L 24 KR 317/07

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 86 KR 754/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 24 KR 317/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 17. April 2007 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Versorgung mit einer Badewanne bzw. einem Badewanneneinbau.

Die 1963 geborene Klägerin, die bei der Beklagten versichert ist, leidet an einem Klippel-Trénaunay-Weber-Syndrom, einer angeborenen arterio-venösen Fehlbildung der peripheren Gefäße, insbesondere im Bereich des rechten Beins.

Im November 2005 beantragte der Arzt Dr. T für die Klägerin den Einbau einer Badewanne in deren Wohnung. Wegen der chronischen Gefäßkrankheit sei die Klägerin auf regelmäßige medizinische Bäder angewiesen.

Mit Bescheid vom 03. Januar 2006 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da der Einbau einer Badewanne nicht in die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkasse falle.

Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, durch ihre Erkrankung seien die Wirbelsäule, sämtliche Gelenke und auch die Haut betroffen. Zur Linderung ihrer Beschwerden sei nur ein Bad in einer Badewanne geeignet. Da sie sich sofort nach dem Bad hinlegen müsse, könne sie medizinische Bäder außerhalb ihrer Wohnung nicht aufsuchen. Die Minibadewanne (1,60 m x 0,70 m) koste ca. 150 Euro. Hinzu kämen noch die Einbaukosten. Ihr Vermieter habe keine Einwände gegen den Einbau. Die Klägerin fügte mehrere ärztliche Bescheinigungen bei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Eine Badewanne sei kein Hilfsmittel im Sinne der Krankenversicherung, da sie zur Ausstattung eines Badezimmers gehöre und der allgemeinen Körperpflege diene, also nicht ganz überwiegend für die speziellen Bedürfnisse kranker oder behinderter Menschen hergestellt und ausschließlich oder ganz überwiegend von diesem Personenkreis benutzt werde. Ein finanzieller Zuschuss der Pflegeversicherung als Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes scheide mangels Vorliegens von Pflegebedürftigkeit aus.

Dagegen hat die Klägerin am 16. Juni 2006 beim Sozialgericht Berlin Klage erhoben und ihr Begehren weiterverfolgt.

Seit Sommer 2005 sei ihre Dusche defekt, so dass sie kilometerweit an den Rand von Berlin fahren müsse, um überhaupt warm duschen zu können. Sie sei Sozialhilfeempfängerin. Ein Wohnungsumzug komme nicht in Betracht, da ein solcher mit dem Transport ihres Klaviers zu teuer sei, sie gegenwärtig mit 218 Euro monatlich eine geringe Miete zu zahlen habe und ihre Wohnung behinderungsgerecht sei. Die Klägerin hat verschiedene ärztliche Unterlagen und das Kostenangebot der Firma M vom 08. November 2006 über einen Austausch der Dusche gegen eine Badewanne über 3.785,83 Euro vorgelegt.

Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass die Badewanne kein Hilfsmittel und der Einbau der Badewanne keine medizinische Rehabilitation sei.

Der Beigeladene zu 1) ist der Ansicht gewesen, dass eine Badewanne zwar aus medizinischen Gründen erforderlich sein könnte. Die Finanzierung des entsprechenden Badezimmerumbaus durch den Sozialhilfeträger widerspreche jedoch § 9 Abs. 2 Satz 1 und 3 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII). Der Umbau des Badezimmers stehe auch unter Berücksichtigung zusätzlicher Rückbaukosten bei einem späteren Wohnungswechsel in keinem vertretbaren Verhältnis zu einem Umzug in eine Wohnung mit einer Badewanne.

Die Beigeladene zu 2) hat ihre Leistungspflicht wegen fehlender Pflegebedürftigkeit verneint.

Das Sozialgericht hat die Befundberichte des Dermatologen Prof. Dr. N vom 25. September 2006, des Arztes Dr. T vom 24. September 2006 und des Arztes für Innere Medizin, Kardiologie und Angiologie Dr. N vom 12. Oktober 2006 sowie die Auskunft der F GmbH vom 17. Januar 2007 eingeholt.

Die Klägerin hat mitgeteilt, ihren Vermieter nicht auf Zustimmung zum Wohnungsumbau verklagen zu wollen.

Nach entsprechender Anhörung hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 17. April 2007 die Klage abgewiesen: Es bestehe kein Anspruch auf Gewährung eines Badumbaus, weil dieser aus Rechtsgründen gegenwärtig unmöglich sei. Es könne dahinstehen, ob der Badumbau ein Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung sei, zu deren Leistung die Beklagte nach § 33 SGB V verpflichtet sei. Auch könne offen bleiben, ob die Beklagte oder die Beigeladenen einen Badumbau als Rehabilitationsleistung zu gewähren hätten (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 54 SGB XII i. V. m. § 55 Abs. 1, 2 Nr. 5 SGB IX oder § 40 Abs. 4 SGB XI. Entscheidend sei, dass der Vermieter der Klägerin einem solchen Badumbau nicht zugestimmt habe. Zwar sei ein Vermieter unter bestimmten Voraussetzungen nach § 554 a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zur Duldung baulicher Veränderungen mit dem Ziel der behindertengerechten Nutzung der Mietsache verpflichtet. Ohne seine Zustimmung, die von der Klägerin gegenüber dem Vermieter im Zweifel gerichtlich durchzusetzen wäre, könne von den beteiligten Sozialleistungsträgern die Gewährung eines solchen Badumbaus jedoch nicht verlangt werden. Die Klage sei insoweit auf eine zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt unmögliche Verpflichtung gerichtet.

Gegen den ihr am 20. April 2007 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 25. April 2007 eingelegte Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt.

Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 17. April 2007 zu ändern und unter Aufhebung des Bescheides vom 03. Januar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2006 die Beklagte, hilfsweise die Beigeladenen zu verurteilen, der Klägerin eine Badewanne durch Einbau in deren Mietwohnung Kstraße 4, B zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten (), die bei der Entscheidung vorgelegen haben, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis dazu erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 03. Januar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2006 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat weder gegenüber der Beklagten noch gegenüber einem Beigeladenen Anspruch auf Versorgung mit einer Badewanne oder auf deren Einbau in ihre Mietwohnung Kstraße in B. Die Badewanne selbst stellt kein Hilfsmittel dar. Eine Verpflichtung, einen aus Rechtsgründen nicht möglichen Umbau der Mietwohnung durch Einbau einer Badewanne zu finanzieren, besteht nicht.

Es besteht kein Anspruch auf Versorgung mit einer Badewanne.

Nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Leistungen zur Behandlung einer Krankheit (§§ 27 bis 52 SGB V).

Ein Anspruch auf Krankenbehandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V besteht, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst u. a. die Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V).

Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind.

Nach § 1 Abs. 4 SGB XI hat die Pflegeversicherung die Aufgabe, Pflegebedürftigen Hilfe zu leisten, die wegen der Schwere der Pflegebedürftigkeit auf solidarische Unterstützung angewiesen sind. Pflegebedürftig im Sinne dieses Buch sind nach § 14 Abs. 1 SGB XI Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße (§ 15 SGB XI) der Hilfe bedürfen. Die Pflegeversicherung gewährt (diesem Personenkreis) u. a. Pflegehilfsmittel und technische Hilfen (§ 28 Abs. 1 Nr. 5 SGB XI).

Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB XI haben Pflegebedürftige Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbständigere Lebensführung ermöglichen, soweit die Hilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der Krankenkasse oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten sind.

Zu den Pflegehilfsmitteln rechnen nicht allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens. Dies ist zwar für den Bereich der Pflegeversicherung nicht ausdrücklich gesetzlich bestimmt. Es ergibt sich aber unter Berücksichtigung der Gesetzesbegründung aus dem systematischen Zusammenhang. Nach der Gesetzesbegründung (Bundestags-Drucksache 12/5262, S. 113) dürfen Mittel, "die zum täglichen Lebensbedarf gehören", nicht berücksichtigt werden, "auch wenn sie die Pflege erleichtern". Offensichtlich hat der Gesetzgeber diesen Ausschlussgrund als selbstverständlich und damit nicht regelungsbedürftig angesehen. Eine abweichende Bewertung gegenüber dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ist nicht gerechtfertigt. Es gehört grundsätzlich nicht zu den Aufgaben einer Sozialversicherung, die Besorgung oder Anschaffung von Gegenständen zu finanzieren, die zum allgemeinen Lebensbedarf oder zu den Kosten der normalen Lebenshaltung zu zählen sind (so BSG, Urteil vom 24. September 2002 - B 3 P 15/01 R, abgedruckt in USK 2002, 56; BSG, Urteil vom 22. August 2001 - B 3 P 13/00 R, abgedruckt in SozR 3-3300 § 40 Nr. 7).

Die Sozialhilfe umfasst u. a. Hilfen zur Gesundheit (§ 8 Nr. 3 SGB XII). Um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern, werden nach § 48 SGB XII Leistungen zur Krankenbehandlung entsprechend dem Dritten Kapitel, 5. Abschnitt, 1. Titel des SGB V erbracht. Der Anspruch auf Versorgung mit einem Hilfsmittel richtet sich mithin ebenfalls nach § 33 Abs. 1 SGB V.

Bei einer Badewanne handelt es sich um einen allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens. Von diesem Begriff werden solche Gegenstände erfasst, die allgemein im täglichen Leben Verwendung finden. Lediglich Geräte, die für die speziellen Bedürfnisse kranker oder behinderter Menschen entwickelt und hergestellt worden sind und von diesem Personenkreis ausschließlich oder ganz überwiegend benutzt werden, sind nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 16. September 1999 - B 3 KR 8/98 R, abgedruckt in SozR 3-2500 § 33 Nr. 31).

Eine Badewanne dient der allgemeinen Körperpflege. Sie ist weder von ihrer Konzeption noch von ihrem tatsächlichen Einsatz ausschließlich oder ganz überwiegend für kranke oder behinderte Menschen bestimmt. Es handelt sich somit nicht um ein Hilfsmittel, welches in die Leistungspflicht der Beklagten oder der Beigeladenen fällt.

Den Einbau einer Badewanne in ihre Mietwohnung kann die Klägerin ebenfalls nicht beanspruchen.

Nach dem vorgelegten Kostenangebot der Firma M vom 08. November 2006 ist beabsichtigt, die Badewanne einzumauern und einzufließen. Zu diesem Zweck ist es erforderlich, die vorhandene Duschanlage zu demontieren und zu entsorgen, um an deren Stelle die Badewanne setzen zu können. Darüber hinaus muss die Badezimmertür gedreht und ein Heizkörper versetzt werden.

Gegenüber der Beklagten kommt auch insoweit § 33 Abs. 1 SGB V als Anspruchsgrundlage in Betracht. Unabhängig davon, dass sich durch den Einbau der Badewanne an der Zweckbestimmung als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens nichts ändert, werden fest in ein Haus oder eine Wohnung eingebaute sächliche Gegenstände grundsätzlich nicht vom Anwendungsbereich des § 33 Abs. 1 SGB V erfasst. Ein Hilfsmittel soll die Körperfunktionen des Behinderten ersetzen, ergänzen oder verbessern, die für die möglichst selbständige Durchführung der Alltagsverrichtungen notwendig sind. Der Behinderte wird dadurch den Erfordernissen der Umwelt angepasst, nicht aber das Umfeld an die Bedürfnisse des Behinderten angeglichen. Daraus folgt, dass nur solche sächlichen Gegenstände als Hilfsmittel anzuerkennen sind, die vom Behinderten getragen oder mitgeführt bzw. bei einem Wohnungswechsel auch mitgenommen und benutzt werden können, um sich im jeweiligen Umfeld zu bewegen, zurechtzufinden und die elementaren Grundbedürfnisse des täglichen Lebens zu befriedigen (BSG, Urteil vom 06. August 1998 - B 3 KR 14/97 R, abgedruckt in SozR 3-2500 § 33 Nr. 30).

Als weitere mögliche Rechtsgrundlage im Verhältnis zur Beklagten mag daneben noch § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V in Betracht kommen. Danach kann die Krankenkasse neben den Leistungen, die nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 SGB IX sowie nach §§ 53 und 54 SGB IX als ergänzende Leistungen zu erbringen sind, solche Leistungen zur Rehabilitation ganz oder teilweise erbringen oder fördern, die unter Berücksichtigung von Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind, um das Ziel der Rehabilitation zu erreichen oder zu sichern, aber nicht zu den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder den Leistungen zur allgemeinen sozialen Eingliederung gehören, wenn zuletzt die Krankenkasse Krankenbehandlung geleistet hat oder leistet.

Die §§ 44 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 SGB IX, 53, 54 SGB IX benennen von ihrem Wortlaut her bereits nicht bauliche Maßnahmen wie den Einbau einer Badewanne. Aber auch § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V ist hierfür nicht einschlägig. Zum einen werden nur ergänzende Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erfasst. Es muss sich also um Nebenleistungen handeln, die zu einer Hauptleistung erbracht werden sollen. Dies sind solche, die diese Hauptleistung erst ermöglichen, ohne deren Teil zu sein (Hauck/Haines, SGB V, Kommentar, ErgL 7/05, Noftz, K § 43 Rdnr. 9), oder die notwendig sind, um den Erfolg bzw. den Nutzen der Hauptleistung nachhaltig zu sichern (Hauck/Haines, a.a.O., K § 43 Rdnr. 10). Vorliegend fehlt es schon an einer Hauptleistung zur medizinischen Rehabilitation, die durch den Einbau einer Badewanne unterstützt werden soll. Zum anderen gehören zu den ergänzenden Leistungen des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V, auch wenn diese Vorschrift einer extensiven Auslegung zugänglich ist, lediglich sonstige, nicht bereits begrifflich den §§ 28 bis 42 SGB V zuzuordnenden Leistungen. Leistungen, die dem Begriff nach Leistungen der §§ 28 bis 42 SGB V sein können, es aber nicht sind, weil sie die speziellen Voraussetzungen nicht erfüllen, können nicht als ergänzende Leistungen gewährt werden. Andernfalls würde mittels § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V der abschließende Charakter der §§ 28 bis 42 SGB V unterlaufen (Hauck/Haines, a.a.O., K § 43 Rdnr. 11 m.w.N.; vgl. auch BSG, Urteil vom 10. Dezember 1980 - 7 RAr 51/79 zur ähnlichen Regelung des § 56 Abs. 3 Nr. 6 Arbeitsförderungsgesetz - AFG, abgedruckt in SozR 1500 § 75 Nr. 33). Kann das Hilfsmittel Badewanne deswegen nicht nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V gewährt werden, weil es als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens anzusehen ist, kommt es auch als ergänzende Leistung nicht in Betracht, denn ansonsten würde der in § 33 Abs. 1 SGB V normierte Leistungsausschluss umgangen. Dies gilt in gleicher Weise für eine fest eingebaute Badewanne.

Als Rechtsgrundlage im Verhältnis zur Beigeladenen zu 2) ist § 40 Abs. 4 SGB XI maßgebend. Danach können die Pflegekassen subsidiär finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen gewähren, beispielsweise für technische Hilfen im Haushalt, wenn dadurch im Einzelfall die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt wird. Die Höhe der Zuschüsse ist unter Berücksichtigung der Kosten der Maßnahme sowie eines angemessenen Eigenanteils in Abhängigkeit von dem Einkommen des Pflegebedürftigen zu bemessen. Die Zuschüsse dürfen einen Betrag in Höhe von 2.557 Euro je Maßnahme nicht übersteigen.

Diese Vorschrift knüpft allerdings an der Pflegebedürftigkeit an. Voraussetzung ist somit, dass mindestens Pflegestufe I vorliegt. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI sind Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen (des § 14 Abs. 4 Nrn. 1-3 SGB XI) mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen.

Weder hat die Klägerin vorgetragen, noch bieten die vom Sozialgericht eingeholten Befundberichte einen Anhaltspunkt dafür, dass die Klägerin bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens überhaupt und insbesondere in dem genannten zeitlichen Umfang der Hilfe bedarf. Ein Anspruch nach § 40 Abs. 4 SGB XI scheitert damit bereits am Erfordernis der Pflegebedürftigkeit.

Rechtsgrundlage im Verhältnis zur Beigeladenen zu 1) ist § 53 Abs. 1, § 54 Abs. 1 SGB XII i. V. m. § 55 Abs. 1 und 2 Nr. 5 SGB IX. Danach erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe (als Teil der Sozialhilfe nach § 8 Nr. 4 SGB XII), wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Personen mit einer anderen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung können Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten. Leistungen der Eingliederungshilfe sind Leistungen, die den behinderten Menschen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ermöglichen oder sichern oder sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege machen und nicht Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, zur Teilhabe am Arbeitsleben oder unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen (Kapitel 4 bis 6 des Teil 1 SGB IX) sind (Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft). Dazu gehören insbesondere Hilfen beim Umbau einer Wohnung, die den besonderen Bedürfnissen der behinderten Menschen entspricht.

Es kann dahinstehen, ob der Einbau einer Badewanne wegen unverhältnismäßigen Mehrkosten nach § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB XII ausscheidet und stattdessen der Klägerin zuzumuten ist, in eine Wohnung umzuziehen, die bereits mit einer Badewanne ausgestattet ist.

Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, bedarf der Einbau der Badewanne bei gleichzeitiger Ersetzung der Duschanlage der Zustimmung des Vermieters.

Nach § 535 Abs. 1 Satz 1 BGB wird durch den Mietvertrag dem Mieter das Recht auf Gebrauch der gemieteten Wohnung eingeräumt. Zum vertragsgemäßen Gebrauch gehören zwar auch bauliche Veränderungen, soweit sich diese im Rahmen der üblichen Nutzung der Mietsache halten. Bauliche Veränderungen, die mit einem nicht nur unerheblichen Eingriff in die Gebäudesubstanz verbunden sind, überschreiten jedoch diesen vertragsgemäßen Gebrauch und bedürfen der Zustimmung des Vermieters.

Nach § 554 a Abs. 1 BGB kann der Mieter (jedoch) vom Vermieter die Zustimmung zu baulichen Veränderungen oder sonstigen Einrichtungen verlangen, die für eine behindertengerechte Nutzung der Mietsache oder den Zugang zu ihr erforderlich sind, wenn er ein berechtigtes Interesse daran hat. Der Vermieter kann seine Zustimmung verweigern, wenn sein Interesse an der unveränderten Erhaltung der Mietsache oder des Gebäudes das Interesse des Mieters an einer behindertengerechten Nutzung der Mietsache überwiegt. Dabei sind auch die berechtigten Interessen anderer Mieter in dem Gebäude zu berücksichtigen. Der Vermieter kann hierbei nach § 554 a Abs. 2 Satz 1 BGB seine Zustimmung von der Leistung einer angemessenen zusätzlichen Sicherheit für die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes abhängig machen.

Der Einbau einer Badewanne stellt nicht lediglich einen geringfügigen Eingriff in die Gebäudesubstanz dar. Die Badewanne soll nach dem Kostenangebot der Firma M vom 08. November 2006 fest eingemauert und damit zum wesentlichen Bestandteil des Gebäudes (§ 94 Abs. 2 BGB) und daher auch des Grundstücks (§ 94 Abs. 1 BGB) werden. Zudem ist damit zugleich die Zerstörung (nach dem genannten Kostenangebot Demontage und Entsorgung) der Duschanlage verbunden. Außerdem muss die Badezimmertür gedreht und ein Heizkörper umgesetzt werden.

Damit bedarf der Einbau der Badewanne der Zustimmung des Vermieters, die jedoch nicht vorliegt; sie wird sogar ausdrücklich verweigert. Die F GmbH als Verwalterin der Wohnung der Klägerin teilte mit Schreiben vom 17. Januar 2007 im Namen und in Vollmacht des Eigentümers und Vermieters mit, dass dem Badumbau nicht zugestimmt wird. Dies wurde damit begründet, dass im Bad für eine Badewanne kein Platz ist, weil nach Einbau der Badewanne nur noch ca. 36 cm zwischen Badewannenende und Badtür verbleiben, und zusätzlich der Heizkörper umgesetzt werden muss.

Die Klägerin hat erklärt, keine Klage gegen ihren Vermieter auf Zustimmung zum Einbau einer Badewanne erheben zu wollen.

Angesichts dessen ist die Klägerin aus Rechtsgründen nicht nur gegenwärtig, sondern auf Dauer gehindert, eine Badewanne einzubauen. Würde die Baumaßnahme gleichwohl unter Missachtung der verweigerten Zustimmung des Vermieters durchgeführt, würde dies nicht nur wegen Überschreitens des vertragsmäßigen Gebrauchs der Mietsache eine Verletzung des Mietvertrages bedeuten, sondern zugleich auch eine strafbare Sachbeschädigung nach § 303 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) darstellen. Wer rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wird nach letztgenannter Vorschrift mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Ist der Einbau einer Badewanne aus Rechtsgründen unmöglich, können weder Leistungen zur Rehabilitation nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V, noch finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen nach § 40 Abs. 4 Satz 1 SGB XI oder Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 55 Abs. 2 Nr. 5 SGB IX das damit verbundene Ziel erreichen, so dass sie nicht beansprucht werden können, weil sie nicht notwendig sind (§ 12 Abs. 1 Satz 2 SGB V, § 29 Abs. 1 Satz 2 SGB XI) bzw. die Aufgabe der Eingliederungshilfe nicht erfüllt werden kann (§ 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII).

Die Berufung muss daher erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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