Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 6 U 9089/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 383/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 10.11.2005 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Unfall, den die Klägerin am 18.04.2004 erlitten hat, von der Beklagten als Arbeitsunfall zu entschädigen ist.
Die 1945 geborene Klägerin führte am Unfalltag einen Hund aus dem Tierheim E. aus. Dieser wurde von einem anderen Hund provoziert und zog ruckartig an der Leine. Die Klägerin wurde mitgerissen und stürzte einen Abhang hinunter. Sie wurde mit dem Notarztwagen in die Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie der Städtischen Kliniken E. gebracht, wo eine traumatische Luxation des Schultergelenkes links mit Abriss des Tuberculum majus festgestellt wurde. Am 12.05.2004 erfolgte im Rahmen eines stationären Aufenthaltes eine offene Reposition und Osteosynthese sowie Bursektomie. Die arbeitslose Klägerin war längere Zeit arbeitsunfähig und erhielt ein Heilverfahren über die (damalige) Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg.
Mit Schreiben vom 14.05.2004 meldete die Techniker Krankenkasse E. einen Erstattungsanspruch bei der Beklagten an und vertrat die Auffassung, es handele sich um einen Arbeitsunfall.
Auf Veranlassung der Beklagten erstattete der Tierschutzverein E. und Umgebung e. V. (Tierschutzverein) die Unfallanzeige vom 28.05.2004 und teilte darin mit, die Klägerin sei Mitglied des Tierschutzvereines und als freiwillige Helferin/Ausführerin tätig gewesen. Auf Anfrage der Beklagten machte die 1. Vorsitzende des Tierschutzvereins P. mit Schreiben vom 29.07.2004 folgende Angaben:
- Die Klägerin sei seit dem 01.02.2004 Mitglied des Vereins. - Übliche Tätigkeiten von Vereinsmitgliedern seien schwerpunktmäßig das Ausführen ("Gassigehen") von Hunden sowie die Mithilfe bei der Pflege und Versorgung von Katzen und Kleintieren (Füttern, Käfigreinigung, persönliche Zuwendung - "Schmusestunde"). - Die Klägerin sei eine regelmäßige ehrenamtliche "Gassigeherin" gewesen. Sie habe seit dem 01.02.2004 fast täglich Hunde ausgeführt, meistens die Hündin "Boncuk". - Eine Verpflichtung der Mitglieder gegenüber dem Verein zum Ausführen von Hunden bestehe in keinster Weise. Es werde größten Wert darauf gelegt, dass jegliches Engagement der Mitglieder zu ehrenamtlicher Tätigkeit ausschließlich aus deren Eigeninitiative entstehe. - Falls die Klägerin den Hund nicht ausgeführt hätte, hätten dies andere Vereinsmitglieder oder das Tierheimpersonal übernommen. Eine Alternative wäre die stundenweise Unterbringung des Hundes im großzügigen und gut umzäunten Hundeauslauf ("Gassiwiese") gewesen. - Es gebe in dem Verein ca. 40 "Gassigeher". Davon sei etwa die Hälfte regelmäßig (teils seit vielen Jahren) ehrenamtlich tätig. Der Rest unterliege einer gewissen Fluktuation.
Frau P. legte eine Kopie der Satzung des Tierschutzvereins E. und Umgebung e. V. vom 03.08.1953 vor.
Mit Bescheid vom 25.08.2004 lehnte die Beklagte die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus Anlass des Unfalles vom 18.04.2004 ab. Zur Begründung führte sie aus, ein gesetzlicher Unfallversicherungsschutz bestehe nicht, da die Klägerin nicht zum Kreise der gem. § 2 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII) versicherten Personen zähle. Sie habe zum Unfallzeitpunkt nicht in einem Beschäftigungsverhältnis zum Tierschutzverein gestanden, so dass ein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII ausscheide. Sie sei auch nicht wie ein nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII Versicherter tätig geworden, so dass auch ein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB VII nicht gegeben sei. Vereinsmitglieder seien nach dieser Vorschrift bei Tätigkeiten für ihren Verein nur dann in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert, wenn sie Arbeitsleistungen vollbringen würden, die über die Mitgliedschaftspflichten hinaus gingen. Das bedeute, dass Vereinsmitglieder dann nicht versichert seien, wenn die Tätigkeit im Ausfluss der Mitgliedschaft ausgeübt werde. Die unfallbringende Tätigkeit gehe nicht über die Mitgliedschaftspflichten der Klägerin hinaus, so dass sie zum Zeitpunkt ihres Sturzes am 18.04.2004 nicht zum Kreis der in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Personen gehört habe.
Die Klägerin legte hiergegen mit der Begründung Widerspruch ein, das "Gassigehen" mit dem Hund sei keine Mitgliedschaftspflicht. Es handle sich vielmehr um eine Arbeitsleistung, die über die Mitgliedschaftspflicht hinausgehe. Eine solche Pflicht stehe auch nicht in der Satzung.
Auf eine weitere Anfrage der Beklagten teilte Frau P. mit Schreiben vom 13.10.2004 noch mit, das Tierheim E. werde vom Tierschutzverein betrieben. Es würden dort sechs fest angestellte Mitarbeiter beschäftigt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.11.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Widerspruchsausschuss sei angesichts des vom Tierschutzverein mitgeteilten Sachverhaltes der Überzeugung, dass es sich bei der unfallbringenden Tätigkeit um eine Tätigkeit als Ausfluss der Mitgliedschaft der Klägerin in dem Verein gehandelt habe, die nicht über das übliche Maß an mitgliedschaftlichen Verpflichtungen/Tätigkeiten hinausgegangen sei und der Förderung des Vereinszwecks gemäß den in der Satzung geregelten Bestimmungen entsprochen habe.
Hiergegen erhob die Klägerin am 07.12.2004 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG). Zur Begründung wies sie darauf hin, dass das "Gassigehen" keinesfalls eine Verpflichtung der Mitglieder des Tierschutzvereins sei. Dies ergebe sich klar aus dem Schreiben der 1. Vorsitzenden an die Beklagte vom 29.07.2004. Zusätzlich legte sie ein Schreiben von Frau P. vom 22.09.2004 vor, worin ihr nochmals bestätigt wird, dass sie freiwillig mit dem Hund spazieren gegangen sei.
In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 10.11.2005 wurde die Klägerin angehört. Sie teilte u. a. mit, der Tierschutzverein habe derzeit etwa 700-800 Mitglieder. Bei diesen handle es sich zum überwiegenden Teil um reine Beitragszahler; die Zahl der "aktiven" Vereinsmitglieder belaufe sich lediglich auf etwa 30-40 Mitglieder. Für das Ausführen der zahlreichen Hunde im Tierheim bestehe regelmäßig ein beträchtlicher Personalbedarf. Hierfür würden auch die dem Verein zugewiesenen Zivildienstleistenden eingesetzt. Darüber hinaus verfüge der Verein nicht über hinreichende finanzielle Mittel, das Ausführen der Tiere durch bezahlte Hilfspersonen durchführen zu lassen.
Mit Urteil vom 10.11.2005 verurteilte das SG die Beklagte, das Ereignis vom 18.04.2004 als gesetzlich versicherten Arbeitsunfall anzuerkennen und der Klägerin die entsprechenden Leistungen in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Zur Begründung führte es aus, die unfallbringende Tätigkeit sei als arbeitnehmerähnlich zu qualifizieren und es habe daher ein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB VII bestanden. Nach der Rechtsprechung würden grundsätzlich auch Freundschaftsdienste und Gefälligkeitsdienste den Versicherungsschutz nach dieser Vorschrift nicht ausschließen. Die im Rechtsinne zu qualifizierende Ernsthaftigkeit der Tätigkeit der Klägerin ergebe sich bei vergleichender Betrachtung auch aus dem Umstand, dass das "Gassigehen" auch Tätigkeitsgegenstand der dem Verein zugewiesenen Zivildienstleistenden hätte sein können. Diese hätten dann ohne weiteres unter dem Versorgungsrechtsschutz nach dem Zivildienstgesetz in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz gestanden. Entgegen der Ansicht der Beklagten habe sich die Klägerin bei dem Ausführen des Hundes in einem Rahmen bewegt, der über die Erfüllung ihrer allgemeinen vereinsrechtlichen Mitgliedspflichten hinausgegangen sei. Nach der Satzung hätten Vereinsmitglieder lediglich die Pflicht zur Erstattung evtl. Strafanzeigen bei Tierquälerei oder Tiermissbrauch. Die Vereinsübung, wonach einige wenige Vereinsmitglieder über die satzungsmäßig niedergelegten Mitgliedschaftspflichten hinaus weitergehende Aktivitäten hätten entfalten können und dürfen, sage unter rechtlichen Gesichtspunkten nichts Weitergehendes, sondern stelle sich als letztlich rechtlich unbeachtlicher Realakt dar. Soweit die höchstrichterliche Rechtsprechung zu vereinsbezogenen Aktivitäten der Mitglieder eine gewisse verschärfte Betrachtungsweise vertrete, sei dem bei der hier vorgegebenen Fallgestaltung nicht zu folgen. Dies ergebe sich durch die Hereinnahme des Tierschutzes in das Grundgesetz als sog. Staatszielbestimmung in Artikel 20 a Grundgesetz (GG) durch das Gesetz zur Änderung des GG vom 26.07.2002. Dem sei bei der Norminterpretation und der Rechtsfortbildung in der Rechtsprechung zu § 2 Abs. 2 SGB VII - ausdrücklich beschränkt auf den Bereich des organisierten Tierschutzes - Rechnung zu tragen.
Gegen das am 20.01.2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 24.01.2006 Berufung eingelegt. Sie hält es für unverständlich, dass das Gericht entgegen der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) die in dem Tierschutzverein bestehende Vereinsübung des Ausführens der Hunde durch Mitglieder als unbeachtlichen Realakt angesehen habe. Ebenso unverständlich sei die Argumentation mit Artikel 20 a GG.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 10.11.2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte und nach § 151 SGG fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig.
Die Berufung ist auch begründet. Die Klägerin hat am 18.04.2004 keinen bei der Beklagten versicherten Arbeitsunfall erlitten. Das SG hätte die Beklagte daher unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide nicht verurteilen dürfen, der Klägerin die entsprechenden Leistungen in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Versicherungsfälle, die eine Leistungspflicht der Beklagten auslösen können, sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit - § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII sind Beschäftigte kraft Gesetzes versichert. Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zwischen dem Tierschutzverein und der Klägerin bestand jedoch nicht, da die Klägerin zum Verein nicht in einem Verhältnis persönlicher Abhängigkeit stand und hinsichtlich des Orts, der Dauer und der Zeit des Hundeausführens Weisungen des Vereins nicht unterlag.
Die Klägerin war bei ihrer unfallbringenden Tätigkeit auch nicht nach der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 10 SGB VII versichert. Danach sind Personen, die für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, ... oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind, versichert. Die Klägerin war zwar für den Tierschutzverein ehrenamtlich tätig. Hierbei handelt es sich aber um einen privatrechtlichen Verein, ohne dass dieser öffentliche, von Gebietskörperschaften wahrzunehmende Aufgaben in deren Auftrag oder mit deren ausdrücklicher Einwilligung erfüllt.
Zutreffend sind die Beteiligten deshalb davon ausgegangen, dass für die Klägerin nur ein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII in Frage kommt. Danach sind Personen versichert, die wie nach Abs. 1 Nr. 1 Versicherte - also wie Beschäftigte - tätig werden. Diese Vorschrift stellt jene Personen den Beschäftigten nach Abs. 1 Nr. 1 gleich, deren Verhalten einem bestimmten Unternehmen zu dienen bestimmt ist. Das fremdnützige Verhalten - den Umständen nach Abs. 1 Nr. 1 vergleichbar - rechtfertigt die Zurechnung des Haftungsrisikos zum nutznießenden Unternehmen (Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 2 SGB VII, Ziff. 34.1). Nach der umfangreichen hierzu ergangenen Rechtsprechung erfordert dies - wie bei der Vorgängervorschrift des § 539 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung - eine ernsthafte, dem Unternehmen zu dienen bestimmte und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit, die ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte, die in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis stehen. Die Tätigkeit muss unter solchen Umständen geleistet werden, dass sie einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich ist. Eines persönlichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnisses bedarf es bei einem Tätigwerden nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII nicht (BSG, Urteil vom 10.10.2002, B 2 U 14/02 R m. w. N.).
Von einer arbeitnehmerähnlichen, nach § 2 Abs. 2 SGB VII versicherten Tätigkeit sind Tätigkeiten abzugrenzen, die ihr Gepräge durch freundschaftliche, verwandtschaftliche oder nachbarschaftliche Beziehungen bzw. - wie im vorliegenden Fall - durch die Mitgliedschaft in einem Verein erhalten. Die Mitgliedschaft in einem Verein schließt die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses zu diesem Verein nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII und damit auch eine versicherte Tätigkeit wie ein Beschäftigter im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB VII nicht von vornherein aus. Voraussetzung für einen Versicherungsschutz ist jedoch, dass entweder ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt oder das Vereinsmitglied wie ein in einem Arbeits-, Dienst- oder Lehrverhältnis Stehender tätig wird. Ist für ein Arbeits-, Dienst- oder Lehrverhältnis kein Raum, weil die Tätigkeit nicht aufgrund eines solchen Verhältnisses, sondern aufgrund von Mitgliedspflichten ausgeübt wird, so entfällt die Anwendung des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII und damit auch des § 2 Abs. 2 SGB VII (BSG aaO). Mitgliedspflichten können sich aus der Satzung des Vereins, den Beschlüssen der zuständigen Vereinsorgane oder auch aufgrund allgemeiner Vereinsübung ergeben.
Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung sowie des Schutzzwecks des § 2 Abs. 2 SGB VII ist die Klägerin beim "Gassigehen" für den Tierschutzverein nicht wie eine Beschäftigte tätig geworden; sie hat sich dabei vielmehr im Rahmen ihrer auf allgemeiner Vereinsübung beruhenden Mitgliedspflichten bewegt und war damit nicht wie eine Beschäftigte bei der Beklagten versichert (ebenso SG Mainz, Urteil v. 28.10.2005, S 6 U 38/05 in einem vergleichbaren Fall).
Für den Ausschluss des Versicherungsschutzes ist es nicht erforderlich, dass die Verpflichtung der Vereinsmitglieder zu der entsprechenden Tätigkeit in der Satzung des Vereins festgeschrieben ist. Vielmehr genügt es, dass es sich um eine Tätigkeit handelt, die der Förderung des satzungsmäßigen Vereinszwecks dient und typischerweise von Vereinsmitgliedern ehrenamtlich verrichtet wird. Dies ist hier ohne Zweifel der Fall.
Aufgrund des Schreibens des Tierschutzvereins vom 29.07.2004, der Satzung des Tierschutzvereins sowie des Vorbringens der Klägerin steht zur Überzeugung des Senats fest, dass das Ausführen der Hunde des Tierheimes regelmäßig und ganz überwiegend von den aktiven Mitgliedern des Tierschutzvereins durchgeführt wird. Nur soweit von den 30-40 aktiven Vereinsmitgliedern niemand zur Verfügung steht, wird das "Gassigehen" von den 6 hauptamtlichen Mitarbeitern oder von Zivildienstleistenden übernommen. Alternativ besteht die Möglichkeit, die Hunde in dem Hundeauslauf unterzubringen. Das Tierheimpersonal oder die Zivildienstleistenden wären mit Sicherheit nicht in der Lage, neben ihren anderen Aufgaben die zahlreichen im Tierheim untergebrachten Hunde regelmäßig auszuführen. Für die Bezahlung von Hilfspersonal fehlt dem Tierschutzverein, so der eigene glaubhafte Vortrag der Klägerin, das Geld. Der Verein ist somit darauf angewiesen, dass eine genügend große Anzahl von Mitgliedern die Hunde regelmäßig ausführen. Dies entspricht auch dem Interesse der Mitglieder, die sich auf diese Weise einen eigenen Hund aussuchen oder ihrer Neigung zum Umgang mit Hunden nachgehen können. Die Tatsache, dass der Tierschutzverein nach den Angaben der Klägerin 700-800 Mitglieder hat, von diesen aber lediglich 30-40 als "Gassigeher" tätig sind, ändert nichts daran, dass die Tätigkeit dieser aktiven Mitglieder ihr Gepräge durch die Vereinsmitgliedschaft erhält und daher nicht als arbeitnehmerähnliche Tätigkeit anzusehen ist.
Da die Tätigkeit der Klägerin durch die Vereinsmitgliedschaft geprägt war, spielt es auch keine Rolle, dass sie freiwillig Hunde ausgeführt hat und nach Angabe der Vorsitzenden des Tierschutzvereins eine (rechtliche) Verpflichtung gegenüber dem Verein zum Ausführen von Hunden in keinster Weise bestand. Bei einer ehrenamtlichen Tätigkeit, wie sie von der Klägerin verrichtet wurde, handelt es sich typischerweise um eine freiwillige Tätigkeit. Ein Verein hat regelmäßig keine Möglichkeit und kein Interesse daran, seine Mitglieder zu verpflichten, gegen ihren Willen für den Verein zu arbeiten. Der Verein lebt jedoch von dem ehrenamtlichen Engagement seiner Mitglieder. Er kann auch von seinen Mitgliedern erwarten, dass sie sich im Rahmen der Vereinsübung ehrenamtlich engagieren, soweit sie dazu bereit und in der Lage sind. Das "Gassigehen" gehört zu den Tätigkeiten, die der Tierschutzverein typischerweise von den "aktiven" Mitgliedern erwarten kann. Nach Auskunft der Vorsitzenden des Tierschutzvereins ist etwa die Hälfte der "Gassigeher" regelmäßig - teils seit vielen Jahren - ehrenamtlich tätig. Die Tätigkeit der Klägerin, die seit 01.02.2004 Mitglied im Tierschutzverein ist, ging damit nicht über die ehrenamtliche Tätigkeit der übrigen aktiven Mitglieder des Tierschutzvereins hinaus. Somit ist der Klägerin zwar zuzustimmen, dass sie rechtlich nicht verpflichtet war, als ehrenamtliche "Gassigeherin" tätig zu werden. Die Tätigkeit entsprach jedoch allgemeiner Vereinsübung und konnte somit vom Tierschutzverein von ihr als Mitglied erwartet werden. Die grundsätzliche Freiwilligkeit der Tätigkeit schließt damit eine von der Rechtsprechung als "Tätigkeit aufgrund von Mitgliedschaftspflichten" bezeichnete Verrichtung nicht aus (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 11.09.2003, L 7 U 2955/01). Damit ist keine rechtliche Verpflichtung gemeint, wie sich aus den zahlreichen hierzu ergangenen Urteilen ergibt.
Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtsprechung bei ehrenamtlichen Tätigkeiten von Vereinsmitgliedern sogar bei wesentlich umfangreicheren und gefährlicheren Tätigkeiten einen Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung verneint hat (BSG, Urteil vom 13.08.2002, B 2 U 29/01 R für die Tätigkeit eines Gastpiloten, der Mitglied eines Luftsportvereines ist, LSG für das Saarland, Urteil vom 27.10.2004, L 2 U 185/02 für die Tätigkeit einer Gruppenleiterin der Deutschen Pfadfinderschaft).
Die Staatszielbestimmung des Artikel 20a GG, wonach der Staat in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere schützt, gewinnt unter keinem Gesichtspunkt Bedeutung für den vorliegenden Rechtsstreit. Auch eine ehrenamtliche Tätigkeit für Vereine, deren Vereinszweck die Verwirklichung von Grundrechten z. B. des Schutzes der Familie nach Artikel 6 GG - beinhaltet, steht nicht allein deshalb nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII unter dem Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Eine ehrenamtliche Tätigkeit für einen Verein wird nicht dadurch zu einer arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit, dass sie einem in der Verfassung genannten Zweck dient. Eine Ausweitung des Unfallversicherungsschutzes für ehrenamtliche Tätigkeiten kann nicht von der Rechtsprechung im Wege erweiternder Auslegung bzw. richterlicher Rechtsfortbildung vorgenommen werden, sondern nur durch eine entsprechende Maßgabe des Gesetzgebers (vgl. BSG, Urteil vom 13.08.2002, B 2 U 5/02 R sowie LSG für das Saarland, Urteil vom 27.10.2004, L 2 U 185/02).
Aus den genannten Gründen war das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch der Senat von einer Entscheidung des BSG abweicht (vgl. § 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Unfall, den die Klägerin am 18.04.2004 erlitten hat, von der Beklagten als Arbeitsunfall zu entschädigen ist.
Die 1945 geborene Klägerin führte am Unfalltag einen Hund aus dem Tierheim E. aus. Dieser wurde von einem anderen Hund provoziert und zog ruckartig an der Leine. Die Klägerin wurde mitgerissen und stürzte einen Abhang hinunter. Sie wurde mit dem Notarztwagen in die Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie der Städtischen Kliniken E. gebracht, wo eine traumatische Luxation des Schultergelenkes links mit Abriss des Tuberculum majus festgestellt wurde. Am 12.05.2004 erfolgte im Rahmen eines stationären Aufenthaltes eine offene Reposition und Osteosynthese sowie Bursektomie. Die arbeitslose Klägerin war längere Zeit arbeitsunfähig und erhielt ein Heilverfahren über die (damalige) Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg.
Mit Schreiben vom 14.05.2004 meldete die Techniker Krankenkasse E. einen Erstattungsanspruch bei der Beklagten an und vertrat die Auffassung, es handele sich um einen Arbeitsunfall.
Auf Veranlassung der Beklagten erstattete der Tierschutzverein E. und Umgebung e. V. (Tierschutzverein) die Unfallanzeige vom 28.05.2004 und teilte darin mit, die Klägerin sei Mitglied des Tierschutzvereines und als freiwillige Helferin/Ausführerin tätig gewesen. Auf Anfrage der Beklagten machte die 1. Vorsitzende des Tierschutzvereins P. mit Schreiben vom 29.07.2004 folgende Angaben:
- Die Klägerin sei seit dem 01.02.2004 Mitglied des Vereins. - Übliche Tätigkeiten von Vereinsmitgliedern seien schwerpunktmäßig das Ausführen ("Gassigehen") von Hunden sowie die Mithilfe bei der Pflege und Versorgung von Katzen und Kleintieren (Füttern, Käfigreinigung, persönliche Zuwendung - "Schmusestunde"). - Die Klägerin sei eine regelmäßige ehrenamtliche "Gassigeherin" gewesen. Sie habe seit dem 01.02.2004 fast täglich Hunde ausgeführt, meistens die Hündin "Boncuk". - Eine Verpflichtung der Mitglieder gegenüber dem Verein zum Ausführen von Hunden bestehe in keinster Weise. Es werde größten Wert darauf gelegt, dass jegliches Engagement der Mitglieder zu ehrenamtlicher Tätigkeit ausschließlich aus deren Eigeninitiative entstehe. - Falls die Klägerin den Hund nicht ausgeführt hätte, hätten dies andere Vereinsmitglieder oder das Tierheimpersonal übernommen. Eine Alternative wäre die stundenweise Unterbringung des Hundes im großzügigen und gut umzäunten Hundeauslauf ("Gassiwiese") gewesen. - Es gebe in dem Verein ca. 40 "Gassigeher". Davon sei etwa die Hälfte regelmäßig (teils seit vielen Jahren) ehrenamtlich tätig. Der Rest unterliege einer gewissen Fluktuation.
Frau P. legte eine Kopie der Satzung des Tierschutzvereins E. und Umgebung e. V. vom 03.08.1953 vor.
Mit Bescheid vom 25.08.2004 lehnte die Beklagte die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus Anlass des Unfalles vom 18.04.2004 ab. Zur Begründung führte sie aus, ein gesetzlicher Unfallversicherungsschutz bestehe nicht, da die Klägerin nicht zum Kreise der gem. § 2 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII) versicherten Personen zähle. Sie habe zum Unfallzeitpunkt nicht in einem Beschäftigungsverhältnis zum Tierschutzverein gestanden, so dass ein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII ausscheide. Sie sei auch nicht wie ein nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII Versicherter tätig geworden, so dass auch ein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB VII nicht gegeben sei. Vereinsmitglieder seien nach dieser Vorschrift bei Tätigkeiten für ihren Verein nur dann in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert, wenn sie Arbeitsleistungen vollbringen würden, die über die Mitgliedschaftspflichten hinaus gingen. Das bedeute, dass Vereinsmitglieder dann nicht versichert seien, wenn die Tätigkeit im Ausfluss der Mitgliedschaft ausgeübt werde. Die unfallbringende Tätigkeit gehe nicht über die Mitgliedschaftspflichten der Klägerin hinaus, so dass sie zum Zeitpunkt ihres Sturzes am 18.04.2004 nicht zum Kreis der in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Personen gehört habe.
Die Klägerin legte hiergegen mit der Begründung Widerspruch ein, das "Gassigehen" mit dem Hund sei keine Mitgliedschaftspflicht. Es handle sich vielmehr um eine Arbeitsleistung, die über die Mitgliedschaftspflicht hinausgehe. Eine solche Pflicht stehe auch nicht in der Satzung.
Auf eine weitere Anfrage der Beklagten teilte Frau P. mit Schreiben vom 13.10.2004 noch mit, das Tierheim E. werde vom Tierschutzverein betrieben. Es würden dort sechs fest angestellte Mitarbeiter beschäftigt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.11.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Widerspruchsausschuss sei angesichts des vom Tierschutzverein mitgeteilten Sachverhaltes der Überzeugung, dass es sich bei der unfallbringenden Tätigkeit um eine Tätigkeit als Ausfluss der Mitgliedschaft der Klägerin in dem Verein gehandelt habe, die nicht über das übliche Maß an mitgliedschaftlichen Verpflichtungen/Tätigkeiten hinausgegangen sei und der Förderung des Vereinszwecks gemäß den in der Satzung geregelten Bestimmungen entsprochen habe.
Hiergegen erhob die Klägerin am 07.12.2004 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG). Zur Begründung wies sie darauf hin, dass das "Gassigehen" keinesfalls eine Verpflichtung der Mitglieder des Tierschutzvereins sei. Dies ergebe sich klar aus dem Schreiben der 1. Vorsitzenden an die Beklagte vom 29.07.2004. Zusätzlich legte sie ein Schreiben von Frau P. vom 22.09.2004 vor, worin ihr nochmals bestätigt wird, dass sie freiwillig mit dem Hund spazieren gegangen sei.
In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 10.11.2005 wurde die Klägerin angehört. Sie teilte u. a. mit, der Tierschutzverein habe derzeit etwa 700-800 Mitglieder. Bei diesen handle es sich zum überwiegenden Teil um reine Beitragszahler; die Zahl der "aktiven" Vereinsmitglieder belaufe sich lediglich auf etwa 30-40 Mitglieder. Für das Ausführen der zahlreichen Hunde im Tierheim bestehe regelmäßig ein beträchtlicher Personalbedarf. Hierfür würden auch die dem Verein zugewiesenen Zivildienstleistenden eingesetzt. Darüber hinaus verfüge der Verein nicht über hinreichende finanzielle Mittel, das Ausführen der Tiere durch bezahlte Hilfspersonen durchführen zu lassen.
Mit Urteil vom 10.11.2005 verurteilte das SG die Beklagte, das Ereignis vom 18.04.2004 als gesetzlich versicherten Arbeitsunfall anzuerkennen und der Klägerin die entsprechenden Leistungen in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Zur Begründung führte es aus, die unfallbringende Tätigkeit sei als arbeitnehmerähnlich zu qualifizieren und es habe daher ein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB VII bestanden. Nach der Rechtsprechung würden grundsätzlich auch Freundschaftsdienste und Gefälligkeitsdienste den Versicherungsschutz nach dieser Vorschrift nicht ausschließen. Die im Rechtsinne zu qualifizierende Ernsthaftigkeit der Tätigkeit der Klägerin ergebe sich bei vergleichender Betrachtung auch aus dem Umstand, dass das "Gassigehen" auch Tätigkeitsgegenstand der dem Verein zugewiesenen Zivildienstleistenden hätte sein können. Diese hätten dann ohne weiteres unter dem Versorgungsrechtsschutz nach dem Zivildienstgesetz in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz gestanden. Entgegen der Ansicht der Beklagten habe sich die Klägerin bei dem Ausführen des Hundes in einem Rahmen bewegt, der über die Erfüllung ihrer allgemeinen vereinsrechtlichen Mitgliedspflichten hinausgegangen sei. Nach der Satzung hätten Vereinsmitglieder lediglich die Pflicht zur Erstattung evtl. Strafanzeigen bei Tierquälerei oder Tiermissbrauch. Die Vereinsübung, wonach einige wenige Vereinsmitglieder über die satzungsmäßig niedergelegten Mitgliedschaftspflichten hinaus weitergehende Aktivitäten hätten entfalten können und dürfen, sage unter rechtlichen Gesichtspunkten nichts Weitergehendes, sondern stelle sich als letztlich rechtlich unbeachtlicher Realakt dar. Soweit die höchstrichterliche Rechtsprechung zu vereinsbezogenen Aktivitäten der Mitglieder eine gewisse verschärfte Betrachtungsweise vertrete, sei dem bei der hier vorgegebenen Fallgestaltung nicht zu folgen. Dies ergebe sich durch die Hereinnahme des Tierschutzes in das Grundgesetz als sog. Staatszielbestimmung in Artikel 20 a Grundgesetz (GG) durch das Gesetz zur Änderung des GG vom 26.07.2002. Dem sei bei der Norminterpretation und der Rechtsfortbildung in der Rechtsprechung zu § 2 Abs. 2 SGB VII - ausdrücklich beschränkt auf den Bereich des organisierten Tierschutzes - Rechnung zu tragen.
Gegen das am 20.01.2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 24.01.2006 Berufung eingelegt. Sie hält es für unverständlich, dass das Gericht entgegen der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) die in dem Tierschutzverein bestehende Vereinsübung des Ausführens der Hunde durch Mitglieder als unbeachtlichen Realakt angesehen habe. Ebenso unverständlich sei die Argumentation mit Artikel 20 a GG.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 10.11.2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte und nach § 151 SGG fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig.
Die Berufung ist auch begründet. Die Klägerin hat am 18.04.2004 keinen bei der Beklagten versicherten Arbeitsunfall erlitten. Das SG hätte die Beklagte daher unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide nicht verurteilen dürfen, der Klägerin die entsprechenden Leistungen in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Versicherungsfälle, die eine Leistungspflicht der Beklagten auslösen können, sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit - § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII sind Beschäftigte kraft Gesetzes versichert. Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zwischen dem Tierschutzverein und der Klägerin bestand jedoch nicht, da die Klägerin zum Verein nicht in einem Verhältnis persönlicher Abhängigkeit stand und hinsichtlich des Orts, der Dauer und der Zeit des Hundeausführens Weisungen des Vereins nicht unterlag.
Die Klägerin war bei ihrer unfallbringenden Tätigkeit auch nicht nach der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 10 SGB VII versichert. Danach sind Personen, die für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, ... oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind, versichert. Die Klägerin war zwar für den Tierschutzverein ehrenamtlich tätig. Hierbei handelt es sich aber um einen privatrechtlichen Verein, ohne dass dieser öffentliche, von Gebietskörperschaften wahrzunehmende Aufgaben in deren Auftrag oder mit deren ausdrücklicher Einwilligung erfüllt.
Zutreffend sind die Beteiligten deshalb davon ausgegangen, dass für die Klägerin nur ein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII in Frage kommt. Danach sind Personen versichert, die wie nach Abs. 1 Nr. 1 Versicherte - also wie Beschäftigte - tätig werden. Diese Vorschrift stellt jene Personen den Beschäftigten nach Abs. 1 Nr. 1 gleich, deren Verhalten einem bestimmten Unternehmen zu dienen bestimmt ist. Das fremdnützige Verhalten - den Umständen nach Abs. 1 Nr. 1 vergleichbar - rechtfertigt die Zurechnung des Haftungsrisikos zum nutznießenden Unternehmen (Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 2 SGB VII, Ziff. 34.1). Nach der umfangreichen hierzu ergangenen Rechtsprechung erfordert dies - wie bei der Vorgängervorschrift des § 539 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung - eine ernsthafte, dem Unternehmen zu dienen bestimmte und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit, die ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte, die in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis stehen. Die Tätigkeit muss unter solchen Umständen geleistet werden, dass sie einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich ist. Eines persönlichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnisses bedarf es bei einem Tätigwerden nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII nicht (BSG, Urteil vom 10.10.2002, B 2 U 14/02 R m. w. N.).
Von einer arbeitnehmerähnlichen, nach § 2 Abs. 2 SGB VII versicherten Tätigkeit sind Tätigkeiten abzugrenzen, die ihr Gepräge durch freundschaftliche, verwandtschaftliche oder nachbarschaftliche Beziehungen bzw. - wie im vorliegenden Fall - durch die Mitgliedschaft in einem Verein erhalten. Die Mitgliedschaft in einem Verein schließt die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses zu diesem Verein nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII und damit auch eine versicherte Tätigkeit wie ein Beschäftigter im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB VII nicht von vornherein aus. Voraussetzung für einen Versicherungsschutz ist jedoch, dass entweder ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt oder das Vereinsmitglied wie ein in einem Arbeits-, Dienst- oder Lehrverhältnis Stehender tätig wird. Ist für ein Arbeits-, Dienst- oder Lehrverhältnis kein Raum, weil die Tätigkeit nicht aufgrund eines solchen Verhältnisses, sondern aufgrund von Mitgliedspflichten ausgeübt wird, so entfällt die Anwendung des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII und damit auch des § 2 Abs. 2 SGB VII (BSG aaO). Mitgliedspflichten können sich aus der Satzung des Vereins, den Beschlüssen der zuständigen Vereinsorgane oder auch aufgrund allgemeiner Vereinsübung ergeben.
Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung sowie des Schutzzwecks des § 2 Abs. 2 SGB VII ist die Klägerin beim "Gassigehen" für den Tierschutzverein nicht wie eine Beschäftigte tätig geworden; sie hat sich dabei vielmehr im Rahmen ihrer auf allgemeiner Vereinsübung beruhenden Mitgliedspflichten bewegt und war damit nicht wie eine Beschäftigte bei der Beklagten versichert (ebenso SG Mainz, Urteil v. 28.10.2005, S 6 U 38/05 in einem vergleichbaren Fall).
Für den Ausschluss des Versicherungsschutzes ist es nicht erforderlich, dass die Verpflichtung der Vereinsmitglieder zu der entsprechenden Tätigkeit in der Satzung des Vereins festgeschrieben ist. Vielmehr genügt es, dass es sich um eine Tätigkeit handelt, die der Förderung des satzungsmäßigen Vereinszwecks dient und typischerweise von Vereinsmitgliedern ehrenamtlich verrichtet wird. Dies ist hier ohne Zweifel der Fall.
Aufgrund des Schreibens des Tierschutzvereins vom 29.07.2004, der Satzung des Tierschutzvereins sowie des Vorbringens der Klägerin steht zur Überzeugung des Senats fest, dass das Ausführen der Hunde des Tierheimes regelmäßig und ganz überwiegend von den aktiven Mitgliedern des Tierschutzvereins durchgeführt wird. Nur soweit von den 30-40 aktiven Vereinsmitgliedern niemand zur Verfügung steht, wird das "Gassigehen" von den 6 hauptamtlichen Mitarbeitern oder von Zivildienstleistenden übernommen. Alternativ besteht die Möglichkeit, die Hunde in dem Hundeauslauf unterzubringen. Das Tierheimpersonal oder die Zivildienstleistenden wären mit Sicherheit nicht in der Lage, neben ihren anderen Aufgaben die zahlreichen im Tierheim untergebrachten Hunde regelmäßig auszuführen. Für die Bezahlung von Hilfspersonal fehlt dem Tierschutzverein, so der eigene glaubhafte Vortrag der Klägerin, das Geld. Der Verein ist somit darauf angewiesen, dass eine genügend große Anzahl von Mitgliedern die Hunde regelmäßig ausführen. Dies entspricht auch dem Interesse der Mitglieder, die sich auf diese Weise einen eigenen Hund aussuchen oder ihrer Neigung zum Umgang mit Hunden nachgehen können. Die Tatsache, dass der Tierschutzverein nach den Angaben der Klägerin 700-800 Mitglieder hat, von diesen aber lediglich 30-40 als "Gassigeher" tätig sind, ändert nichts daran, dass die Tätigkeit dieser aktiven Mitglieder ihr Gepräge durch die Vereinsmitgliedschaft erhält und daher nicht als arbeitnehmerähnliche Tätigkeit anzusehen ist.
Da die Tätigkeit der Klägerin durch die Vereinsmitgliedschaft geprägt war, spielt es auch keine Rolle, dass sie freiwillig Hunde ausgeführt hat und nach Angabe der Vorsitzenden des Tierschutzvereins eine (rechtliche) Verpflichtung gegenüber dem Verein zum Ausführen von Hunden in keinster Weise bestand. Bei einer ehrenamtlichen Tätigkeit, wie sie von der Klägerin verrichtet wurde, handelt es sich typischerweise um eine freiwillige Tätigkeit. Ein Verein hat regelmäßig keine Möglichkeit und kein Interesse daran, seine Mitglieder zu verpflichten, gegen ihren Willen für den Verein zu arbeiten. Der Verein lebt jedoch von dem ehrenamtlichen Engagement seiner Mitglieder. Er kann auch von seinen Mitgliedern erwarten, dass sie sich im Rahmen der Vereinsübung ehrenamtlich engagieren, soweit sie dazu bereit und in der Lage sind. Das "Gassigehen" gehört zu den Tätigkeiten, die der Tierschutzverein typischerweise von den "aktiven" Mitgliedern erwarten kann. Nach Auskunft der Vorsitzenden des Tierschutzvereins ist etwa die Hälfte der "Gassigeher" regelmäßig - teils seit vielen Jahren - ehrenamtlich tätig. Die Tätigkeit der Klägerin, die seit 01.02.2004 Mitglied im Tierschutzverein ist, ging damit nicht über die ehrenamtliche Tätigkeit der übrigen aktiven Mitglieder des Tierschutzvereins hinaus. Somit ist der Klägerin zwar zuzustimmen, dass sie rechtlich nicht verpflichtet war, als ehrenamtliche "Gassigeherin" tätig zu werden. Die Tätigkeit entsprach jedoch allgemeiner Vereinsübung und konnte somit vom Tierschutzverein von ihr als Mitglied erwartet werden. Die grundsätzliche Freiwilligkeit der Tätigkeit schließt damit eine von der Rechtsprechung als "Tätigkeit aufgrund von Mitgliedschaftspflichten" bezeichnete Verrichtung nicht aus (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 11.09.2003, L 7 U 2955/01). Damit ist keine rechtliche Verpflichtung gemeint, wie sich aus den zahlreichen hierzu ergangenen Urteilen ergibt.
Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtsprechung bei ehrenamtlichen Tätigkeiten von Vereinsmitgliedern sogar bei wesentlich umfangreicheren und gefährlicheren Tätigkeiten einen Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung verneint hat (BSG, Urteil vom 13.08.2002, B 2 U 29/01 R für die Tätigkeit eines Gastpiloten, der Mitglied eines Luftsportvereines ist, LSG für das Saarland, Urteil vom 27.10.2004, L 2 U 185/02 für die Tätigkeit einer Gruppenleiterin der Deutschen Pfadfinderschaft).
Die Staatszielbestimmung des Artikel 20a GG, wonach der Staat in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere schützt, gewinnt unter keinem Gesichtspunkt Bedeutung für den vorliegenden Rechtsstreit. Auch eine ehrenamtliche Tätigkeit für Vereine, deren Vereinszweck die Verwirklichung von Grundrechten z. B. des Schutzes der Familie nach Artikel 6 GG - beinhaltet, steht nicht allein deshalb nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII unter dem Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Eine ehrenamtliche Tätigkeit für einen Verein wird nicht dadurch zu einer arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit, dass sie einem in der Verfassung genannten Zweck dient. Eine Ausweitung des Unfallversicherungsschutzes für ehrenamtliche Tätigkeiten kann nicht von der Rechtsprechung im Wege erweiternder Auslegung bzw. richterlicher Rechtsfortbildung vorgenommen werden, sondern nur durch eine entsprechende Maßgabe des Gesetzgebers (vgl. BSG, Urteil vom 13.08.2002, B 2 U 5/02 R sowie LSG für das Saarland, Urteil vom 27.10.2004, L 2 U 185/02).
Aus den genannten Gründen war das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch der Senat von einer Entscheidung des BSG abweicht (vgl. § 160 Abs. 2 SGG).
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