S 18 KR 416/07 ER

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Frankfurt (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 18 KR 416/07 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 244/07 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Eine Pflichtmitgliedschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V wird in den Fällen nicht begründet, in denen Betroffene Krankenbehandlung nach § 264 SGB V erhalten (können).
Der Anspruch aus § 264 SGB V stellt einen "anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall" i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V dar (vgl. Gesetzentwurf BR-Drucksache 755/06, S. 264, 265 zu Doppelbuchstabe bb und cc bzw. BT-Drucksache 16/3100).
2. Die Heranziehung des o. g. Gesetzentwurfes zur teleologischen Auslegung von § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V scheitert nicht daran, dass § 5 Abs. 8 a SGB V gegenüber der Version, die dem o. g. Gesetzentwurf zugrunde lag, in einer hiervon abweichenden Version in Kraft getreten ist (abweichend SG Speyer, Beschlüsse vom 19.04.2007, S 11 ER 164/07 KR, vom 23.04.2007, S 7 ER 162/07 KR und vom 25.04.2007, S 7 ER 163/07 ER).
1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Durchführung einer Pflichtmitgliedschaft durch die Antragsgegnerin.

Die Antragstellerin besitzt die bosnische Staatsangehörigkeit und hält sich (nach eigenen Angaben, Bl. 14 Verwaltungsakte) seit ihrer Einreise in das Bundesgebiet als Bürgerkriegsflüchtling im Jahr 1992 seitdem in der Bundesrepublik Deutschland auf. Seit Dezember 2005 ist die Antragstellerin im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG), die bis zum 10.03.2008 befristet ist (Bl. 8 Gerichtsakte). Die Antragstellerin wohnt im Haushalt ihrer Tochter und wird von ihr finanziell unterstützt. Sie ist nicht erwerbstätig.

Ausweislich eines Bescheids des H.k. an die Antragstellerin vom 11.01.2006 (Bl. 38 Verwaltungsakte) bezog die Antragstellerin bis zum 31.01.2006 Leistungen nach § 4 Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG). Danach wurden die Leistungen eingestellt; der Rechtsgrund für die bis dahin gewährte Hilfe liege nicht mehr vor, da die Antragstellerin im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sei (vgl. auch Bl. 24 Verwaltungsakte).

Nach Angaben des H.k. (Bl. 9 Verwaltungsakte) bezog die Antragstellerin von dort Hilfe zur Gesundheit nach dem Fünften Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch (SGB XII), jedoch keine Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des SGB XII oder nach § 2 AsylbLG und wurde bis zum 31.03.2007 von der Antragsgegnerin gemäß § 264 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) versorgt (vgl. auch Bl. 19 Verwaltungsakte).

Am 03.05.2007 (Bl. 16 Verwaltungsakte) zeigte die Antragstellerin (aufgrund einer entsprechenden Beratung durch den H.k., Bl. 11 Verwaltungsakte) der Antragsgegnerin die Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V an. Sie gab an, bisher weder selbst oder über ihre Eltern/ihren Ehegatten bzw. Lebenspartner gesetzlich oder privat versichert gewesen zu sein. In einem zusätzlichen Schreiben gab die Antragstellerin unter dem 23.05.2007 (Bl. 7 Verwaltungsakte) an, dass sie nach dem Aufenthaltsgesetz nicht verpflichtet sei, ihren Lebensunterhalt selbst sicherzustellen. Es bestehe kein Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG.

Mit Bescheid vom 05.06.2007 (Bl. 12 Verwaltungsakte) lehnte die Antragsgegnerin die Durchführung einer Pflichtversicherung für die Antragstellerin ab. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, dass am 01.04.2007 neue gesetzliche Bestimmungen in Kraft getreten seien. Diese sagten aus, dass Personen, die Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG hätten, nicht versicherungspflichtig seien und somit auch nicht Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse werden könnten. Nach den der Antragsgegnerin vorliegenden Informationen habe die Antragstellerin einen entsprechenden Anspruch.

Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin am 15.06.2007 (Bl. 17 Verwaltungsakte) Widerspruch ein, den sie unter Berufung auf den Bescheid des H.k. vom 11.01.2006 damit begründete, dass die Leistungen nach dem AsylbLG bereits zum 01.02.2006 eingestellt worden seien.

Mit Schreiben vom 06.07.2007 (Bl. 23 Verwaltungsakte) führte die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin aus, dass es auch nach erneuter Prüfung der Sach- und Rechtslage sowie der von der Antragstellerin vorgetragenen Begründung bei der bisher getroffenen Entscheidung bleibe. Bei Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG liege eine Absicherung im Krankheitsfall bereits dann vor, wenn ein Anspruch auf Leistungen bei Krankheit nach § 4 AsylbLG dem Grunde nach bestehe. Laut den eingereichten Unterlagen bestehe eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 23 Abs. 1 AufenthG, so dass dem Grunde nach auch ein Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG bestehe. Somit sei die Versicherungspflicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ab dem 01.04.2007 nicht möglich. Die Antragsgegnerin empfehle der Antragstellerin, sich mit dem örtlich zuständigen Sozialhilfeträger in Verbindung zu setzen; dieser könne den Krankenversicherungsschutz durch einen Betreuungsauftrag nach § 264 SGB V an die Krankenkasse sicherstellen.

In einem weiteren Schreiben vom 17.07.2007 (Bl. 26 Verwaltungsakte) führte die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin ergänzend aus, dass sich der für die Antragstellerin bestehende Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG aus § 1 Abs. 1 Nr. 3 AsylbLG ergebe.

Am 19.07.2007 (Bl. 1 Gerichtsakte) hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Frankfurt/Main einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtschutzes gestellt.

Die Antragstellerin trägt vor,
in der Zeit vom 01.02.2006 (nach Einstellung der Leistungen nach dem AsylbLG) bis zum 31.03.2007 habe sie lediglich Hilfe zur Gesundheit gemäß § 19 Abs. 3 in Verbindung mit §§ 82 bis 87 und 88 SGB XII erhalten. Sie sei 85 Jahre alt und seit dem 01.04.2007 ohne Krankenversicherungsschutz.

Die Antragstellerin beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Antragstellerin rückwirkend ab dem 01.04.2007 als Pflichtmitglied zu versichern.

Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.

Die Antragsgegnerin trägt vor,
es bestehe aufgrund der rechtlichen Ausgestaltung der Aufenthaltserlaubnis eine Leistungsberechtigung nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 AsylbLG i. V. m. § 4 AsylbLG. Dies sei ein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfalle, wie sich aus § 5 Abs. 11 Satz 3 SGB V ergebe. Eine solche schließe aber nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB X dessen Anwendung vorliegend bereits grundsätzlich aus. Auch auf dem Wege fraglicher Leistungseinstellung/-verweigerung und erkennbar einseitiger Beratung der Antragstellerin von dritter Seite könne eine Leistungspflicht der Antragsgegnerin hier nicht erzwungen werden.

Das Gericht hat im Rahmen der Sachverhaltsermittlungen die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin zu dem Rechtsstreit beigezogen.

II.

Der Antrag ist zulässig. Nach § 86 b Abs. 2 Sätze 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache, soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung).

Vorliegend wird eine Regelungsanordnung begehrt.

Der Antrag führt jedoch in der Sache nicht zum Erfolg, denn der für den Erlass der Regelungsanordnung erforderliche Anordnungsanspruch, der sich auf das materielle Recht bezieht, ist im Falle der Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht; die Antragstellerin erfüllt nicht die Voraussetzungen einer Pflichtmitgliedschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V).

Nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V (in der Fassung des Art. 1 Nr. 2 Buchst. a, Doppelbuchstabe cc des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.03.2007, BGBl. I, 378, in Kraft getreten am 01.04.2007) sind versicherungspflichtig

"Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und

a) zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder

b) bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, dass sie zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten."

Absatz 8 a des § 5 SGB V (in der Fassung des Art. 1 Nr. 2 Buchst. c des o. g. Gesetzes mWv 01.04.2007) bestimmt:

"Nach Absatz 1 Nr. 13 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 12 versicherungspflichtig, freiwilliges Mitglied oder nach § 10 versichert ist. Satz 1 gilt entsprechend für Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des Zwölften Buches und für Empfänger laufender Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes. Satz 2 gilt auch, wenn der Anspruch auf diese Leistungen für weniger als einen Monat unterbrochen wird. Der Anspruch auf Leistungen nach § 19 Abs. 2 gilt nicht als Absicherung im Krankheitsfall im Sinne von Absatz 1 Nr. 13, sofern im Anschluss daran kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall besteht."

Absatz 11 des § 5 SGB V (in der Fassung des Art. 1 Nr. 2 Buchst. d des o. g. Gesetzes mWv 01.04.2007) bestimmt:

"Ausländer, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz sind, werden von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 erfasst, wenn sie eine Niederlassungserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung auf mehr als zwölf Monate nach dem Aufenthaltsgesetz besitzen und für die Erteilung dieser Aufenthaltstitel keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Aufenthaltsgesetzes besteht. Angehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz werden von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 nicht erfasst, wenn die Voraussetzung für die Wohnortnahme in Deutschland die Existenz eines Krankenversicherungsschutzes nach § 4 des Freizügigkeitsgesetzes/EU ist. Bei Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz liegt eine Absicherung im Krankheitsfall bereits dann vor, wenn ein Anspruch auf Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt nach § 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes dem Grunde nach besteht."

Da die Antragstellerin nach den Angaben des H.k. nicht Empfängerin laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapital des Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) oder laufender Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) ist, ist in ihrem Fall § 5 Abs. 8 a SGB V nicht anwendbar.

§ 5 Abs. 11 Satz 3 SGB V schließt Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG von der Versicherungspflicht aus, die ausnahmsweise eine Aufenthaltserlaubnis besitzen und deren Anspruch nach § 4 des AsylbLG auf Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt wegen eigenen Einkommens oder Vermögens nach § 7 des AsylbLG ruht (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drucksache 755/06, S. 267 "Zu Buchstabe d"). Davon, dass vorliegend ein Ruhen von Leistungen nach § 7 AsylbLG gegeben ist, ist nach der Aktenlage nicht auszugehen, so dass ein Ausschluss der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 11 Satz 3 SGB V nicht angenommen werden kann. Wie sich aus der zitierten Gesetzesbegründung ergibt, regelt § 5 Abs. 11 Satz 3 SGB V nur diesen Spezialfall Leistungsberechtigter nach dem AsylbLG; die Argumentation der Antragsgegnerin mit § 5 Abs. 11 Satz 3 SGB V ist daher im Falle der Antragstellerin unzutreffend.

Die Antragstellerin ist nach der Aktenlage als Ausländerin im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung auf mehr als zwölf Monate nach dem Aufenthaltsgesetz und für die Erteilung dieses Aufenthaltstitels besteht keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Aufenthaltsgesetzes, so dass die Voraussetzungen des § 5 Abs. 11 SGB V erfüllt sind.

Die Antragstellerin war bisher nicht gesetzlich oder privat versichert und gehört nicht zu den in § 5 Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen, so dass die Beurteilung der Frage nach dem Eintritt der Versicherungspflicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V sich darauf zuspitzt, ob die Antragstellerin einen "anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall" hat.

In der Gesetzesbegründung (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drucksache 755/06, S. 264, 265 "Zu Doppelbuchstabe bb und cc", identisch mit dem Gesetzentwurf in der BT-Drucksache 16/3100) heißt es diesbezüglich:

"Ohne Anspruch auf anderweitige Absicherung im Krankheitsfall sind insbesondere die nicht gesetzlich oder privat krankenversicherten Personen, die keinen Anspruch auf Hilfe bei Krankheit nach § 40 SGB VIII, § 48 SGB XII, 264 SGB V, auf Gesundheitsfürsorge nach dem Strafvollzugsgesetz oder auf sonstige Gesundheitsfürsorge haben, die nicht beihilfeberechtigt sind, keinem Sondersystem wie der freien Heilfürsorge angehören und auch keinen Anspruch auf Krankenbehandlung nach dem Bundesversorgungsgesetz, dem Bundesentschädigungsgesetz oder vergleichbaren gesetzlichen Regelungen haben. Für Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz besteht ein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall nach § 4 Asylbewerberleistungsgesetz."

