Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 4 U 151/81
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 284/83
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Ohne Rücksicht auf die Beweggründe stellt regelmäßig jede Fahrt eines internatsmäßig untergebrachten Umschülers von der Rena-Einrichtung zur Familienwohnung einen unfallversicherungsrechtlich geschützten Weg dar.
2. Hat sich aber der Versicherte nach Unterrichtsende wegen der Dauer und Art sowie eigenwirtschaftlichen Zwecken dienenden Verrichtungen – hier: über dreistündiges gemütliches Beisammensein mit erheblichem Alkoholkonsum – endgültig vom versicherten Unternehmen gelöst, so besteht auch dann kein Unfallversicherungsschutz, wenn sich der Unfall auf derselben Wegstrecke ereignet, die der Versicherte nach Hause auch sonst zurückzulegen hat.
2. Hat sich aber der Versicherte nach Unterrichtsende wegen der Dauer und Art sowie eigenwirtschaftlichen Zwecken dienenden Verrichtungen – hier: über dreistündiges gemütliches Beisammensein mit erheblichem Alkoholkonsum – endgültig vom versicherten Unternehmen gelöst, so besteht auch dann kein Unfallversicherungsschutz, wenn sich der Unfall auf derselben Wegstrecke ereignet, die der Versicherte nach Hause auch sonst zurückzulegen hat.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 26. Mai 1982 (S 4/U – 151/81) wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger wegen der Folgen eines Verkehrsunfalles am 14. September 1978 die gesetzliche Unfallentschädigung zu gewähren.
Der im Jahre 1945 geborene Kläger zog sich in seinem erlernten Frisörberuf eine Hauterkrankung als Berufskrankheit (BK) zu. Die Beklagte gewährte ihm deswegen mit Bescheid vom 26. August 1977 als Maßnahme der Berufshilfe die Umschulung zum Nachrichtengerätemechaniker mit Vorförderung. Nach erfolgreicher Vorförderung wurde der Kläger, in dem Internat des Berufsförderungswerkes F. (BFW) in B. V. am 31. Januar 1978 aufgenommen. Der Unterricht erfolgte von montags bis donnerstags in der Zeit von 7.40 Uhr bis 15.20 Uhr. Nachdem die Beklagte erfahren hatte, daß der Kläger auf der Fahrt zu seiner Familie am 14. September 1978 gegen 23.00 Uhr mit dem Personenkraftwagen (Pkw) verunglückt sei, forderte sie das BFW auf, die Unfallanzeige zu erstatten. Das lehnte es zunächst unter dem 18. Dezember 1978 ab, da es sich nach seiner Auffassung nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt habe; die Arbeitszeit des Klägers habe bereits um 17.00 Uhr geendet, der Unfall sich aber erst gegen 23.00 Uhr ereignet. Die Beklagte zog die Akten des gegen den Kläger gerichteten Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Hanau bei. In der polizeilichen Verkehrsunfallanzeige und in dem Vermerk vom 15. September 1978 ist niedergelegt, daß der Kläger auf der K 872 aus Richtung N. kommend gegen 23.00 Uhr vor W. zunächst einen am rechten Fahrbahnrand stehenden Leitpfosten gestreift habe und auf die Fahrbahn zurückgeschleudert worden sei. Sodann habe er eine Stationskilometermarkierung überfahren. Anschließend sei er, sich mehrfach überschlagend, auf einen Acker geraten. Verkehrsteilnehmer, die sich um den verletzten Kläger kümmerten, hatten angegeben, daß dieser erklärt habe, er sei lediglich Beifahrer gewesen. Die Ehefrau des Klägers sagte am 15. September 1978 aus, daß ihr Ehemann am Unfalltag gegen 22.30 Uhr fernmündlich angekündigt habe, noch nach Hause zu kommen. Gewöhnlich fahre er allein; eine Fahrgemeinschaft habe nicht bestanden. Die nach dem Protokoll und Antrag zur Feststellung des Alkohols im Blut vom 14. September 1978, dem ärztlichen Untersuchungsbericht des St. X.-Krankenhauses H. vom 15. September 1978 und dem Gutachten des Prof. Dr. G. (Zentrum der Rechtsmedizin der Universität Y.) vom 19. September 1978 am 15. September 1978 um 0.30 Uhr entnommene Blutprobe ergab für die Unfallzeit eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von etwa 2,0 ‰.
Das gegen den Kläger eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen Trunkenheit am Steuer stellte die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Hanau am 30. März 1979 ein, da nicht sicher festgestellt werden könne, daß dieser den Pkw gelenkt habe; die Möglichkeit, daß er nur Beifahrer gewesen sei, könne nicht ausgeschlossen werden. Auf Verlangen der Beklagten erstattete das BFW unter dem 25. März 1980 die förmliche Unfallanzeige mit dem Hinweis, daß die Arbeitszeit am Unfalltag um 15.20 Uhr geendet habe und die Angaben im Wegeunfall-Fragebogen auf den nicht nachprüfbaren Aussagen des Klägers beruhten.
Mit Bescheid vom 19. Mai 1981 lehnte die Beklagte die Gewährung der Unfallentschädigung ab, da der Kläger zur Unfallzeit nicht gegen Arbeitsunfall versichert gewesen sei. Die gegen 22.40 Uhr angetretene Heimfahrt stehe in keinem ursächlichen Zusammenhang mehr mit der um 15.20 Uhr beendeten dienstlichen Tätigkeit. Es habe sich vielmehr um den Weg von einer privaten Angelegenheit nach Hause gehandelt.
Gegen diesen an ihn am 19. Mai 1981 abgesandten Bescheid hat der Kläger am 22. Juni 1981 Klage erhoben, die das Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) aus den Gründen des angefochtenen Bescheides durch Urteil vom 26. Mai 1982 abgewiesen hat. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das sozialgerichtliche Urteil verwiesen.
Gegen das ihm am 9. Juli 1982 zugestellte Urteil hat der Kläger schriftlich bei dem SG am 9. August 1982 Berufung eingelegt. Er bringt zu ihrer Begründung vor: Er sei gewöhnlich dienstags und donnerstags sowie freitags vom BFW nach Hause gefahren. Alle diese Fahrten seien geschützte Familienheimfahrten. Bei der Unfallfahrt, an die er sich im übrigen wegen der Schwere der Unfallfolgen nicht mehr erinnern könne, sei er nur Beifahrer gewesen. Von einem Übergang zur Feierabendgestaltung könne keine Rede sein, da die ihm obliegenden dienstlichen Verrichtungen am Unfalltag um 15.20 Uhr noch nicht beendet gewesen seien. Zunächst wären noch zwei Verfügungsstunden zu absolvieren und sodann das gemeinsame Abendessen bis 19.00 Uhr einzunehmen gewesen, das von 18.30 bis 19.00 Uhr angedauert habe. Üblicherweise habe sich hieran 1 bis 1 1/2 Stunden Entspannung, wie etwa Billardspiel, Tischtennis, Fernsehen oder ähnliches, angeschlossen. Auch sei in kleinen Gruppen intensiv gelernt worden, so daß das eigentliche Privatleben erst ab 22.00 Uhr begonnen habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 26. Mai 1982 (S 4/U – 151/81) sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. Mai 1981 aufzuheben und diese zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 14. September 1978 die gesetzliche Unfallentschädigung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Unfall- und Streitakten sowie die von der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Hanau beigezogenen Akten des Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger , die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist frist- und formgerecht eingelegt und daher insgesamt zulässig (§§ 143, 144, 145, 151 Abs. 1 und 2 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG –).
Sie ist jedoch unbegründet. Das auf die zulässige Klage ergangene sozialgerichtliche Urteil konnte nicht aufgehoben werden, da das SG dieses zu Recht abgewiesen hat. Der angefochtene Bescheid vom 19. Mai 1981 ist nicht rechtswidrig. Der Kläger hat wegen der Folgen des Verkehrsunfalls vom 14. September 1978 keinen Anspruch auf die gesetzliche Unfallentschädigung, da er keinen Arbeitsunfall erlitten hat (§§ 548, 550 Abs. 3 der Reichsversicherungsordnung – RVO –). Weder befand er sich zur Unfallzeit auf einem versicherten Betriebsweg, noch war hier der bei Familienheimfahrten anzunehmende Versicherungsschutz zu bejahen.
Zunächst sieht es der Senat nach dem glaubhaften Vorbringen des Klägers, den Feststellungen der Beklagten im Verwaltungsverfahren und dem Inhalt der beigezogenen Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Hanau als erwiesen an, daß der Kläger sich bei der Unfallfahrt auf dem Wege von dem BFW, in dem er eine Unterkunft hatte, zu seiner Familienwohnung befand. Dies ergibt sich auch aus den Angaben seiner Ehefrau bei der ermittelnden Polizei am 15. September 1978. Danach hatte der Kläger vor Fahrtantritt gegen 22.30 Uhr zu Hause angerufen und seine Ankunft angekündigt. Hierüber sowie darüber, daß er auf der Fahrt im eigenen Pkw den kürzesten Weg zu seiner Familienwohnung benutzte, besteht unter den Beteiligten auch kein Streit.
Nach Auffassung des Senats stellt regelmäßig jede Fahrt eines internatsmäßig untergebrachten Umschülers von der Rena-Einrichtung zur Familienwohnung einen unfallversicherungsrechtlich geschützten Weg dar (§§ 555, 550 Abs. 3, 548 RVO). Dies gilt nicht nur für die vom Rena-Träger genehmigten Familienheimfahrten (vgl. Lauterbach-Watermann, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl., Anm. 23 Buchst. h zu § 550 RVO). Auf die Beweggründe, aus denen der Versicherte seine Familienwohnung aufsucht, kommt es dabei nicht an (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20.7.1966 – 2 Ua 2004/63 – in Breithaupt 1967, 22; Lauterbach-Watermann, a.a.O., Anm. 26 zu § 550 RVO). Allerdings ist der Versicherungsschutz dann zu versagen, wenn die sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen fehlen. Es gelten nämlich für den Weg zur Familienwohnung die gleichen Grundsätze wie bei sonst nach §§ 548, 550 Abs. 1 RVO geschützten Wegen, wenn auch bis zu einem gewissen Grad weniger strenge Anforderungen, z.B. an den Zeitpunkt der Heimfahrt, zu richten sind (vgl. BSG, Urteil vom 26.7.1977 – 8 RU 34/77 – in SGb 1978, 122 mit zustimmender Anmerkung von Podzun). Hat sich aber der Versicherte wegen der Dauer und Art und eigenwirtschaftlichen Zwecken dienenden Verrichtungen endgültig von der versicherten Tätigkeit gelöst, so besteht auch dann kein Unfallversicherungsschutz, wenn sich der Wegeunfall auf derselben Wegstrecke ereignet hat, die der Versicherte auch ohne Verfolgung eigenwirtschaftlicher Interessen hätte zurücklegen müssen (vgl. BSG, Urteil vom 19.8.1975 – 8 RU 94/74 – in SozR 2200.§ 550 RVO Nr. 6). Das ist dann anzunehmen, wenn aus eigenwirtschaftlichen Gründen der Antritt der Heimreise zur Familienwohnung verzögert wird. Stellt sich die Fahrt nicht mehr als eine solche von einer betrieblichen Tätigkeit, sondern von einer Feierabendgestaltung dar und steht der zurückzulegende Weg mit der Dauer einer solchen, dem privaten Bereich zuzuordnenden Verhaltensweise in keinem angemessenen Verhältnis, so ist in den Fällen dieser Art der Versicherungsschutz infolge Lösung vom versicherten Unternehmen aufgehoben. Das ist hier der Fall.
Nach den weiteren Feststellungen der Beklagten im Verwaltungsverfahren, insbesondere nach den Auskünften des BFW, und dem Vorbringen des Klägers ist erwiesen, daß am Unfalltag der Unterricht bis 15.20 Uhr andauerte und anschließend noch zwei Verfügungsstunden abgehalten wurden, so daß der Unterricht gegen 17.00 Uhr endete. In der Zeit von 18.30 Uhr bis 19.00 Uhr wurde das Abendessen eingenommen. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die Einnahme des Abendessens und die damit im Zusammenhang stehenden Wege noch der dienstlichen und damit versicherten Tätigkeit des Klägers zuzurechnen sind. Zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens jedenfalls gegen 23.00 Uhr war aufgrund der weiteren Ausgestaltung des Abends und der Dauer der Verhaltensweise des Klägers eine Lösung zum versicherten Unternehmen eingetreten.
Zunächst verkennt der Kläger, daß nach der von dem Bundessozialgericht entwickelten Rechtsprechung zum Versicherungsschutz bei Dienstreisen, die auch hier anzuwenden ist, zu unterscheiden ist zwischen Betätigungen, die mit dem Beschäftigungsverhältnis rechtlich wesentlich zusammenhängen und solchen Verrichtungen, die der privaten Sphäre zuzurechnen sind. Der Versicherungsschutz entfällt, wenn der Versicherte sich rein persönlichen, von der Betriebstätigkeit nicht mehr beeinflußten Belangen widmet (vgl. BSG, Urteil vom 29.4.1980 – 2 RU 95/79 – in SozR 2200 § 548 RVO Nr. 50). Allerdings ist ein rechtlich wesentlicher ursächlicher Zusammenhang mit dem Beschäftigungsverhältnis am Ort der auswärtigen Beschäftigung in der Regel eher anzunehmen als am Wohn- oder Betriebsort (vgl. BSG a.a.O.). So liegen die Verhältnisse hier nicht. Vorliegend war der Kläger nach seinem Vorbringen und dem äußeren Ablauf der Zeit spätestens ab dem Ende des Abendessens um 19.00 Uhr zur privaten Feierabendgestaltung übergegangen. Er führt zwar aus, daß das danach üblicherweise – hier nicht erwiesene – betriebene Billard- und Tennisspiel, Fernsehen oder ähnliches noch dem versicherten Bereich zuzurechnen sei. Der Kläger verkennt aber, daß es sich bei diesen Betätigungen um typische Beschäftigungen zur Feierabendgestaltung handelt, wie sie auch sonst der privaten Sphäre zuzurechnen sind. Es liegt auch kein versicherter Betriebssport vor, da es bei dem gelegentlichen Spiel an einer betriebsbezogenen und vom Unternehmen – des BFW – organisierten Sportausübung im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts fehlt (vgl. BSG, Urteil vom 28.11.1961 – 2 RU 130/59 – in E 16, 1). Für den Übergang zur privaten Feierabendgestaltung spricht vielmehr auch das Ausmaß des genossenen Alkohols und der über zwei Stunden nach dem Ende des Abendbrotes dauernde Aufenthalt in dem BFW bei einer vergleichsweise nur kurzen Entfernung von etwa 22 Kilometern bis zur Familienwohnung (vgl. BSG, Urteil vom 31.3.1965 – 2 RU 91/63 – in Praxis 1965, 320; 17.2.1972 – 7/2 RU 130/69 – in USK 72, 26; Lauterbach-Watermann, a.a.O., Anm. 26 zu § 550 RVO m.w.N.).
Hierzu sieht der Senat nach den – im übrigen unangegriffenen – Feststellungen im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren gegen den Kläger weiterhin als erwiesen an, daß dieser bei Antritt der Heimfahrt nach 22.30 Uhr und zum Unfallzeitpunkt gegen 23.00 Uhr so viel Alkohol genossen hatte, daß eine BAK von 2,0 ‰ bestand. Dies ist nach der am 15. September 1978 um 0.30 Uhr entnommenen Blutprobe und nach dem rechtsmedizinischen Gutachten des Prof. Dr. G. vom 19. September 1978 erwiesen. Der Senat kann diese Unterlagen im Wege des Urkundenbeweises verwerten, zumal die Beteiligten diese ohne begründeten Widerspruch haben gelten lassen (vgl. HLSG, Urteil vom 21.2.1979 – L 3/U – 1006/74 – unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 15.5.1963 – 6 RKa 1/62 – und 20.5.1976 – 8 RU 98/75 – in E 42, 42; Urteil vom 28.5.1957 – 2 RU 150/55 – in E 5, 168; Urteil vom 8.12.1983 – 2 RU 30/83 –). Aus den gesamten Umständen des Falles hat daher das SG zu Recht geschlossen, daß der Kläger bei Fahrtantritt infolge Lösung vom versicherten Unternehmen nicht mehr unter Versicherungsschutz stand. Er befand sich auf der Fahrt von einer dem privaten Lebensbereich zuzuordnenden Betätigung in dem BFW nach Hause.
Aber selbst dann, wenn man grundsätzlich auch in einem so gelagerten Fall wie hier eine geschützte Familienheimfahrt hätte annehmen wollen, so ergibt sich die Lösung vom versicherten Unternehmen aus dem genossenen Alkohol, der die rechtlich allein wesentliche Unfallursache gewesen ist. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und des Bundesgerichtshofs (BGH), der sich der Senat wiederholt angeschlossen hat (vgl. BSG, Urteil vom 31.8.1972 – 2 RU 152/70 – in E 34, 261; HLSG, Urteil vom 11.12.1978 – L 3/U – 1061/76 – m.w.N. sowie 10.2.1982 – L 3/U – 1290/79 –), wird bei einem Kraftwagenfahrer mit einer BAK von 1,3 ‰ und darüber unwiderleglich absolute Fahruntüchtigkeit vermutet. Wird ein solcher BAK-Wert zweifelsfrei erreicht und ergeben sich erwiesenermaßen noch sonstige äußere Beweisanzeichen für die Einwirkungen der BAK, so ist Verkehrsuntüchtigkeit anzunehmen mit der Folge, daß eine Lösung zum versicherten Unternehmen eingetreten ist. Als solche Beweisanzeichen der Fahruntüchtigkeit kommen neben einem zur Leistungsminderung und Persönlichkeitsveränderung führenden Blutalkoholgehalt u.a. die zur Unfallzeit bestehende Verkehrslage, die Fahrweise des Klägers, und seine Reaktionen unmittelbar vor oder nach der Unfallsituation in Betracht. Aus diesen Beweisanzeichen läßt sich in der Regel zugleich beurteilen, ob und in welchem Umfang die alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit an der Verursachung des Unfalls mitgewirkt hat (vgl. HLSG a.a.O. unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 9.3.1977 – 2 RU 35/76 –; 13.3.1975 – 2 RU 9/73 20.1.1977 – 8 RU 52/76 – in SozR 2200 § 548 RVO Nr. 27). Der genossene Alkohol ist die allein rechtlich wesentliche Unfallursache, wenn andere unternehmensbedingte Umstände derart in den Hintergrund durch ihn gedrängt sind, daß diese bei der rechtlichen Wertung nicht als wesentliche Mitursache in Betracht kommen können. Das ist dann der Fall, wenn nach der Erfahrung des täglichen Lebens davon auszugehen ist, daß ein nicht unter Alkoholeinfluß stehender Verkehrsteilnehmer bei gleicher Sachlage wahrscheinlich nicht verunglückt wäre. Allerdings kommt es hierauf dann nicht an, wenn das etwaige Verhalten des Verletzten wesentlich durch andere, äußere Umstände beeinflußt worden ist, z.B. eine Verkehrswidrigkeit eines anderen Verkehrsteilnehmers. Dann war der Alkohol nicht die allein rechtlich wesentliche Unfallursache (vgl. BSG a.a.O. sowie Urteil vom 30.6.1960 – 2 RU 86/56 – in E 12, 242; 30.10.1962 – 2 RU 205/61 – in E 18, 101; 20.1.1977 – 8 RU 52/76 –; HLSG a.a.O. m.w.N.).
Wie bereits oben ausgeführt ist erwiesen, daß bei dem Kläger zur Unfallzeit eine BAK von 2,0 ‰ bestand. Er hatte damit die Grenze der absoluten Verkehrsuntüchtigkeit mit 1,3 ‰ weit überschritten. Entgegen der Auffassung des Klägers und Beschlusses des Landgerichts Hanau vom 23. Januar 1979 über die Wiederaushändigung des Führerscheins und der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Hanau vom 30. März 1979 ist es nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens bewiesen, daß der Kläger nicht Beifahrer, sondern selbst Fahrer seines eigenen Pkw zur Unfallzeit gewesen ist. Der Kläger soll zwar nach dem Unfall gegenüber anderen, unbekannt gebliebenen Verkehrsteilnehmern, die ihn im Felde auffanden, noch geäußert haben, nur Beifahrer gewesen zu sein. Der Senat wertet dies aufgrund der Umstände des Unfallgeschehens als bloße Schutzbehauptung. Der Kläger selbst kann dazu keine Angaben mehr machen, da er infolge der schweren Verletzungen über kein ausreichendes Erinnerungsvermögen mehr verfügt. So kann er auch nicht den Fahrer namentlich bezeichnen. Er kann zu dieser seiner Behauptung auch keinen Beweis antreten. Sein Vorbringen steht im übrigen im Widerspruch zu den Angaben der im Strafverfahren gehörten Ehefrau. Diese hat am 15. September 1978 bekundet, daß der Kläger am 14. September 1978 gegen 22.30 Uhr fernmündlich seine Rückkehr von den BFW angekündigt habe. Sie hatte keine Veranlassung anzunehmen, daß ihr Ehemann in Begleitung einer anderen Person kommen werde. Ausdrücklich heißt es, daß keine Fahrgemeinschaft mit einem Mitschüler bestanden und er die Heimfahrten gewöhnlich alleine gemacht habe. Anhaltspunkte dafür, daß es an diesem Abend anders sein werde, besaß sie damals nicht. Damit in Einklang stehen die sonstigen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Hanau. Danach war der Kläger ca. 5 Meter vor seinem auf dem Dach im Felde liegenden Pkw schwerverletzt aufgefunden worden. Er war nicht ansprechbar. Nach dem Bericht des Prof. Dr. U. und des Dr. D. (Kreiskrankenhaus N. ) vom 14. November 1978 bestanden bei dem Kläger ein schweres Thoraxtrauma mit Rippenserienfraktur rechts und rezidivierendem Hämatothorax links mit sekundärer Herzruptur, Claviculafraktur rechts und Kompressionsfraktur des 4. Lendenwirbelkörpers bei Verdacht auf stumpfes Brauchtrauma. Die ermittelnden Beamten stellten weiter fest, daß an dem Pkw des Klägers alle Türen geschlossen waren. Das linke Fenster war halb geöffnet und das rechte hintere Fenster zerbrochen. Die Nackenstütze des Fahrersitzes war abgerissen. Die gesamte Umgegend wurde nach einer zweiten Person, die den Pkw gefahren haben könnte, erfolglos, abgesucht. Auch diese Feststellungen werden von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogen, so daß sie der Senat ohne weitere Beweisaufnahme seiner Beurteilung zugrunde legen kann. Daraus folgt, daß angesichts der Schwere der Körperverletzung des Klägers, der Schäden an seinem eigenen Pkw mit dem einseitigen Abreißen der Nackenstütze am Fahrersitz und dem Fehlen einer weiteren Person im Zusammenhang damit, daß die Ehefrau des Klägers keinen Anhalt dafür hatte, daß dieser nicht allein kommen werde, nur er selbst der Fahrer gewesen ist. Jede andere Annahme widerspräche einer natürlichen Betrachtungsweise. Der Kläger hat sich zur Unfallzeit allein in seinem Pkw befunden und war daher auch der Fahrer. Er wurde nach den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen beim Überschlagen aus einem der hinteren Fenster des Pkw geschleudert, wobei die Nackenstütze am Fahrersitz abbrach.
Nach der oben dargelegten Rechtsprechung des Senats und des Bundessozialgerichts ist aber der Kläger bei einer BAK von 2,0 ‰ zur Unfallzeit als Fahrer seines Pkw absolut fahruntüchtig gewesen mit der Folge, daß die Lösung zum versicherten Unternehmen eingetreten war. Andere, äußere Umstände, die geeignet gewesen sein könnten, eine rechtlich wesentlich mitwirkende Ursache des Unfalls zu sein, sind weder ersichtlich noch sonst vorgetragen.
Im übrigen trifft den Kläger selbst die objektive Beweislast dafür, daß er lediglich Beifahrer in seinem Pkw gewesen ist und auch andere, äußere betriebsbedingte Umstände mit Wahrscheinlichkeit wesentlich mitursächlich für den Unfall waren (vgl. BSG, Urteil vom 24.2.1973 – 2 RU 128/71 – in E 35, 216; 20.1.1977 – 8 RU 52/76 – in E 41, 110; 5.2.1980 – 2 RU 75/79 – in HVGBGRdSchr. VB 87/80; HLSG, Urteil vom 26.9.1979 – L 3/U – 1436/78 –). Diesen Beweis kann er nach Lage des Falles nicht erbringen. Weitere Feststellungen hierzu sind von Amts wegen durch den Senat nicht mehr möglich.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 193, 160 SGG.
II. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger wegen der Folgen eines Verkehrsunfalles am 14. September 1978 die gesetzliche Unfallentschädigung zu gewähren.
Der im Jahre 1945 geborene Kläger zog sich in seinem erlernten Frisörberuf eine Hauterkrankung als Berufskrankheit (BK) zu. Die Beklagte gewährte ihm deswegen mit Bescheid vom 26. August 1977 als Maßnahme der Berufshilfe die Umschulung zum Nachrichtengerätemechaniker mit Vorförderung. Nach erfolgreicher Vorförderung wurde der Kläger, in dem Internat des Berufsförderungswerkes F. (BFW) in B. V. am 31. Januar 1978 aufgenommen. Der Unterricht erfolgte von montags bis donnerstags in der Zeit von 7.40 Uhr bis 15.20 Uhr. Nachdem die Beklagte erfahren hatte, daß der Kläger auf der Fahrt zu seiner Familie am 14. September 1978 gegen 23.00 Uhr mit dem Personenkraftwagen (Pkw) verunglückt sei, forderte sie das BFW auf, die Unfallanzeige zu erstatten. Das lehnte es zunächst unter dem 18. Dezember 1978 ab, da es sich nach seiner Auffassung nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt habe; die Arbeitszeit des Klägers habe bereits um 17.00 Uhr geendet, der Unfall sich aber erst gegen 23.00 Uhr ereignet. Die Beklagte zog die Akten des gegen den Kläger gerichteten Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Hanau bei. In der polizeilichen Verkehrsunfallanzeige und in dem Vermerk vom 15. September 1978 ist niedergelegt, daß der Kläger auf der K 872 aus Richtung N. kommend gegen 23.00 Uhr vor W. zunächst einen am rechten Fahrbahnrand stehenden Leitpfosten gestreift habe und auf die Fahrbahn zurückgeschleudert worden sei. Sodann habe er eine Stationskilometermarkierung überfahren. Anschließend sei er, sich mehrfach überschlagend, auf einen Acker geraten. Verkehrsteilnehmer, die sich um den verletzten Kläger kümmerten, hatten angegeben, daß dieser erklärt habe, er sei lediglich Beifahrer gewesen. Die Ehefrau des Klägers sagte am 15. September 1978 aus, daß ihr Ehemann am Unfalltag gegen 22.30 Uhr fernmündlich angekündigt habe, noch nach Hause zu kommen. Gewöhnlich fahre er allein; eine Fahrgemeinschaft habe nicht bestanden. Die nach dem Protokoll und Antrag zur Feststellung des Alkohols im Blut vom 14. September 1978, dem ärztlichen Untersuchungsbericht des St. X.-Krankenhauses H. vom 15. September 1978 und dem Gutachten des Prof. Dr. G. (Zentrum der Rechtsmedizin der Universität Y.) vom 19. September 1978 am 15. September 1978 um 0.30 Uhr entnommene Blutprobe ergab für die Unfallzeit eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von etwa 2,0 ‰.
Das gegen den Kläger eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen Trunkenheit am Steuer stellte die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Hanau am 30. März 1979 ein, da nicht sicher festgestellt werden könne, daß dieser den Pkw gelenkt habe; die Möglichkeit, daß er nur Beifahrer gewesen sei, könne nicht ausgeschlossen werden. Auf Verlangen der Beklagten erstattete das BFW unter dem 25. März 1980 die förmliche Unfallanzeige mit dem Hinweis, daß die Arbeitszeit am Unfalltag um 15.20 Uhr geendet habe und die Angaben im Wegeunfall-Fragebogen auf den nicht nachprüfbaren Aussagen des Klägers beruhten.
Mit Bescheid vom 19. Mai 1981 lehnte die Beklagte die Gewährung der Unfallentschädigung ab, da der Kläger zur Unfallzeit nicht gegen Arbeitsunfall versichert gewesen sei. Die gegen 22.40 Uhr angetretene Heimfahrt stehe in keinem ursächlichen Zusammenhang mehr mit der um 15.20 Uhr beendeten dienstlichen Tätigkeit. Es habe sich vielmehr um den Weg von einer privaten Angelegenheit nach Hause gehandelt.
Gegen diesen an ihn am 19. Mai 1981 abgesandten Bescheid hat der Kläger am 22. Juni 1981 Klage erhoben, die das Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) aus den Gründen des angefochtenen Bescheides durch Urteil vom 26. Mai 1982 abgewiesen hat. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das sozialgerichtliche Urteil verwiesen.
Gegen das ihm am 9. Juli 1982 zugestellte Urteil hat der Kläger schriftlich bei dem SG am 9. August 1982 Berufung eingelegt. Er bringt zu ihrer Begründung vor: Er sei gewöhnlich dienstags und donnerstags sowie freitags vom BFW nach Hause gefahren. Alle diese Fahrten seien geschützte Familienheimfahrten. Bei der Unfallfahrt, an die er sich im übrigen wegen der Schwere der Unfallfolgen nicht mehr erinnern könne, sei er nur Beifahrer gewesen. Von einem Übergang zur Feierabendgestaltung könne keine Rede sein, da die ihm obliegenden dienstlichen Verrichtungen am Unfalltag um 15.20 Uhr noch nicht beendet gewesen seien. Zunächst wären noch zwei Verfügungsstunden zu absolvieren und sodann das gemeinsame Abendessen bis 19.00 Uhr einzunehmen gewesen, das von 18.30 bis 19.00 Uhr angedauert habe. Üblicherweise habe sich hieran 1 bis 1 1/2 Stunden Entspannung, wie etwa Billardspiel, Tischtennis, Fernsehen oder ähnliches, angeschlossen. Auch sei in kleinen Gruppen intensiv gelernt worden, so daß das eigentliche Privatleben erst ab 22.00 Uhr begonnen habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 26. Mai 1982 (S 4/U – 151/81) sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. Mai 1981 aufzuheben und diese zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 14. September 1978 die gesetzliche Unfallentschädigung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Unfall- und Streitakten sowie die von der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Hanau beigezogenen Akten des Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger , die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist frist- und formgerecht eingelegt und daher insgesamt zulässig (§§ 143, 144, 145, 151 Abs. 1 und 2 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG –).
Sie ist jedoch unbegründet. Das auf die zulässige Klage ergangene sozialgerichtliche Urteil konnte nicht aufgehoben werden, da das SG dieses zu Recht abgewiesen hat. Der angefochtene Bescheid vom 19. Mai 1981 ist nicht rechtswidrig. Der Kläger hat wegen der Folgen des Verkehrsunfalls vom 14. September 1978 keinen Anspruch auf die gesetzliche Unfallentschädigung, da er keinen Arbeitsunfall erlitten hat (§§ 548, 550 Abs. 3 der Reichsversicherungsordnung – RVO –). Weder befand er sich zur Unfallzeit auf einem versicherten Betriebsweg, noch war hier der bei Familienheimfahrten anzunehmende Versicherungsschutz zu bejahen.
Zunächst sieht es der Senat nach dem glaubhaften Vorbringen des Klägers, den Feststellungen der Beklagten im Verwaltungsverfahren und dem Inhalt der beigezogenen Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Hanau als erwiesen an, daß der Kläger sich bei der Unfallfahrt auf dem Wege von dem BFW, in dem er eine Unterkunft hatte, zu seiner Familienwohnung befand. Dies ergibt sich auch aus den Angaben seiner Ehefrau bei der ermittelnden Polizei am 15. September 1978. Danach hatte der Kläger vor Fahrtantritt gegen 22.30 Uhr zu Hause angerufen und seine Ankunft angekündigt. Hierüber sowie darüber, daß er auf der Fahrt im eigenen Pkw den kürzesten Weg zu seiner Familienwohnung benutzte, besteht unter den Beteiligten auch kein Streit.
Nach Auffassung des Senats stellt regelmäßig jede Fahrt eines internatsmäßig untergebrachten Umschülers von der Rena-Einrichtung zur Familienwohnung einen unfallversicherungsrechtlich geschützten Weg dar (§§ 555, 550 Abs. 3, 548 RVO). Dies gilt nicht nur für die vom Rena-Träger genehmigten Familienheimfahrten (vgl. Lauterbach-Watermann, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl., Anm. 23 Buchst. h zu § 550 RVO). Auf die Beweggründe, aus denen der Versicherte seine Familienwohnung aufsucht, kommt es dabei nicht an (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20.7.1966 – 2 Ua 2004/63 – in Breithaupt 1967, 22; Lauterbach-Watermann, a.a.O., Anm. 26 zu § 550 RVO). Allerdings ist der Versicherungsschutz dann zu versagen, wenn die sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen fehlen. Es gelten nämlich für den Weg zur Familienwohnung die gleichen Grundsätze wie bei sonst nach §§ 548, 550 Abs. 1 RVO geschützten Wegen, wenn auch bis zu einem gewissen Grad weniger strenge Anforderungen, z.B. an den Zeitpunkt der Heimfahrt, zu richten sind (vgl. BSG, Urteil vom 26.7.1977 – 8 RU 34/77 – in SGb 1978, 122 mit zustimmender Anmerkung von Podzun). Hat sich aber der Versicherte wegen der Dauer und Art und eigenwirtschaftlichen Zwecken dienenden Verrichtungen endgültig von der versicherten Tätigkeit gelöst, so besteht auch dann kein Unfallversicherungsschutz, wenn sich der Wegeunfall auf derselben Wegstrecke ereignet hat, die der Versicherte auch ohne Verfolgung eigenwirtschaftlicher Interessen hätte zurücklegen müssen (vgl. BSG, Urteil vom 19.8.1975 – 8 RU 94/74 – in SozR 2200.§ 550 RVO Nr. 6). Das ist dann anzunehmen, wenn aus eigenwirtschaftlichen Gründen der Antritt der Heimreise zur Familienwohnung verzögert wird. Stellt sich die Fahrt nicht mehr als eine solche von einer betrieblichen Tätigkeit, sondern von einer Feierabendgestaltung dar und steht der zurückzulegende Weg mit der Dauer einer solchen, dem privaten Bereich zuzuordnenden Verhaltensweise in keinem angemessenen Verhältnis, so ist in den Fällen dieser Art der Versicherungsschutz infolge Lösung vom versicherten Unternehmen aufgehoben. Das ist hier der Fall.
Nach den weiteren Feststellungen der Beklagten im Verwaltungsverfahren, insbesondere nach den Auskünften des BFW, und dem Vorbringen des Klägers ist erwiesen, daß am Unfalltag der Unterricht bis 15.20 Uhr andauerte und anschließend noch zwei Verfügungsstunden abgehalten wurden, so daß der Unterricht gegen 17.00 Uhr endete. In der Zeit von 18.30 Uhr bis 19.00 Uhr wurde das Abendessen eingenommen. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die Einnahme des Abendessens und die damit im Zusammenhang stehenden Wege noch der dienstlichen und damit versicherten Tätigkeit des Klägers zuzurechnen sind. Zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens jedenfalls gegen 23.00 Uhr war aufgrund der weiteren Ausgestaltung des Abends und der Dauer der Verhaltensweise des Klägers eine Lösung zum versicherten Unternehmen eingetreten.
Zunächst verkennt der Kläger, daß nach der von dem Bundessozialgericht entwickelten Rechtsprechung zum Versicherungsschutz bei Dienstreisen, die auch hier anzuwenden ist, zu unterscheiden ist zwischen Betätigungen, die mit dem Beschäftigungsverhältnis rechtlich wesentlich zusammenhängen und solchen Verrichtungen, die der privaten Sphäre zuzurechnen sind. Der Versicherungsschutz entfällt, wenn der Versicherte sich rein persönlichen, von der Betriebstätigkeit nicht mehr beeinflußten Belangen widmet (vgl. BSG, Urteil vom 29.4.1980 – 2 RU 95/79 – in SozR 2200 § 548 RVO Nr. 50). Allerdings ist ein rechtlich wesentlicher ursächlicher Zusammenhang mit dem Beschäftigungsverhältnis am Ort der auswärtigen Beschäftigung in der Regel eher anzunehmen als am Wohn- oder Betriebsort (vgl. BSG a.a.O.). So liegen die Verhältnisse hier nicht. Vorliegend war der Kläger nach seinem Vorbringen und dem äußeren Ablauf der Zeit spätestens ab dem Ende des Abendessens um 19.00 Uhr zur privaten Feierabendgestaltung übergegangen. Er führt zwar aus, daß das danach üblicherweise – hier nicht erwiesene – betriebene Billard- und Tennisspiel, Fernsehen oder ähnliches noch dem versicherten Bereich zuzurechnen sei. Der Kläger verkennt aber, daß es sich bei diesen Betätigungen um typische Beschäftigungen zur Feierabendgestaltung handelt, wie sie auch sonst der privaten Sphäre zuzurechnen sind. Es liegt auch kein versicherter Betriebssport vor, da es bei dem gelegentlichen Spiel an einer betriebsbezogenen und vom Unternehmen – des BFW – organisierten Sportausübung im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts fehlt (vgl. BSG, Urteil vom 28.11.1961 – 2 RU 130/59 – in E 16, 1). Für den Übergang zur privaten Feierabendgestaltung spricht vielmehr auch das Ausmaß des genossenen Alkohols und der über zwei Stunden nach dem Ende des Abendbrotes dauernde Aufenthalt in dem BFW bei einer vergleichsweise nur kurzen Entfernung von etwa 22 Kilometern bis zur Familienwohnung (vgl. BSG, Urteil vom 31.3.1965 – 2 RU 91/63 – in Praxis 1965, 320; 17.2.1972 – 7/2 RU 130/69 – in USK 72, 26; Lauterbach-Watermann, a.a.O., Anm. 26 zu § 550 RVO m.w.N.).
Hierzu sieht der Senat nach den – im übrigen unangegriffenen – Feststellungen im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren gegen den Kläger weiterhin als erwiesen an, daß dieser bei Antritt der Heimfahrt nach 22.30 Uhr und zum Unfallzeitpunkt gegen 23.00 Uhr so viel Alkohol genossen hatte, daß eine BAK von 2,0 ‰ bestand. Dies ist nach der am 15. September 1978 um 0.30 Uhr entnommenen Blutprobe und nach dem rechtsmedizinischen Gutachten des Prof. Dr. G. vom 19. September 1978 erwiesen. Der Senat kann diese Unterlagen im Wege des Urkundenbeweises verwerten, zumal die Beteiligten diese ohne begründeten Widerspruch haben gelten lassen (vgl. HLSG, Urteil vom 21.2.1979 – L 3/U – 1006/74 – unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 15.5.1963 – 6 RKa 1/62 – und 20.5.1976 – 8 RU 98/75 – in E 42, 42; Urteil vom 28.5.1957 – 2 RU 150/55 – in E 5, 168; Urteil vom 8.12.1983 – 2 RU 30/83 –). Aus den gesamten Umständen des Falles hat daher das SG zu Recht geschlossen, daß der Kläger bei Fahrtantritt infolge Lösung vom versicherten Unternehmen nicht mehr unter Versicherungsschutz stand. Er befand sich auf der Fahrt von einer dem privaten Lebensbereich zuzuordnenden Betätigung in dem BFW nach Hause.
Aber selbst dann, wenn man grundsätzlich auch in einem so gelagerten Fall wie hier eine geschützte Familienheimfahrt hätte annehmen wollen, so ergibt sich die Lösung vom versicherten Unternehmen aus dem genossenen Alkohol, der die rechtlich allein wesentliche Unfallursache gewesen ist. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und des Bundesgerichtshofs (BGH), der sich der Senat wiederholt angeschlossen hat (vgl. BSG, Urteil vom 31.8.1972 – 2 RU 152/70 – in E 34, 261; HLSG, Urteil vom 11.12.1978 – L 3/U – 1061/76 – m.w.N. sowie 10.2.1982 – L 3/U – 1290/79 –), wird bei einem Kraftwagenfahrer mit einer BAK von 1,3 ‰ und darüber unwiderleglich absolute Fahruntüchtigkeit vermutet. Wird ein solcher BAK-Wert zweifelsfrei erreicht und ergeben sich erwiesenermaßen noch sonstige äußere Beweisanzeichen für die Einwirkungen der BAK, so ist Verkehrsuntüchtigkeit anzunehmen mit der Folge, daß eine Lösung zum versicherten Unternehmen eingetreten ist. Als solche Beweisanzeichen der Fahruntüchtigkeit kommen neben einem zur Leistungsminderung und Persönlichkeitsveränderung führenden Blutalkoholgehalt u.a. die zur Unfallzeit bestehende Verkehrslage, die Fahrweise des Klägers, und seine Reaktionen unmittelbar vor oder nach der Unfallsituation in Betracht. Aus diesen Beweisanzeichen läßt sich in der Regel zugleich beurteilen, ob und in welchem Umfang die alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit an der Verursachung des Unfalls mitgewirkt hat (vgl. HLSG a.a.O. unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 9.3.1977 – 2 RU 35/76 –; 13.3.1975 – 2 RU 9/73 20.1.1977 – 8 RU 52/76 – in SozR 2200 § 548 RVO Nr. 27). Der genossene Alkohol ist die allein rechtlich wesentliche Unfallursache, wenn andere unternehmensbedingte Umstände derart in den Hintergrund durch ihn gedrängt sind, daß diese bei der rechtlichen Wertung nicht als wesentliche Mitursache in Betracht kommen können. Das ist dann der Fall, wenn nach der Erfahrung des täglichen Lebens davon auszugehen ist, daß ein nicht unter Alkoholeinfluß stehender Verkehrsteilnehmer bei gleicher Sachlage wahrscheinlich nicht verunglückt wäre. Allerdings kommt es hierauf dann nicht an, wenn das etwaige Verhalten des Verletzten wesentlich durch andere, äußere Umstände beeinflußt worden ist, z.B. eine Verkehrswidrigkeit eines anderen Verkehrsteilnehmers. Dann war der Alkohol nicht die allein rechtlich wesentliche Unfallursache (vgl. BSG a.a.O. sowie Urteil vom 30.6.1960 – 2 RU 86/56 – in E 12, 242; 30.10.1962 – 2 RU 205/61 – in E 18, 101; 20.1.1977 – 8 RU 52/76 –; HLSG a.a.O. m.w.N.).
Wie bereits oben ausgeführt ist erwiesen, daß bei dem Kläger zur Unfallzeit eine BAK von 2,0 ‰ bestand. Er hatte damit die Grenze der absoluten Verkehrsuntüchtigkeit mit 1,3 ‰ weit überschritten. Entgegen der Auffassung des Klägers und Beschlusses des Landgerichts Hanau vom 23. Januar 1979 über die Wiederaushändigung des Führerscheins und der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Hanau vom 30. März 1979 ist es nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens bewiesen, daß der Kläger nicht Beifahrer, sondern selbst Fahrer seines eigenen Pkw zur Unfallzeit gewesen ist. Der Kläger soll zwar nach dem Unfall gegenüber anderen, unbekannt gebliebenen Verkehrsteilnehmern, die ihn im Felde auffanden, noch geäußert haben, nur Beifahrer gewesen zu sein. Der Senat wertet dies aufgrund der Umstände des Unfallgeschehens als bloße Schutzbehauptung. Der Kläger selbst kann dazu keine Angaben mehr machen, da er infolge der schweren Verletzungen über kein ausreichendes Erinnerungsvermögen mehr verfügt. So kann er auch nicht den Fahrer namentlich bezeichnen. Er kann zu dieser seiner Behauptung auch keinen Beweis antreten. Sein Vorbringen steht im übrigen im Widerspruch zu den Angaben der im Strafverfahren gehörten Ehefrau. Diese hat am 15. September 1978 bekundet, daß der Kläger am 14. September 1978 gegen 22.30 Uhr fernmündlich seine Rückkehr von den BFW angekündigt habe. Sie hatte keine Veranlassung anzunehmen, daß ihr Ehemann in Begleitung einer anderen Person kommen werde. Ausdrücklich heißt es, daß keine Fahrgemeinschaft mit einem Mitschüler bestanden und er die Heimfahrten gewöhnlich alleine gemacht habe. Anhaltspunkte dafür, daß es an diesem Abend anders sein werde, besaß sie damals nicht. Damit in Einklang stehen die sonstigen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Hanau. Danach war der Kläger ca. 5 Meter vor seinem auf dem Dach im Felde liegenden Pkw schwerverletzt aufgefunden worden. Er war nicht ansprechbar. Nach dem Bericht des Prof. Dr. U. und des Dr. D. (Kreiskrankenhaus N. ) vom 14. November 1978 bestanden bei dem Kläger ein schweres Thoraxtrauma mit Rippenserienfraktur rechts und rezidivierendem Hämatothorax links mit sekundärer Herzruptur, Claviculafraktur rechts und Kompressionsfraktur des 4. Lendenwirbelkörpers bei Verdacht auf stumpfes Brauchtrauma. Die ermittelnden Beamten stellten weiter fest, daß an dem Pkw des Klägers alle Türen geschlossen waren. Das linke Fenster war halb geöffnet und das rechte hintere Fenster zerbrochen. Die Nackenstütze des Fahrersitzes war abgerissen. Die gesamte Umgegend wurde nach einer zweiten Person, die den Pkw gefahren haben könnte, erfolglos, abgesucht. Auch diese Feststellungen werden von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogen, so daß sie der Senat ohne weitere Beweisaufnahme seiner Beurteilung zugrunde legen kann. Daraus folgt, daß angesichts der Schwere der Körperverletzung des Klägers, der Schäden an seinem eigenen Pkw mit dem einseitigen Abreißen der Nackenstütze am Fahrersitz und dem Fehlen einer weiteren Person im Zusammenhang damit, daß die Ehefrau des Klägers keinen Anhalt dafür hatte, daß dieser nicht allein kommen werde, nur er selbst der Fahrer gewesen ist. Jede andere Annahme widerspräche einer natürlichen Betrachtungsweise. Der Kläger hat sich zur Unfallzeit allein in seinem Pkw befunden und war daher auch der Fahrer. Er wurde nach den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen beim Überschlagen aus einem der hinteren Fenster des Pkw geschleudert, wobei die Nackenstütze am Fahrersitz abbrach.
Nach der oben dargelegten Rechtsprechung des Senats und des Bundessozialgerichts ist aber der Kläger bei einer BAK von 2,0 ‰ zur Unfallzeit als Fahrer seines Pkw absolut fahruntüchtig gewesen mit der Folge, daß die Lösung zum versicherten Unternehmen eingetreten war. Andere, äußere Umstände, die geeignet gewesen sein könnten, eine rechtlich wesentlich mitwirkende Ursache des Unfalls zu sein, sind weder ersichtlich noch sonst vorgetragen.
Im übrigen trifft den Kläger selbst die objektive Beweislast dafür, daß er lediglich Beifahrer in seinem Pkw gewesen ist und auch andere, äußere betriebsbedingte Umstände mit Wahrscheinlichkeit wesentlich mitursächlich für den Unfall waren (vgl. BSG, Urteil vom 24.2.1973 – 2 RU 128/71 – in E 35, 216; 20.1.1977 – 8 RU 52/76 – in E 41, 110; 5.2.1980 – 2 RU 75/79 – in HVGBGRdSchr. VB 87/80; HLSG, Urteil vom 26.9.1979 – L 3/U – 1436/78 –). Diesen Beweis kann er nach Lage des Falles nicht erbringen. Weitere Feststellungen hierzu sind von Amts wegen durch den Senat nicht mehr möglich.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 193, 160 SGG.
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