitnehmer individuell versteuert. Zur Ermittlung und Abführung des sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelts wurden von der Klägerin entsprechend § 2 Abs. 1 Satz 2 der Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) die nach § 40b EStG pauschal besteuerten Beiträge an die VBL in Höhe von 2,5 v.H. des für ihre Bemessung maßgebenden Entgelts dem Arbeitsentgelt zugerechnet, wobei eine Verminderung um den monatlichen Freibetrag erfolgte. Hinzugerechnet und damit verbeitragt wurden auch die Beiträge zur VBL, soweit sie den Betrag von DM 3.408,00 im Hinblick auf das Arbeitsentgelt überschritten.

Vom 01. bis 26. Oktober 2001 führte die damalige Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg (jetzt Deutsche Rentenversicherung Bund, im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet) bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch, die sich auf die Jahre 1997 bis 2001 bezog. Dabei beanstandete die Beklagte, dass die Klägerin bei der Berechnung der GSVB die Bestimmung des § 11 des Tarifvertrags über die Versorgung der Arbeitnehmer des Bundes und der Länder sowie von Arbeitnehmern kommunaler Verwaltungen und Betriebe (Versorgungs-TV), wonach der Arbeitgeber die soziale Umlage bis zu einem Betrag von monatlich DM 175,00 pauschal zu versteuern habe, solange die Pauschalversteuerung rechtlich möglich sei, nicht beachtet habe. Mit Bescheid vom 20. Dezember 2002 forderte sie von der Klägerin GSVB in Höhe von EUR 370.393,59 nach. Es wurde ausgeführt, ohne gesetzliche, tarifvertragliche oder arbeitsvertragliche Verpflichtung seien von der Klägerin an die VBL Zusatzversorgungsbeiträge entrichtet und teilweise sozialversicherungsfrei belassen worden. Die Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 1 Nr. 3 und Satz 2 ArEV sei bisher bei der Abführung der Zusatzversorgung analog angewandt worden. Für Leistungen des Arbeitgebers an die VBL gelte insoweit die folgende Sonderregelung. Von den nach § 40b EStG pauschal besteuerten Zukunftssicherungsleistungen des Arbeitgebers an zusätzliche Versorgungskassen seien 2,5 v.H. des für ihre Bemessung maßgebenden Entgelts dem Arbeitsentgelt des betreffenden Arbeitnehmers hinzuzurechnen, wenn eine Gesamtversorgung von 75 v.H. allgemein erreichbar und eine Anpassung der Versorgung an die Entwicklung des Arbeitsentgelts vorgesehen sei. Infolge der Änderung des Steuerrechts sei die steuerliche Behandlung bei Leistungen des Arbeitgebers an Versorgungseinrichtungen neu geregelt worden. Diese Aufwendungen seien bis zu einem monatlichen Höchstbetrag von DM 175,00 (ab 2002: EUR 92,03) vom Arbeitgeber pauschal zu versteuern. Der den Höchstbetrag übersteigende Betrag sei vom Arbeitnehmer individuell zu versteuern. Dieser vom Arbeitnehmer zu versteuernde Teil der Aufwendungen des Arbeitgebers gehöre in voller Höhe zum sozialversicherungspflichtigen Entgelt und sei in die Beitragsberechnung einzubeziehen. Bei der Prüfung sei festgestellt worden, dass die Klägerin weder ein öffentlicher Arbeitgeber sei noch eine Verpflichtung aufgrund von Tarif- oder Arbeitsverträgen vorliege. Zwar sei in den Arbeitsverträgen auf verschiedene Regelungen des BAT verwiesen worden, jedoch bezögen sich diese Verweisungen nur auf allgemeine Bestimmungen wie die Entlohnung nach dem BAT. Die Zusatzversorgungsregelung für den öffentlichen Dienst sei bisher nicht zwischen dem Arbeitgeber und den Arbeitnehmern vereinbart, aber trotzdem angewandt worden mit den daraus entstehenden sozialversicherungsrechtlichen Konsequenzen (teilweise Beitragsfreiheit). Eine Betriebsvereinbarung hierüber sei ebenfalls nicht vorhanden. Dadurch habe sich aufgrund eines durchschnittlichen Arbeitsentgelts pro Arbeitnehmer ein Betrag von jährlich rund DM 800,00 (= EUR 409,03) ergeben, der irrtümlich nicht der Sozialversicherungspflicht unterworfen worden sei. Es ergehe ein Summenbescheid, da die Höhe der sozialversicherungspflichtigen Entgelte - bezogen auf jeden einzelnen betroffenen Arbeitnehmer - nicht bzw. nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermittelt könne. Bei der Nachberechnung legte die Beklagte insoweit die folgenden gerundeten Arbeitnehmerzahlen zugrunde: 1997: 460, 1998: 450, 1999: 440, 2000: 450 und 2001: 380 Beschäftigte. Sie berücksichtige nicht die Arbeitnehmer, die nur teilweise in den Kalenderjahren beschäftigt gewesen waren sowie die Arbeitnehmer mit einem Arbeitsentgelt über der Beitragsbemessungsgrenze. Die Aufteilung der GSVB auf die verschiedenen Krankenkassen erfolge nach dem Verhältnis der Anzahl der jeweiligen Mitglieder einer Krankenkasse zur Gesamtsumme aller Arbeitnehmer, abgestellt auf den 01. Juli eines jeden Vorjahres. Dagegen legte die Klägerin am 13. Januar 2003 Widerspruch ein. Dem gleichzeitig gestellten Antrag, die sofortige Vollziehung des Beitragsbescheids auszusetzen, entsprach die Beklagte mit Bescheid vom 29. Januar 2003 mit der Maßgabe, dass die Beitragsansprüche im Rahmen einer Aussetzung der Vollziehung mit 4 v.H. zu verzinsen seien. Die Klägerin reichte Arbeitsverträge sowie die Beteiligungsvereinbarung mit der VBL ein. Sie machte geltend, eine Nachforderung von GSVB hinsichtlich der Beitragszahlungen zur VBL sei nicht gerechtfertigt. Sie habe seit 01. Januar 1996 die Regelung des § 40b EStG i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 2 ArEV korrekt angewandt mit der Konsequenz, dass die Beiträge zur VBL nur eingeschränkt der Sozialversicherungspflicht unterworfen worden seien. Diese Praxis sei auch im Jahr 1996 bei einer durchgeführten Betriebsprüfung nicht beanstandet worden. Diese Praxis stehe nicht im Widerspruch zur Regelung des § 11 Versorgungs-TV, wonach die Beiträge zur VBL bis zur Höchstgrenze von DM 175,00 (EUR 89,48) monatlich je Arbeitnehmer lohnsteuerrechtlich pauschal zu versteuern seien. Zwar seien die Arbeitsverhältnisse mit ihren Angestellten an den BAT und damit auch an den genannten Versorgungs-TV angebunden. Dies führe jedoch nicht dazu, dass sie gezwungen gewesen sei, hinsichtlich der Frage der Pauschalversteuerung bzw. der sozialversicherungsrechtlichen Behandlung der VBL-Umlage lediglich von der im Vergleich zu § 40b EStG engeren Möglichkeit Gebrauch zu machen. Dies mache schon der Wortlaut des Versorgungs-TV deutlich. Solange das Einkommensteuerrecht die Pauschalversteuerung der VBL-Beiträge in einem weiteren Umfang zugelassen habe, habe sie von dieser Möglichkeit auch Gebrauch machen können. Dies ergebe sich auch aus § 4 Abs. 3 des Tarifvertragsgesetzes (TVG). Es überwiege der wirtschaftliche Vorteil, den ihre Arbeitnehmer bei der gewählten Pauschalierungsmethode erhalten hätten. Die Pauschalversteuerung nach § 40b EStG bzw. die entsprechende sozialversicherungsrechtliche Behandlung der VBL-Verträge sei im Übrigen auch zu einem festen arbeitsvertraglichen Anspruch ihrer Arbeitnehmer geworden. Im Wege einer betrieblichen Übung sei dieser Anspruch bereits im Laufe des Jahres 1996 entstanden, nachdem sie diese die Arbeitnehmer begünstigende Pauschalierungsmethode seitdem vorbehaltlos angewandt habe. Die Beklagte erhob ergänzende Erläuterungen zur Beitragsnachforderung von der Betriebsprüferin (Schreiben vom 07. Mai und 12. August 2003). Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid des bei der Beklagten gebildeten Widerspruchsausschusses vom 16. Oktober 2003 zurückgewiesen. Es wurde u.a. ausgeführt, der Klägerin sei es nicht möglich gewesen, bei der Pauschalbesteuerung über den in § 11 Versorgungs-TV benannten Betrag von DM 175,00 pro Monat hinaus den in § 40b EStG genannten Grenzbetrag auszuschöpfen. Die von der Klägerin vertretene Auslegung könne dem Wortlaut des § 11 Versorgungs-TV nicht entnommen werden. Auch den entsprechenden Kommentierungen dazu sei zu entnehmen, dass eine über den Betrag von DM 175,00 hinausgehende Pauschalversteuerung nicht beabsichtigt gewesen sei. Auch bei der Verbeitragung sei daher die Klägerin zu Unrecht von der Pauschalierung in Höhe von DM 3.408,00 jährlich anstelle von DM 175,00 monatlich ausgegangen. Bei der Nachberechnung der Beiträge sei von dem Entgelt ausgegangen worden, bei dem die Pauschalierungsgrenze des § 40b EStG in Höhe von DM 3.408,00 habe ausgeschöpft werden können. Daraus sei das beitragspflichtige Arbeitsentgelt berechnet worden. Ferner sei eine Berechnung mit der Pauschalversteuerungsgrenze in Höhe von DM 175,00 monatlich vorgenommen worden und hieraus das beitragspflichtige Arbeitsentgelt errechnet worden. Als Differenz habe sich ein Betrag in Höhe von ca. DM 800,00 jährlich ergeben. Dieser Beitrag sei mit den gerundeten Arbeitnehmerzahlen multipliziert worden. Arbeitnehmer, die teilweise in den Kalenderjahren beschäftigt gewesen seien, seien bei der Nachberechnung nicht berücksichtigt worden, ebenfalls Arbeitnehmer mit einem Arbeitsentgelt über der Beitragsbemessungsgrenze zur Rentenversicherung.

Deswegen hat die Klägerin am 17. November 2003 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Aus § 11 Versorgungs-TV könne schon deshalb keine Begrenzung des sozialversicherungsrechtlichen nicht bzw. nur eingeschränkt zu berücksichtigenden Entgelts auf den Betrag von DM 175,00 monatlich vorgenommen werden, weil die Voraussetzungen der teilweisen Anrechnungsfreiheit der Beiträge auf das sozialversicherungsrechtliche Entgelt in § 14 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) und in der ArEV abschließend geregelt seien. Der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber habe die Zurechnungsfreiheit der Beiträge nicht davon abhängig gemacht, dass der Arbeitnehmer dem Grunde nach oder in einer bestimmten Höhe einen Anspruch auf die Durchführung der Pauschalversteuerung habe oder dass arbeitsrechtliche Regelungen entsprechende Grenzbeträge vorsähen. Die vom Gesetzgeber und vom Verordnungsgeber vorgenommene Bestimmung des sozialversicherungsrechtlich relevanten Einkommens sei einer Modifizierung durch die Arbeitsvertragsparteien oder durch die Tarifvertragsparteien nicht zugänglich. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) enthielten Tarifverträge keine sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen. § 11 Versorgungs-TV lasse auch nicht die Auslegung zu, dass dadurch eine Begrenzung der Pauschalversteuerung auf den Betrag von DM 175,00 abweichend von § 40b EStG habe geregelt werden sollen. Die Pauschalbesteuerung bis zur Grenze des § 40b EStG würde auch kein Abweichen vom Tarifvertrag im Rahmen einer notwendigen Gesamtbetrachtung bedeuten. Die vorgenommene Pauschalversteuerung stelle eine betriebliche Übung dar, auf die die Arbeitnehmer jedenfalls seit April 1996 einen Anspruch gehabt hätten. Auch sei in einer für das Jahr 1996 erfolgten Betriebsprüfung die Berechnung des sozialversicherungspflichtigen Entgelts nicht beanstandet worden. Vorsorglich mache sie auch Verjährung hinsichtlich der Nachforderung für das Jahr 1997 geltend. Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten entgegen. Sie verbleibe bei der Auffassung, dass Zusatzversorgungsbeiträge gemäß § 11 Versorgungs-TV lediglich bis zu einer Höhe von DM 175,00 pro Monat beitragsfrei verblieben seien. Insoweit verweise sie auf das Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen, des VDR und der Bundesanstalt für Arbeit vom 29. Dezember 1998 und auf das "Lexikon für das Lohnbüro, Stichwort Zukunftssicherung". Das SG lud mit Beschluss vom 29. Januar 2004 verschiedene Krankenkassen als Einzugsstellen, darunter verschiedene Bezirksdirektionen der AOK Baden-Württemberg (Beigeladene zu 5 bis 9), ferner die Bundesagentur für Arbeit (BA), Beigeladene zu 10), und die Beklagte, Beigeladene zu 11), zum Verfahren bei, wobei die Beiladung der Beklagten mit Beschluss vom 31. März 2004 wieder aufgehoben wurde. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG vom 23. August 2004 erkannte die Beklagte an, dass die Nachforderung für 1997 verjährt sei und reduzierte den Nachforderungsbetrag um EUR 78.894,91. Die Klägerin nahm dieses Teilanerkenntnis an. Mit Urteil vom 23. August 2004 hob das SG den Bescheid der Beklagten vom 20. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Oktober 2003 auf. Die Beitragsnachforderung sei nicht gerechtfertigt. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ArEV lägen im streitigen Zeitraum vor. Bei den Zahlungen zur VBL handle es sich um Zuwendungen an eine Pensionskasse im Sinne des § 40b Abs. 1 Satz 1 EStG; diese Zuwendungen habe die Klägerin auch pauschal versteuert. Entgegen der Auffassung der Beklagten seien die Zuwendungen an die VBL nicht nur bis zu einer monatlichen Grenze von DM 175,00, sondern bis zu einer jährlichen Grenze von DM 3.408,00 nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen. Diese Grenze ergebe sich aus § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ArEV i.V.m. § 40b Abs. 2 Satz 1 EStG. Es gelte nicht die niedrigere Grenze des § 11 Versorgungs-TV zum BAT. Denn § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ArEV nehme nur auf § 40b EStG Bezug, nicht aber auf etwaige tarifvertragliche Regelungen. Angesichts der grundlegenden Bedeutung des Begriffs des Arbeitsentgelts für das Beitrags- und Leistungsrecht der Sozialversicherung müsse die Definition des Arbeitsentgelts dem Gesetzgeber bzw. - im Falle des § 17 Abs. 1 SGB IV - der Bundesregierung als Verordnungsgeber vorbehalten bleiben und dürfe nicht den Tarifvertragsparteien überlassen bleiben. Im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des der Beklagten gegen Empfangsbekenntnis am 06. September 2004 zugestellten Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte am 27. September 2004 schriftlich Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Das SG habe zu Unrecht eine Pauschalierung hinsichtlich der VBL-Beiträge in Höhe von DM 3.408,00 jährlich zugelassen. Den Arbeitnehmern der Klägerin könne auch aufgrund einer betrieblichen Übung kein