Die Antragstellerin hat nach der Aktenlage bis 31.03.2007 Krankenbehandlung nach § 264 SGB V auf Kosten des H.k. erhalten. Der H.k. lehnt für die Zeit ab dem 01.04.2007 die Erstattung von Aufwendungen für die Krankenbehandlung der Antragstellerin nach § 264 SGB V ab, weil er der Rechtsauffassung ist, dass ab dem 01.04.2007 aufgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V eine Pflichtversicherung für die Antragstellerin besteht. Diese vom Wortlaut umfasste Auslegung, wonach § 264 SGB V nur greift, wenn keine gesetzliche Versicherung gegen Krankheit besteht, wird jedoch dem Gesetzeszweck des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nicht gerecht, wonach – wie oben zitiert – der Eintritt der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V voraussetzt, dass kein Anspruch auf Hilfe bei Krankheit u. a. nach § 264 SGB V besteht. Danach stellt sich die Rechtslage entgegen der Rechtsauffassung des H.k. so dar, dass Leistungen nach § 264 SGB V vorrangig vor dem Eintritt der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V sind. Die Antragstellerin ist somit anderweitig im Krankheitsfall abgesichert, weshalb die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nicht eintritt.

Soweit das Sozialgericht S. (Beschlüsse vom 19.04.2007, S 11 ER 164/07 KR, vom 23.04.2007, S 7 ER 162/07 KR und vom 25.04.2007, S 7 ER 163/07 KR, jeweils zitiert nach juris) diesbezüglich eine andere Rechtsauffassung vertritt, mit der Argumentation, dass sich die oben zitierte Gesetzesbegründung auf einen nicht Gesetz gewordenen Teil des Entwurfs bezieht und somit nicht zur Auslegung herangezogen werden kann, wird diese vom erkennenden Gericht nicht geteilt: Die zitierte Gesetzesbegründung bezieht sich ausweislich ihrer Überschrift auf "Buchstabe a", "Doppelbuchstabe bb und cc" des Gesetzentwurfs, mithin auf § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V und nicht auf § 5 Abs. 8 a SGB V. Wie aber das SG S. in seinen Beschlüssen (aa0) selbst zutreffend ausführt, ist lediglich eine vom Gesetzentwurf abweichende Version des § 5 Abs. 8 a SGB V Gesetz geworden, wohingegen die Entwurffassung des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V und das später in Kraft getretene Gesetz identisch sind. Die Argumentation des SG S. ist daher ungenau und erscheint nicht zutreffend.

Zwar ist dem Sozialgericht Speyer insoweit zuzugestehen, dass sich aufgrund der hier zugrunde gelegten Auslegung des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V die Subsidiarität der Sozialhilfe nicht als durchgängig realisiert erweist. Ob diese Subsidiarität jedoch überhaupt durchgängig realisiert werden sollte, ist indes zweifelhaft. In dem Gesetzentwurf (aaO) heißt es "Zu Doppelbuchstabe bb und cc" (BR-Drucksache 755/06, S. 264) nämlich:

"Die Regelung [des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V; Anm. d. Verf.] begründet eine Versicherungspflicht für Personen, die keinen Anspruch auf eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall haben und die zuletzt gesetzlich krankenversichert gewesen sind. Des Weiteren wird eine Versicherungspflicht für Personen ohne Absicherung im Krankheitsfall begründet, die bisher nicht in Deutschland gesetzlich oder privat krankenversichert waren und dem Grunde nach der gesetzlichen Krankenversicherung zuzuordnen sind. Hierdurch wird für diesen Personenkreis das politische Ziel der Koalitionsfraktionen umgesetzt, dass in Deutschland niemand ohne Schutz im Krankheitsfall sein soll. Deutschland hat im Gegensatz zu den meisten anderen europäischen Ländern keine Einwohnerversicherung. Vielmehr wird der Schutz im Krankheitsfall in einem pluralistisch gegliederten System gewährt, dessen wesentliche Träger die gesetzliche und die private Krankenversicherung sind. Auf Grund des Fehlens einer umfassenden Versicherungspflicht für alle Einwohner ist nicht ausgeschlossen, dass Personen weder die Zugangsvoraussetzungen zur gesetzlichen Krankenversicherung erfüllen, noch die Möglichkeit haben, eine private Krankenversicherung abzuschließen, beziehungsweise den Versicherungsschutz in ihrem bisherigen System – etwa durch die Nichtzahlung der Beiträge oder Prämien – verloren haben. Sofern in diesen Fällen auch kein Anspruch auf eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall besteht, müssen sie die im Krankheitsfall entstehenden Aufwendungen in voller Höhe aus ihrem Einkommen oder Vermögen selbst tragen. Die Zahl dieser Menschen, die ohne Absicherung im Krankheitsfall sind, hat in den letzten Jahren spürbar zugenommen. [ ] In einem modernen Sozialstaat ist es jedoch nicht hinnehmbar, dass eine größere Zahl von Menschen ohne Absicherung im Krankheitsfall ist. [ ]"

In der Gesetzesbegründung ist nicht von durchgängiger Subsidiarität der Sozialhilfe die Rede, vielmehr wird aus der Gesetzesbegründung deutlich, dass eine Pflichtversicherung nur in den Fällen eingreifen soll, in denen ein anderweitiger Schutz im Krankheitsfall nicht besteht, so dass die betreffenden Personen die im Krankheitsfall entstehenden Aufwendungen selbst tragen müssten. Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn der Sozialhilfeträger die Aufwendungen für die Krankenbehandlung nach § 264 SGB V übernimmt.

Diese Intention des Gesetzgebers spiegelt sich auch in der Gesetzessystematik wider, wonach § 5 Abs. 8 a SGB V bereits nicht mehr greift ("Nach Absatz 1 Nr. 13 ist nicht versicherungspflichtig, [ ...]"), wenn schon die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nicht vorliegen, etwa, wie hier, weil die Person einen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hat.

Dass § 5 Abs. 8 a SGB V eine abschließende und umfassende Ausschlussregelung von der Versicherungspflicht für die Fälle der Leistungen nach dem SGB XII trifft (mit der Konsequenz, dass im Umkehrschluss Empfänger von Leistungen nach den dort nicht genannten Kapiteln des SGB XII in die Versicherungspflicht einzubeziehen sind), ist daher ebenfalls nicht zwingend.

Nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V in Verbindung mit teleologischer und systematischer Auslegung sieht das Gericht daher keinen Raum für eine hiervon abweichende Auslegung.

Auf die zwischen den Beteiligten aufgeworfene Frage, ob sich ein Ausschluss der Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V schon deshalb ergibt, weil die Antragstellerin dem Grunde nach Anspruch auf Leistungen nach § 4 AsylbLG hätte, kommt es nicht an.

Ein Anordnungsanspruch besteht damit nicht.

Der Antragstellerin ist es auch zuzumuten, sich hinsichtlich der Weitergewährung von Leistungen nach § 264 SGB V unter Vorlage dieses Beschlusses an den H.k. zu wenden. Sollte allerdings der H.k. bei seiner bisher vertretenen Rechtsauffassung verbleiben, so dass der Zuständigkeitsstreit zwischen der Antragsgegnerin und dem H.k. auf dem Rücken der Antragstellerin ausgetragen zu werden drohte, wäre ein erneutes Anrufen des Sozialgerichts durch die Antragstellerin zulässig und der H.k. wäre – für den Fall, dass sich der Antrag nicht gegen ihn richten würde – beizuladen.

Der Antrag war abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG; die Rechtsmittelbelehrung folgt aus § 172 SGG.
Rechtskraft
Aus
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