Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
5
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 V 182/71
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Ist ein schädigendes Ereignis für einen Morbus Bechterew nicht nachzuweisen, so entfällt sowohl ein Rechtsanspruch wie auch eine Kannleistung.
2. Voraussetzung für eine Kannleistung ist im übrigen, daß die Ersterscheinungen des Morbus Bechterew in einer zeitlichen Verbindung von 6 Monaten zu der schädigenden Einwirkung auftreten (vgl. Rundschreiben BAM vom 16.6.1969 E Nr. 478).
2. Voraussetzung für eine Kannleistung ist im übrigen, daß die Ersterscheinungen des Morbus Bechterew in einer zeitlichen Verbindung von 6 Monaten zu der schädigenden Einwirkung auftreten (vgl. Rundschreiben BAM vom 16.6.1969 E Nr. 478).
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Main) vom 19. Januar 1971 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Der 1924 geborene Kläger beantragte am 25. März 1968 beim Versorgungsamt F. ( ...) Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) wegen Morbus Bechterew (MB) der Wirbelsäule, den er sich während seines Einsatzes bei der Marine im 2. Weltkrieg auf einem U-Boot infolge Durchnässung zugezogen habe.
Nach Beiziehung eines Karteikartenauszuges von der Betriebskrankenkasse der F. H. AB und der bei dem Krankenbuchlager B. sowie der Deutschen Dienststelle vorhandenen Unterlagen veranlaßte das Versorgungsamt seine ärztliche Begutachtung, die Prof. Dr. S. und Dr. N. von der Orthopädischen Universitätsklinik F. in F. ( ...) am 5. Dezember 1968 vornahmen. Der Kläger, der an einem typischen MB leide, sei in ihrer Poliklinik seit 1954 bekannt. Seine jahrelange Beobachtung lasse auf eine entzündliche Verlaufsform dieser Krankheit schließen, so daß einem gelenkrheumatischen Geschehen wegen des jahrelangen Verweilens im naßkalten Klima an der See zwar keine auslösende, aber eine Bedeutung im Sinne der richtungweisenden Verschlimmerung zukomme, die zur Zeit einem MdE-Grad von 30 v.H. entspreche.
Dieser Auffassung stimmte ORMR Dr. G. in seiner Stellungnahme vom 19. Februar 1969 nicht zu. Der Kläger habe drei Jahre nach Beendigung des Kriegsdienstes erstmals Rückenschmerzen verspürt. Der Krankenauszug weise mit der Bezeichnung Ischias 1950 erstmalig auf den MB hin, der 1954 objektiv festgestellt worden sei. Das sei für eine entzündliche Erkrankung schon rein zeitlich zu lange, um sie noch mit Einflüssen des Wehrdienstes in Verbindung bringen zu können. Frau ORMR Dr. S. trat dieser Meinung am 17. März 1969 mit der Maßgabe bei, daß auch die Voraussetzungen von Kannversorgung ärztlicherseits nicht erfüllt seien. Außerdem fehle ein Schädigungstatbestand. Denn ein Anhalt für eine starke mechanische Belastung der Wirbelsäule oder Krankheiten aufgrund toxischer Schädigung bestehe für die Zeit des Wehrdienstes nicht.
Nachdem der zuständige Hessische Fachminister mit Erlaß vom 31. März 1969 seine Zustimmung zur Versorgung nach § 1 Abs. 3 Satz 2 BVG versagt hatte, erließ das Versorgungsamt den Bescheid vom 25. April 1969. Darin teilte es dem Kläger mit, nach der aktenkundigen Vorgeschichte bestehe weder ein Anspruch auf Versorgung im Wege des Rechtsanspruchs noch als Kannleistung.
Im Widerspruchsverfahren wies der Kläger auf seine ärztliche Behandlung im Kriege durch einen Marinearzt wegen rheumatischer Schmerzen hin. Auch habe er sich sofort nach Rückkehr in die Heimat zum Arzt begeben.
Hierauf zog das Versorgungsamt noch eine Auskunft der AOK F. ( ...) bei, die der den angefochtenen Bescheid bestätigende Widerspruchsbescheid vom 12. August 1969 mit der Begründung verwertete, der Kläger sei nachweislich im April 1950 erstmals an einem Ischias rechts behandelt worden. Wahrscheinlich sei dieser Zeitpunkt Beginn des heute vorliegenden Krankheitsgeschehens, so daß keine zeitliche Verbindung mit schädigenden Einwirkungen im Sinne des § 1 BVG ersichtlich sei.
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht Frankfurt (Main) bei dem ehemals behandelnden Arzt des Klägers, Dr. H., nach Befundunterlagen geforscht und die Klage mit Urteil vom 19. Januar 1971 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, das Leiden des Klägers sei nicht mit Wahrscheinlichkeit Folge einer kriegsbedingten Schädigung. Ein Rechtsanspruch auf Versorgung bestehe somit nicht. Bezüglich der Versagung von Kannversorgung liege kein Ermessensfehler des Beklagten vor. Insoweit fehle es am zeitlichen Zusammenhang, wenn das Rundschreiben des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung vom 8. Mai 1962 zugrundegelegt werde.
Gegen dieses Urteil, das dem Kläger am 6. Februar 1971 zugestellt worden ist, richtet sich seine am 22. Februar 1971 beim Hessischen Landessozialgericht eingegangene Berufung. Zur Begründung wiederholt er sein bisheriges Vorbringen und weist insbesondere auf Brückensymptome hin, die sich aus seiner Rachendiphterie – Erkrankung im Juli 1944 ergäben. Ob dadurch seine Resistenz gegen den MB erheblich herabgesetzt worden sei, solle durch einen Experten auf dem Gebiet der Rheumaerkrankungen geklärt werden. Sein dahingehender Antrag nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei ohne grobe Fahrlässigkeit erst in der mündlichen Verhandlung vom 2. August 1972 gestellt worden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Main) vom 19. Januar 1971 und den Bescheid des Beklagten vom 25. April 1969 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. August 1969 aufzuheben sowie den Beklagten ferner zu verurteilen, wegen "Morbus Bechterew” als Schädigungsfolge Versorgung als Rechtsanspruch nach einem Grade der ME von 50 v.H. ab Antragstellung zu gewähren,
hilfsweise,
weiteren Beweis von Amts wegen durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zu erheben,
ferner hilfsweise,
diesen Beweis nach § 109 SGG zu erheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Akten des Versorgungsamtes F. ( ...) mit der Grdl.Nr ... haben vorgelegen. Auf ihren Inhalt und den der Gerichtsakten beider Instanzen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, sie ist insbesondere frist- und formgerecht eingelegt worden (§§ 143, 151 Abs. 1 SGG). Sie ist jedoch nicht begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 25. April 1969 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. August 1969 ist nicht rechtswidrig. Ebenso wie das Sozialgericht und vor ihm der Beklagte ist auch der Senat der Auffassung, daß der Kläger weder den Rechtsanspruch auf Versorgung mit Erfolg geltend machen noch die Gewährung von Kannversorgung begehren kann.
Rechtsgrundlage ist einmal § 1 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 3 Satz 1 und zum anderen § 1 Abs. 3 Satz 2 BVG. Hiernach hat derjenige, der durch eine militärische Dienstverrichtung oder die dem militärischen Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung Anspruch auf Versorgung. Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Schädigungsfolge genügt dabei die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges. Wenn diese deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewißheit besteht, kann mit hier auf den zuständigen Fachminister des Landes delegierter Zustimmung Versorgung in gleicher Weise wie für Schädigungsfolgen gewährt werden. Voraussetzung ist jedoch, daß das schädigende Ereignis nachgewiesen ist.
Was die Versorgung aufgrund des Rechtsanspruchs angeht, so liegt die Wahrscheinlichkeit im Sinne der im Versorgungsrecht geltenden Kausaltheorie keinesfalls vor. Denn bei dem MB, an welchem der Kläger leidet, besteht heute in der medizinischen Wissenschaft noch Ungewißheit über Ätiologie und auslösende oder verschlimmernde Faktoren. Letztere können endogen und exogen sein und sich in rein entzündlicher, rein knöcherner oder in einer Mischform äußern. Hierzu haben sich die Gutachter der Orthopädischen Universitätsklinik F. ( ...) in ihrer Beurteilung vom 5. Dezember 1968 im einzelnen geäußert, ohne daß der Senat insoweit an der Richtigkeit ihrer Auffassung Zweifel hätte. Ist aber die Entstehung des MB ungewiß, dann kann er hier auch nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf Einwirkungen des Kriegsdienstes zurückgeführt werden, es sei denn, er hätte sich schon in dieser Zeit oder in sehr nahem zeitlichen Zusammenhang danach gezeigt. Das ist jedoch nicht dargetan. Der Kläger hat zwar behauptet, im Kriege wegen rheumatischer Beschwerden ärztlich behandelt worden zu sein. Darin sieht er das schädigende Ereignis. Belegen läßt sich dieser Tatbestand indessen nicht, ebensowenig wie bewiesen oder auch nur wahrscheinlich gemacht worden ist, daß er vor dem Jahre 1950 aufgrund solcher Krankheitszeichen ärztliche Hilfe benötigt hat oder gar arbeitsunfähig gewesen ist. Denn die von dem Krankenbuchlager Berlin übersandten Originalunterlagen weisen nur eine Lazarettbehandlung vom 8. bis 26. Juli 1944 wegen Rachendiphterie aus, von der weder behauptet noch angenommen wurde, daß sie eine Wehrdienstbeschädigung darstellt. Andere Lazarett- oder auch nur Krankmeldungen liegen ausweislich der Auskunft der Deutschen Dienststelle nicht vor, obwohl dort andererseits Unterlagen aus der Kriegsgefangenschaft lagern, so daß die Vollständigkeit der Urkundensammlung schwerlich anzuzweifeln ist. Die AOK-Auskunft, auf welche sich der Kläger für die ersten Jahre nach dem Kriege berufen hat, enthält bis August 1948 keinerlei Zeiten von Arbeitsunfähigkeit oder ärztlichen Behandlungen. Auch die Betriebskrankenkasse der F. H. AG, bei welcher er anschließend versichert war, hat seine Behauptung über die Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe wegen rheumatischer Beschwerden nicht bestätigt. Erst ab 1. Mai 1950 ist eine Behandlung wegen Ischias rechts bei Dr. H. vermerkt. Dieser vom Sozialgericht befragte Arzt besitzt selbst aber keine weitere Unterlage als die von ihm übersandte, welche vom März 1964 datiert und ausweist, daß der Kläger seit 6 Jahren, d.h. seit etwa Anfang 1958, über starke Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule klage und daß jetzt das Vollbild eines MB vorliege. Wenn Dr. H. ausweislich der Betriebskrankenkassen-Auskunft abweichend hiervon auch schon am 13. Juni 1954 einen fraglichen MB angenommen hat und zugunsten des Klägers weiter unterstellt wird, der Ischias des Jahres 1950 könnte Ausdruck erster spezifischer Krankheitserscheinungen gewesen sein, so ist damit – abgesehen vom mangelnden Beweis des schädigenden Ereignisses – der ursächliche Zusammenhang zwischen Einflüssen des Wehrdienstes und Manifestation der Erkrankung doch längst nicht hergestellt. Das umsoweniger, als der Kläger den Ärzten der Orthopädischen Universitätsklinik F. ( ...) gegenüber am 10. September 1968 im vollen Bewußtsein der Bedeutung seiner Schilderung in bezug auf den geltend gemachten Anspruch mitgeteilt hat, mit 24 Jahren, also in den Jahren 1948/49, seien erstmalig Rückenschmerzen aufgetreten. Von rheumatischen Beschwerden während des Krieges und deren Behandlung hat er dagegen nichts gesagt.
Entfällt hiernach die Anspruchsgrundlage aus § 1 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG von vornherein, so daß der Senat dahingestellt lassen sein konnte, ob die Auffassung der Universitätsgutachter in bezug auf die kriegsdienstbedingte Verschlimmerung des MB zutreffend ist oder nicht, so kommt darüber hinaus auch eine Kannversorgung nicht in Betracht.
Soweit sich Prof. Dr. S. und Dr. M. sinngemäß auch mit dieser Frage beschäftigt haben und zu dem Schluß gelangt sind, bei einer Gesamt-MdE von 50 v.H. betrage der Anteil der schädigungsbedingten richtunggebenden Verschlimmerung 30 v.H., vermochte das Gericht ihnen nicht zu folgen. Denn Dr. G. und Frau Dr. S. haben zutreffend darauf hingewiesen, daß der bei der Kannversorgung geforderte zeitliche Zusammenhang nicht gegeben ist. Insofern war sowohl auf das Rundschreiben des Bundesarbeitsministers vom 8. Mai 1962 als auch das vom 16. Juni 1969 abzustellen, welches das erstere ersetzt, die neuesten medizinischen Erkenntnisse verwertet hat und im Einklang mit der geltenden Rechtsordnung steht. Der Beklagte hat zwar im Widerspruchsbescheid vom 12. August 1969 unterlassen, auch hierauf einzugehen und das Sozialgericht ist ihm darin gefolgt. Rechtswidrigkeit dieses Bescheides wird dadurch aber nicht bedingt, ebensowenig wie das angefochtene Urteil deshalb abzuändern war. Denn selbst unter Beachtung der neuen Richtlinien ändert sich für die entscheidende Frage der zeitlichen Verbindung nichts.
Wird ein infektiöser Prozeß mit einer nachteiligen Auswirkung auf den Gesamtorganismus diskutiert, so fehlt es ebenfalls bereits am schädigenden Ereignis, sieht man von der Rachendiphterie des Jahres 1944 ab. Diese kann als ätiologische und pathogenetische Noxe aber dem Tatbestand nach nicht in Betracht kommen, weil der Kläger sich nur 18 Tage in Behandlung befunden hat. Hieraus ist der sichere Schluß zu ziehen, daß es sich um einen leichten Fall gehandelt haben muß, der nicht geeignet war, sich auf den Gesamtorganismus nachteilig auszuwirken, zumal der Kläger anschließend ohne Schonzeit wieder auf sein Schiff kommandiert wurde. Seine Behauptung in der Berufungsinstanz, er sei seitdem nicht wieder zum U-Boot Einsatz gekommen, gibt ein falsches Bild. Denn nach seinen im Antrag auf Versorgung gemachten Angaben war es ab Oktober 1943 schon nicht mehr im Einsatz auf See, sondern gehörte bis Kriegsende der Schulflottille G. an. Eine Ablösung vom U-Boot Einsatz wegen der Diphterieerkrankung ist mithin nicht erfolgt. Sie wäre es auch sicher nicht, da er als dienst- und kriegsverwendungsfähig aus dem Lazarett entlassen worden ist.
Selbst wenn der Senat ungeachtet dieser aktenkundigen Fakten jedoch einen einschlägigen infektiösen Prozeß unterstellen würde, wäre der zeitliche Zusammenhang immer noch nicht vorhanden. Denn es kann – entsprechend dem oben Ausgeführten – nicht begründet auf einen Beginn des MB in einer zeitlichen Verbindung bis zu 6 Monaten danach geschlossen werden, den das Rundschreiben vom Juni 1969 fordert.
Für mechanische Belastungen der Wirbelsäule im Wehrdienst gilt sinngemäß das gleiche. Insoweit folgte der Senat den Ausführungen von Frau Dr. S. Es ist nichts vorgetragen oder ersichtlich, was die Annahme eines solchen Tatbestandes erlaubt. Denn der Kläger hat ausweislich seiner Anamnese gegenüber den F. Gutachtern zumindest seit Oktober 1943 keinen körperlich als schwer zu bezeichnenden Dienst verrichten müssen, vor allem keinen solchen, bei welchem seine Wirbelsäule besonders in Anspruch genommen wurde. Dementsprechend haben diese Sachverständigen keinen Krankheitsursprung oder eine Verschlimmerung des MB wegen mechanischer Belastung diskutiert. Hierzu bestand auch deshalb kein Anlaß, weil eine entzündliche Form dieses Wirbelsäulenleidens vorliegt, bei einer solchen sind Skelettspressionen ohnehin nicht relevant. Hiermit entfällt aber wiederum das – im übrigen nicht nachgewiesene – schädigende Ereignis i.S. des § 1 Abs. 1 BVG.
Ob bei der Art seines weit überwiegenden Einsatzes in der Schulflottille und bei einem Wachkommando die im Rundschreiben vom Juni 1969 unter Ziffer 13 b) erwähnten allgemeinen körperlichen Belastungen vorgelegen haben, welche nach Art, Dauer und Schwere geeignet waren, die Resistenz erheblich herabzusetzen, muß hiernach ebenfalls von vornherein bezweifelt werden. Sollten sie – unterstellt – vorhanden gewesen und sollten auch oder stattdessen entsprechende Kälte- und Nässeeinwirkungen erfolgt sein, so fehlte es indessen wieder an der zeitlichen Verbindung eines hypothetischen schädigenden Ereignisses mit den ersten einschlägigen Zeichen des Krankheitsbeginns. Es bleibt insgesamt gesehen immer übrig, daß nach den Angaben des Klägers in den Jahren 1948/49 erstmalig Rückenschmerzen aufgetreten, für 1950 die ersten objektiven ärztlichen Hinweise auf Beschwerden vorhanden und frühere Behandlungen wegen rheumatischer Beschwerden nicht zu belegen sind. Hiernach mußte sich der Beklagte nicht davon überzeugen, daß die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 BVG vorliegen. Weder ist der Gesamttatbestand dieser Vorschrift erfüllt noch kann mangels eines solchen ein Ermessensfehler im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG angenommen werden.
Der Berufung war der Erfolg mit der aus § 193 SGG entnommenen Kostenfolge nach alledem zu versagen, ohne daß der Senat Anlaß sehen mußte, weitere Ermittlungen oder Beweisaufnahmen insbesondere medizinischer Art von Amts wegen durchzuführen.
Dem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens gemäß § 109 SGG Abs. 1 SGG war nicht stattzugeben. Da es für die beim Kläger vorliegende Form des MB schon am Nachweis des schädigenden Ereignisses fehlt, liegen die gesetzlichen Grundvoraussetzungen nicht vor. Abgesehen davon wäre jedoch auch der Tatbestand des § 109 Abs. 2 SGG letzte Alternative als vorliegend zu erachten. Denn der Kläger ist mit Verfügung des Gerichts vom 9. März 1971 aufgefordert worden, die Berufung binnen einer – geräumigen – Frist von zwei Monaten zu begründen. Das ist nicht geschehen, ohne daß ein Hinderungsgrund bekanntgegeben oder um eine Nachfrist gebeten worden ist. Stattdessen enthalten die Akten des Prozeßbevollmächtigten einen Vermerk, daß im November 1971 Wiedervorlage zum Zwecke der Akteneinsicht erfolgen solle. Doch sind die Akten des Gerichts und des Beklagten auch dann nicht eingesehen worden. Erst mit Schriftsatz vom 26. Juli 1972, also nach Ladung zum Termin, ist die Berufung erstmalig begründet worden. Das aber ohne Ankündigung eines Antrages nach § 109 SGG, der am 2. August 1972 in der Sitzung des erkennenden Senats nun erst gestellt worden ist. Bei dieser Sachlage konnte das Gericht nicht umhin annehmen, daß er aus grober Nachlässigkeit nicht früher geltend gemacht wurde.
Tatbestand:
Der 1924 geborene Kläger beantragte am 25. März 1968 beim Versorgungsamt F. ( ...) Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) wegen Morbus Bechterew (MB) der Wirbelsäule, den er sich während seines Einsatzes bei der Marine im 2. Weltkrieg auf einem U-Boot infolge Durchnässung zugezogen habe.
Nach Beiziehung eines Karteikartenauszuges von der Betriebskrankenkasse der F. H. AB und der bei dem Krankenbuchlager B. sowie der Deutschen Dienststelle vorhandenen Unterlagen veranlaßte das Versorgungsamt seine ärztliche Begutachtung, die Prof. Dr. S. und Dr. N. von der Orthopädischen Universitätsklinik F. in F. ( ...) am 5. Dezember 1968 vornahmen. Der Kläger, der an einem typischen MB leide, sei in ihrer Poliklinik seit 1954 bekannt. Seine jahrelange Beobachtung lasse auf eine entzündliche Verlaufsform dieser Krankheit schließen, so daß einem gelenkrheumatischen Geschehen wegen des jahrelangen Verweilens im naßkalten Klima an der See zwar keine auslösende, aber eine Bedeutung im Sinne der richtungweisenden Verschlimmerung zukomme, die zur Zeit einem MdE-Grad von 30 v.H. entspreche.
Dieser Auffassung stimmte ORMR Dr. G. in seiner Stellungnahme vom 19. Februar 1969 nicht zu. Der Kläger habe drei Jahre nach Beendigung des Kriegsdienstes erstmals Rückenschmerzen verspürt. Der Krankenauszug weise mit der Bezeichnung Ischias 1950 erstmalig auf den MB hin, der 1954 objektiv festgestellt worden sei. Das sei für eine entzündliche Erkrankung schon rein zeitlich zu lange, um sie noch mit Einflüssen des Wehrdienstes in Verbindung bringen zu können. Frau ORMR Dr. S. trat dieser Meinung am 17. März 1969 mit der Maßgabe bei, daß auch die Voraussetzungen von Kannversorgung ärztlicherseits nicht erfüllt seien. Außerdem fehle ein Schädigungstatbestand. Denn ein Anhalt für eine starke mechanische Belastung der Wirbelsäule oder Krankheiten aufgrund toxischer Schädigung bestehe für die Zeit des Wehrdienstes nicht.
Nachdem der zuständige Hessische Fachminister mit Erlaß vom 31. März 1969 seine Zustimmung zur Versorgung nach § 1 Abs. 3 Satz 2 BVG versagt hatte, erließ das Versorgungsamt den Bescheid vom 25. April 1969. Darin teilte es dem Kläger mit, nach der aktenkundigen Vorgeschichte bestehe weder ein Anspruch auf Versorgung im Wege des Rechtsanspruchs noch als Kannleistung.
Im Widerspruchsverfahren wies der Kläger auf seine ärztliche Behandlung im Kriege durch einen Marinearzt wegen rheumatischer Schmerzen hin. Auch habe er sich sofort nach Rückkehr in die Heimat zum Arzt begeben.
Hierauf zog das Versorgungsamt noch eine Auskunft der AOK F. ( ...) bei, die der den angefochtenen Bescheid bestätigende Widerspruchsbescheid vom 12. August 1969 mit der Begründung verwertete, der Kläger sei nachweislich im April 1950 erstmals an einem Ischias rechts behandelt worden. Wahrscheinlich sei dieser Zeitpunkt Beginn des heute vorliegenden Krankheitsgeschehens, so daß keine zeitliche Verbindung mit schädigenden Einwirkungen im Sinne des § 1 BVG ersichtlich sei.
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht Frankfurt (Main) bei dem ehemals behandelnden Arzt des Klägers, Dr. H., nach Befundunterlagen geforscht und die Klage mit Urteil vom 19. Januar 1971 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, das Leiden des Klägers sei nicht mit Wahrscheinlichkeit Folge einer kriegsbedingten Schädigung. Ein Rechtsanspruch auf Versorgung bestehe somit nicht. Bezüglich der Versagung von Kannversorgung liege kein Ermessensfehler des Beklagten vor. Insoweit fehle es am zeitlichen Zusammenhang, wenn das Rundschreiben des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung vom 8. Mai 1962 zugrundegelegt werde.
Gegen dieses Urteil, das dem Kläger am 6. Februar 1971 zugestellt worden ist, richtet sich seine am 22. Februar 1971 beim Hessischen Landessozialgericht eingegangene Berufung. Zur Begründung wiederholt er sein bisheriges Vorbringen und weist insbesondere auf Brückensymptome hin, die sich aus seiner Rachendiphterie – Erkrankung im Juli 1944 ergäben. Ob dadurch seine Resistenz gegen den MB erheblich herabgesetzt worden sei, solle durch einen Experten auf dem Gebiet der Rheumaerkrankungen geklärt werden. Sein dahingehender Antrag nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei ohne grobe Fahrlässigkeit erst in der mündlichen Verhandlung vom 2. August 1972 gestellt worden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Main) vom 19. Januar 1971 und den Bescheid des Beklagten vom 25. April 1969 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. August 1969 aufzuheben sowie den Beklagten ferner zu verurteilen, wegen "Morbus Bechterew” als Schädigungsfolge Versorgung als Rechtsanspruch nach einem Grade der ME von 50 v.H. ab Antragstellung zu gewähren,
hilfsweise,
weiteren Beweis von Amts wegen durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zu erheben,
ferner hilfsweise,
diesen Beweis nach § 109 SGG zu erheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Akten des Versorgungsamtes F. ( ...) mit der Grdl.Nr ... haben vorgelegen. Auf ihren Inhalt und den der Gerichtsakten beider Instanzen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, sie ist insbesondere frist- und formgerecht eingelegt worden (§§ 143, 151 Abs. 1 SGG). Sie ist jedoch nicht begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 25. April 1969 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. August 1969 ist nicht rechtswidrig. Ebenso wie das Sozialgericht und vor ihm der Beklagte ist auch der Senat der Auffassung, daß der Kläger weder den Rechtsanspruch auf Versorgung mit Erfolg geltend machen noch die Gewährung von Kannversorgung begehren kann.
Rechtsgrundlage ist einmal § 1 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 3 Satz 1 und zum anderen § 1 Abs. 3 Satz 2 BVG. Hiernach hat derjenige, der durch eine militärische Dienstverrichtung oder die dem militärischen Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung Anspruch auf Versorgung. Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Schädigungsfolge genügt dabei die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges. Wenn diese deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewißheit besteht, kann mit hier auf den zuständigen Fachminister des Landes delegierter Zustimmung Versorgung in gleicher Weise wie für Schädigungsfolgen gewährt werden. Voraussetzung ist jedoch, daß das schädigende Ereignis nachgewiesen ist.
Was die Versorgung aufgrund des Rechtsanspruchs angeht, so liegt die Wahrscheinlichkeit im Sinne der im Versorgungsrecht geltenden Kausaltheorie keinesfalls vor. Denn bei dem MB, an welchem der Kläger leidet, besteht heute in der medizinischen Wissenschaft noch Ungewißheit über Ätiologie und auslösende oder verschlimmernde Faktoren. Letztere können endogen und exogen sein und sich in rein entzündlicher, rein knöcherner oder in einer Mischform äußern. Hierzu haben sich die Gutachter der Orthopädischen Universitätsklinik F. ( ...) in ihrer Beurteilung vom 5. Dezember 1968 im einzelnen geäußert, ohne daß der Senat insoweit an der Richtigkeit ihrer Auffassung Zweifel hätte. Ist aber die Entstehung des MB ungewiß, dann kann er hier auch nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf Einwirkungen des Kriegsdienstes zurückgeführt werden, es sei denn, er hätte sich schon in dieser Zeit oder in sehr nahem zeitlichen Zusammenhang danach gezeigt. Das ist jedoch nicht dargetan. Der Kläger hat zwar behauptet, im Kriege wegen rheumatischer Beschwerden ärztlich behandelt worden zu sein. Darin sieht er das schädigende Ereignis. Belegen läßt sich dieser Tatbestand indessen nicht, ebensowenig wie bewiesen oder auch nur wahrscheinlich gemacht worden ist, daß er vor dem Jahre 1950 aufgrund solcher Krankheitszeichen ärztliche Hilfe benötigt hat oder gar arbeitsunfähig gewesen ist. Denn die von dem Krankenbuchlager Berlin übersandten Originalunterlagen weisen nur eine Lazarettbehandlung vom 8. bis 26. Juli 1944 wegen Rachendiphterie aus, von der weder behauptet noch angenommen wurde, daß sie eine Wehrdienstbeschädigung darstellt. Andere Lazarett- oder auch nur Krankmeldungen liegen ausweislich der Auskunft der Deutschen Dienststelle nicht vor, obwohl dort andererseits Unterlagen aus der Kriegsgefangenschaft lagern, so daß die Vollständigkeit der Urkundensammlung schwerlich anzuzweifeln ist. Die AOK-Auskunft, auf welche sich der Kläger für die ersten Jahre nach dem Kriege berufen hat, enthält bis August 1948 keinerlei Zeiten von Arbeitsunfähigkeit oder ärztlichen Behandlungen. Auch die Betriebskrankenkasse der F. H. AG, bei welcher er anschließend versichert war, hat seine Behauptung über die Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe wegen rheumatischer Beschwerden nicht bestätigt. Erst ab 1. Mai 1950 ist eine Behandlung wegen Ischias rechts bei Dr. H. vermerkt. Dieser vom Sozialgericht befragte Arzt besitzt selbst aber keine weitere Unterlage als die von ihm übersandte, welche vom März 1964 datiert und ausweist, daß der Kläger seit 6 Jahren, d.h. seit etwa Anfang 1958, über starke Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule klage und daß jetzt das Vollbild eines MB vorliege. Wenn Dr. H. ausweislich der Betriebskrankenkassen-Auskunft abweichend hiervon auch schon am 13. Juni 1954 einen fraglichen MB angenommen hat und zugunsten des Klägers weiter unterstellt wird, der Ischias des Jahres 1950 könnte Ausdruck erster spezifischer Krankheitserscheinungen gewesen sein, so ist damit – abgesehen vom mangelnden Beweis des schädigenden Ereignisses – der ursächliche Zusammenhang zwischen Einflüssen des Wehrdienstes und Manifestation der Erkrankung doch längst nicht hergestellt. Das umsoweniger, als der Kläger den Ärzten der Orthopädischen Universitätsklinik F. ( ...) gegenüber am 10. September 1968 im vollen Bewußtsein der Bedeutung seiner Schilderung in bezug auf den geltend gemachten Anspruch mitgeteilt hat, mit 24 Jahren, also in den Jahren 1948/49, seien erstmalig Rückenschmerzen aufgetreten. Von rheumatischen Beschwerden während des Krieges und deren Behandlung hat er dagegen nichts gesagt.
Entfällt hiernach die Anspruchsgrundlage aus § 1 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG von vornherein, so daß der Senat dahingestellt lassen sein konnte, ob die Auffassung der Universitätsgutachter in bezug auf die kriegsdienstbedingte Verschlimmerung des MB zutreffend ist oder nicht, so kommt darüber hinaus auch eine Kannversorgung nicht in Betracht.
Soweit sich Prof. Dr. S. und Dr. M. sinngemäß auch mit dieser Frage beschäftigt haben und zu dem Schluß gelangt sind, bei einer Gesamt-MdE von 50 v.H. betrage der Anteil der schädigungsbedingten richtunggebenden Verschlimmerung 30 v.H., vermochte das Gericht ihnen nicht zu folgen. Denn Dr. G. und Frau Dr. S. haben zutreffend darauf hingewiesen, daß der bei der Kannversorgung geforderte zeitliche Zusammenhang nicht gegeben ist. Insofern war sowohl auf das Rundschreiben des Bundesarbeitsministers vom 8. Mai 1962 als auch das vom 16. Juni 1969 abzustellen, welches das erstere ersetzt, die neuesten medizinischen Erkenntnisse verwertet hat und im Einklang mit der geltenden Rechtsordnung steht. Der Beklagte hat zwar im Widerspruchsbescheid vom 12. August 1969 unterlassen, auch hierauf einzugehen und das Sozialgericht ist ihm darin gefolgt. Rechtswidrigkeit dieses Bescheides wird dadurch aber nicht bedingt, ebensowenig wie das angefochtene Urteil deshalb abzuändern war. Denn selbst unter Beachtung der neuen Richtlinien ändert sich für die entscheidende Frage der zeitlichen Verbindung nichts.
Wird ein infektiöser Prozeß mit einer nachteiligen Auswirkung auf den Gesamtorganismus diskutiert, so fehlt es ebenfalls bereits am schädigenden Ereignis, sieht man von der Rachendiphterie des Jahres 1944 ab. Diese kann als ätiologische und pathogenetische Noxe aber dem Tatbestand nach nicht in Betracht kommen, weil der Kläger sich nur 18 Tage in Behandlung befunden hat. Hieraus ist der sichere Schluß zu ziehen, daß es sich um einen leichten Fall gehandelt haben muß, der nicht geeignet war, sich auf den Gesamtorganismus nachteilig auszuwirken, zumal der Kläger anschließend ohne Schonzeit wieder auf sein Schiff kommandiert wurde. Seine Behauptung in der Berufungsinstanz, er sei seitdem nicht wieder zum U-Boot Einsatz gekommen, gibt ein falsches Bild. Denn nach seinen im Antrag auf Versorgung gemachten Angaben war es ab Oktober 1943 schon nicht mehr im Einsatz auf See, sondern gehörte bis Kriegsende der Schulflottille G. an. Eine Ablösung vom U-Boot Einsatz wegen der Diphterieerkrankung ist mithin nicht erfolgt. Sie wäre es auch sicher nicht, da er als dienst- und kriegsverwendungsfähig aus dem Lazarett entlassen worden ist.
Selbst wenn der Senat ungeachtet dieser aktenkundigen Fakten jedoch einen einschlägigen infektiösen Prozeß unterstellen würde, wäre der zeitliche Zusammenhang immer noch nicht vorhanden. Denn es kann – entsprechend dem oben Ausgeführten – nicht begründet auf einen Beginn des MB in einer zeitlichen Verbindung bis zu 6 Monaten danach geschlossen werden, den das Rundschreiben vom Juni 1969 fordert.
Für mechanische Belastungen der Wirbelsäule im Wehrdienst gilt sinngemäß das gleiche. Insoweit folgte der Senat den Ausführungen von Frau Dr. S. Es ist nichts vorgetragen oder ersichtlich, was die Annahme eines solchen Tatbestandes erlaubt. Denn der Kläger hat ausweislich seiner Anamnese gegenüber den F. Gutachtern zumindest seit Oktober 1943 keinen körperlich als schwer zu bezeichnenden Dienst verrichten müssen, vor allem keinen solchen, bei welchem seine Wirbelsäule besonders in Anspruch genommen wurde. Dementsprechend haben diese Sachverständigen keinen Krankheitsursprung oder eine Verschlimmerung des MB wegen mechanischer Belastung diskutiert. Hierzu bestand auch deshalb kein Anlaß, weil eine entzündliche Form dieses Wirbelsäulenleidens vorliegt, bei einer solchen sind Skelettspressionen ohnehin nicht relevant. Hiermit entfällt aber wiederum das – im übrigen nicht nachgewiesene – schädigende Ereignis i.S. des § 1 Abs. 1 BVG.
Ob bei der Art seines weit überwiegenden Einsatzes in der Schulflottille und bei einem Wachkommando die im Rundschreiben vom Juni 1969 unter Ziffer 13 b) erwähnten allgemeinen körperlichen Belastungen vorgelegen haben, welche nach Art, Dauer und Schwere geeignet waren, die Resistenz erheblich herabzusetzen, muß hiernach ebenfalls von vornherein bezweifelt werden. Sollten sie – unterstellt – vorhanden gewesen und sollten auch oder stattdessen entsprechende Kälte- und Nässeeinwirkungen erfolgt sein, so fehlte es indessen wieder an der zeitlichen Verbindung eines hypothetischen schädigenden Ereignisses mit den ersten einschlägigen Zeichen des Krankheitsbeginns. Es bleibt insgesamt gesehen immer übrig, daß nach den Angaben des Klägers in den Jahren 1948/49 erstmalig Rückenschmerzen aufgetreten, für 1950 die ersten objektiven ärztlichen Hinweise auf Beschwerden vorhanden und frühere Behandlungen wegen rheumatischer Beschwerden nicht zu belegen sind. Hiernach mußte sich der Beklagte nicht davon überzeugen, daß die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 BVG vorliegen. Weder ist der Gesamttatbestand dieser Vorschrift erfüllt noch kann mangels eines solchen ein Ermessensfehler im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG angenommen werden.
Der Berufung war der Erfolg mit der aus § 193 SGG entnommenen Kostenfolge nach alledem zu versagen, ohne daß der Senat Anlaß sehen mußte, weitere Ermittlungen oder Beweisaufnahmen insbesondere medizinischer Art von Amts wegen durchzuführen.
Dem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens gemäß § 109 SGG Abs. 1 SGG war nicht stattzugeben. Da es für die beim Kläger vorliegende Form des MB schon am Nachweis des schädigenden Ereignisses fehlt, liegen die gesetzlichen Grundvoraussetzungen nicht vor. Abgesehen davon wäre jedoch auch der Tatbestand des § 109 Abs. 2 SGG letzte Alternative als vorliegend zu erachten. Denn der Kläger ist mit Verfügung des Gerichts vom 9. März 1971 aufgefordert worden, die Berufung binnen einer – geräumigen – Frist von zwei Monaten zu begründen. Das ist nicht geschehen, ohne daß ein Hinderungsgrund bekanntgegeben oder um eine Nachfrist gebeten worden ist. Stattdessen enthalten die Akten des Prozeßbevollmächtigten einen Vermerk, daß im November 1971 Wiedervorlage zum Zwecke der Akteneinsicht erfolgen solle. Doch sind die Akten des Gerichts und des Beklagten auch dann nicht eingesehen worden. Erst mit Schriftsatz vom 26. Juli 1972, also nach Ladung zum Termin, ist die Berufung erstmalig begründet worden. Das aber ohne Ankündigung eines Antrages nach § 109 SGG, der am 2. August 1972 in der Sitzung des erkennenden Senats nun erst gestellt worden ist. Bei dieser Sachlage konnte das Gericht nicht umhin annehmen, daß er aus grober Nachlässigkeit nicht früher geltend gemacht wurde.
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