Anspruch auf eine Übernahme der Pauschalversteuerung in einer bestimmten Höhe zustehen, abgesehen davon, dass diese Pauschalversteuerung zu einem sozialversicherungsrechtlichen Nachteil für die Arbeitnehmer geführt hätte. Die Klägerin könne sich auch nicht mit Erfolg auf Vertrauensschutz berufen, der durch frühere Betriebsprüfungen hervorgerufen worden sei. Für die Klägerin habe grundsätzlich eine Tarifbindung an den BAT und damit auch an den Versorgungs-TV zum BAT bestanden. Die entsprechende Regelung des § 11 dieses Tarifvertrags betreffe die Höhe der möglichen Pauschalversteuerung. Die entsprechende gesetzliche Regelung dafür sei § 40b EStG. Denn dort sei geregelt, dass der Arbeitgeber die Lohnsteuer bis zum Grenzbetrag von DM 3.408,00 jährlich pauschalieren könne. Es handle sich also um eine Kann-Bestimmung, innerhalb der der Arbeitgeber frei wählen könne, ob er eine Pauschalversteuerung überhaupt vornehmen bzw. in welcher Höhe bis zu dem genannten Grenzbetrag. Damit müsse es auch den Tarifvertragsparteien möglich sein, sich innerhalb der gesetzlich erlaubten Grenze auf den Höchstbetrag zu einigen. Insoweit liege Rechtswidrigkeit des Versorgungs-TV nicht vor. Es ergebe sich auch kein Verstoß gegen die ArEV, da dort lediglich die Folgen geregelt seien, soweit eine Pauschalversteuerung vorgenommen worden sei. Durch die Wahlmöglichkeit des § 40b EStG könne jeder Arbeitgeber indirekt bestimmen, ob Arbeitsentgelt vorliege oder nicht. Das Gleiche müsse auch den Tarifvertragsparteien zugestanden werden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. August 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend. Es sei davon auszugehen, dass der Versorgungs-TV Mindestansprüche des Arbeitsnehmers regle und keinesfalls weitere Leistungen ausschließe. Die Formulierung der Tarifvertragsparteien, dass der Arbeitgeber bis zu einem bestimmten Betrag pauschal "zu versteuern hat", sei die typische Umschreibung eines Anspruchs, der dem Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber zustehe. Daraus ergebe sich kein Verbot an den Arbeitgeber, darüber hinaus im Rahmen des gesetzlich Zulässigen die Pauschalversteuerung vorzunehmen. Auch sei hier die betriebliche Übung zu beachten. Vorsorglich mache sie auch geltend, dass die Beitragsnachforderung weit überhöht sei.

Mit Beschluss vom 31. Januar 2005 hat der Berichterstatter des Senats festgestellt, dass die Beigeladene zu 5) die AOK Baden-Württemberg ist, und die Beiladung der AOK-Bezirksdirektionen (Beigeladene zu 6 bis 9) aufgehoben, weil diese nicht die Beteiligungsfähigkeit besitzen.

Die Beigeladene zu 6) (Bundesagentur für Arbeit) hat sich dem Vorbringen der Beklagten angeschlossen, hat jedoch ebenso wie die übrigen Beigeladenen, die sich am Verfahren nicht beteiligt haben, keinen Antrag gestellt.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig, jedoch nicht begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 20. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Oktober 2003 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Beklagte ist nicht berechtigt, von der Klägerin GSVB in der (nach dem angenommenen Teilverzicht auf eine Nachforderung für 1997) noch streitigen Höhe von EUR 231.489,68 für die Zeit von 1998 bis 2001 zu fordern. Dies hat das SG im angegriffenen Urteil vom 23. August 2004 mit zutreffender Begründung entschieden, weshalb der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf diese Gründe Bezug nimmt.

Ergänzend ist noch Folgendes auszuführen: Wie das SG (S. 9 der Entscheidungsgründe unter 2.) geht auch der Senat davon aus, dass die Klägerin, indem sie die Pauschalbesteuerung hinsichtlich der Umlagen (Beiträge) zur VBL für ihre Mitarbeiter schon seit 01. Januar 1996, also auch in der streitigen Zeit, im Rahmen des § 40b EStG jeweils bis zum jährlichen Höchstbetrag von DM 3.408,00 durchgeführt hat, die Berechnung und Abführung der im Hinblick auf das "Arbeitsentgelt" im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV zu zahlenden GSVB nach § 17 Abs. 1 SGB IV i.V.m. der darauf erlassenen ArEV, hier § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ArEV in der Fassung der Verordnung vom 12. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2177) bzw. in der Fassung der Verordnung vom 18. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3822), vorgenommen hat. Ferner geht der Senat davon aus, dass auch bei Beiträgen, die den Grenzbetrag des § 40b EStG von DM 3.408,00 pro Jahr überschritten haben, eine individuelle Besteuerung durch den jeweiligen Arbeitnehmer erfolgte und auch insoweit GSVB abgeführt worden sind.

Das SG hat auch zutreffend dargelegt, dass sich eine Beitragsnachforderung hier nicht daraus ergibt, dass in § 11 Versorgungs-TV geregelt ist, dass "der Arbeitgeber die nach § 8 Abs. 1 und 4 zu zahlende Umlage bis zu einem Betrag von monatlich DM 175,00 (ab 01. Januar 2002: EUR 92,03) pauschal zu besteuern hat, solange die Pauschalversteuerung rechtlich möglich ist". § 40b EStG dient der Steuerbegünstigung, um dadurch die betriebliche Altersversorgung zu fördern. Insoweit war der Grenzbetrag ab 01. Januar 1990 von DM 2.400,00 auf DM 3.000,00 erhöht worden; ferner erfolgte ab 01. Januar 1996 die Erhöhung des Grenzbetrags auf jährlich DM 3.408,00. Die Regelung des Versorgungs-TV mag aufgrund der Beteiligungsvereinbarung bzw. der Bezugnahme auf den BAT in den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen auch für die Arbeitnehmer der Klägerin gegolten haben. Die Bestimmung des § 11 Versorgungs-TV kann jedoch nicht dahin ausgelegt werden, dass nun die Höchstgrenze für die nach § 40b EStG zulässige Pauschalbesteuerung von dem Betrag von DM 3.408,00 pro Jahr auf DM 175,00 monatlich (= DM 2.100,00 jährlich) abgesenkt werden sollte. Aufgrund der Ankoppelung des sozialversicherungsrechtlichen Entgeltbegriffs an das Steuerrecht, wie es sich auch aufgrund der Vorschriften der ArEV ergibt, können insoweit steuerrechtliche Vorschriften, wie § 40b EStG, nicht durch tarifvertraglichen bzw. arbeitsvertragliche Vorschriften geändert werden; dies wird auch durch die Einschränkung in § 11 Versorgungs-TV bestätigt, wonach die Pflicht zur Pauschalversteuerung nur besteht, "solange die Pauschalversteuerung rechtlich möglich ist". Die Bestimmung dessen, was beitragspflichtiges Arbeitsentgelt ist, obliegt dem Gesetzgeber bzw. - über § 17 SGB IV - dem Verordnungsgeber, nicht jedoch den Tarifvertragsparteien bzw. den Parteien eines Arbeitsvertrages, unabhängig davon, dass sozialversicherungsrechtliche Ansprüche in der Regel nicht tarifvereinbarungsoffen sind. Zwar hat das Bundessozialgericht (BSG) klargestellt, dass beitragspflichtiges Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 Abs. 1 SGB IV in erster Linie die tariflich geregelten Entgeltbestandteile sind, weshalb sich die Beitragsberechnung nach dem tarifvertraglich geschuldeten Arbeitsentgelt bestimmt (BSG SozR 4-2400 § 22 Nrn. 1 und 2). Auch daraus ergibt sich jedoch nicht, dass durch die tarifvertragliche Regelung in § 11 Versorgungs-TV der Spielraum des Arbeitgebers im Sinne einer ihn absolut bindenden Regelung hinsichtlich des Umfangs der Durchführung der Pauschalbesteuerung eingeschränkt werden sollte, mag von den Tarifvertragsparteien auch erwogen worden sein, dass ein Arbeitnehmer, wenn ein über DM 175,00 monatlich hinausgehender Betrag der Umlage pauschal versteuert werde, eine geringere Rentenanwartschaft erwerbe, was sich für ihn dann auswirke, wenn er vor Eintritt des Versicherungsfalls aus dem Arbeitsverhältnis ausscheide, aber keine Versorgungsrente erhalte. Der Gesetzgeber hat es im Rahmen des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 ArEV, die insoweit verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sind (vgl. dazu auch BSGE 62, 54 ff.), dabei belassen, dass es im Rahmen der steuerlichen Entlastung des Arbeitgebers nach § 40b EStG zu Beitragsausfällen für die Sozialversicherungsträger und auch zu niedrigeren Rentenanwartschaften kommt. Danach war es nicht den Tarif- bzw. Arbeitsvertragsparteien überlassen, von der Regelung der genannten Verordnung abweichend andere Vereinbarungen verbindlich zu treffen, die das Ziel haben sollten, höhere Beitragsausfälle zu verhindern und höhere Leistungen aus der Rentenversicherung zu begründen. Dieses Ziel hätte allein durch gesetzliche Regelungen oder im Rahmen des § 17 SGB IV durch Regelungen im Verordnungswege erreicht werden können. Die Differenzierung hinsichtlich des sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelts danach, ob der genannte Versorgungs-TV anwendbar ist oder nicht, erscheint nicht gerechtfertigt. Eine Rechtfertigung für eine tarif- bzw. arbeitsvertragliche Disposition über den Umfang der Beitragsfreiheit ergibt sich auch nicht daraus, dass die im Beitragsrecht in Bezug genommene Bestimmung des § 40b EStG selbst eine "Kann"-Regelung ist, die es dem Arbeitgeber überlässt, ob er von der Pauschalbesteuerung der entsprechenden Aufwendungen Gebrauch macht. Sofern der Arbeitgeber von der steuerrechtlichen Disposition tatsächlich Gebrauch gemacht hat, ergibt sich daraus die Ankoppelung des sozialversicherungsrechtlichen Entgeltbegriffs an das Steuerrecht. Da der Versorgungs-TV den hier streitigen Umfang der Pauschalversteuerung durch den Arbeitgeber nicht abschließend regeln konnte, stellt sich auch nicht die von der Beklagten aufgeworfene Frage, ob durch das von der Klägerin praktizierte Verfahren, wodurch der Arbeitnehmer geringere Rentenanwartschaften erwirbt, vom Tarifvertrag zu Ungunsten der Arbeitnehmer abgewichen worden ist.

Da danach die Nachforderung der GSVB insgesamt nicht gerechtfertigt war, war nicht zu überprüfen, ob die im Rahmen eines Summenbescheids berechnete Nachforderung für die noch streitige Zeit ab 1998 überhöht war, wie von der Klägerin zuletzt im Schriftsatz vom 17. Mai 2005 hilfsweise geltend gemacht.

Danach war die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Für die Festsetzung des Streitwerts nach § 197a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) gilt: Für das Klageverfahren bestimmt sich der Streitwert nach dem Zeitpunkt der Antragstellung, die den Rechtszug eingeleitet hat (§ 40 GKG); es ist daher für das Klageverfahren der im Zeitpunkt der Klageerhebung am 17. November 2003 noch streitig gewesene Betrag von EUR 370.393,59 einheitlich maßgebend, ohne zwischen der Verfahrensgebühr und der Urteilsgebühr zu unterscheiden; mithin hatte die Verminderung der geltend gemachten Forderung durch die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung keine Bedeutung für den Streitwert des Klageverfahrens. Die Festsetzung des Streitwerts des Klageverfahrens kann der Senat von Amts wegen ändern (§ 63 Abs. 3 GKG). Hingegen bestimmt sich der Streitwert des Berufungsverfahrens nach dem Antrag des Rechtsmittelführers (§ 47 Abs. 1 Satz 1 GKG), d.h. der Beklagten und ist mithin auf EUR 291.498,68 festzusetzen.

Gründe für eine Revisionszulassung liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved