L 5 B 401/07 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 99 AS 1823/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 5 B 401/07 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 12. Februar 2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Antragstellerin begehrt die Verpflichtung des Antragsgegners im Wege der einstweiligen Anordnung, ihr für die Zeit ab Juli 2006 zusätzliche Leistungen zu gewähren.

Die 1982 geborene Antragstellerin lebt seit Juli 2006 in einer gemeinsam gemieteten Wohnung mit dem 1983 geborenen I M zusammen, der der Vater ihres 2006 geborenen und bei ihnen wohnenden Kindes M-J ist.

Auf ihren Antrag vom 24. Juli 2006 für die Zeit ab August 2006, in dem die Antragstellerin und I M sich als Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft bezeichnet haben, gewährte der Antragsgegner der Bedarfsgemeinschaft für die Zeit vom 1. August 2006 bis zum 31. Januar 2007 monatlich insgesamt 545,47 Euro (210 EUR zur Sicherung des Lebensunterhalts, 335.47 EUR für Kosten der Unterkunft). Da I M seit dem 1. Juli 2006 eine Schule für Erwachsenenbildung besucht und hierfür BAföG-Leistungen in Höhe von monatlich 443,00 EUR erhält, werden für ihn keine Leistungen durch den Antragsgegner gewährt. Ein Widerspruch gegen den Bescheid vom 17. August 2006 ist nicht aktenkundig.

Mit Fortzahlungsantrag vom 12. Januar 2007 machte die Antragstellerin geltend, sie habe bereits im Juli 2006 Mehrbedarf geltend gemacht, da sie schwerbehindert sei (GdB 50 laut Schwerbehindertenausweis vom 22. Februar 2006); im Übrigen bestehe die eheähnliche Lebensgemeinschaft mit I M noch kein Jahr, sodass die Einkommensanrechnung nicht gerechtfertigt sei; auch die Anrechnung des Kindergeldes sei fehlerhaft erfolgt.

Mit Bescheid vom 5. Februar 2007 gewährte der Antragsgegner der Bedarfsgemeinschaft weiterhin für die Zeit vom 1. Februar 2007 bis zum 31. Juli 2007 Leistungen in Höhe von monatlich insgesamt 545,47 EUR.

Bereits am 23. Januar 2007 beantragte die Antragstellerin für sich, ihren Lebenspartner und das gemeinsame Kind (Antragsteller zu 1) bis 3)), den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, umgehend höhere Leistungen zur Sicherung eines Mehrbedarfs für Schwerbehinderte für die Antragstellerin zu 1) zu gewähren.

Mit Beschluss vom 12. Februar 2007 hat das Sozialgericht Berlin den Antrag abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Antrag sei bereits insofern unzulässig, als die Antragsteller zu 2) und 3) höhere Leistungen begehrten, die lediglich aus einem Einzelanspruch der Antragstellerin zu 1) gegenüber dem Antragsgegner resultieren könnten. Im Übrigen sei der Antrag unbegründet, denn insbesondere ein Anordnungsanspruch liege nicht vor. Zwar sei die Antragstellerin zu 1) schwerbehindert im Sinne des SGB IX, da bei ihr ein Grad der Behinderung von 50 festgestellt worden sei; nach der Regelung des § 21 Abs. 4 Satz 1 SGB II werde ein Mehrbedarf von 35 von 100 der nach § 20 SGB II maßgebenden Regelleistungen jedoch nur dann gewährt, wenn dem erwerbsfähigen behinderten Hilfebedürftigen Leistungen zur Teilhabe am Erwerbsleben nach § 33 SGB IX oder sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB XII erbracht werden. Diese Voraussetzungen seien im Fall der Antragstellerin zu 1) offensichtlich nicht erfüllt.

Mit der hiergegen am 14. März 2007 eingelegten Beschwerde macht die Antragstellerin sinngemäß geltend, bereits ihr Erstantrag sei grundlegend falsch berechnet, was sie auch immer gerügt habe. Ihr stehe 100 Prozent des Regelsatzes zu und nicht nur 90 Prozent, da sie erst seit August 2006 mit ihrem Partner zusammenlebe; außerdem stehe ihr Mehrbedarf als Alleinerziehende und als Schwerbehinderte zu; darüber hinaus dürfe das Kindergeld nicht angerechnet werden.

II.

Die Beschwerde ist nicht statthaft soweit die Antragstellerin sinngemäß die Höhe des Regelsatzes, die Anrechnung des Kindergeldes und die Nichtberücksichtigung eines Zuschlags für Alleinerziehende rügt, denn insoweit fehlt es an einer formellen Beschwer durch die angefochtene Entscheidung. Eine solche liegt nämlich nur vor, wenn die angefochtene Entscheidung der Antragstellerin etwas versagt, das sie beantragt hatte (Meyer/Ladewig, Kommentar zum SGG, vor § 143 Rdnr. 5a). Das ist hier nicht der Fall, denn die Antragstellerin hat im erstinstanzlichen Verfahren ausdrücklich nur die Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für Schwerbehinderte beantragt. Das Sozialgericht hat deshalb zu Recht in dem angefochtenen Beschluss auch nur hierüber entschieden.

Im Übrigen ist die Beschwerde zulässig, aber nicht begründet. Hinsichtlich des Zeitraums vom 1. August 2006 bis zum 31. Januar 2007 gilt dies schon deshalb, weil der Bewilligungsbescheid vom 17. August 2006 bestandskräftig geworden ist. Die Antragstellerin behauptet zwar, Widerspruch gegen diesen Bescheid eingelegt zu haben, ein solcher ist aber nicht aktenkundig. Im Übrigen kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung nur zur Abwendung gegenwärtiger Nachteile in Betracht, denn in Bezug auf zum Zeitpunkt der Antragstellung bei Gericht – hier am 23. Januar 2007 – bereits in der Vergangenheit angefallene Bedarfe kann kein eiliges Regelungsbedürfnis mehr bestehen, dem durch Erlass einer auf die Zukunft gerichteten einstweiligen Anordnung begegnet werden könnte.

Auch im Übrigen hat die Beschwerde keinen Erfolg. Das Sozialgericht Berlin hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 12. Februar 2007 zu Recht den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

Nach § 86b Abs. 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies setzt voraus, dass sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht werden.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin liegt insbesondere ein Anordnungsanspruch hier nicht vor. Dass die Antragstellerin die Voraussetzungen für einen Mehrbedarf von 35 von 100 der nach § 20 Abs. 2 SGB II maßgebenden Regelleistung wegen Schwerbehinderung nach § 21 Abs. 4 Satz 1 SGB II nicht erfüllt, hat das Sozialgericht bereits zutreffend ausgeführt. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen (§ 142 Abs. 2 Satz SGG). Der Status als Schwerbehinderte allein reicht für die Bewilligung eines Mehrbedarfs nicht aus. Einen konkreten behinderungsbedingten Mehrbedarf hat die Antragstellerin jedenfalls nicht glaubhaft gemacht. Soweit sie die Notwendigkeit der Durchführung von medizinischen Behandlungs- und Rehabilitationsmaßnahmen geltend macht, ist hierfür ihre Krankenkasse zuständig. Die Beratung durch den Antragsgegner zur Wiedereingliederung in das Arbeitsleben ist nicht mit behinderungsbedingten Kosten verbunden.

Lediglich am Rande sei darauf verwiesen, dass der Antragsgegner nach § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II i.V.m. dem zum 01. August 2006 eingefügten § 7 Abs. 3a Nr. 2 SGB II völlig zu Recht davon ausgegangen ist, dass die Antragstellerin, ihr Lebensgefährte und das Kind M-J eine Bedarfsgemeinschaft bilden. Denn aufgrund ihres Zusammenlebens mit der gemeinsamen Tochter ist unabhängig von der Dauer ihres Zusammenwohnens nach der gesetzlichen Vermutung davon auszugehen, dass bei der Antragstellerin und I M der wechselseitige Wille besteht, füreinander Verantwortung zu tragen und füreinander einzustehen. Vor diesem Hintergrund ist der Antragstellerin zutreffend auch nur ein Regelsatz in Höhe von 311,00 EUR gewährt worden. Weiter kann ihr aufgrund des Zusammenlebens mit dem Vater des Kindes offensichtlich kein Zuschlag wegen Alleinerziehung zustehen. Soweit die Antragstellerin schließlich meint, es sei zu Unrecht Einkommen angerechnet worden, ist dies nicht nachzuvollziehen, da Kindergeld selbstverständlich als Einkommen zu berücksichtigen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.

Dieser Beschluss kann nicht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved